Sonntag, 30. Dezember 2012

(Untitled) - Eine Hommage ohne Namen

Ich gebe zu, ich hätte auch schon früher wieder einen Blogeintrag schreiben können. Fakt ist, ich hatte einen Eintrag angefangen, doch dieser wird wohl ewig im Archiv Staub fangen. Es war zu wenig Zeit, dann erschien mir alles zu banal, irgendwann war es einfach beides zusammen. Weihnachten kam dann auch noch um die Ecke und fertig ist ein Blogeintrag, der wohl nie fertig wird.

Nun, ich hätte nicht gedacht, dass ich doch noch einen Eintrag in diesem Jahr verfassen würde und es tut mir wahnsinnig leid, dass ich in diesem Jahr meine Einträge so habe schleifen lassen (immerhin hatte ich im letzten Jahr eine Sommerlochserie und eine Vorweihnachtsserie verfasst!). Allerdings: wenn man keine Zeit hat, hat man keine Zeit. Unumstößliche Tatsachen lassen sich einfach nicht schön reden. Ich kann nicht einmal versprechen, dass es besser wird. Was bleibt, ist die Hoffnung, die stirbt zuletzt. Nun, wenn man es aber sehr pessimistisch sehen will, stirbt sogar sie.

Es brauchte für mich einen Grund, einen neuen Eintrag zu schreiben, einen anderen als nur etwas zu schreiben und die Zeilen mit Buchstaben und Wörtern zu füllen. Eine knappe Woche lang habe ich überlegt, was ich zu diesem Thema schreiben könnte, was mich so bewegt hat, aber ich fand (und finde eigentlich immer noch) nicht die richtigen Worte.

Die indische Kultur ist mir nicht fremd und das nicht nur, weil ich indische Filme gucke. Wahrscheinlich gehöre ich zum Kreis jener, die nicht nur die Glitzerwelt von Bollywood sehen, wenn sie an Indien denken, sondern hinter die Fassade blicken können, wenn auch nur aus der Ferne. Viele Dinge habe ich bereits erlebt und gesehen, was dieses Land betrifft und nein, nicht alles war schön. Kinderarbeit, Kinderprostitution, Bandenkriminalität in Großstädten wie Mumbai, Religionskonflikte mit blutigen Hetzjagden zwischen Hindus und Moslems oder auch Hindus, die Christen verfolgen, teilweise sogar töten. Es ist nicht einfach, über Indien zu schreiben und mich verbindet fast schon eine Hassliebe zu diesem Land. Einerseits gibt es viele schöne Seiten in Indien (nein, nicht nur Bollywood!), eine faszinierende Kultur, tolle Bräuche und wahnsinnig viele Facetten in diesem Land. Andererseits geschehen in diesem Land viele Dinge, die einen fassungslos machen, wenn man sie aus der Ferne betrachtet. Ein Land, dass als die "größte Demokratie der Welt" gilt (gemessen an der Einwohnerzahl), das aber weit davon entfernt ist, eine wirkliche Demokratie zu sein. Zu sehr wird in Indien immer noch nach dem Kastensystem speziell in ländlichen Gebieten gelebt, zuviel Gewicht besitzt das Geld, das jemand hat (oder eben nicht hat) und es gibt bei weitem viel zuviel Korruption in Indien. Man kann dort quasi alles bezahlen, jeden kaufen, wenn man nur gewillt ist, genug Geld hinzublättern. Zumindest scheint es so.

Lichtblicke gibt es nur selten in diesem Land. Sehr selten gibt es Menschen, die gegen die Korruption kämpfen, oder die Kinderarbeit in Indien oder Menschen, die sich gegen die unterwürfige Stellung der Frauen zur Wehr setzen. Seit Jahren wird darum gekämpft, dass indische Mädchen z.B. nicht den Gifttod sterben müssen, weil es in ländlichen Gebieten, wo die Menschen arm sind, immer noch eine Schande oder der finanzielle Ruin ist, ein Mädchen zu bekommen.

Allgemein jedoch ist die Frau als Wesen in Indien immer noch so gefährdet wie in alten Zeiten. Modernes Leben? Es ist in Indien möglich, aber dort haben es Frauen (im Gegensatz zu westlichen Ländern) sehr schwer, wirklich anerkannt zu sein und nicht als Objekt betrachtet zu werden. Für westliche Verhältnisse sind die Maßstäbe in Indien schwer zu verstehen, die unterwürfige Rolle der Frau ist für deutsche Frauen meist schwer nachzuvollziehen. Trotzdem nimmt man es hin, es ist eine andere Kultur, andere Wertvorstellungen und wenn die Frauen damit zufrieden sind, die starke Hausfrau zu spielen, die in erster Linie die Kinder erzieht und traditionell mit ihren Schwiegereltern zusammenlebt und der eigenen Familie den Rücken kehrt, dann sei es so.

Der Fall, der in der letzten Woche auch hier Schlagzeilen machte, hat jedoch alles verändert. Persönlich verspüre ich immer noch Ekel, wenn ich an die Tat, die beschrieben wurde, denke: eine junge 23jährige Studentin, von 6 Männern in einem Bus vergewaltigt, mit einer Eisenstange verprügelt und anschließend aus dem fahrenden Bus geworfen wie ein Stück Abfall. Es ist wohl egal, wo sich dieser Fall ereignet hätte, er hätte überall für einen Schockzustand und absolute Fassungslosigkeit gesorgt. Fatal ist an diesem Fall wohl nur, dass er so in einem westlichen Land kaum möglich gewesen wäre. Vielleicht wage ich mich mit dieser Theorie weit aus dem Fenster, aber ich glaube kaum, dass sich so ein Fall in Deutschland oder den USA hätte ereignen können... zumindest noch nicht! Wer weiß schließlich, was in 10 oder 20 Jahren zur täglichen Lebensart gehören wird. Vor 20 Jahren wäre es in Deutschland wohl auch kaum denkbar gewesen, dass Jugendliche in Gruppen sturzbetrunken in U-Bahnen Passanten aus Lust an der Freude zusammenschlagen. Damals war so etwas kaum vorstellbar - heute ist es nicht trauriger Alltag, aber gehört in die Kategorie des Möglichen, der Dinge, die passieren können.

Egal, ob solch eine Tat einer Massenvergewaltigung im öffentlichen Raum in Deutschland irgendwann auch mal möglich sein wird, es hat mich zutiefst betroffen und wütend gemacht, was dort dieser jungen Frau geschehen ist, die gestern schließlich nach fast 2wöchigem Kampf ihren Verletzungen erlegen ist. Es stellt sich mir nicht mehr die Frage nach dem "Warum?", denn für solch eine Tat gibt es kein Warum, es gibt keine Begründung, dass sechs Männer, die körperlich schon allein wohl überlegen wären aber in einer Gruppe nicht zu schlagen sind, sich einer einzelnen Frau bemächtigen, Freude daran empfinden, sie körperlich zu schänden und dann noch die Aggression zu besitzen, sie so zu schlagen, dass sie schwerste Verletzungen davonträgt. Viele Dinge habe ich schon in den Nachrichten gesehen oder gelesen, es gibt kaum eine Perversion, von der ich noch nicht gehört habe (was nicht heißt, dass ich sie als "normal" empfinde!), sogar das Phänomen "Massenvergewaltigung" dürfte jedem, der sich mit Kriegsgeschichte auseinandersetzt, nicht unbekannt sein; doch so schrecklich diese Ereignisse auch waren und wie sehr man auch in diesen Fällen mit dem Kopf geschüttelt hat, diese Vorfälle ereigneten sich in Kriegssituationen. Das macht die Sache keineswegs besser, aber der Krieg scheint allgemein in allen Menschen einen Schalter umzulegen, sodass nichts mehr so ist, wie es vorher war, eine Art Blackout-Situation, zumindest aber fallen Hemmungen, die vorher nicht da waren.

Dieser Fall ist allerdings anders, er geschah in einer sogenannten "Zivilgesellschaft", keinem Kriegsszenario und es gibt wirklich keinen, aber auch gar keinen rationalen Grund für diese Art außer dem einen: dem absoluten Hass der Frau an sich gegenüber! Männer, die Frauen so tief hassen, dass sie sie nur noch demütigen, schänden und schädigen wollen. Man stößt an seine Grenzen, wenn man sich die Tat ansatzweise vor Augen zu führen versucht, selbst im Hinblick auf Pädophilie oder ähnlich gruselige Perversionen.

Traurig ist, dass dieser Fall hier in Deutschland und weltweit nur Schlagzeilen gemacht hat, weil Tausende Demonstranten mehrfach (auch gewalttätig) demonstriert haben für härtere Strafen bei Vergewaltigung für die Täter und mehr Schutz für die Frauen. Ganz ehrlich: wir hätten wahrscheinlich nie von der Massenvergewaltigung erfahren und auch nicht, dass alle 20 Minuten in Indien eine Frau vergewaltigt wird, wenn die Menschen (speziell der Mittelschicht und viele Studenten) auf die Straße gegangen wären und aktiv gegen dieses Unrecht demonstriert hätten, zuerst in der Hoffnung auf die baldige Gesundung des Opfers, nun in tiefer Trauer wegen ihrem Tod. Es ist gut, dass die Regierung und der Rechtsstaat in Indien nun gefordert sind, neue Lösungen für dieses Problem zu finden, mehr zu tun, als nur das Problem unter den Teppich zu kehren. Wie gerne kehrt speziell der indische Rechtsstaat Ungerechtigkeiten unter den Teppich und wie oft werden Täter, wenn sie nur das nötige Kleingeld haben, einfach freigesprochen.

Ich gebe zu, ich bin ein erklärter Gegner der Todesstrafe und finde es barbarisch, Menschen wegen eines Verbrechen hinzurichten. Seit der letzten Woche ist meine Meinung allerdings ins Wanken geraten. Nicht nur die Demonstranten in Neu Delhi fordern für die 6 Täter die Todesstrafe, auch ich frage mich inzwischen, ob das nicht die einzig richtige, klare Botschaft ist. Nicht wegen dem Fall an sich, sondern wegen dem Problem, dass in diesem Land vorherrscht. Alle 20 Minuten wird eine Frau in Indien vergewaltigt, es gilt dort als Kavaliersdelikt, in etwa wie Falschparken in Deutschland. Dabei sind die Folgen für die Frauen in Indien weitaus schlimmer als in Deutschland: dort sind die Frauen derart geschändet, dass sie sich oft das Leben nehmen - oder einer ihrer nahen Verwandten (oft der Vater oder die Mutter) nehmen sich das Leben. Eine Frau, die vergewaltigt wurde, gilt als unrein in Indien, ob die Vergewaltigung nun ihre Schuld war oder nicht. In Indien war sie immer ihre Schuld, das Endresultat ist nunmal eine Frau, die keine Jungfrau mehr ist und somit kaum einen Mann findet, der sie heiratet. Und ja, in Indien ist es nunmal viel wichtiger für eine Frau, geheiratet zu werden, als hier in Deutschland!

Es muss sich etwas ändern in Indien und ich hoffe, dass dieser Fall in dieser Zeit genau diese Änderung herbeiführt. Die Männer in Indien müssen sehen, dass eine Frau den gleichen Wert hat wie ein Mann, dass sie kein Stück Dreck ist, dem man sich einfach ermächtigen und das man dann wegwerfen kann. Wenn es dafür die Todesstrafe für solch eine barbarische Tat bedarf, damit der Rest des Landes zu Verstand kommt, so muss es wohl sein. Allerdings hoffe ich inständig, dass damit das Thema an sich wieder unter den Teppich gekehrt wird und anschließend so verfahren wird wie zuvor. Diese Massenvergewaltigung war nicht die erste in Indien, es wird auch nicht die letzte sein, wenn sich an den Gesetzen dort nichts ändert! Genau dieser Umstand sollte der Regierung dort einmal mehr zu denken geben, gerade, wenn sie sich damit brüstet, zu solch einer wirtschaftsstarken, großen Demokratie zu gehören.

 Das Ende dieses Jahres ist damit wohl sehr unrühmlich zu Ende gegangen. Natürlich könnte ich jetzt einen Jahresrückblick veranstalten, wie es gerade sämtliche Fernsehsender tun, aber es gibt für mich nichts zu erzählen, was nicht schon erzählt wurde und den gleichen Mist wieder und wieder zu erzählen, finde ich furchtbar langweilig.

Deswegen habe ich mich entschlossen, dieses Thema zum Ende des Jahres für sich stehen zu lassen in der Hoffnung, dass auch hier in Deutschland für das Thema Vergewaltigung nachgedacht wird. Nein, Vergewaltigung heißt nicht nur "Jörg Kachelmann" und falsche Beschuldigungen einer Ex-Freundin. Jeden Tag werden unzählig viele Frauen vergewaltigt und das mit schlimmen seelischen und teilweise körperlichen Folgen für die Frauen. Wir befinden uns angeblich in ein paar Stunden im Jahr 2013, trotzdem sind wir bei weitem nicht so modern, wie wir uns das alle vorgestellt haben. Die utopischen Visionen von Filmen wie "2020" sind immer noch in weiter Ferne und egal, wie technisch ausgerüstet wir sind, es fehlt uns immer mehr am Respekt füreinander. Auch eine Vergewaltigung ist ein Symbol für Disrespekt am Gegenüber. Körperliche und seelische Gewalt allgemein ist der Ausdruck für das Nichtvorhandensein von Respekt einem anderen Menschen gegenüber. Sage ich, dass wir in einer gewaltfreien Welt leben sollten? Ich glaube nicht, dass es möglich ist, aber der tägliche Versuch wäre eine Anstrengung, die sich für uns alle lohnen würde. Ein friedfertigeres Leben miteinander wäre profitabler für alle Menschen... aber profitabler für alle hieße ja, dass alle Menschen erfolgreich wären. Das wiederum wäre wahnsinnig vielen Menschen ein Dorn im Auge.

Zum Schluss wünsche ich den Demonstranten in Indien genug Durchhaltevermögen, damit sich wirklich etwas ändert und die Regierung handeln muss, die sonst so gerne vor sich hinzuschnarchen scheint.

Ansonsten wünsche ich allen Lesern dieses Blogs (egal, wie wenig es nun sein mögen) einen guten Rutsch in das neue Jahr 2013. Einen guten Vorsatz für das neue Jahr wie "Werde mehr Blogeinträge schreiben!" werde ich jetzt nicht liefern, es geht schließlich auch um die Klasse eines jeden Eintrages. Wenn es sich einrichten lässt, werde ich in nächster Zeit aber gerne wieder mehr von mir hören lassen. ;-)

LG Gene :-)

Mittwoch, 7. November 2012

Lieber Barack...

Erst einmal möchte ich dir heute morgen, etwa 2 Stunden nachdem du die gute Nachricht erhalten hast, zu deinem Sieg gratulieren. Er ist wohlverdient und die wohl einzig richtige Entscheidung für die gottgesegneten Vereinigten Staaten von Amerika. Unter uns: Mitt Romney und Paul Ryan wären einem vierjährigen Sturm "Sandy" gleichgekommen! Ausgerechnet "Sandy" war wohl auch (wenn auch nur zu einem geringen Anteil) deine ganz persönliche Wahlhelferin: selten hat ein Sturm an der Ostküste solch einen Schaden angerichtet und du hast wahre Größe bewiesen, indem du dich (wie es sich für einen guten Staatsmann gehört!) um die Opfer und die Geschädigten gekümmert, du hast umarmt, Trost gespendet und warst allein deswegen der Einzige, der die USA in den nächsten vier Jahren leiten soll.

