Donnerstag, 26. März 2009

Das Maß ist 'nach Belieben' voll....

Am gestrigen Tag durfte der gemeine Zuschaer der Nachrichten eine besonders kuriose Nachricht sehen: die EU (wer sonst?) hat beschlossen, dass die nationalen Bestimmungen zum Thema "Füllmenge bei Lebensmittel" ab dem 11. April 2009 einheitlich geregelt werden sollen. Und dadurch verfallen die uns eigenen nationalen Bestimmungen. Laut Nachtrichten heißt das: wir werden von nun ab vom Großhandel richtig kräftig übers Ohr gehauen! Wir kriegen jetzt nicht mehr 100 g Schokolade, sondern 88 g - aber zum Preis von 100! Und nicht mehr 1 Liter Milch... nein, der Handel wird jetzt derart fies, dass er für 200 ml Milch den Preis von 1 Liter verlangt!

Soweit jedenfalls die Berichterstattung nach dem Bildzeitungs-Prinzip im Fernsehen. Ob das im Ende auch sstimmt? Wer kann das schon wissen! Stattdessen geht die mediale Welt nach em Leidmotiv "Angriff ist die beste Verteidigung" ... oder besser: "Vorpanik ist besser als Nachpanik!" Denn nachher aufregen ist grundsätzlich viel zu spät, also machen wir es direkt. Schließlich kann keiner wissen, ob man nicht doch längt beschlossene Entscheidungen der EU mit kollektivem Aufregen und Meckern bis zum wahlweise Hirnschlag oder Herzinfarkt rückgängig machen kann.

Das Ganze klang jedenfalls nach wahnsinnig viel Aufregung - um angeblich Alles, eigentlich aber Nichts. Was der Deutsche in seiner Wut zum Meckern immer wieder ignoriert: wir leben in recht guten Zeiten, zumindest in Deutschland. Das glaub mir keiner? Nun, sehrn wir es mal aus folgender Perspektive:

Deutschland verkauft seine Lebensmittel im europäischen Durchschnitt relativ billig. Wir sind eins der Länder, die Lebensmittel am Billigsten vertreiben, Aldi, LIDL und Co. sei Dank! Es wird in rauen Mengen eingekauft, produziert, eingeschweißt, weiterverkauft - das Ganze läuft ähnlich einem Marathon der Massen ab. Der Kunde kann entscheiden, er kann sich dumm und dusselig kaufen und bezahlt dafür nicht mehr als ein paar Euro. Im Vergleich zu Ländern wie Schweden oder Frankreich leben wir doch recht gut. Nur keiner hat's bis jetzt gesehen. Ich weiß nicht wirklich, welche rosarote Brille der deutsche Konsument auf hat, jedenfalls färbt sie das Leben der Deutschen weniger schön, als sie ohne diese Brille sehen würden.

Wir beschweren uns, es könnte bald dazu kommen, dass die Produzenten uns weniger Ware für das gleiche Geld verkaufen. Andererseits: wir leben in Zeiten, in denen z. B. Butter so billig ist wie seit 60 Jahren nicht mehr. Und was war vor 60 Jahren? Richtig - Nachkriegszeit, wir befanden uns gerade im Wiederaufbau des Landes. Manch einer möchte zwar die derzeitige Krise vom Härtegrad her mit der Nachkriegszeit gleichstellen, aber offen gesagt: dafür, dass wir nicht durch Trümmer waten und Kartoffelschalen zu Suppe verarbeiten müssen, geht es uns preislich gesehen paradiesisch! Klar kann ein Hartz IV Empfänger nicht jeden Tag Fleisch essen, so billig sind die Lebensmittelpreise bei uns nun auch nicht.

Aber potenziellen Betrug zu vermuten wegen einer Füllmenge? Malen wir den Teufel mit goldenen Hörner an die frisch gestrichene Wand, obwohl wir gar nicht wissen, ob wir in der Wohnung wohnen bleiben werden? Es kann schließlich gut sein, dass sich schlichtweg nichts ändert! Denn, nur weil es solch eine Entscheidung und Gesetzesanpassung gibt heißt das noch lange nicht, dass davon Gebrauch gemacht wird. Es KANN, MUSS aber nicht!

Ich sehe ein: dem Einzel- und Großhandel einen Heiligenschein malen wäre eine Aktion, die für mich selbst wenig glaubwürdig wäre. Ich sehe ein, wir könnten uns auch auf Zeiten zubewegen, in denen wir weniger Produkt für's gleiche Geld bekommen.
Und trotzdem: gestern nach den Nachrichten fühlte ich mich unweigerlich an letztes Jahr erinnert, ungefähr die gleiche Zeit... als die Menschen in Massen in die Supermärkte strömten, um Milch und Milchprodukte zu kaufen. Ja, der Streik der Milchbauern, kaum eine Aktion nervte die Deutschen im letzten Jahr (neben dem Insolvenzskandal um Franjo Pooth!) so sehr wie dieser Streik. Und was ist daraus geworden? 40 Cent wollten die Bauern pro Liter Milch. Es stieg zeitweise an, dann kam die Wirtschaftskrise und zack! - der Milchpreis sank weit tiefer als je zuvor, inzwischen bekommen die Milchbauern nicht mehr als gut 20 Cent pro Liter Milch.

Doch damals, als protestiert wurde für mehr Geld für die Milchbauern war niemand für die Situation dieser Berufsgruppe verständnisloser als die Konsumenten! Immerhin: jeder Konsument träumt in seinem Job von einem guten Verdienst... und wenn er den hat, von einem noch viel besseren Verdienst in absehbarer Zukunft. Aber wenn eine andere Berufsgruppe ein wenig mehr Geld möchte, um ihre Existenz am Laufen zu halten? In solchen Situationen wird das Kopfschütteln von lautstarkem, wütenden Protest begleitet. Eine tolle Gesellschaft, in der der Verbraucher bei astronomisch niedrigen Milchpreisen nicht einmal 20 Cent pro Liter mehr bezahlen will. Aber er muss ja auch gar nicht, der Handel zwingt mit Masseneinkauf jeden Bauern früher oder später selbst in die Knie...

Was lernen wir aus den Nachrichten? Eigentlich nur, dass wir in einer Zeit leben, in der jeder Geld sparen will - und keiner weiß warum. Wir wollen viel Geld verdienen, noch mehr sparen - um dann das Leben zu genießen. Wahrscheinlich betrachten wir dann in einheitlicher Harmonie alle unsere hart ersparten Geldscheine und Girokontoauszüge (falls wir uns nicht so mit Bargeld haben!) und beten still und insgeheim, durch virtuelle Kopulation würde sich das Geld möglichst rapide vermehren.
Begründung für solche Aktionen? Weil man's kann! So einfach kann die Welt manchmal sein...

In diesem Sinne, einen schönen Donnerstag!

LG Gene

Mittwoch, 25. März 2009

Vergiss-mein-nicht (mehr)!

Manchmal ist es wie verhext: man begegnet Menschen, und das nur kurz (wie bei tausenden Anderen auch) und trotzdem... ihre Gesichter brennen sich in unser Köpfe und das scheinbar unauslöschlich. Vielleicht hat das ja auch mit "besonders sein" zu tun, allerdings ist es in diesen Fällen mehr der Subjektivität unterworfen. Denn obwohl in solchen Fällen das betreffende "Objekt" nichts optisch Gravierendes ausmacht, ihr Gesicht, vielleicht auch ihre Gestik (je nachdem, wie lange die Begegnung dauert) brennen sich unauslöschlich in unser Gedächtnis. Obwohl wir so vielen Menschen begegnen, außergewöhnlichen Menschen begegnen wir nicht so oft. Und wir haben eine "Antenne" für Menschen, die für uns etwas Besonderes darstellen. Wahrscheinlich liegt es auch am Interesse - einige Menschen interessieren dich, andere wiederum interessieren mich, obwohl sie dir vielleicht m Hintern vorbeigehen.

Ob dsa etwas mit Romantik oder sexueller Anziehungskraft zu tun hat? Natürlich, in vielen Fällen wird es damit zusammenhängen. Vor allem, wenn man an den "Selbsterhaltungstrieb" denkt, der in uns allen steckt. So lange wir fähig zur Fortpflanzung sind, suchen wir - nach den besten Genen, die wir bekommen können. Da die Keinem auf die Stirn geschrieben stehen, loten wir aus und entscheiden (und das innerhalb von Bruchteilen von einer Sekunde), ob uns das Gegenüber zusagt oder nicht.

Und genauso passiert es auch manchmal im Leben, an Plätzen, an denen wir bewusst gar nicht aktiv suchen, sondern uns treiben lassen und mit einem Mal der Schalter umgelegt wird. So geschieht es tagtäglich millionenfach - aber es geschieht nicht immer aus dem Motiv "l'amour toujours" heraus. Manchmal passiert es einfach, weil man einen Menschen sieht und wissen möchte, was hinter ihm steckt. Geht es euch nie so? Nun, mir passiert das schon des Öfteren. Ein Beispiel: da ich öffentliche Verkehrsmittel benutze (und das präzise zur gleichen Uhrzeit) kommt es mehr vor, als bei einem Autofahrer, der sich allein hinter's Steuer setzt, dass man anderen Menschen begegnet. Und damit Menschen, die das Interesse wecken, selbst am frühen Morgen.

Mir begegnen natürlich Dutzende Menschen, die auch zur gleichen Zeit zur Arbiet oder zur Schule fahren. Einige erinnere ich immer mal wieder, anderen kann ich täglich begegnen, es festigt sich einfach nicht mein Blick für diese Leute. Ich sehe sie, sie gehen an mir vorbei, ich hab sie vergessen. Woran das liegen mag, kann man heutzutage nur schätzen, klar ist jedoch, dass wir in einer uniformierten Gesellschaft leben, einer Gesellschaft, in der die Durchschnittsfrau so durchschnittlich aussieht, dass sie mehr und mehr zur "mir doch egal"-Frau wird. Sprich: die gleichen Klamotten in den gleichen Farben, zwar perfekt abgestimmt zur Jahreszeit und zum Trend, aber mal ehrlich: wen interessiert schon, ob die durchschnittlichste aller Frauen einen fliederfarbenen oder lilafarbenen Rock trägt? Für einen Mann liegt zwischen tiefem Aubergine-Lila und hellem Flieder eh kein Unterschied.

Dann die Frisur, im Gleichtakt zerfranste und zerschnittene Haarsträhnen, die dafür sorgen, dass die weibliche Haarpracht mehr und mehr zur Marke "Staubwedel" verkommt. Denn wirklich als volles gesundes Haar kann man diese ganzen "ausgedünnten und stufig geschnittenen" Frisuren kaum noch bezeichnen. Vielfärberei und viele verschiedene "Stylingprodukte" machen eher Entwürfe für den Haarfriedhof als für den glänzenden Auftritt. In einem können diese Frauen beruhigt sein: wenn 90% der Frauen eine verschnittene Frisur haben, fällt es nicht mehr auf. Man sieht sich an den Fauxpas der Gesellschaft schon nach wenigen Minuten des Tages satt!

Aber das eigentliche Problem war ja ein ganz anderes: wir reden ja von den Menschen, die wir sehen und NICHT mehr vergessen. Nun, ich habe einen Fall, er begegnet mir jeden Morgen an der gleichen Strecke im gleichen öffentlichen Verkehrsmittel - kurioserweise das seit Jahren. Okay, jetzt wird jeder sagen, wenn ich diesem Mann jeden Tag begegne, kann man nicht von einer kurzfristigen Begegnung sprechen. Von wegen! Was, wenn ich nun sage, dass ich über zwei Jahre ganz andere Pendlergewohnheiten hatte und ihm deswegen gar nicht begegnen konnte - aber vergessen? Sagen wir, er rutschste irgendwo tief in die Hinterstube des Gehirns, aber wirklich vergessen habe ich ihn nicht. Und seit Kurzem (das Leben geht halt manchmal gewöhnlich-ungewöhnliche Wege) benutze ich wieder die alte Strecke beim Pendeln zur Arbeit. Nun habe ich nicht tagtäglich gefiebert, was er wohl macht, ob es ihn "noch gibt" etc, aber ein komisches Gefühl war es schon, als ich ihm natürlich wiederbegegnet bin.

Mal am Rande: das hat NICHTS mit "verknallt sein" zu tun etc... es geht gar nicht um den Typen an sich (der nicht mein Typ ist!), mir geht es um etwas Anderes. Man kann auch einem Menschen begegnen, der eindeutig nicht "ins Beuteschema" passt, trotzdem gehen diese Menschen uns nicht mehr aus dem Kopf und wir fangen an, sie zu studieren. Wir studieren ihre Kleidung, ihre Haltung, ihre Gewohnheiten. Und fangen ein wenig an, eine Geschichte um diese Person zu spinnen. Und genau das war/ist hier der Fall! Obwohl ich diese Person nicht kenne, interessiert mich plötzlich aus der Isolation des Gewohnten heraus: Wie lebt dieser Mensch? Welchen Gewohnheiten geht er nach?

Warum mich das interessiert? Diese Frage stelle ich mir auch des Öfteren, wenn ich ihm (0der anderen Menschen) begegne. Vielleicht zeigen solche Beispiele einfach auf, dass wir nicht in einem Vakuum leben, wenngleich diese Gesellschaft immer mehr zum Vakuum verkommt. Wir leben unser Leben - und zwar allein! Es geht nur nach MEINEN Bedürfnissen, MEINER Lebensart, MEINEM Wohlbefinden... und der Rest ist so ziemlich Wurst (klammern wir die Faktoren "Familie haben" mal einfach aus, denn es gibt nur wenige Mütter, die nur auf sich selbst bezogen sind!). Aber in diesen Momenten keimt die Saat der "Geselligkeit" auf, das "Gruppengefühl" - es kehrt in genau solchen Momenten (zumindest theoretisch!) zurück. Wir nehmen (zwar ohne aktiv zu werden, aber immerhin...) endlich mal wieder teil an Etwas, das nicht nur einen selbst betrifft.

Bevor Menschen hier wieder etwas falsch verstehen: es geht nicht darum, dass die Leute, die solche Gedankenspielchen wagen (wie ich) Egoisten sind! Ich bin kein Egoist, zumindest nicht in diesem Sinne. Aber wer von euch denkt bewusst und im positiven Sinne an Menschen, zu denen ihr keine Beziehung habt? An die eigenen Kinder zu denken, die Eltern, die Verwandschaft oder den Freundeskreis, den Partner oder die Partnerin, das ist doch keine große Kunst. Aber an jemanden zu denken, mit dem man im Prinzip gar nichts zu tun hat, das ist das Prinzip, auf das ich mich stütze. DA beginnt die Gruppendynamik, von der immer so getan wird, als wäre sie nicht vorhanden.