Es steht dir einiges bevor, nicht nur innenpolitisch, immerhin sind die USA (und das hat diese Wahl gezeigt) mehr gespalten als je zuvor. Ein denkbar knappes Wahlergebnis wurde prognostiziert... so knapp ist es dann doch nicht geworden, wohl allein schon wegen der Schicht der Ärmsten in den USA. Obwohl du in den letzten vier Jahren nicht genug getan hast, um mehr Wohlstand in diese Schicht zu bringen. Im Ende spielte diese Schicht (gerade auch die Latinos) eine große Rolle bei dieser Wahl, auch wenn ihre Stimmen im Wahlkampf fast stumm waren im Gegensatz zu dem 1% Oberschicht, die plärrten und nach Veränderung durch Romney schrieen. Mit Schrecken dachte die ganze Welt bereits darüber nach, was wohl geschehen würde, wenn Romney wirklich ins Weiße Haus eingezogen wäre. Die Beziehungen zu Russland hätten sich wohl drastisch verschlechtert, die Konflikte im Nahen Osten wären mit Sicherheit außer Kontrolle geraten und der Iran, ja, der Iran... wahrscheinlich hätte Romney direkt seinen ersten Krieg begonnen Anfang 2013. Wirst du es besser machen? Man weiß es nicht, keiner kann jetzt wissen, wie schwierig die politischen Situationen in den nächsten vier Jahren werden. Eins kann man aber mit Sicherheit sagen: dein Auftreten ist im Gegensatz zu Romneys staatsmännischer, international sicherer und damit für die internationalen Beziehungen weitaus positiver als dein republikanischer Gegner.

Trotzdem: es wird wohl ein hartes Stück Arbeit vor dir stehen, national, international und darüber hinaus (bis zur nächsten Milchstraße im schlimmsten Fall!). Die USA, dein Land, ist politisch gespalten, zum großen Teil enttäuscht von deiner ersten Amtszeit. Ich bin davon überzeugt, Romney hätte für eine weitaus tiefere Spaltung gesorgt. Nun liegt es an dir, der Friedensstifter zu sein, für den du immer gehalten wirst. Zeig deinem Land und der ganzen Welt, dass du in der Lage bist, alle dazu zu bringen, an einem Strang zu ziehen, Republikaner, Demokraten, sogar Tea-Party Anhänger. Ich denke, es ist möglich, denn du hast das Charisma, das Wissen und die Führungsstärke, die Leute zu vereinen statt zu spalten. Die einzige Bedingung für vier erfolgreiche Jahre ist wohl nur mehr Tun statt Reden, mehr Tatendrang statt schöner Reden vor TV Kameras. Das wird wohl nicht leicht sein, denn Politiker sind schöne Reden gewohnt, die Taten regeln sich meistens fast im Alleingang. Leider leben wir aber inzwischen in Zeiten von einer drohenden Weltwirtschaftskrise (und nein, noch sind wir nicht drin, nicht einmal ansatzweise!) und wir müssen mehr tun, als nur schön zu reden, um die Welt zu verändern und zum Positiven zu wenden.

Ich bin mir sicher, was du dir vornimmst, wird dir gelingen. Die Menschen stehen hinter dir, das hat diese Wahlnacht gezeigt, die Menschen hoffen auch noch, dass du in der Lage bist, die Welt (speziell die amerikanische!) ein Stückchen besser zu machen. Es liegt nun an dir, etwas daraus zu machen, genug Zeit hast du ja. Vier Jahre können eine verdammt lange Zeit sein... zumindest, wenn man sie ungenutzt verstreichen lässt!

Von den Beziehungen zwischen den USA und Deutschland verspreche ich mir im Übrigen nichts ... oder sagen wir besser, keine Veränderung wäre schön. Es wäre gut, wenn alles so bleibt, wie es ist. Und dabei sollte es egal sein, ob Mutti Merkel noch einmal gewählt wird im nächsten Jahr, oder ob du mit Papa Peer Steinbrück einen neuen Verhandlungspartner bekommst. In jedem Fall wird es wichtig sein, die Beziehungen stabil zu halten, gerade bei den wirtschaftlichen Schwierigkeiten, denen wir gegenüberstehen. Eine enge Zusammenarbeit im Zeichen der Demokratie soll den Menschen neuer, junger Demokratien zeigen, wie wichtig es ist, in einem Staat zu leben, der vom Volk gewählt wird statt einer autoritären Regierung, die sich durch Putschversuche und Korruption, Gewalt und Tod verdient macht.

Eine Bitte habe ich dann doch noch: ich weiß, du bist ein Showman, hast Musik im Blut, weißt, wie man Stimmung macht. Das Leben (könnte man meinen!) ist für dich und deine Familie eine einzige Party. Was eine schöne Sache ist, wenn es zur richtigen Zeit kommt. Auch deine Frau Michelle kann einfach wunderbar menschennah handeln und ist wohl eine der besten First Ladies, die das Land je gesehen hat. Ein kleines "aber" muss ich dann aber doch einfügen: wäre es möglich, dass ihr nicht in jeder Talkshow auftretet und stattdessen mehr aktiv für euer Volk arbeitet? Die Menschen der Unterschicht in den USA können so wenig mit einem Talkshowauftritt bei "Ellen" anfangen, auch wenn solch ein öffentlicher Auftritt mehr Menschen für den ersten Moment erreichen mag. PR ist wichtig, das höre ich immer wieder, ich erlebe es auch immer wieder - allerdings: ich bin kein "Believer" von PR, ich finde nicht, dass die Menschen immer Werbung machen müssen, damit sie in einem guten Licht stehen. Es kann ab und zu hilfreich sein, ich sehe auch ein, dass in einem Wahlkampf viel Werbung gemacht werden muss; wer Präsident werden will, muss sich selbst den Heiligenschein anbringen, um die Massen anzuziehen. Wenn man dann aber gewählt ist, geht es um die Arbeit, das gilt auch für die First Lady. Ein wenig PR schadet nie, aber zuviel führt dazu, dass man sich nicht mehr um seine eigentlichen Aufgaben kümmern kann (der Tag hat immerhin nur 24 Stunden). Mit anderen Worten: den Worten Taten folgen lassen statt weiterer Worte in noch mehr Talkshows. Das wäre die einzige Bitte, die ich an dich und deine Frau habe.

In diesem Sinne, noch einmal einen herzlichen Glückwunsch an dich und an alle Bürger der USA, auch wenn sie gegen dich sind. Sie werden irgendwann sehen, dass diese Wahl die einzig richtige war... zumindest aus heutiger Sicht.

LG Gene :-)

Montag, 29. Oktober 2012

The World Wrestling Federation presents: Obama vs. Romney oder: Die Entscheidung zwischen "schlimm" oder "schlimmer"?

Der "heiße Herbst" kommt in seine nächste Phase, während die Menschen in Deutschland sich noch über ein paar "goldene Tage" im Oktober freuen. Es stehen große Ereignisse an, nicht direkt in Deutschland (auch wenn man das angesichts der Aufmerksamkeit meinen könnte!), sondern in den USA. Der Präsident der Vereinigten Staaten wird wieder einmal gewählt: nach vier Jahren Barack Obama, dem "Messias", dem "Wunderkind für die amerikanische Politik", wird sich nun entscheiden, ob Mr Obama die "mächtigste Nation der Welt" noch weitere vier Jahre regieren darf oder ob er in den "politischen Ruhestand" geschickt wird. Die Republikaner würden am Liebsten zweiteres Szenario erleben und haben mit Mitt Romney den wohl einzigen Kandidaten ins Rennen geschickt, der es schafft, mehr Unentschiedene im Wahlkampf auf seine Seite zu ziehen.

Wer den amerikanischen Wahlkampf verstehen möchte, muss sich die Struktur des letzten halben Jahres vor dem Wahltag anschauen: die Show, die endlosen Wahlkampfreisen, die Volontäre, die von Tür zu Tür laufen und jeden virtuellen und real existierenden Briefkasten zuspammen... all diese Elemente beherrschen die Amerikaner mit einer solchen Perfektion, dass sie als Vorbild für Wahlkämpfe auf der ganzen Welt gelten. Nirgends wird so eine große Show gemacht, als in den United States of (God bless) America und in keinem demokratischen Land der Welt scheint die Bevölkerung offener für Märchenonkel zu sein als im Land des "Stars & Stripes-Banner". Die Show macht den Präsidenten ist die entscheidende Parole: wer nicht mit Überzeugung und Charisma den Wähler anlügt, wird die Wahl im Jobrennen des "mächtigsten Mannes der Welt" nicht gewinnen. Gerade das macht jedes Mal aufs Neue den Wettkampf ums Weiße Haus so spannend.

Vielleicht ist auch dies der Grund für das breite Interesse aus Deutschland an den Wahlen in den Vereinigten Staaten: man weiß nie, wer gewinnen wird, egal wie die Umfragen aussehen, es gibt nichts Unberechenbareres als den amerikanischen Wähler. Es gibt wohl kaum eine Wählerschaft auf diesem Planeten, die kurzfristiger und mit mehr Gefühlsleben ihr Kreuzchen setzt. Die Amerikaner wählen somit ihren Präsidenten, den wichtigsten Mann in der Weltpolitik, aus dem Bauch heraus. Was für eine gute Idee, vor allem, wenn man bedenkt, wie abhängig nicht nur knapp 380 Millionen Einwohner der Vereinigten Staaten, sondern auch die ganze Welt von dieser Entscheidung ist. Wichtiger als die innerpolitischen Entscheidungen in den USA sind immer noch die außenpolitischen, der Präsident entscheidet über das Schicksal ganzer Nationen, wenn er den Kriegsbefehl gibt oder interveniert. Der umgekehrte Fall gilt natürlich genauso, wie wir gerade in Syrien miterleben dürfen.

Vier Jahre Obama, was haben sie gebracht? Ende 2008, als der Hype um den ersten schwarzen Präsidentschaftskandidaten am Größten war gab es niemanden, der ihm hätte gefährlich werden können. Die "Yes we can"-Welle schwappte über den Atlantik einmal um die ganze Welt. Menschen in aller Welt trugen T-Shirts mit dem Konterfei des jetzigen US-Präsidenten, es gab sogar Wahlpartys in der Wahlnacht in deutschen Großstädten! Groß war die Euphorie um Obama, viele Hoffnungen rankten sich um ihn und seine Vision einer besseren Welt. Man hätte sogar denken können, Martin Luther King sei endlich wiederauferstanden. Endlich gibt es einen Mann, der die Probleme der Menschen versteht, die Schwachen versteht und unterstützt, sie sogar rettet. Super-Obama fehlte nur noch das passende Cape statt des Designeranzuges und die Illusion eines neuen Superhelden wäre perfekt gewesen. Zur gleichen Zeit wurde dem Newcomer und Popstar der schönen, neuen Politik sogar der Friedensnobelpreis verliehen. Was damals schon unter Kritikern als "Witz" galt, sollte sich aus heutiger Sicht leider bestätigen.

Die Amtsperiode Obamas war von vielen Höhen und Tiefen geprägt. So hatte man vor allem in den ersten zwei Jahren den Eindruck, Obama sei zu untätig umgegangen mit dem politischen Vorteil, die demokratische Mehrheit auch im Repräsentantenhaus zu besitzen. Viele Gesetze, die Obama durchsetzen wollte, scheiterten auch durch innerparteiliche Streitigkeiten und Unstimmigkeiten. Besonders groß war in der ersten Zeit vor allem die Enttäuschung über das gebrochene Versprechen, das Gefangenenlager der Guantanamo Bay Naval Base des amerikanischen US-Stützpunktes auf der Insel Kuba zu schließen. Immerhin war dies ein großes, den Wahlkampf dominierendes Versprechen Obamas. Im Ende sollte auch dieses Versprechen sich mehr oder weniger in Wohlgefallen auflösen, auch wenn Obama im Jahr 2009 die Schließung des Gefangenenlagers beschlossen hatte.

Nicht nur dort allerdings ist Obama gescheitert. Ein weiteres, die gesamte Amtsperiode beeinflussendes Thema war die Krankenversicherung für alle. Bereits Bill und Hillary Clinton waren in ihrer Amtszeit gescheitert, ein einheitliches System auch für die Schwachen der Gesellschaft durchzusetzen. Die Situation wurde vor allem im Jahr 2010 nach den Repräsentantenwahlen deutlich schwerer, denn von diesem Zeitpunkt ab hatten die Republikaner die Mehrheit gemeinsam mit der radikaleren Tea Party und versuchten nach Kräften, die Pläne Obamas zu durchkreuzen. Obama hatte trotzdem einen großen Erfolg, das Gesetz zum Gesundheitswesen wurde nach mehrfachen Korrekturen doch durchgesetzt. Fraglich ist in diesem Zusammenhang nur, ob die einheitliche "health care" der unteren Sozialschicht wirklich hilft, denn mehr oder weniger verpflichtet das Gesetz die Menschen, eine Krankenversicherung abzuschließen. Diese Lösung hilft den Menschen, die Geringverdiener sind, allerdings so gut wie gar nichts. Die Befürchtungen gingen sogar so weit, dass sie sich um ihre Existenz sorgten für den Fall, dass sie zu einer Krankenversicherung verpflichtet würden.

Doch wie in allen Dingen im Leben, ist Obama auch nicht nur ein Beispiel für die reine Enttäuschung. Immerhin hat Obama viel erreicht, im Vordergrund steht vor allem die Eliminierung von Osama bin Laden im Jahr 2011. Bin Laden galt als "Stachel im Fleisch" der USA, der Mann, der für die Anschläge des 11. September hauptverantwortlich war. Die Republikaner werden wohl für immer einen Groll in sich tragen, dass Obama in einer Amtszeit geschafft hat, was George W. Bush jr. in 8 Jahren nicht gelang. Nichts desto trotz, in all den Jahren, in denen es um die Ergreifung bin Ladens ging, gab es keine tiefen Gräben zwischen den Demokraten und den Republikanern. Anders sah das Ganze bei den Anschlägen in Libyen auf die US-Botschaft aus, bei der drei Menschen starben und die eine Welle von weiteren Anschlägen durch Extremisten auslöste. In diesen Tagen im September hat sich vor allem Mitt Romney einige Blessuren zugezogen, indem er direkt gegen Obama und die demokratische Regierung schoss, wenngleich es für das gesamte amerikanische Volk eindeutig ist, dass in solch schwierigen Krisen vor allem der Zusammenhalt gilt, sogar über parteiliche Grenzen hinaus.

Es war spätestens in dieser Situation klar, dass der Wahlkampf in den USA auf Hochtouren lief, weit vor dem ersten Fernsehduell zwischen Romney und Obama. Und es war klar, dass dieser Wahlkampf dreckiger und heftiger als viele andere Wahlkämpfe werden würde, denn die Republikaner wollen das Ruder wieder übernehmen. Nach acht Jahren Bush und einer republikanischen Machtunterbrechung durch Obama für vier Jahre meinen die Konservativen des Landes, es wäre wieder Zeit für die Allheilbringung durch die Republikaner. Doch den Republikanern stehen seit 2010 schwere Zeiten bevor, denn die radikale Tea-Party hat immer mehr Anhänger dazugewonnen. Die Gründe für den Ansturm bei einer absoluten schwachsinnigen Partei sind vielfältig, vor allem aber empfanden die Menschen die konservative republikanische Partei einfach nicht mehr als konservativ genug. Mit einem Mal wollten die Menschen mehr Konservatismus, mehr reaktionäre Strukturen als die Republikaner als weltoffen oder gar liberal zu sehen. Soziale Strukturen? Wer in einer amerikanischen Partei das Wort "sozial" überhaupt in den Mund oder gar in das Parteiprogramm aufnimmt, ist für den konservativen Flügel längst im Kommunismus angekommen. Sozial = linksextrem? Europa weiß, dass es zwischen diesen Extremen auch Farbschattierungen gibt und nicht nur Schwarz oder Weiß.

Wenn die Amerikaner eins genauso gut, vielleicht sogar besser beherrschen als die Chinesen (und die sind bereits Spitze darin), dann ist es die Polemik und die Übertreibung. Etwas, was gar nicht so extrem in eine bestimmte Richtung gehört, wird durch Wahlkampfreden oder diffamierende Wahlkampfspots so weit in eine extreme Ecke gedrängt, dass es jeder glaubt. Wahlkampfspots und Wahlkampfreden - beide Elemente leben vor allem von der Darstellung oder von dem "Wie verkaufe ich mich am Besten?"-Prinzip. Die Präsidentschaftskandidaten sind am Ende des Tages keine Politiker, die die Welt retten möchten, sie sind Staubsaugervertreter und wollen vor allem eins: ihr Produkt (= sich selbst) verkaufen. Dies gilt sowohl für die Republikaner als auch für die Demokraten, für Romney wie für Obama gleichermaßen.

Welche Entscheidung ist am 6. November nun die Richtige? Die viel quälendere Frage dürfte wohl lauten: gibt es überhaupt eine richtige Entscheidung in Bezug auf die Präsidentschaftswahl? An dieser Erkenntnis krankt wohl die gesamte Wahl: die Unzufriedenheit mit Obamas Leistungen in den letzten vier Jahren hat die Menschen so verunsichert, dass sie nun nicht mehr wissen, was sie überhaupt wählen sollen. Vor allem die Unterschicht gehört bei dieser Wahl zu den Verlierern: schön und gut, wenn sie nicht mit Obama zufrieden sind, doch jeder in der Unterschicht weiß, dass Romney keine Alternative für die Ärmsten der Armen darstellt. Romney steht für das 1% in Amerika, das Prozent der superreichen Bevölkerung in den USA, und die können sich dumm und dämlich freuen, dass bei einer Wahl Romneys die Steuerabgaben für sie wieder kräftig gesenkt werden. Warum? In der Hoffnung, dass die Superreichen mit den gesparten Steuern Arbeitsplätze schaffen. Es ist allerdings ein offenes Geheimnis, dass dieser Schuss gewaltig nach hinten losgehen wird, denn die Superreichen sind nicht gerade dafür bekannt, Samariter zu sein. Also lautet für sie die Devise: "Geld sparen? Gerne! Geld wieder ausgeben? Nicht so gerne!"

Es steht wohl nur eins fest bei den anstehenden Wahlen: es wird sich entscheiden, ob alles im Mittelmaß schlecht bleibt oder ob es in Zukunft noch schlechter wird. Die Karten stehen im Moment unentschieden, passieren kann eigentlich alles am 6. November. Erschreckender wären nur die Aussichten, wenn der Wechsel hin zu Romney nun wirklich stattfinden würde, gerade mit Ryan als Vizepräsidenten. Dann könnte man sich auf die Abschaffung des mühsam eingeführten health care-Programms einstellen, die Verhärtung der Beziehungen zu Russland (bei denen teilweise sogar schon von einem neuen Kalten Krieg die Rede ist) und das Auseinanderdriften der Schichten Reich und Arm.

Der letzte Akt im amerikanischen Wahlkampf war wohl das dritte TV-Duell zwischen Obama und Romney, in dem es vor allem um die außenpolitische Rolle der USA geht. Gerade die angespannte Situation in Syrien zeigte, wie untätig die einst "mächtigste Nation der Welt" diesem Konflikt gegenübersteht. Einzig Hillary Clinton schien nach Kräften bemüht, überhaupt etwas gegen das Assad-Regime zu unternehmen, auch wenn ihre Bemühungen äußerst schwach waren. Ich persönlich bin in diesem ganzen Krieg in Syrien immer wieder erstaunt, wie wenig die Vereinten Nationen oder die Vereinigten Staaten unternehmen, um das Blutvergießen zu stoppen. Keiner weiß, wie es weitergehen soll, schon gar nicht nach der Wahl, ob Obama mehr tätig wird oder ob Romney überhaupt etwas tun wird bleibt offen. Fest steht nur eins: bei einer Wiederwahl Obamas steht Hillary Clinton, die in den letzten vier Jahren wesentlich für außenpolitisch stabile und wiederaufgebaute Beziehungen zuständig war, nicht mehr zur Verfügung. Damit hat Obama nun ein weiteres Zugpferd seiner Regierung verloren, was seinen Wahlkampf wiederum schwächen dürfte. 

Die Folgen der Präsidentschaftswahl 2012 können nicht im Voraus bestimmt werden, keiner kann sagen, was nun wirklich besser oder schlechter wird, egal wer gewählt wird. Ob Obama nun seine Sache in der zweiten Amtszeit besser machen wird oder Romney den Karren wirklich gegen die Wand fahren wird für den Fall, dass er gewählt wird? Es bleibt alles abzuwarten. Fest steht, solange es keine entscheidenden Reformen gibt, um die sozialen Unterschiede und das "wer nicht gewinnt, hat nun einmal verloren"-Prinzip abzuschaffen, wird sich die Situation in den USA nicht ändern. Damit wird sich auch die Situation in der Eurozone nicht wirklich verbessern, immerhin bleibt die USA der Vorreiter sowohl guter wie auch schlechter Prognosen. Frei nach dem Motto: geht es den Vereinigten Staaten schlecht, geht es uns allen schlecht. Mit allen Konsequenzen.

In diesem Sinne hoffe ich, die Bürger der USA werden die richtige Entscheidung treffen. Sowohl für sich selbst, wie auch für die gesamte Weltbevölkerung. Allen Lesern des Blogs eine schöne Woche und offene Augen für das Geschehen in der Weltgeschichte.

LG Gene :-)

Samstag, 13. Oktober 2012

Love, Peace & Europe? Die EU zum heißen Herbst 2012

Schluss mit lustig, das Sommerloch ist endgültig vorbei, die Ereignisse überschlagen sich mal wieder, weil jeder mitkriegt, weil gerade los ist und nicht im Urlaub vor sich hinbrutzelt (und diejenigen, die es trotzdem tun, sind wahrscheinlich mehr als zu bedauern, immerhin gibt es nichts schöneres, als mitzukriegen, was in dieser verrückten Welt geschieht!).

Die Sommerlochserie ist zugegebenermaßen eher offen geendet, aus Zeitmangel bestand keine Zeit mehr, den Sommer(loch)spielen 2012 eine würdige Abschlussfeier zu bescheren. Sie mögen es mir verzeihen, die Goldmedaillengewinner sind auch so Stolz wie Oskar über ihren "Gewinn". Deswegen wende ich mich in meinem Blog direkt dem heißen, feurigen "Indian Summer" oder dem "nasskalten Hundswetter" zu (was eher auf den deutschen Herbst zutrifft als ersteres!). In dieser Woche gab es denn auch endlich mal wieder für mich einen Grund, überhaupt einen Blogeintrag zu verfassen.

Gestern Mittag war ich verdutzt, fast geschockt und reagierte anschließend nur mit Ungläubigkeit und Kopfschütteln, als ich in den Nachrichten hörte, wer nun in diesem Jahr den "Friedensnobelpreis 2012" gewonnen hat, den wichtigsten der vom schwedischen Chemiker Alfred Nobel gegründeten und gestifteten Preises. Besonders interessant: Nobel legte in seinem Testament fest, dass der Preis "denen zugeteilt werden (soll), die im verflossenen Jahr der Menschheit den größten Nutzen geleistet haben“ (Quelle: wikipedia). Laut Jury ist dies also in diesem Jahr die EU, die Institution, die vor allem durch die Krisen"bewältigung" um den Euro vorrangig in den Schlagzeilen stand.

Die EU gewinnt also den "Friedens"nobelpreis und das mit der Begründung, dass "die EU über sechs Jahrzehnte entscheidend zur friedlichen Entwicklung in Europa beigetragen habe" (Quelle: Spiegel-online). Diese Begründung kann verlangsamtes und zustimmendes Kopfnicken verursachen... muss aber nicht zwangsläufig! Einleuchtend ist die Begründung schon, die EU und das Bündnis der Mitgliedstaaten steht symbolisch für eine friedliche Einheit, vor allem aber auch für eine wirtschaftliche. Sicher, es soll immer der Frieden und die Demokratie im Vordergrund stehen bei der Symbolfigur Europäische Union, aber seien wir einen kurzen Augenblick mal wieder ehrlich: es geht in erster Linie um wirtschaftliche Interessen beim Bündnis der EU. Und nichts spricht wirklich dagegen, immerhin lebt jedes Individuum in heutigen Zeiten auch in erster Linie für den wirtschaftlichen Aspekt. Überleben heißt das Schlagwort, welches mit Geld und Wirtschaft untrennbar verknüpft ist.

Das Problem an diesem Friedensnobelpreis ist indes auch nicht, dass die EU mehr ein wirtschaftliches denn ein Friedensbündnis ist. Es ist klar, dass wir in der EU friedlich miteinander leben, da die EU aus demokratischen Mitgliedsstaaten besteht. Man bedenke auch, dass die EU einen weiten Weg hatte, um in solch einem starken, demokratischen Bündnis zu stehen, es bedurfte viel Einsichtigkeit und große Schritte musste von Staatsmännern aufeinander zu gemacht werden. Allein die Annäherung zwischen Frankreich und Deutschland nach dem zweiten Weltkrieg zeigt das: die Verbrüderung von Adenauer und de Gaulle galt damals wie heute als ein großer Schritt in Richtung einer friedlichen Gemeinschaft. Auch hier hat das Komitee des Nobelpreises Recht, wenn sie sagen, dass "heute ein Krieg zwischen Frankreich und Deutschland undenkbar wäre". Wahrscheinlich sind alle EU-Bürger auch sehr dankbar darum, dass ein Krieg wie der 2. Weltkrieg im heutigen Europa nicht denkbar wäre.

Trotzdem habe ich spontan über die Entscheidung, den Preis an die EU zu verleihen, mit Kopfschütteln reagiert. Nach allem, was in den vergangenen zwei Jahren war? Ist die EU wirklich noch eine Gallionsfigur des Friedens, die solch eines Preises würdig ist?

Ja, die Euro-Krise hat keinen Krieg innerhalb Europas ausgelöst. Zumindest keinen Krieg, der Tausende von Menschenleben fordert wie der, der zur Zeit in Syrien stattfindet. Man kann der EU auch nicht wirklich Tatenlosigkeit nachsagen in Sachen Eurokrise. Madame "Non" Merkel hat bewiesen, wie führungsstark und überlegt sie in der Krise eine ganze Gemeinschaft leiten kann. Gut, ich gebe zu, der Satz klingt weit sarkastischer, als ich ihn meine. Es ist wichtig, dass in der Krise, die eine ganze Währung zu zerstören droht, gehandelt wird, vor allem, wenn es bei dieser Währung um eine Gemeinschaftswährung geht und der Großteil eines ganzen Kontinentes wirtschaftlich in Gefahr ist. Allerdings kann man der EU zu Recht vorwerfen, dass sie nicht so stark und sozial gerecht handelt, wie es das Komitee des Nobelpreises ihm gerne unterstellen würde.

Die Euro-Krise hat Opfer gefordert, keine in Blut getränkten Kriegsopfer, die offen auf der Straße liegen, doch sie hat Opfer gefordert. Menschen leiden unter diktatorischen Sparmaßnahmen, blicken in eine heute mehr denn je ungewisse Zukunft und die Pläne zur Bewältigung der Eurokrise führt nur zu Demonstrationen Tausender Menschen auf den Straßen der von der Krise gebeutelten Nationen. Es ist kein Krieg möglich in Europa? Blickt man auf die Aggressionen speziell in Griechenland und das speziell gegenüber Deutschland, könnte man den "Krieg" fast schon wie dampfende Hundekacke in der Luft riechen. Erst in dieser Woche war Bundeskanzlerin Merkel dann auch in Griechenland zu weiteren Gesprächen im Hinblick auf die Krise. Dieser Besuch wurde ungewöhnlich unfreundlich von den Griechen in Empfang genommen: menschenleere Straßen, wo Frau Merkel mit Polizeitrupp und Limousine fuhr, es gab nicht einmal rosa Luftballons für sie. Stattdessen in anderen Teilen Athens groß angelegte Proteste mit Demonstranten, die teilweise in Naziuniform aufmarschierten. Ja, wenn kein anderer Vorwurf gegen die Deutschen geht, dann der bezüglich ihrer Nazivergangenheit. Eine Demonstration, die noch billiger ist als jedes "scripted reality format" im deutschen Fernsehen.

Fakt ist: es brodelt an allen Ecken und Enden in Europa seit der Eurokrise. Griechenland hasst Deutschland, Deutschland ist teils verstimmt mit Frankreich, Spanien und Italien schrauben an Lösungen, die sie selbst mehr schlecht als recht finanzieren können, und alle drängen wiederum Griechenland, endlich ihr finanzielles Problem in den Griff zu kriegen. Einigkeit besteht seit der Eurokrise sowieso nur auf halbgaren Papieren und zusammengeschusterten Plänen zur Lösung des Finanzproblems der EU. Die EU als Friedenssymbol?

In einer Zeit, in der die EU mit einer solch gewaltigen Krise wie der Eurokrise zu kämpfen hat, ist es nicht einmal eine "jetzt erst recht!"-Demonstration, den Preis der Europäischen Union zu verleihen. Der Friedensnobelpreis soll doch (wenn man den Worten Alfred Nobels in seinem Testament folgen soll) demjenigen verliehen werden, der im vergangenen Jahr der Menschheit den größten Nutzen gebracht hat. Im Hinblick auf dieses Zitat ist die EU wohl eher ein halbgarer Preisträger und nicht wirklich der Auszeichnung gewachsen.

Vor allem im Hinblick auf die anderen potenziellen Kandidaten ist diese Preisvergabe eher ein Treppenwitz. Zu den nominierten gehörten nicht nur die üblichen "Staatsmänner-Verdächtigen" wie Helmut Kohl oder Bill Clinton und auch Julija Timoschenko, sondern auch die Vorreiter des "arabischen Frühlings", Blogger und Menschenrechtler waren für den Preis nominiert. Die Spannung war auch bei mir in diesem Jahr groß gewesen und als ich die Entscheidung gehört habe, dachte ich, man hätte auch sonst wem den Preis verleihen können. Eine Auszeichnung an Protestler gegen das russische Regime hätte der Bewegung gegen Putin gut getan, es hätte vor allem ein Statement gegen Putin und seine fast totalitäre Herrschaft gesetzt.