Vorhanden ist sie, wie wir alle tief im Innern erahnen. Aber was daraus tun? Soll ich diesen jungen Mann nun ansprechen und ihn nach seinem Leben fragen, nur weil mich seine Person interessiert? Klar, das könnte ich tun - aber es ist relativ sinnfrei, so etwas zu tun, gerade für das Gegenüber, das angesprochen wird (und ich weiß das aus eigener Erfahrung, denn ich habe schon sehr oft erlebt, dass mich Menschen eigentlich ohne Grund und speziell ohne sexuellen Hintergrund angesprochen haben).

Nun, ich habe diesen Blogeintrag "Vergiss-mein-nicht (mehr)" genannt. Es ist eben Menschen, denen man begegnet und die man nie wieder vergisst. Und merkwürdigerweise gibt es so viele Menschen, mit denen verbringt man sogar einen Teil seines Lebens, eine relativ lange intensive Zeit des Lebens - aber irgendwann sind sie einfach vergessen.

Ich habe heute Morgen ein Plakat gesehen mit dem Titel "Vergiss-mein-nicht"; es ging (worum auch sonst?) um Demenz. Und irgendwie hat mich das nachdenklich gemacht. Vergessen ist schön und gut, ich bin sogar heilfroh, dass ich einige Menschen komplett aus meinem Leben streichen und sie vergessen konnte. Ich gehe davon aus, es geht vielen Lesern auch so, schließlich möchte man sich gar nicht an jeden Hinz und Kunz erinnern, dem man irgendwann einmal begegnet ist. Aber was, wenn wir die plötzlich vergessen, die uns interessieren? Was, wenn in dir plötzlich jede Erinnerung und jede Verbindung mit anderen Menschen abstirbt, ohne dass man es möchte?

Ich möchte manche Menschen nie wieder vergessen, ganz einfach, weil mein Herz an ihnen hängt. Aber kann ich das wirklich beeinflussen? Ich denke, wenn sich Menschen für eine Krankheit bewusst entscheiden könnten, Alzheimer und Demenz wäre wohl die Krankheit, die am Wenigsten Zulauf finden würde. Aber warum? Wo wir alle nur auf unseren eigenen vollen Teller gucken und uns nicht interessiert, was rechts und links von uns passiert. Aus dieser Sicht her gesehen wäre es doch schön, wenn wir vergessen, und zwar alles und jeden um uns herum, wir vergessen, dass wir überhaupt Beziehungen führen, platonische oder partnerschaftliche, wir vergessen die Liebe für unsere Partner, Kinder, Eltern, Freunde... einfach alles. Im Ende gibt es nur uns selbst, allein auf weiter Flur....

Erschreckender Gedanke? Vielleicht sollten wir aus Angst zu Vergessen und zu Vereinsamen in Zukunft viel öfter im Zug oder Bus oder in der Stadt beim Einkauf einmal links und rechts gucken und egal, ob uns das Gegenüber optisch oder verhaltensmäßig anspricht oder nicht... wir sollten dankbar sein! Und einfach mal überlegen, wie einsam diese Welt wäre ohne Artgenossen, die uns begleiten. Das Vergessen und das Erinnern laufen Hand in Hand mit uns durchs Leben.

In diesem Sinne: vergiss-mein-nicht ... oder eben doch, ganz wie euch beliebt. Eine schöne Restwoche an alle!

LG Gene

Freitag, 20. März 2009

Der "Reiz" des Besonderen

Freitag, 20. März 2009: wie jeden Morgen strömen Millionen Menschen aus ihren Häusern und Wohnungen, begeben sich per Zug, Bus oder Auto in ihre Büros, Geschäfte, Schulen ... es gibt zig Möglichkeiten und eigentlich wäre jede dieser Situationen und Menschen schon etwas Besonderes.

Denn die ganze Welt, jeder Einzelne von uns, sogar das Leben als eigenständiger Terminus folgt einem bestimmten Bestreben: Perfektion zu erreichen! Zumindest aber (weil schon Billy Wilder den Ausspruch "Nobody is perfect" durch den Film "Manche mögen's heiß" berühmt gemacht hat) möchte jeder Mensch etwas "Besonderes" sein. Aber was heißt das überhaupt? Darüber stolpere ich des Öfteren, gerade, wenn ich darüber nachdenke, ob der Ausdruck "besonders sein" nun wirklich eindeutig positiv zu verstehen ist oder nicht.

In erster Linie heißt "besonders sein", man hebt sich von der Masse ab, man geht einen WEg, der nicht alltäglich ist; oder man meistert Dinge, die eigentlich selbstverständlich wären, auf eine Arzt und Weise, die Bewunderung, zumindest aber Aufmerksamkeit erzielt.


Aber macht das einen Menschen wirklich besonders? Eine gut "durchgezogene" Aktion und ich darf mir den Stempel "Besonders" auf die Stirn pressen? Ich denke, der Mensch macht doch allgemein den Fehler zu glauben, dass das Wort 'besonders' bedeutet, alles ist dadurch positiv, man erstrahlt in einem Glanz, der einem ohne dieses Wort nicht zustehen würde. Dabei heißt das Wort oft auch das Gegenteil: Besonders sein ist oft schlichtweg gleichgesetzt mit "anormal sein". Menschen oder Dinge, die auffallen, weil sie nicht den gleichen Weg gehen oder weil sie in andere Lebensumstände geboren wurden oder gewachsen sind.

Beispiel: Ein Mensch, der blind geboren wurde, erlebt die Welt anders, dadurch gilt er als "besonders". Aber: würden sich sehende Menschen wirklich darum reißen, auf diese Art und Weise besonders zu sein? Selbst, wenn der Blinde noch so sehr beteuert, er wäre gerne blind, er könnte die Welt auf einer anderen Ebene erfahren. Wer möchte schon blind sein, Außenseiter und damit "besonders"? Wohl kaum jemand!

Aber mal abgesehen von den Menschen mit einer Behinderung, es ist nicht alles Gold, was sich "besonders" nennt - vor allem ist es nicht Gold, besonders zu sein! Die Menschen gehen davon aus, wenn sie sich durch Individualität ausdrücken, würden sie anerkannt, hätten mehr Ruhm, mehr Ansehen, mehr von allem - sogar mehr Schokoladenpudding.

Im Ende ist dem nicht wirklich so. Es geht nicht darum, dass man bewundert wird, nur weil man besonders ist. Denn schwimmst du nicht mit dem Strom, schwimmst du gegen ihn. So einfach ist die Sache manchmal.Und wirklich positiv ist das Besondere nie - zumindest nicht für Diejenigen, die es sind.

Also ich persönlich fand es noch nie sonderlich spannend, besonders zu sein. Ein gutes Aussehen, einen überdurchschnittlich hohen IQ, eine andere Auffassung der Welt... nun, wenn ich die Mädchen meines Alters (oder ein paar Jahre jünger) höre, sehe, einfach erlebe, bekomme ich oft mit, sie wären alle gerne wie "Amélie" aus "Die fabelhafte Welt der Amélie". Alle diese Mädchen haben diesen Film als einen ihrer Lieblingsfilme aufgelistet (vorausgesetzt, sie sind über die "Highschool Musical I-III"-Phase hinaus!) und meinen wirklich, sie wären so besonders, dass sie wie "Amélie" sind. Aber haben sich diese Mädels den Film wirklich ernsthaft angeschaut? Haben sie überhaupt gesehen, wie fatal es ist, besonders zu sein?