Geht es schlussendlich bei einem Friedensnobelpreis nicht um den Frieden an sich? Wer könnte den Frieden besser vertreten als die, die sich uneigennützig für den Frieden und die Freiheit der Menschen einsetzen? Zugegeben, ein Nominierter wie Bono von U2 ist für mich auch nicht wirklich ein Wunschkandidat für die Auszeichnung. Wenn sich Menschen, die viel Popularität und Geld haben, für Frieden oder Schuldenerlässe von Entwicklungsstaaten einsetzen, ist das zwar lobenswert, aber nicht sonderlich schwer für diese Menschen umzusetzen. Ich schätze Bono's Engagement für Afrika wirklich sehr und finde auch, dass gerade er in der Prominentenwelt eine Bewegung losgetreten hat, sich auch für die Armen der Welt einzusetzen (was in den Jahren davor viel zu sehr in den Hintergrund gedrängt wurde). Aber ein Friedensnobelpreis? Ich sehe immer noch Menschen für diese Auszeichnung, die ihr gesamtes Leben einer Sache widmen, mit Herz und Hirn sich so stark für etwas einsetzen, dass Glanz und Gloria kein Platz mehr haben. Hingabe und sich einer Sache wirklich zu widmen erfordert viel Kraft, da kann man nicht nebenher noch Karriere machen (auch wenn Kristina Schröder das immer zu verkaufen versucht und immer noch strikt gegen eine Frauenquote ist).

Erst heute las ich von der 14jährigen Schülerin Malala Yousufzai aus Pakistan, die in ihrer Heimat von Al-Qaida Terroristen niedergeschossen wurde und nach einer Notoperation immer noch ums Überleben kämpft. Ein Mädchen, dass sich öffentlich für die Rechte von Mädchen eingesetzt hat, in die Schule gehen zu dürfen in einem Land, in dem der Terror der Al Qaida Mädchen sogar verbietet, das Haus zu verlassen. Nein, nicht ganz Pakistan ist von der Al Qaida Seuche befallen, aber ein erschreckend großer Teil und die Terrororganisation tut alles, um das ganze Land in ihre Gewalt zu bringen. Man muss den Mut dieses Mädchens bewundern, ihre Courage, für das Recht auf Schulbildung einzutreten. Ist das nicht viel mehr Wert als eine Organisation wie die EU, die von hochbezahlten Sesselwarmhaltern lebt, die dank großer Gehaltsschecks den "Frieden in Europa" sichern?

Einige Kritiker bemängeln schon seit mehreren Jahren, dass der Friedensnobelpreis an "Schlagkraft" verloren hat, weil einfach die falschen Menschen damit ausgezeichnet werden. So war die Auszeichnung für Barack Obama im Jahr 2008 bereits ein Witz, über den man sich heute noch lustig machen darf. Einen Staatsmann auszuzeichnen vor seinem Amtsantritt waren wohl doch ein paar Vorschusslorbeeren zuviel und bis auf die große Heldentat, in einer gefährlichen Operation Terrorchef Osama bin Laden zu töten, ist nicht viel passiert in der ersten Amtsperiode Obamas, zumindest nicht außenpolitisch oder zur Herstellung des Weltfriedens. So zeigt sich Obama speziell in dem Konflikt um Syrien erschreckend träge und tatenlos. Ein Mann, der als Symbolfigur für den Frieden ausgezeichnet wird, müsste doch viel mehr tun, um das Blutvergießen in dem Kriegsgebiet zu stoppen, oder? Nun, wie schon des Öfteren vorher betont, Obama ist nicht der Messias, für den ihn viele Menschen vor seinem Amtsantritt gehalten haben.

Aber zurück zum EU Friedensnobelpreis. Der Präsident der EU Kommission, José Manuel Barroso, hat nach der Bekanntgabe gesagt, dass es "große Ehre für die gesamte EU und alle 500 Millionen Bürger (ist), mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet zu werden". Hm, also sind nun alle EU Bürger stolz, einen Preis erhalten zu haben, von dem keiner so wirklich was hat. Ja, die Symbolkraft... ist klar! Ich glaube, die EU Bürger sind dieser Tage viel zu sehr mit der Angst um ihre Jobs und ihre Existenz in Zeiten der Euro-Krise beschäftigt, als dass sie Freudensprünge wegen eines gewonnen Friedensnobelpreises machen könnten. Solch ein Preis ist schlussendlich doch mehr für diejenigen, die Zeit haben, diese Ehrung zu genießen und sich im Licht der Lobhuselei zu sonnen. Wie die Politiker in der EU. Vielleicht hatte das Kommitee doch recht, genau diese Organisation auszuzeichnen... immerhin wäre ein Menschenrechtler zu beschäftigt mit der Wahrung des Friedens oder der Umsetzung seiner eigenen Mission, um sich vor Kameras zu aalen oder Statements zu geben, wie sehr er den Preis doch verdient hätte.

Das Einzige, was die Verleihung dieses Jahr bei mir bewirkt hat, ist Enttäuschung. Enttäuschung über das zu weiche Rückgrat des Nobelpreis-Komitees, Enttäuschung über so wenig Mut zu einer erwähnenswerten Entscheidung und Enttäuschung über einen Preisträger, der so furchtbar sinnlos ist, gerade in dieser für die EU so schweren Zeit. Optimisten reden natürlich von dem "Push", den solch ein Preis mit sich bringt, der Motivation, die dieser Preis für die EU in Krisenzeiten haben wird. Bitteschön, ich lasse allen Optimisten und Befürwortern gerne ihr positives Gedankengut und vielleicht führt dieser Preis wirklich zu dem Kick, der die Europäische Gemeinschaft in die richtige Richtung führen wird. Es wäre allen Beteiligten (inklusive 500 Millionen EU Bürger, denn auf die kommt es schlussendlich wirklich an!) zu wünschen!

In diesem Sinne ein schönes Wochenende und bis zum nächsten Blogeintrag.

LG Gene :-)

Sonntag, 23. September 2012

Olympische Sommer(loch)spiele 2012: 3. Golddisziplin: 25 Schuss/s Wettschießen

Die Paralympics 2012 sind am Sonntag mit einer rauschenden Party als Abschlussfeier beendet worden und auch wenn ich Coldplay als musikalischem Act so gar nichts abgewinnen konnte, fand ich die Inszenierung an sich passend und einfach wunderbar anzuschauen. Eins werden die Paralympics in London bewiesen haben: sie gehören nicht mehr zur kleinen Stiefschwester der Olympischen Spiele, sondern haben sich etabliert als ganz eigenes Happening. Wenn das kein Erfolg ist, weiß ich es auch nicht.

Auch das Sommerloch neigt sich langsam aber sicher seinem Ende zu: die Kinder gehen wieder zur Schule, die Arbeitnehmer kehren einigermaßen vollzählig aus ihrem Sommerurlaub zurück. Sogar das Fernsehprogramm ist wieder überfüllt mit Sendungen, die man sich antun kann (und mindestens doppelt so vielen, bei denen man es getrost sein lassen kann!).

In dieser Woche beschäftigt mich (quasi zum Einläuten in den Herbst) der 11. Jahrestag der Anschläge vom 11. September 2001. So kryptisch, wie dieser Jahrestag auch anmuten mag, er kennzeichnet sich wohl als "der Jahrestag, an dem die Anschläge schon fast wieder vergessen sind". Erinnert man sich noch an die letzten Jahrestage in den letzten 10 Jahren, so war das Gedenken mit einem riesigen Aufstand, vielen Dokumentationen und Leidensberichten rund um das Ereignis verbunden. In diesem Jahr? Nichts! Es gab Berichte am gestrigen Tag über die Gedenkfeier am Ground Zero, die gleiche Prozedur wie in den anderen Jahren zuvor. Und doch... es verwundert, wie wenig im Fernsehen allgemein über die Anschläge berichtet wurde. Sollen wir die Ereignisse einfach gehen lassen, weil wir weiterleben, weil eben alles irgendwie weiterläuft, egal, was gestern passiert ist?

Das Gedenken für die Opfer des 2. Weltkrieges wird auch fast 70 Jahre danach am Leben gehalten, zumindest wird alles dafür versucht. Sicher, der 2. Weltkrieg hat von der Opferzahl her eine völlig andere Dimension als die der Anschläge vom 11. September, trotzdem galt 9/11 als der größte Schock für die moderne Gesellschaft seit der Jahrtausendwende. In diesem Jahr nun scheint es, dass 9/11 in die Geschichte eingeht und dort vor sich hin schimmelt, zumindest hat der gestrige Gedenktag viel von der Naturgewalt der Vorjahre verloren. Die Menschen scheinen weitergegangen zu sein, vielleicht sind sie gewachsen, vielleicht wird es ihnen aber auch dem Anschein nach mehr und mehr egal, was vor 11 Jahren in New York City geschah.

Andererseits... kann man das Ganze wirklich als Gleichgültigkeit bezeichnen? Ein Mensch ist so lange einer Sache nicht gleichgültig gegenüber, solange er an sie denkt? Wenn das wirklich der Fall wäre, wären wir wahrscheinlich früher oder später allen Dingen gegenüber gleichgültig. Vielleicht sollte man die sinkende Aufmerksamkeit auf den 11. September einfach als Abschluss mit der Sache an sich sehen. Ab einem bestimmten Zeitpunkt versuchen die Menschen einfach weiterzuleben, sich mit anderen Dingen zu beschäftigen. Genau da beginnen die Menschen, die Opfer von Kriegen oder Anschlägen zu vergessen: es kommen neue Menschen auf uns zu, werden in diese Welt hineingeboren und treten damit in unser aller Leben. Es wäre schlichtweg überfordernd für Jedermann, wenn wir uns auf alle Menschen, die waren, sind und sein werden gleichzeitig konzentrieren würden.

Ich gestehe, so wenig ich auch mit dem Hype um die vergangenen Jahrestage der Anschläge von 9/11 anfangen konnte (obwohl ich selbst auch viele ergreifende Dokumentationen zu dem Thema gesehen habe!), so sehr mache ich mir ab einem gewissen Punkt Gedanken um die Konsequenzen, die dieser eine Tag auf die Weltgeschichte hatte: die Kriegseinsätze in Afghanistan, später auch im Irak (alles in die Wege geleitet von George W. Bush) wurden in dem Versuch gestartet, die Länder aus der Diktatur und dem Terror der al-qaida zu befreien. Was ist daraus geworden? Der Demokratieversuch kann in beiden Ländern als durchwachsen bis gescheitert angesehen werden und so sehr sich die Politiker auf dem nationalen und internationalen Parkett bemühen, so viele Soldaten in diesen Ländern auch eingesetzt wurden, die Al-qaida hat immer noch ihre Stärke und demonstriert täglich durch Terroranschläge im kleineren Rahmen ihre Macht.

Die Welt kocht wieder einmal über, vergesst die Anschläge vom 11. September, das von einem radikalen koptischen Christen produzierte Hassvideo gegen Mohammed ist nun Zündstoff für neue Religionskriege. Westliche Botschaften wurden angezündet, es wurde demonstriert und es gab Tote. Allein dadurch zeigt sich schon, wie weit wir von der Vernunft und der Weisheit, die uns allen eigentlich zustehen müsste bei aller Aufklärung und Weltoffenheit, weg sind. Am Ende eines jeden Tages gibt es Konflikte, speziell über die Religion. Nichts entfacht solch ein Lauffeuer wie die Gretchenfrage "Wie hast du's mit der Religion?". Wobei inzwischen nicht mehr nur die Frage ist, was man eigentlich glaubt, sondern, ob man auch das Richtige glaubt. Radikale Moslems meinen, dass nur sie dem richtigen Glauben folgen. Radikale Christen denken genauso, allerdings beanspruchen sie für sich das Allwissen in der Religion und die Richtigkeit ihres Glaubens. Diese Liste kann eigentlich für jede andere Religion weitergeführt werden, denn egal ob Jude, Hindu oder sogar Buddhist: wenn ein Glaube sich in radikale Formen wandelt, ist der Platz für Toleranz in den Herzen ausgelöscht.

Kriege werden heute weitaus weniger wegen der Frage um Gebietsansprüche oder Geld geführt, es geht immer und immer wieder um die Religion. Die Schranken in den Köpfen der Beteiligten werden dabei immer enger und es geht immer öfter um Vernichtung. Ist das die neue Methode, mit der das Übermaß in der Weltbevölkerung reduziert werden soll? War der 11. September 2001 eigentlich nur der Anfang der Neuzeit in der Vernichtung ganzer Menschengruppen?

Die Rassen- oder Religionstrennung ist in der Geschichte fest verankert und auch in den Köpfen der meisten aufgeklärten Menschen immer noch präsent, aber haben wir daraus überhaupt etwas gelernt? Man darf seine Zweifel haben, die Weltreligionen arbeiten noch lange nicht zusammen und schließen sich zu einem friedlichen Nebeneinander zusammen, stattdessen geht es immer und immer wieder um die Frage "Wer hat nun mehr Recht?". Wenngleich: dieses Problem besteht nicht ausschließlich in der Religion, im weltlichen Gegenstück, der Politik, geht es ähnlich zu. Gerade darf die Welt im Höhepunkt des amerikanischen Wahlkampfes dabei zusehen, wie die Spitzenkandidaten Obama und Romney sich gegenseitig die Schuld am Elend in der Welt geben, wobei Romney weitaus aggressiver gegen Obama vorgeht als umgekehrt und sich dabei schon längst in das eigene Knie geschossen hat. So sehr Romney mit Populismus auch auf den Zuspruch der Wählerschaft hoffte, reagiert die Allgemeinheit in den USA verstimmt, wenn der Herausforderer im Wahlkampf in einer außenpolitischen Krise auf den Amtsinhaber einprügelt. Kritik am Amtsinhaber darf sein, aber in Krisenzeiten stehen die Amerikaner zusammen, egal, ob es sich dabei nun um einen Republikaner oder Demokraten handelt. 

Aber zurück zum eigentlichen Thema, der Golddisziplin "25 Schuss/s Wettschießen". Es läuft durch alle Konfliktsituationen der letzten Zeit alles wieder auf einen neuen Krieg hinaus. Wo er stattfindet, wer die Beteiligten sein werden und worum es gehen wird, ist bis jetzt nicht genau abzusehen. Der Religionskonflikt wird mit aller Wahrscheinlichkeit nach die größte Rolle im neuen Krieg spielen und die Ausmaße dieses Krieges werden die des derzeit stattfindenden Krieges in Syrien bei weitem übertreffen. Eine Seite (meist die radikalen Muslime) lassen sich gerne provozieren, eine andere Seite (fanatische Religiöse anderer Glaubensrichtungen) provozieren gerne. Fertig ist der Konflikt, der viel Blutvergießen mit sich bringt.

Es fiel mir in der vergangenen Woche auf, wieviel Zeit wahrhaft Religiöse in ihren Hass gegen alle, die nicht das Gleiche glauben wie sie selbst, investieren. Scheinbar steht die Zeit in den Ländern, in denen gerade so intensiv auch gewalttätig demonstriert wird, still, denn zu arbeiten brauchen diese Leute wohl nicht, Geld brauchen sie nicht, zu Essen haben sie wohl (aus welchen Gründen auch immer) genug, ohne dafür 12 Stunden am Tag arbeiten zu müssen. Ehrlich gesagt ist es mir ein Rätsel, woher diese Menschen für so etwas "Banales" wie Religion haben.

Bevor ich nun den Zorn aller Religionsfanatiker auf mich ziehe, sage ich es frei heraus: 1. das Wort banal steht in dem Vorsatz in Anführungszeichen. Will heißen: ich persönlich empfinde Religion an sich nicht als banal, den Kampf um die Religion allerdings als mehr als banal, wenn nicht sogar schwachsinnig. 2. Religion ist nicht greifbar, also kann man theoretisch auch nicht darüber argumentieren oder Kriege darum führen. Es ist eine einfache Logik: wenn in früheren Zeiten Kriege wegen Geld oder wegen Land geführt wurden, gab es im Ende immer jemand, der gewonnen hat. "The winner takes it all" - so leidenschaftlich, wie ich die Musik von ABBA hasse, aber der Songtitel ist wahr: wer einen Krieg gewinnt, streicht die Kohle ein oder ist neuer Landbesitzer. Jetzt aber die Frage: wenn ein Krieg um die "einzig wahre und richtige Religion" geführt wird, wie wird dann entschieden, wer Recht hat? Natürlich ist auch "Unterdrückung" das Stichwort, das gab es auch schon beim Krieg um Grund und Boden. Eine Gruppe hat in aller Regel den Boden in Besitz genommen und hat die gegnerische Gruppe entweder vertrieben oder unterdrückt.

Also: was geschieht in solch einem Krieg um die Religion? Müssen dann alle, wenn z.B. die Radikalmuslime den Krieg gewinnen, zum Islam konvertieren und diejenigen, die sich weigern, werden getötet? Unwahrscheinlich ist dieses Szenario nicht und es wirkt, als wären die Religionsfanatiker genau darauf hinaus.

Um das Gedankenspiel mal zu Ende zu spielen: der Welt wäre nicht gedient, wenn nun endlich der Konflikt der Religionen endet, eine Religion gewinnt und alle anderen eliminiert. Der Planet wird nicht dadurch gerettet, dass alle Menschen sich nach einem Religionsführer richten, sei es nun der Koran oder die Bibel oder welches Buch auch immer gewählt werden wird. Es werden dadurch weder Umweltprobleme gelöst noch Wirtschaftsprobleme, die Menschheit wird durch den Religionskrieg zwar reduziert, aber vernünftiger wird sie dadurch nicht.

Viel entscheidender als die Gretchenfrage wäre doch, wie wir vorgehen wollen im Zerfall des Planeten und in der uns drohenden Umweltkatastrophen, die viel mehr Menschen als jeder Krieg dahinraffen werden. Wie ich allerdings jeden Tag aufs Neue einsehe, ist die Menschheit immer noch nicht bereit für diese Gedankenspiele und Diskussionen, also endet an dieser Stelle (vorläufig!) das Gedankenspiel.

Nun die alles entscheidende Frage des Blogs: wer gewinnt nun die Goldmedaille in dieser Disziplin bei den Sommerlochspielen? Zweifelsohne, wenn wir bedenken, dass der nächste Krieg Religion als Leitmotiv führen wird, geht die Goldmedaille zweifelsohne an Religionsfanatiker, die in ihrer Idiotie das Leben nicht verstanden haben und sich in einen kleinen Anteil der menschlichen Philosophie verbissen haben. Offen bleibt wohl nur, welche "Religion" Gold gewinnt. Religion steht in diesem Fall in Anführungsstrichen, weil der Fanatismus keine der eigentlich vorgeschobenen Religionen widerspiegelt. Vom derzeitigen Stand wird Gold wohl an die Al-Qaida gehen, die es wie keine zweite Radikalgruppierung versteht, Tatsachen zu verdrehen, Unschuldige ohne Sinn und Verstand zu ermorden und die Welt ohne eigentlichen Sinn in Angst und Schrecken zu versetzen. Es wird mir wohl ein Rätsel bleiben, warum es solch eine Radikalgruppierung gibt, genauso wenig wird sich mir erschließen, warum es Nazis gibt oder allgemeine Intoleranz gibt. Wir müssen wohl einfach damit leben lernen, ab und zu den Mund aufmachen und uns mit Worten statt mit Waffen wehren, wo es geht und ansonsten hoffen, dass die 25 Schuss/s im Wettschießen nicht uns treffen, besser noch: dass sie niemanden treffen.

In diesem Sinne wünsche ich allen Bloglesern eine schöne neue Woche und bis zum nächsten Blogeintrag.

LG Gene :-)

PS: Dem geneigten Leser wird aufgefallen sein, dass sich dieser Blogeintrag eigentlich in zwei zeitliche Teile aufteilt. Das kommt nun mal dabei heraus, wenn man einen Blogeintrag zu Ende schreiben möchte, weil man das Thema wichtig findet, allerdings keine Zeit hat, ihn zeitnahe zu beenden.

Mittwoch, 5. September 2012

Olympische Sommer(loch)spiele 2012: 2. Golddisziplin: 100 m Glücksjagd

In dieser Woche startet in London die 2. Olympische Runde, mit anderen Worten: die Paralympics stehen in Großbritanniens Metropole auf dem Plan. Grund genug, hier weiter an der Sommerlochserie zu feilen (immerhin ist es jetzt auch wieder legitim, über Olympische Spiele zu schreiben).

Man muss sagen, es ist trotz allem immer noch eine große Ungerechtigkeit, dass die Paralympics im Ende nur die Stiefschwester der großen Olympischen Spiele für die "Normalos" darstellen. Sport und Behinderungen gehören genauso zusammen wie Sport und Gesundheit, man ist nicht krank, weil man einen körperlichen "Nachteil" hat und damit ist es schon fast wieder ein Skandal, dass die Leute lieber den "Gesunden" bei sportlichen Wettkämpfen zusehen und der Fokus der Aufmerksamkeit immer auf ihnen liegt. Von der Ungerechtigkeit, dass ein Athlet bei den Paralympics eine geringere Goldprämie vom Bund erhält als ein Athlet bei den Olympischen Spielen. Die Paralympics stehen anscheinend im Ruf, in irgendeiner Weise minderwertiger zu sein, was schade ist. Vielleicht widme ich genau deswegen dieses  Thema heute den paralymischen Athleten.

Vor gut einer Woche habe ich eine Dokumentation zum Thema "Glück" im Fernsehen gesehen. Es ging darum, ob das Glück an sich fassbar ist, neurologisch erklärbar oder warum einige Menschen auf diesem Planeten so viel glücklicher sind als andere. Gibt es festgeschriebene Quellen für das Glück, Kategorien, in die das Glück eingeteilt werden kann? Und (was auch eine sehr wichtige Frage war): wieviel Glück braucht bzw. verträgt der Mensch? Gibt es eine "Glücksüberdosis"?

In diesem Bericht gab es (und das ist doch sehr passend zur Thematik) ein Kurzinterview mit Phillippe Pozzo di Borgo, dessen Lebensgeschichte in der anrührenden Komödie "Ziemlich beste Freunde" verfilmt wurde. Als er nach seiner Vorstellung von Glück befragt wurde, sagte er, dass wenn er das Glück für sich heutzutage auf einem Level beschreiben sollte, dieses Level jetzt, seitdem er querschnittsgelähmt ist, weitaus höher liegt als zu der Zeit als gesunder Mensch. Für einen Menschen, der selbst gehen und sich bewegen kann, wie er möchte, ist diese Aussage fast unvorstellbar. Trotzdem, es muss etwas dran sein, dass man als behinderter Mensch glücklicher sein kann denn als gesunder Mensch. Man blickt sich um und stellt oft fest, dass Menschen mit Behinderungen oder unter chronischen Erkrankungen leidend oft (weiß Gott nicht immer!) mehr Lebensfreude und -bejahung in sich tragen als diejenigen, die jederzeit und an jedem Ort körperlich alles tun können, was sie wollen.

Immerhin: Glück ist kein Zustand des Körpers, er mag den Körper nur beeinflussen. Das Glück spielt sich zum größten Teil doch im Kopf und im Geist ab. Immerhin: wie soll ein Arm an sich glücklich sein? Ist er glücklich, wenn er funktioniert oder färbt er sich gelb mit lila Streifen, wenn es ihm verrückt-gut geht? Wenn das Glück vorhanden ist, betrifft es doch den ganzen Menschen, nicht nur einzelne Körperteile. Natürlich kann man nun denken, ein Mensch müsste zwangsläufig glücklicher sein, wenn sein Körper sich in einwandfreier Funktionalität und Gesundheitszustand befindet. Allerdings gäbe es wohl kaum die Jagd auf das Glück, wenn die Rechnung so einfach zu erstellen wäre.

Das Glück spielt sich im Kopf ab, gesteuert von Gedanken. Zu ihm gehören die Zufriedenheit bis zu einem gewissen Anteil. Ein zufriedener Mensch ist leicht dazu geneigt, glücklich zu sein. Aber was gehört noch dazu? Liebe? Nun, Liebe kann glücklich machen, sie kann aber auch genauso gut unglücklich machen. Viele Liebesdramen der Weltgeschichte haben genau bewiesen, wie unendlich glücklich Liebe machen kann... und wie sie gleichzeitig jedes Glück zerstören kann. Oft hängt dies davon ab, ob man in der Liebe das angestrebte Ziel erreicht oder nicht. Also sind die Ziele an sich auch ein großer Teil, von dem das Glück abhängt. Ein Ziel zu erreichen macht glücklich und zufrieden, in der Reihenfolge oder umgekehrt. Ein Ziel jedoch nicht zu erreichen macht den Menschen unglücklich. Also sind Ziele ein entscheidender Schlüssel zum Glück.

Glück hat wohl auch etwas mit persönlicher Vollkommenheit zu tun. Wenn wir ein Ziel im Leben erreichen, dass komplettieren wir etwas in unserem Leben und werden dadurch glücklicher. Vielleicht kommt daher auch der Trugschluss der Menschen, ein behinderter Mensch wäre weniger glücklich als ein Mensch ohne Behinderung. Der Mensch sieht sich als glücklich durch einen Körper, der einwandfrei funktioniert. Deswegen sind gesunde Menschen wohl auch so schnell unglücklich, wenn sie von einer Krankheit (und sei es einem leichten Schnupfen) betroffen sind. Wie kann da ein Mensch, der für immer (oder zumindest für sehr lange Zeit) ein Gebrechen hat, damit wirklich glücklich sein? Das werden sich wohl viele gesunde Menschen, die von dem einen oder anderen Zipperlein (körperlich oder seelisch) hier und da geplagt sind, fragen.

Es ist alles recht einfach: der Mensch lebt vom Anspruch. Vor allem dem Anspruch, den er an sich selbst stellt. Wenn er seinem eigenen Anspruch nicht gerecht wird, neigt der Mensch dazu, unglücklich zu sein. Die erschreckend einfache Lösung: man nimmt sich vor, weniger Anspruch an das Leben und an sich selbst zu haben und es stellt sich automatisch mehr Glücksseligkeit ein.

Nun mag sag zu vereinfacht klingt, zu gut um wahr zu sein. Leider ist es aber wahr. Es mag nach billiger Binsenweisheit klingen, aber die Menschen leben einfach zu sehr in der Maxime und werden dadurch immer unglücklicher. Materieller und seelischer Reichtum sorgen in immer höherer Dosierung dafür, dass das Streben nach dieser Form des Glückes zum absoluten Unglück führt. So führt mehr finanzieller Reichtum zur immer größeren Sorge darum, ob man sein Geld investieren soll, wie man es am Besten investiert, um es nicht zu verlieren... eben die Dinge, die ich schon in meinem letzten Blog zum Thema "Rating" angesprochen habe.

Das Glück liegt dabei so nahe, dass es nicht einmal durch Geld zu erwerben ist. Immerhin (wenn wir es mal ganz sarkastisch sehen wollen): arme Menschen haben keine Probleme damit, ihr Geld irgendwo zu investieren und kriegen deswegen keine Schweißausbrüche, ob diese Investition wirklich richtig ist oder eine andere wesentlich besser wäre. Für arme Menschen gibt es keine geeigneten Investitionen oder das Streben nach maximalem Profit, für arme Menschen gibt es nur notwendige Investitionen: wenn Menschen in absoluter Armut leben und zwei Drittel ihres Monatsgehaltes allein in Lebensmittel investieren müssen, stellt sich nicht mehr die Frage nach "Profit", "Gewinnmaximierung" oder ähnlichem. Es geht um das blanke Überleben. Macht das glücklich? Vielleicht macht es einfach glücklicher, nur in reellen Dimensionen zu leben. In Dimensionen, in denen es nur um die Realität und die Gegenwart geht. Sobald man anfängt, finanziell auf dem Sektor des "was wäre wenn" zu verfahren, nur noch an die Zukunft zu denken oder an Hypothesen, die man aufstellt, damit man mehr von seinem Geld hat, ist man in der misslichen Lage, dass man sich weiter und weiter vom Glück entfernt.

Glück bedeutet Seelenfrieden, die innere Ruhe, die einen wie Watte einpackt. Sicher, es gibt den Spruch "Geld macht nicht glücklich, aber es beruhigt!", womit schon quasi ein Widerspruch geschaffen wurde, immerhin hat Beruhigung auch viel mit Glück zu tun. Ein Blutdruck, der nicht ständig auf Höchstgeschwindigkeiten rast, ist ein glücklicher. Also ist Beruhigung auch eine Quelle des Glückes. Doch was macht das Glück konkret mit uns? Warum ist es uns so wichtig? Warum mögen wir Geld, wenn es uns nicht glücklich macht, sondern "nur" beruhigt?

Vielleicht sind wir oft dazu geneigt, von Dingen angezogen zu werden, die uns potenziell unglücklich machen. Vielleicht ist Glück nicht alles im Leben. In der Dokumentation über das Glück wurde auch offen für das Recht plädiert, unglücklich zu sein. Es wurde darüber philosophiert, wie wichtig es ist, auch Schmerzen und Leid zu empfinden. Die Logik, die dahinter steckt, ist einleuchtend: das Glück muss etwas sein, dass man zwar regelmäßig, aber wohl dosiert braucht. Mit dem Schmerz und dem Unglück geht es uns ähnlich. Wären wir alle dauerhaft glücklich, so wüssten wir den Zustand der Glücksseligkeit gar nicht mehr zu schätzen.

Wahrscheinlich fühlen wir uns deswegen oft von Dingen angezogen, die uns potenziell eher schaden als nützen. Somit ist auch das Geld bei der Glücksjagd wieder mit im Spiel. Geld zu gewinnen oder zu verlieren führt zu einem Fieberrausch bei vielen, der einen wesentlichen Teil bei der Glücksjagd ausmacht.

Und das Gold? Wie glücklich macht uns das Edelmetall? Gerade während der olympischen Spiele und der Paralympics sieht man immer wieder strahlende Sieger, die Gold gewinnen und viele Athleten, die über eine Silbermedaille enttäuscht sind. Ist es nicht interessant, dass die Zweitplatzierter über den Gewinn einer Silbermedaille weniger glücklich sind als Drittplatzierte über den Gewinn einer Bronzemedaille? Die Enttäuschung darüber, knapp das Gold verfehlt zu haben, scheint oft bei Zweitplatzierten höher zu wiegen als die Tatsache, dass sie überhaupt eine Medaille gewonnen haben. Und Bronzesieger? Vielleicht sind sie einfach froh, gerade noch eine Medaille ergattert zu haben, da die Plätze danach nur noch "Blech" bedeuten. 

Was auch immer es ist, das uns glücklich macht, vielleicht bedarf es gar keiner Rezepte, wie man glücklich wird oder was genau einen warum und in welcher Dosierung glücklich macht. Ein weiser Spruch für alle Grübler und Weltverbesserer dieser Welt wäre wohl nur:

"Glücklich ist, wer vergisst... was doch nicht zu ändern ist!"