Amélie trägt keine Kleidung, die dem Uniformierungsstil der heutigen weiblichen Generation ähnelt, mit ihren großen Knopfaugen wirkt sie oft genug wie wahnsinnig, ihre Streiche und Aktionen sind oft am Rande der Legalität. Und trotzdem: alle wollen sein wie sie! Nun, ich kann nur eins sagen: ich persönlich bin oft so nahe am Verhalten und Blickwinkel der Amélie Poulin dran, dass ich mit Recht behaupten kann: "Es ist NICHT cool, Amélie zu sein!" Denn die "Coolness" der Amélie wirkt wohl nur im Film, freiwillig alleine zu leben, sich selbst über mehr Dinge als Sex und schicke Klamotten (was auch immer für schick gehalten wird!) zu philosophieren.

Etwas "Besonderes" zu sein heißt ja nur zu oft auch, sich von der Masse in einer unvorstellbaren Form abzuheben. Gerade diese Woche hat dies ein Fall deutlich gezeigt: der Fall Fritzl! Ist Josef Fritzl etwas Besonders? Natürlich wird die Menge nun entsetzt aufschreien und einheitlich sagen "NEIN!", aber ist er es nicht doch? Er hebt sich von der Masse ab, er hat Dinge getan, die jenseits der Vorstellungskraft von ca. 95% der Menschen liegen. Er hat Menschen manipuliert, gedemütigt, gefangen gehalten... wer sonst, als ein "besonderer" Mensch könnte so etwas zustande bringen? Ein perverser Mensch, sicher... aber ist Perversität ein Alltagsphänomen oder nicht doch "extraordinary", weil schlichtweg nicht jeder Mensch dieses Planeten zu so etwas fähig wäre. Vor allem: wer sagt, dass man "Kaltblütigkeit" nicht auch als etwas Besonderes bezeichnen kann?

Also Vorsicht: wer dich als "besonders" bezeichnet, meint das nicht immer positiv. Vielleicht kann man sogar einen Schritt weiter gehen: wer dir dieses Prädikat verleiht, bringt dich einen Schritt näher an den gesellschaftlichen Ruin und die Kategorie "gaga". Und mit "gaga" meine ich bestimmt nicht "Lady Gaga"... das wäre ja (nach jugendlicher Definition) schon wieder cool.

Besonders sein ist immer an der Grenze zwischen "absolut uncool" oder "wahnsinnig mutig" - wofür ihr euch entscheidet, es sei euch überlassen ;-)

In diesem Sinne: eine schöne neue Woche

LG Gene :-)

Donnerstag, 19. März 2009

Buchstabensuppe und Russisch Brot im Sprachgebrauch

"Ich lese, also verstehe ich. Ich verstehe, also kann ich. Ich kann, also werde ich. Ich werde also.... bin ich?"

Hmm, nicht wirklich! Man ist nicht zwangläufig existent, nur weil man lesen kann. Nein, eigentlich ist es eher umgekehrt: man ist schon da, und DANN lernt man irgendwann (die einen früher, die anderen später) das Lesen. Wenn man lesen kann. Gut, es gibt eine erstaunliche große Anzahl Analphabeten in Deutschland (laut Statistik gibt es unter den Erwachsenen 0,6 % totale und 6,5 und 11,2 % funktionale Analphabeten... wer die genaue Zahl will, der kann sie ja ausrechnen ;-)). Trotzdem: diese Menschen SIND ja auch - sonst wären sie nicht da. Also, trotz der Schwäche nicht lesen und schreiben zu können, sind diese Menschen da. Und damit kann man nicht behaupten, dass man existiert, nur weil man liest.

Ein Leben hat schließlich jeder, ob er schreiben kann oder nicht, lesen kann oder nicht. Schließlich gibt es - abgesehen von den Analphabeten! - genug Menschen, die des Lesens zwar mächtig sind, davon aber unter keinen Umständen Gebrauch machen. Bei der heutigen Einstellung würde ich sogar schätzen, dass mindesten 2/3 der Deutschen vom Lesen an sich gar nichts halten. Doch diese Menschen leben - und sie leben sehr gut. Immerhin, es ist noch niemand an akutem Lese- oder Informationsmangel gestorben. Zumindest nicht auf direktem natürlichen Wege.

Erstaunlich ist da doch (da wir das Lesen vom Grundbedürfnis her gar nicht benötigen!) es immer noch viele Menschen gibt, die lesen WOLLEN. Menschen, die gegen den Verdummungsstrom nach der Formel "(D.Bohlen + Mario B.)² + Werbung³ : akuten Intelligenzverfall" (Anmerkung: der Faktor "Verona P." ist in dieser Gleichung indirekt in den Faktoren "Dieter B." und "Werbung" enthalten) schwimmen. Diese Menschen schalten immer öfter den Fernseher aus, lassen das, was sowohl die Öffentlich Rechtlichen als auch die Privaten uns tagtäglich offerieren, einfach links liegen und begeben sich in die bunte Tanzwelt der Buchstabenkombinationen auf chlorfrei gebleichtem Papier.

Erstaunlicherweise sind diese Menschen nicht allesamt über 80 und heißen mit Familiennamen Reich-Ranicki. Sie stehen mitten im Leben, als Arbeitergeneration, die noch Steuern zahlt und mindestens 8 Stunden am Tag arbeiten geht. Und doch, es droht Gefahr, denn diese Generation ist akut vom Aussterben bedroht. Die Anzahl derer, die gerne und viel lesen, ist nicht unbedingt gering, auch die Jugendlichen werden diesmal nicht gescholten (oder nur auf halbem Wege), dass sie zu wenig lesen. Während sich ein kleiner Kreis der Leute gerne und mit Leidenschaft mit Büchern beschäftigt, sind die meisten Leute der Meinung, ein Buch zu lesen, seine Augen und seinen Kopf gleichzeitig anzustrengen und zusätzlich mit den Händen immer mal wieder die Seiten umzublättern, wäre genau das Multitasking, dass nahezu an "Mission:Impossible" grenzt.
Wo das Lesen an sich eigentlich eine simple Form des "Multitaskings" ist, stellen sich die Meisten quer, wollen lieber am Computer sitzen, gleichzeitig Chatten, Musik hören UND bei youtube die neuesten Videos angucken. Und plötzlich ist "Multitasking" die schönste Freizeitbeschäftigung der Welt.

Dagegen ist ein Mensch, der liest, gerne mal unter die Kategorie "Streber" abgestempelt. Wenn er dann noch in Sichtweise einer wichtigen Person (Lehrer oder Chef) liest, gilt er direkt als "Schleimer", weil ein Mensch der liest angeblich überall demonstrativ zeigt: "Seht her, ich bin schlau - ich kann lesen!"
Obwohl... stimmt das wirklich? In der heutigen Zeit, in der die meisten Menschen eigentlich (abgesehen von der oben genannten Gruppe) lesen und schreiben können? Wir leben schließlich nicht mehr im 15. Jahrhundert, in der Maler dem Volk Bibelgeschichten durch Gemälde näherbringen mussten.

Lesen ist kein Mysterium! Wir können alles lesen, was wir wollen, ohne Einschränkung. Und wenn wir etwas nicht lesen können, weil es z. B. aus einem Skript besteht, das wir nicht beherrschen, dann lernen wir dieses Skript eben. Oder (noch einfacher!) wir besorgen uns die "recycelte und synchronisierte Version" im Buchhandel.
Doch ein Buch wie die Bibel kann heutzutage jeder lesen, auch wenn es die Meisten (inklusive mir!) nicht gerne tun. Das hat allerdings nicht mit mangelndem Latein-Verständnis zu tun, immerhin wurde die Bibel in sämtliche Sprachen übersetzt und man kann sich jederzeit den Spaß erlauben, die einem bekannten Geheimformeln (genannt: Buchstaben) zu entziffern und einen Sinn daraus zu sehen.

Gut, ich neige wiedermal zum Schweifen durch Raum und Zeit, zurück zum Thema. Warum lesen wir nicht, nicht mehr? Mag sein, das Lesen ist uncool, das Lesen ist anstrengend - aber das Gleiche könnte ich auch vom Leben an sich behaupten, das gibt ja auch keiner auf!

Klar, zum Lesen braucht man Zeit. Aber es ist wie in dem Film "The Namesake", in dem gesagt wird "Lesen ist die einzige Möglichkeit zu reisen, ohne sich dabei einen Zentimeter fortzubewegen."
Und das gelingt höchst selten mit einer DVD oder einer Fernsehshow à la DSDS. Wenngleich ich zugeben muss: wer das Feeling einer Irrenanstalt braucht, kann die Sendung gerne gucken. Denn wer Nervendrama und Hauen und Stechen braucht, ist bie "Deutschland sucht den Superstar" an der richtigen Adresse.

Da der Bequemlichkeitsfaktor allerdings immer mehr Einzug hält, wird das Buch mehr und mehr verdrängt vom Fernsehen und Internet. Dann werden Filme geguckt, um in eine andere Welt zu entfliehen, es werden andere Kulturen immer per Fernsehen oder Internet aufgesucht - immer in der Hoffnung, der Realität weitaus näher zu kommen, als es die Vorstellungskraft beim Lesen eines Buches zu leisten vermag.

Nun bin ich ein großer Anhänger und Freund indischer Filme, so weit so gut. Ich schließe mich auch nicht aus der "Leselustlosigkeit" aus, trotzdem versuche ich, mein Wissen immer über das Lesen verschiedenster Lektüren zu vertiefen. Doch wenn Otto Normalverbraucher in eine Welt eintauchen will, sieht er sich grundsätzlich alles im Fernsehen an. Welches Prinzip dabei in Kraft tritt? Immer das (wie in allen Lebenslagen) Prinzip der Masse. So wie wir massenweise Buchstabennudeln in der Tütensuppe haben (oder zumindest versprochen bekommen), so geht der Mensch immer gerne den Weg, der am Meisten diskutiert, der am populärsten ist.

Und so kommt es (oh Wunder!), dass diese Woche mit Spannung ein Film erwartet wird, mit dem keiner gerechnet hat: "Slumdog Millionaire". Ein INDISCHER Film. Ich habe die letzten Jahre ja festgestellt, dass der indische Film nirgends so gewaltig verteufelt wird wie hier in Deutschland. Trotzdem wollen alle diesen Film sehen - wegen der 8 Oscars, die er gewonnen hat. Dass der Film dadurch nicht weniger indisch wird, sehen die Wenigsten. Groß wird der Film angekündigt als ein "Eintauchen in die Slums von Mumbai", sprich: der Großstadttourist aus Deutschland bekommt exklusiv, schonungslos, dafür aber ohne Geruchsbelästigung die schönsten Elendsgeschichten aus Indien zu sehen. Slumkinder, Dreck, dazwischen immer wieder bunte Farben und rhythmische Klänge indischer Musik - die Deutschen "tauchen" ein in den Morast indischer Ghettos. Was sie sonst immer für zu kitschig, zu schillernd, mit zu hohen Frauenstimmen versehen empfinden, ist diesmal "hohe Kunst" und jederzeit wert, angesehen zu werden.

Nun, der deutsche Zuschauer hat allerdings Glück bei der Reise nach Indien: für das faule deutsche Publikum wurde der Film aus dem englischen bzw. hindi schön ins Deutsche übersetzt. Wenn der Zuschauer sich einen Film im Original angucken müsste, müsste er schließlich Untertitel LESEN. Und lesen kann man in der heutigen Zeit doch niemandem mehr zumuten, oder? Wenn die Leute Untertitel mitlesen bei einem Film, dann könnten sie ja gleich ein ganzes Buch lesen. Komplett ohne Bilder! Ein für die Mehrheit der Deutschen unbeschreiblicher Horror: ein Buch zu lesen hieße schließlich auch, es zu verstehen. Ein Text muss immer verstanden werden, damit er im Kopf in Bilder transformiert werden kann. Damit schließt sich dann wohl der Kreis: aus Buchstabensuppe und Russisch Brot kann man kaum die Weltgeschichte zusammenbasteln. Und ein Text, der gelesen und nicht einmal mit genug Energie verschlungen wird, dass die Phantasie mit dem Leser durchbrennt, ist nicht verstanden worden.

Vielleicht stimmt die Hypothese meinerseits ja doch im Ende: erst wenn man liest, ist man! Denn wenn man liest und versteht, dann kann man auch aus dieser Erfahrung aktiv sein Leben gestalten. Und wenn es nur mit Phantasiegeschichten ist.

Ohne Bücher leben geht natürlich, ohne zu lesen kann man auch durch die Welt gehen - die Frage ist nur: was wird man, wenn man nicht lernt und dadurch nichts kann? Die Existenz ist zwar vorhanden, aber im Ende genauso wirkungsreich und sinnvoll wie ein Staubsauger im Garten. Wer braucht das schon?

In diesem Sinne, eine schöne Restwoche noch

LG Gene

Dienstag, 17. März 2009

"Was ich nicht weiß....

kann ich ja immer noch lernen!" Das nennt sich wohl "positives Denken", doch ehrlich gesagt glaube ich kaum dass in Zeiten von Geldmangel zum Überleben einerseits und genug Geld für Waffen und Ballerspiele andererseits noch genug Lust und Motivation übrig ist, sich die Welt schön zu denken.

"Die Hoffnung aufgeben" - nie war es so schick, so sehr in Mode, die Welt und die eigenen Lebensumstände auf hohem Niveau zu bedauern/beklagen. Und das nicht nur im deutschen Raum, wo doch eigentlich jeder weiß, welche Antwort der arme Idiot erhält, der einem Deutschen die harmlose Frage stellt: "Wie geht es dir?" Solch eine Frage löst im anglo-amerikanischen Raum üblicherweise ein schlichtes "Mir geht es gut" aus. Das dann mit der implizierten Aufforderung "Geh weiter - oder red weiter im Text." Denn egal, ob es dem Betroffenen wirklich gut geht oder doch nicht, es hat den Fragesteller nicht wirklich zu interessieren. Und das tut es natürlich auch nicht! Der gemeine Deutsche aber (und sehen wir ihn in diesem Moment als Spezies an) sieht sich durch die Frage nach dem eigenen Befinden dazu berufen, seine gesamte Krankengeschichte inklusive der letzten Wurzelbehandlung und deren schmerzenreichem Genesungsweg zu offenbaren. Immer natürlich zum Leidwesen des armen Idioten, der doch nur oberflächlich fragen wollte "Wie geht es dir?". Denn - so wissen die wenigsten Deutschen - die Frage ist eher rhetorischer Natur und bedarf keiner genauen Antwort.