Dies gilt dann wohl für das tägliche Leben wie für die Paralympics, die Olympischen Spiele und alles andere wohl auch. Also, man genieße das Leben, egal ob es Schokolade oder saure Gurken regnet. Und wer gewinnt nun in dieser Disziplin die Goldmedaille? Nun, der 100 m Sprint auf der Jagd nach dem Glück geht wohl an all die Menschen, die verstehen, dass Glück weniger mit Materialismus als mehr mit einem Zustand seelischer Gelassenheit zu tun hat. Wie wäre es mit den Mönchen buddhistischer Klöster in Bhuthan oder in Tibet? Sie hätten es jedenfalls verdient, denn sie haben so einiges mehr schon verstanden als die meisten Bürger der Industriegesellschaften.

In diesem Sinne noch viel Spaß beim Rest der Paralympics und der jetzigen Woche. Bis zum nächsten bald folgenden Blogeintrag. 

LG Gene :-)

Donnerstag, 23. August 2012

Olympische Sommer(loch)spiele 2012: 1. Golddisziplin: Rating

Wo es Olympische Spiele gibt, muss es natürlich auch Disziplinen geben, in denen die Kandidaten antreten dürfen. Aber wer tritt hier eigentlich in welcher Disziplin an... vor allem aber: wofür? Gute Frage, denn Sommerlochspiele sind so ganz anders gestrickt als die "echten" Olympischen Sommerspiele, die vor über einer Woche zu Ende gingen. Dort gab es Disziplinen, die die Menschen vertreten: 100 m Lauf, Diskuswerfen, 4x 100 m Freistil, Judo in verschiedenen Gewichtsklassen.

Nun, dieser Blog ist komplexer als das und ich würde nicht zwangsläufig die Disziplinen der wahren Olympischen Spiele einfach klauen und hier einfügen (copy & paste ist hier nämlich nicht!). Also, was genau sind die Sommerlochspiele eigentlich? Das mag sich der intelligente Leser fragen.

Die Sommerlochspiele sind eine Option zu dem, was sich "Sommerloch" schimpft. Die Zeit, in der sämtliche Politiker und "Rechtschaffenden" der Politik in Urlaub fahren, in der nix im Fernsehen läuft, weil angeblich sowieso alle Menschen entweder im Urlaub oder im Freibad sind und in der die Menschen irgendwie nur auf das Wetter statt auf ehrliche Arbeit fokussiert zu sein scheinen. In dieser Zeit braucht es eine Alternative, etwas Unterhaltendes. Geboren sind die Sommer(loch)spiele. Disziplinen, die schon lange da sind, denen sich aber nicht jeder bewusst wird und in denen wir tagtäglich kämpfen. Um Gold, um Ruhm, um Ehre... wer weiß das schon? Für irgendetwas werden wir wohl kämpfen. Kämpfen um des Kämpfens Willen wäre auch ziemlich sinnlos, oder? Andererseits: das Sommerloch ist wohl das Sinnloseste, was das Jahr zu bieten hat!

Es gab in den letzten zwei bis drei Jahren wohl kaum eine Disziplin, die so exzessiv und ausgiebig praktiziert und für die "trainiert" wurde wie das "Rating". Natürlich handelt es sich bei diesem Begriff wieder einmal um einen Anglizismus, weil ohne scheint der Deutsche auch gar nicht mehr auszukommen (bzw. auskommen zu wollen). Auf gut Deutsch heißt "Rating" weder Raten noch Radieren noch Radfahren sondern um das Bewerten. Wir bewerten: morgens, wenn wir aus dem Bett aufstehen ("War das jetzt ein gutes Aufstehen oder ein schlechtes Aufstehen?" "Hat mein linker Fuß sich heute beim Aufstehen besser gefühlt als gestern oder schlechter?" "Wie war die vergangene Nacht im Wochen-, Monats- und Jahresvergleich auf einer Skala von 0 bis 10?") bis zum Abend, wenn wir wieder schlafen gehen. Dazwischen gibt es so unzählig viele Möglichkeiten, die verschiedensten Dinge des Tages zu bewerten, wie wir am Tag Atem ziehen (ich hab irgendwo gelesen, es sollen rund 23.000 Mal sein).

Das Bewerten von Dingen ist nun eine sehr komplexe Angelegenheit, man möchte schließlich durch das Bewerten auch etwas erreichen. Was genau? Darüber können sich die Götter wohl streiten. In erster Linie wird das Bewerten dem Menschen wohl Orientierung geben: was mag ich und warum? Was mag ich nicht und wieso werde ich es nie mögen? Welche Konsequenzen soll ich daraus ziehen? Soll ich überhaupt welche daraus ziehen? Es ist natürlich einerlei, ob man bewertet um des Bewertens Willen, aber der Mensch ist ständig danach bestrebt, seine Lebensqualität zu verbessern. Mit anderen Worten: durch das Bewerten schaffen wir die Grundlage für Vorlieben, die wir mit der Zeit lieben lernen und die wir benutzen, um unsere Lebensqualität zu steigern. Und ja, dazu ist es auch wichtig zu ergründen, mit welchem Fuß man besser zuerst morgens aufsteht!

Nun ist es eine Sache, wie oft und wieviel man im Privatleben Dinge bewertet zur Verbesserung des eigenen Lebens. Die Sache wird weitaus komplizierter, wenn Bewerten zum gesellschaftlichem Volkssport wird. Genau darüber philosophieren nun sämtliche Nachrichtenagenturen und die gesamte Gesellschaft seit zwei bis drei Jahren. Privates Bewerten gab es schließlich schon immer, öffentliches Bewerten jedoch hat sich wie ein Flächenbrand ausgebreitet.

Genau an dieser Stelle tritt das wahre "Rating" in Erscheinung, in seiner englischen Form. Rating Agenturen wie "Fitch" oder "Moody's" haben einen bis dato nicht dagewesenen Stellenwert erlangt. Immerhin: wer kannte diese Unternehmen schon vor einigen Jahren? Gab es die zu dieser Zeit überhaupt? Wahrscheinlich schon, das Herauf- und Herabwerten ganzer Staaten wird wohl kaum eine Erfindung von gestern sein. Diese Entwicklung kam schleichend aber sicher und inzwischen scheint es ein Gesetz zu sein, genau das zu glauben und dem zu folgen, was ein paar Broker in ihrer Börsenwahrsagerkugel so alles sehen. Schon merkwürdig, wenn man bedenkt, wie die Menschen normalerweise zu Hexerei und Wahrsagerei stehen.

Alle Gesetze des gesunden Menschenverstandes scheinen über den Haufen geworfen zu werden, speziell in diesen Zeiten, wo der Virus "Eurokrise" mitten unter uns lebt. Wir empfinden jede Handlung eines Wackelkandidaten (vornehmlich Griechenland) als Hiobsbotschaft, als Bedrohung für unser aller Leben. Schließlich gehen die meisten Menschen davon aus, dass wir alle sterben, falls Europa Pleite geht! Schon witzig, wie sehr wir alle am Geld und Wohlstand hängen, dass wir meinen, wir wären so ganz ohne nicht mehr existenzfähig.

Zurück zum Thema: das Rating der Ratingagenturen, die neuen Popstars am Gesellschaftshimmel. Mit dem einzigen Unterschied zu echten Popstars, dass sich Ratingagenturen gar keiner Beliebtheit beim Volke erfreuen. Das stört sie allerdings nicht weiter, es geht ja auch gar nicht darum, ein guter oder beliebter Mensch zu sein, schon gar nicht in der Finanzwelt! Die Ratingagenturen geben mit ihren Einschätzungen potenziellen Großinvestoren Tipps, wo sie ihr Geld anlegen sollten und wo besser nicht. Mit anderen Worten: in den USA - ja (= AAA Wertung), in Griechenland - nein (= C-Wertung). Besonders lustig ist dabei die Begründung, die man immer wieder gerne hört: "Der Ausblick für diese Staaten ist schlecht, sie werden kein Geld bekommen, weil davon auszugehen ist, dass in diesen Staaten das Geld zusammenbrechen wird und es sich eine Investition nicht lohnt, weil dort kein Wirtschaftswachstum erwartet wird." Nun, es heißt nicht wortwörtlich so und diese Begründung ist auch nicht die Einzige, aber so oder so ähnlich läuft das Ganze ab.

Hier nun die Pointe dieses genial-gruseligen Witzes der Ratingagenturen: die Agenturen prophezeien den Anlegern schlechte Wirtschaftsaussichten für bestimmte Länder. Die Investoren sind dadurch in der sicheren Meinung "Das lohnt eh nicht!" und investieren folglich auch kein Geld mehr in diese Staaten. Die Staaten wiederum sind unter anderem aber auf das Geld von Investoren aus dem Ausland angewiesen, damit ihre Wirtschaft in Schwung kommt (man nehme als simpelstes Beispiel hierfür den Import-Export). Die mathematische Gleichung hierzu lautet dann wohl:

Rating + treudoofe Investoren, die auf alles hören = Staaten, die pleite gehen + kein Wirtschaftsaufschwung - abgewanderte Investoren

Natürlich sind die Ratingagenturen nicht der einzige Faktor einer Staatspleite und weiß Gott, die Staaten, die von den schlechten Ratings im C-Bereich betroffen sind tragen oft selbst Schuld an der Misere. Allerdings haben die Ratingagenturen Macht; eine viel zu große Macht, wenn man bedenkt, dass eigentlich so gut wie nichts hinter diesen Ratings steckt. Worum geht es? Um's liebe grüne, nicht stinkende Geld, natürlich! Es geht um Multimillionäre und Milliardäre, die sich sicher sein wollen, in ihrem Leben nie wieder arm zu werden. Deswegen investieren sie nur dahin, wo es sich auch potenziell lohnt. In Griechenland zu investieren lohnt sich nicht wirklich, dann doch lieber in China, die machen wenigstens was aus dem Geld! Nun kann ich schlecht in das Hirn eines Multimillionärs oder Milliardärs gucken, ich habe nicht sooo viel Geld, verstehe aber die Motive, nach denen sie handeln und investieren. Allerdings sei hier eine Unterscheidung gemacht: ich verstehe, wie sie ticken - das heißt aber noch lange nicht, dass ich Verständnis für ihr Verhalten habe!

Es bleibt wohl dabei: die Weltwirtschaft wird von einem immer kleineren Kreis Menschen mit zu viel Geld bestimmt und damit darf dann der Großteil der Menschheit leben. Die Tatsache, dass dieser Kreis Menschen aus dem "Heartland of Capitalism" = den Vereinigten Staaten stammt, macht die Sache geradezu symbolisch für die Wichtigkeit des Kapitalismus. Es gibt auf diesem Planeten wohl kaum ein Land, dass sich mit Wichtigtuerei so hervorgetan hat in den vergangenen 200 Jahren wie die U.S. of A. Wie passend, dass sämtliche Ratingagenturen, die im Moment am globalen Finanzmarkt die entscheidende Rolle spielen, aus Amerika stammen. Konkurrenz gibt es in diesem stars & stripes-Monopol derzeit nur von den Chinesen, die ebenfalls mit einer Ratingagentur vertreten sind. Der Rest ist Schweigen im Wald.

Somit gingen die drei Medaillen (Gold, Silber und Bronze) für's "zu-Tode-rating-europäischer-Staaten" eindeutig an die USA. Das macht dann drei Medaillen im Medaillenspiegel, die Frage, wer Gold, Silber und Bronze erhält, ist in diesem Fall relativ egal. Es macht einfach keinen Unterschied, ob der absolute Sieger im Kampf um Gold an Fitch, Moody's oder Standard & Poor's geht. Die Vorliebe für eine der Agenturen ist wohl nur wie die Vorliebe für eine bestimmte Apfelsorte.

Fakt bleibt aber das nationale Problem im internationalen Konflikt. Wenn in Zukunft die Ratings nur von amerikanischen Agenturen erstellt werden, wird es immer wieder vorkommen, dass diese Agenturen nationalbedingt Vorlieben erstellen. So ist es zumindest aktuell stark verwunderlich, warum die USA trotz finanzieller Krise und innenpolitischen Differenzen ohne wirkliche Verbesserungen auf dem Arbeits- oder Finanzmarkt eine Triple A-Bewertung erhalten, sprich die Spitzenbewertung. Es wäre nachvollziehbar, wenn die USA wirklich noch das Land sind, in denen Milch und Honig fließen... diese Tage sind in den USA allerdings auch gezählt und das liegt nicht am derzeitigen Präsidenten, vielmehr am Stillstand im Land selbst. Denn egal, welcher der beiden Kandidaten im November die Präsidentschaftswahl gewinnt, es wird nicht dazu führen, dass sich viel in den USA verändert, wenigstens nichts, was die internationale Politik betrifft.

Wir befinden uns nun in einem Diktat von amerikanischen Ratingagenturen, die über das Schicksal Millionen Bürger in vielen Staaten entscheiden. Am Dicksten hat es dabei die Europäer getroffen, die derzeit in der Bündniseurokrise stecken. Es macht sich dabei eben besonders bemerkbar, dass Europa in einer Gemeinschaftswährung steckt nach dem Motto "mitgehangen - mitgefangen". Die Griechen sind pleite, also wird nach und nach jedem anderen Staat eine schlechte Prognose gestellt; allein durch den Euro-Rettungsschirm werden selbst finanzstarke Staaten für die amerikanischen Ratingweltmeister zum Risikofaktor - allen voran Frankreich und Deutschland. Egal, wie sehr wir uns anstrengen mögen, wir bürgen teilweise für den Eurorettungsschirm für insolvente Staaten. Das Problem ist inzwischen nur, dass die verschuldeten Staaten mit ihren Programmen kaum aus der Krise herauskommen und somit Fitch & Co noch mehr Gründe geben, warum Deutschland oder Frankreich keine gute Prognose haben. Die Tatsache, dass die USA vor einem Jahr kurz davor standen, sämtliche Lichter ausgeschaltet zu bekommen, weil sie zahlungsunfähig waren, spielt merkwürdigerweise keine Rolle in dem AAA Rating.

Durch das Rating als Investitionsinstrument haben sich neue Verknüpfungen ergeben zwischen Ratingagenturen, Banken und Investoren. Daraus hat sich eine Art Hexenkessel entwickelt, der früher oder später die Finanzwelt zusammenbrechen lassen dürfte. Vereinfacht gesagt: solange der Leitzins für Kredite für Banken ständig gesenkt wird und Banken dadurch abenteuerliche Spekulationsspielchen vollführen können, Staaten allerdings von immer stärker steigenden Kreditzinsen betroffen sind, die durch die Banken festgesetzt werden und zusätzlich Staaten mit Krediten für Schulden aufkommen müssen, die die Banken verursacht haben, um diese vor dem Ruin zu retten, solange wird es keine wirkliche Lösung am Finanzmarkt geben. Natürlich leben Banken von einem "guten" Geschäft. Gute Geschäfte sind fabelhaft. Allerdings frage ich mich, ob die Staaten wirklich als Vollidioten dastehen wollen und sollten. Das Schöne an Geschäften ist doch schließlich, dass die Geschäftspartner von Verhandlungen leben. Genau deswegen sollten die Verhandlungspartner neue Konditionen ausarbeiten zum Schutz von... eigentlich allen!

Was die Investoren wie die Banken wie alle Wichtigtuer dieses Planeten nicht bedenken: gehen die 99% der arbeitenden und armen Bevölkerung endgültig Pleite, haben die 1% der Superreichen von ihrem Geld auch nichts mehr. Schließlich lebt der Club der Superreichen vom Umsatz der Konsumenten, den Menschen, die nicht unbegrenzt Geld zur Verfügung haben. Es wäre gut, würde die Goldschicht ganz oben mal darüber nachdenken.

In diesem Sinne - Glückwunsch an die amerikanischen Ratingagenturen zu Gold, Silber und Bronze bei den Olympischen Sommerlochspielen... und an alle Leser eine schöne Woche und bis zum nächsten Blogeintrag.