Seit nunmehr einem halben Jahr allerdings vollzieht sich ein Wandel - nun sind es nicht mehr nur "wir Deutschen", die auf hohem Niveau jammern... es scheint, die gesamte Welt hat sich zum Trauerkloß zusammengeschlossen. Es scheint, als seien alle Nationalitäten auf dem "Sei deutsch, sei negativ"-Trip. Nein, nicht ganz so schlimm... nur fast! Der Deutsche hält sich bekanntermaßen gerne damit auf, sich dem Negativen hinzugeben. Dies könnte man vielleicht mit dem Genuss des Lieblings-Scotch oder dem regelmäßigen Besuch bei der Lieblingsprostituierten vergleichen.

Wieso? Vielleicht, weil es so einfach ist. Vielleicht auch, weil wir es gewohnt sind. Denn Gewohnheiten formen uns, prägen uns als Individuum in den Jahren von der Kindheit bis zum Erwachsensein - und als Gesellschaft über Generationen. Nicht umsonst haben wir die Sprache, die wir sprechen, lesen, schreiben und verstehen. Und nicht umsonst haben wir Traditionen: wir feiern im regelmäßigen Zyklus erst Fastnacht, dann die Fastenzeit, anschließend Ostern, danach genießen wir den Sommer, für die meisten Menschen gekrönt vom Sommerurlaub in Spanien. Wenn wir wieder nach Hause kommen, beschweren wir uns kollektiv über das "Sauwetter" in Deutschland, möchten jedes Jahr wieder in den Herbstmonaten am Liebsten für immer in den Süden auswandern. Aber dann hält uns die Sehnsucht nach Schnee an Weihnachten davon ab, uns nur einen Zoll von unserer Heimat wegzubewegen.

Es gibt Muster, die wir tief in uns tragen - und wahrscheinlich gehört das Jammern und das Schlechtreden des Lebens an sich genauso dazu. Nur ist nicht wirklich klar, warum genau Deutschland auf so "hohem Niveau" jammert. Hohes Niveau deswegen, weil wir faktisch gesehen mehr haben (selbst die Ärmsten des Landes) als die Hälfte der Länder dieser Erde. Es gibt genug Lohn, Brot und Dächer für die Köpfe des Landes. Problematisch wird es dann, wenn das Land falsch aufgeteilt ist, die Besitztümer sich immer weiter in beide Richtungen auseinanderbewegen. Wenn beispielsweise kinderreiche Familien nur ein warmes Essen pro Woche zustande kriegen, nicht wegen Faulheit, einfach wegen finanzieller Not. Auf der anderen Seite ein Immobilienmogul jeden Abend Hummer und Kaviar auf dem Speiseplan stehen hat. Oder wenn gleicher Immobilienmogul insgesamt zwanzig Dächer sein Eigen nennt, während auf der anderen Seite viele Menschen kein Dach überm Kopf haben und auf Obdachlosen-einrichtungen angewiesen sind.

Und genau DAS ist es, was vermeintlich zur Zeit weltweit geschieht - statt dass die Finanzkrise die Menschen angegriffen hätte, die weit mehr als genug zur eigenen Verfügung haben, ist es die Masse, die den Karren für ein paar Millionäre aus dem Karren fahren soll.
Seit die Krise im November begann habe ich auf die Millionäre gewartet, die berichten: "Die Bankenkrise hat mich xy Millionen Euro gekostet!" oder eine Schlagzeile in der Bildzeitung in etwa: "Ex-Millionär über Nacht Hartz IV Empfänger". Aber bis jetzt habe ich diese Schlagzeilen nicht lesen dürfen (es sei denn, die Schlagzeilen sind so geschickt unter den Teppich gekehrt worden, dass sie mir nicht mehr auffallen).
Und falls es doch mal dazu kommen sollte, dass ein reicher Unternehmer viele Karren in den Dreck fährt und ansatzweise von Armut bedroht wird - wird ihm mit großzügiger Spende und Kollekte der Bevölkerung ausgeholfen. Bestes aktuelles Beispiel: der ehemalige Vorsitzende der Deutschen Post AG, Peter Zumwinkel. Er hat betrogen, gelogen und Steuern hinterzogen - dafür musste er nicht ins Gefängnis, sondern wurde mit einer Verurteilung auf Bewährung und einer Geldstrafe liebevoll abgestraft. Und nun? Tja, dem guten Mann fehlen ja jetzt 2 Millionen Euro, und die müssen wieder in die Kasse.. was kann man da tun? Ganz einfach: Herr Zumwinkel erhält hochoffiziell für seine Verdienste (vor allem für die in Liechtenstein!) von seinem ehemaligen Arbeitgeber eine Pension in Höhe von 20 Millionen Euro.

Und wenn der Deutsche meckern möchte, sollte er es an dieser Stelle tun. Vielleicht ist genau das der Grund, warum die deutsche Manie des Meckerns und Jammerns weltweite Kreise gezogen hat: die Armen, die schon nichts hatten, verlieren immer mehr - die Reichen, die schon immer alles hatten und zuviel, kriegen noch ein wenig mehr. Okay, das klingt nach Stammtischparolen. Aber ehrlich: ich hatte geglaubt, wenn wir schonmal dabei sind und Finanzkrise haben, dann werden die hohen Investitionen und das Angesparte auf den Banken von der reichen Bevölkerungsschicht angegriffen. Im Ende war das ja auch ein wenig so - immerhin investieren viele Reiche in Immobilien und da gab es ja einige Luftschlösser. Aber auf der anderen Seite: warum soll die arme Bevölkerung mit Durchschnittsgehalt genau dafür aufkommen? Diese Schicht soll jetzt den Verlust dessen tragen, was die Reichen eh immer zuviel hatten. Und das nur damit (Ironie!) die Reichen wieder zuviel haben! Diese Logik kann wahrscheinlich nur von überbezahlten Bankmanagern stammen.

Doch genug des Jammerns von meiner Seite, ich habe ja "positives Denken" geschworen für den Rest des Tages. Okay, beschränken wir es mal auf den Rest dieses Blogeintrags. Eigentlich (nochmal Ironie!) wollte ich auf ein ganz anderes Thema hinaus mit dem Ausspruch "Was ich nicht weiß, kann ich immer noch lernen". Im deutschen Sprachgebrauch wird "Was ich nicht weiß..." spontan mit dem Ausspruch "...macht mich nicht heiß" beendet. Das könnte bedeuten, man ist einfach stolz darauf, wenn man möglichst blöd bleibt - oder aber, man ist froh, wenn man manche Dinge nicht weiß. Im Folgenden kann jeder selbst entscheiden, ob es so klug ist, das zu wissen, oder den Schleier des Vergessens darüber fallen zu lassen:

Ich habe gestern Abend in einer Sendung einen Bericht über die "Gespräche der Frauen" mitverfolgen dürfen. Dort wurde jeder Mann Zeuge dessen, über was Frauen angeblich so reden, wenn sie "unter sich" sind. Und natürlich (wie sonst könnte es bei einem Privatsender anders sein!) ging es um Sex. Frauen (so der Bericht) reden vornehmlich über Penislängen, Blowjobs und die Marotten der Männer.

Also ich für meinen Teil bin eine Frau - doch wenn ich mich an diesen Bericht erinnere, bin ich wohl keine komplette Frau. Denn ja, ich habe Freundinnen; aber ich habe mich noch NIE mit einer Freundin über den "Geschmack des Glibbers" eines Mannes unterhalten. "Wie kann man den Geschmack verbessern, wenn er nicht schmeckt?" "Schluckst du überhaupt oder spuckst du aus?" "Machst du Oralverkehr auch mit einem One Night Stand oder nur mit deinem festen Partner?"

Fragen über Fragen, die die Menschheit nie interessiert haben, aber nun in aller Öffentlichkeit zu Grabe getragen werden. Prüderie würde nun sagen "Der Untergang der Abendlandkultur ist da!". Frivolität würde laut gröhlen und nach einem Nachschlag schreien. Ich bin weder a) noch b), ich bin nur jemand, der angesichts solcher Gespräche mit dem Kopf schüttelt. Als hätten wir Frauen nicht eigentlich viel tiefliegendere Probleme. Natürlich: zur Entspannung kann man immer ein paar Gespräche führen über "geblümtes Klopapier" oder das neueste Modell des "Black Hunk"-Vibrators. Meistens allerdings sind die Probleme der Gesellschaft und der Politik für mich zu tiefgründig, als das ich damit meinen Horizont entspannen könnte.

Klar, Spaß verstehe ich auch. Ich produziere auch haufenweise Spaß, den ich in Schubkarren quer durch den Garten ziehe. Trotzdem erinnere ich mich daran: es ist die eine Sache, guten Sex zu haben; eine andere Sache ist es, über Sex zu reden. Denn "Reden über Sex" ist meist ein guter Indikator für alle Zeugen, dass der/die Redselige eindeutig schlechten Sex hat.

Belassen wir es dabei und legen den Schleier des Vergessens über diesen Bericht und allgemein über "Frauengespräche" ;-)

LG Gene

Montag, 16. März 2009

Größenwahn lässt grüßen...!

Die letzten Wochen in meinem Blog verliefen (eher unfreiwillig!) etwas ruhig. Ich gebe zu: wenig Zeit und noch weniger Inspiration führen zwangsläufig zum literarischen Tod in allen Sparten. Auch ein Blog ist davon nicht ausgenommen!
Und natürlich - wer kennt es nicht! - eine Sensationsmeldung und schon haben alle (auch die, die eigentlich nichts zu sagen haben) etwas zu sagen. Welches andere Ereignis außer Winnenden könnte uns dazu bewegen, zu schreiben, zu diskutieren. Eine Meinung zu haben oder die Meinung zur Meinung eines Anderen zu haben. Plötzlich haben alle "Lösungsvorschläge" parat, plötzlich weiß jeder, WARUM sich dieses Drama ereignet hat. Aber weiß das wirklich jemand? Wenn wir mal tief in uns blicken, werden wir doch alle nur einheitlich und stumm mit dem Kopf schütteln können, wenn es um die Fassbarkeit der Ereignisse geht - oder mit der Antwort auf die Frage "Wie konnte das überhaupt passieren?"
Aber ganz zu Anfang. Erst einmal ist es immer wieder traurig, wenn ein Ort durch ein einziges, dramatisches Ereignis zu Weltruhm gelangt. Denn mal ehrlich: wer von uns konnte mit dem Ort "Winnenden" überhaupt etwas anfangen bis Mitte letzter Woche? Ich glaube (ganz ohne Eigenstolz auf meine Heimatstadt), dass Trier wesentlich bekannter sowohl deutschlandweit als auch weltweit war als Winnenden. DAS hat sich seit Mittwoch natürlich vollkommen geändert... man könnte sogar soweit gehen zu sagen, die Reaktionen auf Trier werden wohl inzwischen mehr "Wo?" hervorrufen als auf Winnenden.
Betretenes Schweigen, wenn es um Winnenden geht - oder Stammtischparolen, aber das ist bei brisanten Themen nicht wirklich neu. Allerdings, ich persönlich muss sagen: Winnenden ist tragisch - aber überrascht war ich nicht, dass so etwas (mal wieder!) früher oder später passieren MUSSTE. Immerhin: Amokläufe sind nicht neu - sie sind auch nicht wirklich Modeerscheinungen des 21. Jahrhunderts. Es hat schon oft tragische, geplante oder ungeplante Aktionen gegeben, bei denen unschuldige Menschen, die in keiner oder nur entfernter Relation mit dem Täter standen, Opfer wurden.
Trotzdem ist Winnenden tragisch. Wieso eigentlich? Täglich gibt es Meldungen aus aller Herrenländer, wo sich Selbstmordattentäter in die Luft sprengen und mit sich 10, 20, 50 Unschuldige in den Tod reißen. Viele Menschen sterben dort aufgrund von religiösem Fanatismus, aufgrund der Hoffnung der Täter, dadurch ins Paradies zu kommen und zwei Dutzend Jungfrauen vernaschen zu können. Und egal, wie schlimm diese Taten sind: sie haben in den Nachrichten nicht mehr Raum als für eine Kurznews von max. 30 Sekunden. Und Winnenden? Es scheint, als würde kein Mensch mehr über etwas Anderes reden in den letzten 6 Tagen. Aber warum? Im Gegensatz zu Tausenden Toten im Irak, im Gazastreifen und anderen Kriegsgebieten sind es ja "nur" 16 Tote.
Zugegeben: es sind 16 DEUTSCHE Tote, das erhöht für unser Land die Dramatik schonmal gewaltig. Allein die gleiche Staatsbürgerschaft löst bei uns allen kollektive Betroffenheit aus. Dann noch die Tatsache, dass die meisten Opfer Jugendliche waren, die noch potenziell mindestens 50 Jahre auf Erden hätten verbringen können (ob sie es dann auch wirklich getan hätten, interessiert nicht wirklich) - und fertig ist der "Trauercocktail" Deutschland in dieser Woche.
Es soll mich keiner falsch verstehen: ich verhöhne nicht die Opfer, ich verharmlose die Tat auch nicht - ich sage nur, wie es ist: Opfer von Selbstmordattentaten erhalten von uns weit weniger Solidarität oder Trauerbekundungen als die Opfer des Amoklaufs von Winnenden.

Warum ist das so? Vielleicht liegt es auch am Alter des Täters. Ein 17jähriger, der schließlich auch noch sein Leben vor sich gehabt hätte und damit auch sich selbst sämtliche Optionen genommen hat, sein Leben sinnvoll zu nutzen. Vor allem wird aber das Alter des Täters die Frage aufwerfen: wie kann in solche einem jungen Alter so viel Gewalt entstehen?

Und genau DAMIT ist die Frage falsch gestellt! Denn nicht die Frage, wie soviel Gewalt entstehen kann ist richtig, sondern eher die Frage, wie Gewalt in dem Alter bei den Vorzeichen und Symptomen der heutigen Gesellschaft NICHT entstehen kann.