LG Gene :-)

Samstag, 11. August 2012

Die Olympischen Sommer(loch)spiele 2012 - Teil 1: das "olympische Dorf" oder: Der Bitch Bunker

Ich habe mich nun doch entschlossen, einigermaßen regelmäßig wieder einen Blog zu führen (solange es die Zeit zulässt). Vor einigen Monaten hatte ich auch eine neue Sommerlochserie für das Jahr 2012 angekündigt. Es dürfte kalr sein, dass in diesen Tagen sich alles um die Olympischen Spiele in London dreht, oder (wie es in den Nachrichten ständig so schön gesagt wird!) "the place to be". Ich bin nicht am "place to be", ich bin nur am "place to think and write", also gibt es eine neue Sommerlochserie ganz im Zeichen der Spiele. Allerdings geht es bei mir so gar nicht um 100 m Lauf, Fechten, Schwimmen in allen Formen oder Bodenturnen, es geht bei mir um so ganz andere "Disziplinen": Disziplinen des wahren (und nur teilweise sportlichen) Lebens.

Die Tragik der Olympischen Spiele hat sich in den letzten Wochen wieder einmal gezeigt, es gab so viel Glück und so viel Leid komprimiert auf dem Fernsehbildschirm, das man so viel Gefühl sonst nur aus Dosen vom scripted reality TV erwarten kann. Mit dem kleinen, feinen Unterschied, dass diese Gefühle echt waren. Es gibt Ungerechtigkeiten im Sport, Fehlentscheidungen und das Scheitern aufgrund von einer Schwäche in der Tagesform wie auch im Alltagsleben, in dem es nicht um Sport geht oder um Medaillen.

Nun muss ich ehrlich gestehen, die Olympischen Spiele haben auch mich gefesselt und ich gucke regelmäßig einige der Entscheidungen aus London. Es sind sogar so viele, dass mir nicht mehr wirklich einfällt, was ich noch in meinem Blog schreiben soll. Ganz ehrlich? Eigentlich mag ich es nicht, die Missstände des Lebens in meinem Blog anzuprangern. Und nach dem letzten Blogeintrag hat sich sogar eine regelmäßige Leserin verabschiedet. Das mag wohl daran liegen, dass ihr der Inhalt meines letzten Blogs über sinnentleerte Blogs nicht passen mag (vielleicht fühlte sie sich da auf ihren eigenen angesprochen!). Es war nicht meine Absicht, aber wer lieber Leser ohne Sinn und Verstand sammelt, damit er auch möglichst viele "Follower" hat, ist wohl auf meiner Seite relativ schlecht aufgehoben.

Aber genug davon, es geht ja hier schließlich um "Olympische Spiele" und damit auch um "Fair Play". Trotzdem habe ich mich spontan dazu entschlossen, diese Sommerlochserie den Frauen dieser Welt zu widmen, die ich von Tag zu Tag weniger verstehe, obwohl ich zum gleichen Geschlecht gehöre, sprich zum "anderen Geschlecht", wie Simone Beauvoir das weibliche Geschlecht in ihrem berühmtesten Buch bezeichnete. Ich widme mich allen Frauen dieser Welt in unserem ganz eigenen "Olympischen Dorf", auch von mir als dem "Bitch Bunker" bezeichnet.

Gerade jetzt im Hochsommer werden nicht nur die Röcke und Shorts bei den Mädchen ab 12 und Frauen ab 20 immer kürzer, nein, die Krallen werden immer länger. Damit sind nicht nur die manikürten French Nails gemeint, sondern auch die verbalen, katzenhaften Krallen, die alles und jeden innerhalb von Bruchteilen von Sekunden zerfetzen können. Dies gilt allerdings fast ausschließlich für die Menschen, die zum gleichen Geschlecht gehören, denn gegen Männer richten sich diese Krallen relativ selten.

Das glaubt mir keiner? Nun, ich weiß, Männer fühlen sich ständig von Frauen bevormundet, überfahren, übervorteilt und überhaupt - das Verständnis der männlichen Zunft den Frauen gegenüber sinkt auf ein rekordverdächtiges Minusgradniveau. So richtig kann kein Mann verstehen, warum Frauen sind, wie sie (angeblich) nunmal sind. Der ewige Kampf gegen das starke Geschlecht um die Emanzipation, die Gleichstellung oder einfach die Gerechtigkeit, das Gleiche zu verdienen und gleich behandelt zu werden wie Männer. Dann auf der anderen Seite aber regen sich Frauen immer öfter darüber auf, nicht mehr zuvorkommend behandelt zu werden an den richtigen Stellen: kaum ein Mann hält einer Frau mehr die Tür auf, rückt ihr den Stuhl beim Restaurantbesuch zurecht oder bezahlt das Abendessen komplett. Naja, letzteres haben Frauen sich wohl auf ewig versaut mit ihrem bösen Blick, wenn ein Mann es auch nur wagt, sie bei der "Wer bezahlt?"-Frage einfach zu übergehen.

Frauen möchten gleichberechtigt sein, dadurch die angeblichen "Freiheiten" spüren, die ein Mann auch angeblich spürt. Ich frage mich hingegen immer öfter, warum Frauen immer wieder danach streben. Gibt es wirklich ein Recht darauf, alles selbst bezahlen zu müssen, selbstständig sein zu müssen, ständig dadurch im Nachteil sein zu müssen? Tatsache ist, man ist nicht wirklich bevorteilt, wenn man ständig alles selbst bezahlen muss. Wenn Frau arbeiten gehen muss, sämtliche Rechnungen zu gleichen Anteilen selbst bezahlen muss, dabei dann aber bis zu 30% weniger verdient als der männliche Kollege, dann hat sich Frau offiziell selbst ins Knie geschossen. Männer können dies nur allzu gern mit einem gelangweilten Schulterzucken und dem Gedanken "Wenn's Spaß macht!" honorieren, aber was ist nun mit den Frauen, die das alles gar nicht wollen?

Ich persönlich stehe wohl genau zwischen den Stühlen, mag es, unabhängig zu sein, will aber nicht ständig in die Ecke "Du kommst schon gut alleine klar!" hingestellt werden, nur weil ich nicht (wie viele andere Frauen) auf hohem Niveau jammere und mir allein dadurch ein "Nestchen" bauen lasse.

Zurück aber zum Sommerszenario: die Frauen, die hemmungslos ihre Krallen ausfahren. Es fällt mir auf, wie sehr Frauen gerade in dieser Jahreszeit darauf bedacht sind, gut auszusehen. Schlimmer noch: sie wollen besser aussehen, Bienenkönigin sein und sie vertragen "keine fremden Götter neben sich". Man könnte es als neues Ausmaß der "Narzissmus-Epidemie" bezeichnen oder einfach so sehen, wie es ist: die Balz hat sich vom Frühjahr auf den Sommer ausgedehnt - und wir sind längst diejenigen, die balzen. Männer haben nicht mehr viel mit diesem Geschehen zu tun. Sie können wie im Schlaraffenland sich einfach faul in die Sonne legen und darauf warten, bis ihnen die gebratenen Tauben in den Mund fliegen. Auch dies könnte eine olympische Disziplin sein statt dem altberüchtigten "Tontaubenschießen", vielleicht aber unmöglich umzusetzen, da Tauben im wirklichen Leben so ungerne in den Mund eines Mannes fliegen.

Aber genug von den Männern, dieser Blog gilt ja den Frauen; auch wenn man sagen muss, das Eine geht ohne das andere quasi gar nicht. Zumindest nicht der Punkt, den ich mit diesem Eintrag machen will. Es gilt um Folgendes: Sommer bedeutet nicht nur kurze Röcke, sondern auch scharfe Krallen und die gefürchteten "Bitch-Blicke" des weiblichen Geschlechts. Eine Frau sieht besser aus als ich? Dann muss ich sie vernichten mit einem imaginären Laserstrahl-Blick. Gott sei Dank besitzt keine Frau wirklich diesen Blick, aber vielleicht sollte über eine Verfilmung der Geschichte um die "Frau mit dem Laserblick" nachgedacht werden: eine Gefahr für Leib und Leben all ihrer Konkurrentinnen, denn wenn sie Konkurrenz wittert, lässt die Frau mit dem Laserblick die Frau mit einem Wimperschlag vernichten.

Übertrieben? Das Leben lebt von Übertreibungen, also können wir alle auf dem Teppich bleiben. Noch übertriebener wäre wohl nur der Vorschlag, die Bitchiness der Ladies im Sommer zur olympischen Disziplin zu machen. Nun, es gibt bereits Judo und Ringen bei den Frauen, sämtliche Schießdisziplinen gibt es auch bei den Frauen. Besonders bemerkenswert in der Gleichberechtigung der heutigen Zeit: zum ersten Mal finden olympische Sommerspiele statt, in denen alle Disziplinen auch weiblich sind und nicht nur männlich. Wir sind also doch im 21. Jahrhundert angekommen - Gratulation!

Wie ich allerdings schon sagte, ich bin kein Emanzipationstyp, Alice Schwarzer kann ihren Job ruhig behalten, ich will nicht ihre Nachfolge antreten. Ich finde immer noch, es gibt wichtigere Dinge im Leben als die Emanzipation der Frau... allein der Respekt der Menschen untereinander wäre ein viel wichtigeres und anzustrebendes Gut in der heutigen Zeit. Wahrscheinlich ist das nur schlecht möglich bei all den Präferenzen, die sich die Menschen so gerne ausdenken und ausleben - deswegen wird sich dann eben um die Emanzipation und die Frauenquote Gedanken gemacht. Erst in dieser Woche hat sich Helmut Schmidt im Interview bei Sandra Maischberger kurz und knapp gegen eine solche Quote ausgesprochen - nun kann man sagen, Herr Schmidt hat teilweise doch sehr altmodische Vorstellungen und allein damit ist das zu entschuldigen. Was ich an Frauen in hohen Positionen allerdings viel schlimmer finde ist die Tatsache, dass Frauen zu besseren Mannweibern werden, sobald sie richtig Karriere machen und über anderen Frauen (und Männern) stehen. Plötzlich macht sich unter ihrem Rock ein imaginärer Penis breit, der sie sehr oft zu größeren Charakterschweinen werden lässt als es Männer je sein können.

Doch woran liegt's? Haben diese Frauen einfach zu sehr kämpfen müssen für die Karriere, zu oft ihren Laserstrahl-Blick einsetzen müssen gegen unliebsame Konkurrenz? Man weiß es nicht. Eins ist nur immer wieder deutlich klar: da sich Frauen nicht untereinander solidarisieren auf dieser Welt und nur damit beschäftigt sind, gegeneinander zu kämpfen, wird sich in absehbarer Zukunft so gar nichts an der jetzigen Situation ändern. Männer hingegen zelebrieren das "Buddy-Business" mit der gleichen Inbrunst wie Frauen die Bitchiness, solidarisieren sich immer da, wo eine Frau droht, in ihre Domäne einzudringen. Denn wenn es darum geht, dass ein "Men's Club" gesprengt wird, sind sich Männer sehr schnell einig, dass das nicht sein darf. Dies gilt zwar nicht für alle Männer dieses Planeten, doch für eine erschreckend hohe Anzahl der Fälle.

Können Frauen etwas lernen, sich verbessern, ihre Kräfte sinnvoller nutzen? Wenn ich mich in diesem Sommer so umgucke, habe ich da doch erhebliche Zweifel. Die Konkurrenz untereinander wird bei den Weibchen viel stärker gewittert als bei Männern, die zwar auch ihr Platzhirschverhalten an den Tag legen, es aber nicht so stark damit übertreiben wie Frauen. Manchmal habe ich den Eindruck, es ist den Frauen so wahnsinnig wichtig, bei Männern an- und unterzukommen, dass sie dafür auch töten würden. Zugegeben, manche Frauen tun das auch (ist alles schon vorgekommen!). Aber mal ehrlich: ist das wirklich das Wichtigste auf diesem Planeten? Kurze Shorts und Röckchen, nur um "bestiegen" zu werden? (<< man möge mir die grobe Ausdrucksweise verzeihen!). Es kann doch nicht sein, dass Frauen nur noch davon leben, beim männlichen Geschlecht möglichst zu anzukommen oder die Männer, die sie ergattert haben, mit erbitterter Verkrampftheit zu halten. Gibt es nichts wichtigeres im Leben? Und nein, "Geld" als Antwort zählt in diesem Fall nicht, das wäre die wahrscheinlich noch unbefriedigendere Antwort auf die Frage.

Die Olympischen Spiele neigen sich morgen ihrem Ende zu, angeblich mit einem Auftritt der Spice Girls bei der Abschlussfeier. Nun, wie passend zu dem "Bitch Bunker" der Olympischen Sommerlochspiele in diesem Blog, denn wenn jemand die Bitchiness beherrscht, dann wohl die fünf Hupfdohlen der erfolgreichsten Girlband aller Zeiten (<
Damit habe ich nun wohl selbst genug über das Geschlecht, dem ich selbst angehöre, abgelästert. Allerdings sei anzumerken, dass es mir weniger ums Lästern geht, sondern mehr um die Veränderung in den Köpfen. Wie üblich. Wird sich dadurch was ändern? Wohl kaum, da bin ich doch recht desillusioniert inzwischen. Trotzdem: einen Versuch ist es wert! Frauen können so ganz anders, es gibt genug wunderbare Beispiele auf dieser Erde. Ich würde sogar so weit gehen zu sagen: Frauen sind im Grund großartige Wesen! Woran es liegt, dass viele dieses Geschlechts so am Ziel vorbeischießen, kann ich nicht sagen. Es kann an den Männern liegen, es kann an mangelndem Selbstbewusstsein liegen, dass dann mit Gehässigkeit und Aggressionen wettgemacht werden soll.

Die Quintessenz jedoch ist: wenn wir wollen, können wir großartig sein, mit brillianter Auffassungsgabe, Witz und der Warmherzigkeit, die einer jeden Frau von Natur aus gegeben ist. Immerhin ist jede Frau irgendwo eine Mutter, ob sie nun Kinder hat oder nicht. Allein das macht uns gefühlsmäßig so viel größer als Männer.

Mit diesen Worten möchte ich diesen Blogeintrag beschließen und uns allen einem schönen Wochenende überlassen mit dem Abschluss der Olympischen Spiele. Keine Angst: die Sommerlochserie geht trotzdem weiter... immerhin: so wirklich vorbei sind die Olympischen Spiele nicht, es gibt ja immer noch die Paralympics. Abgesehen davon sind Sommerlochspiele unabhängig vom IOC! ;-)

LG Gene :-)

PS: Ein kleines Wochenendschmankerl für alle Frauen dieser Welt, die sich längst so dringen solidarisieren müssen. Die "Pointer Sisters" wussten dies bereits 1973 - im Übrigen ist diese Girlband weitaus besser als die Spice Girls.




Montag, 23. Juli 2012

Rien ne va plus? Wo nichts mehr (hin-)geht und alles zusammenläuft

Zugegeben, ich würde mich gerne entschuldigen. Dafür, dass ich zum xten Mal meinen Blog sträflichst vernachlässige oder dass ich wöchentliche Blogeinträge verspreche und sie nicht reinstelle. Ja, ich könnte mich dafür entschuldigen, ich könnte euch allen (die das hier lesen) sagen, wie leid es mir tut, dass ich nichts geschrieben habe. Und ehrlich: es tut mir auch leid! Ganz einfach, weil ich gerne an diesem Blog schreibe. Allerdings nur dann, wenn ich finde, dass es etwas Wichtiges zu sagen gibt. Man braucht ein Thema, um einen Blog zu schreiben... zumindest meiner Meinung nach.

Es gibt so viele Blogs in dieser großen, blühenden Landschaft genannt "Internet". So viele, dass es eigentlich schon uncool ist, überhaupt einen Blog zu führen. Man gilt schon als Nerd, wenn man einen Blog schreibt, als Außenseiter, der keine sozialen Kontakte hat. Am Besten ein Mensch, der sich nur über einen Blog artikulieren kann. Teilweise mag das stimmen, teilweise nicht. Das ist wohl wie mit den sozialen Netzwerken, in denen Menschen hunderte von Freunden auf der Liste haben und diese Menschen sind dann auch mehr oder weniger zumindest bekannt mit der Person. Andererseits gibt es Menschen, die sammeln Profile auf ihrem eigenen Profil, um den schönen Schein zu wahren, um den Menschen, die ihr Profil betrachten, das Gefühl zu geben: "Wahnsinn, der hat's drauf! Was für ein beliebter Mensch!"

So gesagt: ich gehöre wohl eher in die Nische, habe nicht zig Follower auf meiner Seite, die meinen Blog lesen wollen oder sich dafür interessieren, was ich zu sagen habe. Das ist allerdings okay, denn vor einem Jahr sah die Sache noch ganz anders aus: durch soziale Netzwerke hatte ich mehr Leser auf meiner Seite, zugegeben... andererseits stellt sich die Frage, ob diese Leser wirklich "wünschenswerte Leser" waren. Es gab sowohl positive als auch negative Reaktionen, ein buntes Poutpourri aus Menschen, die mich lobten, mich beleidigten, mir erzählten, wie die Welt funktioniert. Frei nach dem Motto: "Es gibt nichts, was es nicht gibt!". Leider stimmt der Spruch, wie mit allen Dingen des Lebens.

Nun hänge ich hier in meinem Nischenblog, habe kaum Leser, keine Reaktionen auf meine Beiträge... und lange habe ich nichts dazu gesagt, es bei der einen oder anderen flapsigen Bemerkung ruhen lassen. Allerdings bin ich jetzt einmal absolut ehrlich: es stinkt! Verdammt, es stinkt gewaltig. Nicht, dass ich meine, mein Blog sei der beste, spektakulärste und phänomenalste Blog der Welt, es ist nur... ich gucke mir die restlichen Blogs an, die es so gibt. Zugegeben, nicht alle Blogs, dafür hat wohl kein Mensch auf diesem Planeten Zeit. Aber ich habe einige Blogs gesehen, hauptsächlich Blogs, in denen es ums Stricken, Häkeln, Basteln, Kochen, Putzen oder die spannenden "Abenteuer" einer Ehe geht. Womit ich sagen will: es geht oft um Egotrips, mit vielen bunten Bildchen "aufregend" verpackt und mit hunderten Menschen, die dem regelmäßig folgen. Bei einigen dieser Blogs habe ich wirklich gelesen und mich ernsthaft gefragt, ob das überhaupt irgendeinen Menschen auf diesem Planeten interessiert. Ja, tut es! Warum? Vielleicht weil Menschen immer schon auf sehr "leichte Kost" abgefahren sind (in allem, außer beim Essen natürlich!). Es ist schwer herauszufinden, auf was Menschen wirklich stehen, gerade wenn man nicht in der Werbebranche tätig ist. Nun habe ich ein wenig Grundwissen über Marketing und Werbung, mein Problem ist allerdings, dass ich nichts von Werbung halte. Wer das bis jetzt noch nicht gemerkt hat, dem schreibe ich es in aller Deutlichkeit noch einmal hier und jetzt und für alle Zeit: Ich hasse Werbung! Damit katapultiere ich mich jedoch selbst meilenweit vom Mainstream hin zum Nischenblog, den keiner lesen will.

Gut, dann möchte das hier niemand lesen, damit kann ich leben. Die Frage stellte sich für mich dadurch die letzten Wochen, ob ich überhaupt noch weiter bloggen möchte. Sind Blogs wirklich das, was ich als Autorin schreiben möchte? Möchte ich damit meine Zeit verschwenden mit dem Wissen, dass sich durch die Anregungen und Analysen meinerseits nichts ändern wird? Kann ich überhaupt noch Themen finden, die meinem eigenen Anspruch gerecht werden, nicht grenzenlos an BILD-Niveau grenzen und darüber in sinnvollem Ausmaß schreiben?

Ich denke, ich kann das. Der Blog wird weiterhin bestehen bleiben. Wie lange, das kann keiner sagen - vielleicht hackt sich auch jemand in meinen Account und löscht alles aus reiner Boshaftigkeit oder weil er denkt, es muss mehr sinnlose als sinnvolle Blogs geben (ohne meinen eigenen jetzt wirklich in eine der Kategorien stecken zu wollen). Und wenn ich keinen Grund mehr sehe, den Blog weiterzuführen, werde ich ihn verwaisen lassen (was ich bereits getan habe). Eins verspreche ich jedoch (obwohl ich beides gut beherrsche): ich werde hier weder über Strickprojekte noch über Kochrezepte philosophieren. Nicht in diesem Blog!

Das war nun eine sehr lange Ansprache zum Thema "Blog - ja oder nein!". Aber ich will nicht nur darüber schreiben, das wäre ein wenig zu wenig und würde diesem Blog genauso wenig gerecht wie Strickmuster und Kochrezepte.

Die Ereignisse der letzten Wochen haben mich immer wieder hin und her gerissen und ich habe mich gefragt, wie ich das Ganze in einem Blogbeitrag thematisch kompensieren kann. Der Krieg in Syrien, die Machtlosigkeit der UN, der Opportunismus Russlands und Chinas zu dem Thema. Dann auf der anderen Seite (immer noch!) die Eurokrise, in Griechenland sowieso, jetzt die beschlossene Hilfe für Spanien. Die Frage, wie sehr man den Steuerzahler damit belasten sollte, Fehler von Banken und Spekulanten auszugleichen. Alle politischen Probleme der Welt dann jedoch wieder einmal in den Schatten gestellt vom ständigen Nörgeln über den nicht vorhandenen Sommer in Deutschland. Also wechseln sich die großen Sorgen immer mit den nichtigen Sorgen ab in einem Hin und Her, das einem Tennisspiel in Wimbledon gleicht. Aber: es haben mich doch eher die wirklichen Sorgen der Gesellschaft beschäftigt - und über das Wetter reden war noch nie so meine Sache!

In den letzten Monaten waren die gleichen Themen in den Nachrichten vorherrschend wie seit Beginn des Jahres und das gesamte letzte Jahr: die drohende Pleite der gesamten Eurozone und der Krieg in Syrien. Wenn man sich die Situation in Syrien anschaut, fragt man sich doch als politisch interessierter Mensch immer und immer wieder, warum diesem Drama nicht endlich ein Ende gemacht wird: tagtäglich sterben Menschen in Syrien, erschossen in Gefechten, Schuldige wie Unschuldige. Traurigerweise können wir alle gut dabei zusehen. Die Frage nach dem "Warum?" kann dabei nicht beantwortet werden.

Mit Entsetzen, Fassungslosigkeit und Kopfschütteln habe ich vor zwei Wochen das Interview mit Syrien's Staatsoberhaupt Assad gesehen, ein Fernehinterview, geführt vom Publizisten Jürgen Todenhöfer. Die Ausreden, mit denen sich Assad anscheinend vorlieblich selbst am glücklichsten machte, zeugten von entweder absolutem Wahnsinn oder dem personifizierten Bösen. Abstreiten, leugnen, Tatsachen verdrehen - die drei klassischen Elemente eines jeden Diktators, verpackt in eine nonchalante Art und Weise zu sprechen, so dass jeder Zuschauer denken mag, was für ein sympathisches Kerlchen Assad doch ist. Erst in solchen Momenten zeigt sich wohl immer und immer wieder, wie falsch wir alle denken, wenn wir uns einbilden, das Böse trüge ein unverkennbares Gesicht, würde nicht in der Tarnung durch die Weltgeschichte geistern und wäre einfacher auszuschalten als jede Lichtquelle.

Die Mühe, das Böse vom Guten zu unterscheiden, macht den meisten Menschen wohl denn auch so viel aus, dass sie sich dafür entscheiden, lieber wegzuschauen als zu handeln. Nur so ist wohl zu erklären, dass der Konflikt in Syrien seit 18 Monaten vor sich hinbrodeln kann und es hier in Deutschland (oder allgemein in der westlichen Welt) kaum jemand interessiert. Das alte Thema: "Was mich nicht betrifft, interessiert mich auch nicht!" trifft wohl wieder zu. Erst in dieser Woche, zum ersten Mal in den ganzen 18 Monaten, gab es einen Vorsprung von 1 % bei einer "Mehrheit" der Deutschen, die für eine Einmischung der Vereinten Nationen in den Konflikt sind. 1%! Es ist verdammt traurig, dass Menschen, denen es gut geht, nicht mehr bereit sind, anderen Menschen, die in Not sind, zu helfen. Die Angst, selbst dabei in Gefahr zu geraten, scheint wohl zu groß zu sein. Die Befürchtung, wir könnten nicht alle 200 Jahre alt werden, nagt an uns wie die Maus an einem Stück Käse. Das eigene Wohl scheint so verdammt wichtig zu sein, dass wir alle Dinge, die uns nicht betreffen, aber nichtsdestotrotz schrecklich sind, ganz weit von uns weg schieben. Es ist wichtig, glücklich zu sein, zufrieden zu sein, gesund zu sein. Das sehe ich alles ein, auch ich strebe danach und ich finde das auch für jeden Menschen wichtig. Wahrscheinlich ist das aber der entscheidende Knackpunkt: ich finde das für jeden Menschen wichtig, jeder Mensch hat ein Recht auf dieses Grundgut an Lebensqualität. Doch nicht jeder Mensch hat Zugang zu diesem "Wohlfühlpaket". Den meisten Wohlstandsmenschen wird es leider immer egaler, wie andere Menschen über die Runden kommen, Hauptsache, es geht ihnen selbst gut.

So geht es wohl auch in Syrien. Erst vor kurzem sagte Sigmar Gabriel, der SPD-Parteivorsitzende, wir werden eines Tages zurückblicken und es bitter bereuen, heute nicht in den Syrienkonflikt einzugreifen. In Sebreniza war es damals ähnlich, es wurde viel zu lange gewartet, es wurde nicht eingegriffen - Tausende von Menschen starben. In Syrien sind wir auch längst dort, weit über 15 000 Menschen sind bereits tot, Tausende flüchten über die Grenzen in die Türkei und in den Libanon. Assad lässt dabei selbst über die Grenzen schießen, die Menschen fliehen unter Todesangst, wenn sie überhaupt die Grenzen überqueren können. Wie lange wollen wir noch zusehen? Haben wir alle zuviele Actionfilme in unseren Leben gesehen, dass wir nicht mehr eine wirklich ernste Lage erkennen? Ist uns denn wirklich alles scheißegal, solange wir nur glücklich, satt und zufrieden mit uns selbst sind? Ist das Masturbieren auf das eigene Leben wirklich so schön, dass man alles um sich herum vergisst?

Wenn ich Dokumentationen über die Zeit um und nach dem zweiten Weltkrieg sehe, stelle ich mir noch viel mehr Fragen. Wir leben seit nunmehr 67 Jahren in Frieden. Hier in Deutschland, keiner redet von weltweitem Frieden. Die Welt ist viel zu weit von weltweitem Frieden entfernt und wahrscheinlich werden wir den Frieden nie erreichen, da es zu viele Unterschiede gibt. Unterschiede, die unser Leben lebenswert machen, es auf der anderen Seite allerdings zur Qual werden lassen. All das entstanden aus der Freiheit zu entscheiden, dem Willen, sich für A und gegen B zu entscheiden. Die Entscheidung, geleitet von Vorlieben, die dann im Ende zu Meinungsverschiedenheiten führt. Dann die Konflikte, die daraus entstehen, um dann in Streit und Auseinandersetzungen zu resultieren. Die nächste Stufe hierzu ist nur noch der Krieg: sich bis hinter die Zähne zu bewaffnen und den Meinungsgegner auszuschalten.

Bedauerlicherweise denke ich in letzter Zeit immer öfter, dass wir das wahrscheinlich brauchen, in all der aufgeladenen Stimmung. Es bedarf wohl eines Krieges, damit die Menschen wieder zu Verstand kommen. Freilich keines Krieges ausschließlich in Syrien, daraus würde Deutschland wohl nie etwas lernen. Nein, Deutschland braucht wiedermal Krieg. Einfach alles, was zu blöd ist, auf den Baum zu klettern, über den Haufen schießen. Das klingt utopisch? Nicht  mehr ganz dicht? Seien wir doch mal ehrlich: wir alle sind doch nicht mehr ganz dicht, wenn wir uns nur noch auf technische Errungenschaften und immer mehr Reichtum konzentrieren und es gleichzeitig fertigbringen, das Schicksal tausender Menschen im Krieg komplett zu ignorieren. Natürlich ist Syrien weit von uns weg, das macht die Sache aber nicht weniger dramatisch. Auch die Hungersnot in der Sahelzone ist weit weg... ist sie deswegen weniger dramatisch, weniger mitreißend? Anscheinend schon. So lange hier jeder Bierbauch täglich seinen Schweinebauch auf den Mittagstisch bekommt, ist die Welt in Ordnung.

Vielleicht braucht Deutschland einmal hautnahe das Elend, den Krieg, die Gefahr, jeden Tag zu den Opfern gehören zu können. Vielleicht braucht dieses Volk mal die geballte Faust Leben ins Gesicht, zu spüren, was es heißt, täglich ums Überleben zu kämpfen, sich anzustrengen, die Klamotten, die man am Leib trägt, noch zu halten, um nicht alles zu verlieren. Zugegeben, es gibt viele Menschen, denen es bereits jetzt so geht, mitten in Deutschland. Menschen, die täglich kämpfen müssen, um in diesem wirtschaftlichen Standard mithalten zu können. Auch das kann eine Qual sein, genauso gravierend wie die Qual in der Sahelzone, nichts zu essen zu haben. Trotzdem: was ist mit den Menschen, denen es einfach zu gut geht, die Leid und Elend ignorieren können? Brauchen die nicht mal irgendeine Art "Hallo, wach!"-Spritze, die ihnen zeigt, wie das Leben funktioniert, worauf es ankommt?

Nun, wer bin ich schon, den Menschen zu erzählen, worauf es im Leben ankommt? Die unterschiedlichen Vorlieben des Lebens sorgen einfach dafür, dass jeder Mensch andere Prioritäten hat und sich nach ihnen richtet. Wer kann oder darf da schon sagen, was wirklich wichtig ist und was nicht? Im Ende muss die Vernunft siegen, egal in welche Richtung! Aber Vernunft, Vernunft... was war das nochmal? Und wie definiert man sie?

Vielleicht gibt es darauf bis zum nächsten Blogeintrag Antworten. Wahrscheinlich ist, dass es einen nächsten Eintrag geben wird. Wann? Ich will mich nicht auf den nächsten Samstag festlegen. Wenn es mir allerdings gelingt, hoffe ich doch auf eure Leserschaft... wo auch immer ihr alle sein mögt!

In diesem Sinne, allen Lesern eine schöne neue Woche und bis zum nächsten Mal.

LG Gene :-) 


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