Es ist selbstverständlich verwerflich, wenn ein junger Mann mit 17 Jahren zur Waffe greift und wild um sich schießt. Die Diagnose hat Deutschland auch schon einige Stunden nach dem Attentat gestellt: er war psychisch labil, in Therapie - da konnte ja nix Anderes aus ihm werden. Also sobald man einen "an der Klatsche" hat, greift man zum Gewehr und fängt an zu ballern. Wenn es doch mal so einfach wäre... ich glaube, dann hätten wir längst nicht mehr so viele Menschen auf diesem Planeten.

Unbestreitbar an diesem Fall ist doch, dass die Eltern einen großen Teil Mitschuld an der Tragödie tragen. Wie kann man seinen Sohn im minderjährigen Alter aktiv an die Waffe bringen und ihm beibringen, wie man möglichst gezielt menschliches Leben auslöscht? Bei mir stellt sich dann mehr die Frage, was sich der Vater bei der Aktion gedacht hat, als schlussendlich der Sohn bei der Tat. Klar, vielleicht wurde der Täter gemobbt, vielleicht hat er sich unverstanden gefühlt, vielleicht war er depressiv und psychisch angegriffen (was die Eltern nur zu gerne bestreiten, da der Vater einer strafrechtlichen Anklage entgehen will...). Aber die Motivation des Vaters, den Sohn im Glauben zu erziehen, ein gewalttätiger Akt mit der Waffe sei erstrebenswert ist nicht das, was ich für eine "pädagogisch wertvolle" Kindererziehung halten würde.

Natürlich hat der Vater nicht die Intention verfolgt, seinen Sohn zum Amokschützen zu machen. Und doch: in der heutigen Zeit, ist es da noch wirklich sinnvoll, ein Kind an Waffen zu gewöhnen und ihm den Gebrauch (und sei es "nur" im Schützenverein) zu erlauben? Die Kinder der jetzigen Generation wachsen schließlich durch viele Faktoren auf, die eigentlich die gesamte Gesellschaft auf ein explosives Pulverfass setzen - und die Kinder halten die Lunte und das angezündete Streichholz in der Hand.

Ein Kind, dass vorlieblich mit dem Credo "Gewalt macht Spaß!" und das egal unter welchem Gesichtspunkt aufwächst, kann doch gar nicht anders, als den Gebrauch einer Waffe als "cool" zu bezeichnen. Bestes Beispiel: Computerspiele! Nun wehren sich viele Kinder und Jugendliche derzeit dagegen, dass diese Spiele einen Menschen zum Amokläufer machen. Natürlich, ein Computerspiel der Sparte "Egoshooter" MUSS nicht zur Gewalt animieren - genau wie eine Zigarette NICHT zwangsläufig zum Lungenkrebs führt. Aber seien wir ehrlich: wieviele Raucher erkranken an Lungenkrebs im Gegensatz zu Nichtrauchern? Und wieviele Alkoholiker erkranken nach Jahren an Leberzerose? Ein Computerspiel mag noch nicht den Attentäter machen - aber eine Lunte brennt ja auch nicht ohne Feuer. Vielleicht ist das Computerspiel für den Jugendlichen, was das angezündete Streichholz für die Lunte ist: man kann das Streichholz in sicherer Entfernung halten oder ausblasen - aber man kann es auch an die Lunte halten und abwarten, was mit dem Dynamit geschieht.

Ein Mensch wird nicht gewalttätig durch Computerspiele... oder doch? Ich denke schon. Zumindest macht der ständige exzessive Gebrauch von Computerspielen aggressiver. Dass man deswegen nicht zwangläufig zur Waffe greift, ist wohl klar! Aber trotzdem: Jugendliche haben weitaus weniger Feingefühl, sie empfinder die Welt roher, kreischender und weniger liebevoll als noch VOR der Zeit der Egoshooter und Pornovideos, die exklusiv bei Jamba und Co. runtergeladen wurden.

Vor Kurzem durfte ich (passend zum Thema) eine Sendung verfolgen, in der es um die Verrohung der Jugend ging. Dort wurde gesagt, dass die Jugendlichen heutzutage im Verliebtsein weitaus weniger küssen, als in früheren Zeiten.. .warum? Die Erklärung ist relativ simpel: die Sexualbildung der Jugendlichen erfolgt nunmal weitestgehend über die Pornografie - und in diesen Filmen wird so ziemlich alles dargestellt. Außer der Zärtlichkeit zwischen zwei Menschen, dem Küssen, dem Streicheln... der wichtigste Akt für Jugendliche ist die "Rein/Raus"-Bewegung. Und DAS macht Sexualität für die Jugend. Schöne Vorstellung, oder?

So denke ich auch, wenn Jugendliche auch weiterhin sich meistens mit dem Computer, der Virtualität des Nets und dem Chatting beschäftigen, Sexualität über Webcam und die Pornografie lernen und eher wissen, wie ein "Gangbang" vonstatten geht als ein Zungenkuss, dann sind wir in der "raw community" Deutschland angekommen. Ich frage mich manchmal, wohin diese Entwicklung noch führen soll. Dürfen wir in späteren Jahren überhaupt noch auf die Straße gehen, ohne angepöbelt oder verprügelt, zumindest aber bedroht, zu werden? Können wir noch gemeinschaftlich leben oder geht es nur noch darum, sich möglichst schnell und möglichst laut gegenseitig fertigzumachen. Dazu Drogen und Alkohol, die gerade dadurch reizvoll sind, dass sie verboten sind und bei denen immer wieder nach "Legalisierung und Konsumerlaubsnis im Überfluss" geschrieen wird... manchmal denke ich, die Jugendlichen möchten nach Möglichkeit gar nicht mehr arbeiten - nur der "Spaßfaktor" (oder was sie darunter verstehen) gehört in die heutige Zeit und in das ideale Lebensgefühl. Arbeiten, Lernen, Erfahrungen ziehen? Wer braucht das schon, wenn man sich angenehm die Birne zudröhnen und wegdriften kann? Und wer wegdriftet, verliert die Kontrolle - handelt unüberlegt und möchte am nächsten Tag am Liebsten für seine Tate nicht verantwortlich gemacht werden. Schließlich geschahen die Handlungen ja ohne Bewusstsein, man ist sich keiner Schuld bewusst, also darf man ausflippen, prügeln, schreien - und auch töten. Klingt entsetzlich, es scheint aber mehr "en vogue" zu sein, als wir uns alle eingestehen wollen!

Das Credo der Neuzeit lautet wohl in allen Generationen und allen Schichten "Wer am Lautesten - vor allem aber als Erster - schreit, hat grundsätzlich Recht!" Wahrscheinlich wird auf diese Weise auch die Rechtsprechung so geschehen. Wer möchte schließlich sich noch die Zeit nehmen, eine Rechtssache in die Details zu zerpflücken und besprechen? Der laute Schreier lässt sich sowieso nicht davon überzeugen, dass er unrecht hat. Und ehe er mit dem Maschinengewehr zurückkehrt, retten wir Leben und lassen es auf die miserable Tour in der Ecke verrotten, indem wir das Leben des Anderen retten, ihn aber schuldig sprechen - ganz im Sinne des Schreiers.

Schreckliche Aussichten? Wahrscheinlich wird die Realität noch grausamer sein. Denn wer hätte schon vor zehn Jahren Amokläufe an Schulen prognostiziert? Und genauso sieht es mit der Zukunft aus - erwartet das Schlimmste... denn dann werdet ihr nicht enttäuscht, wenn alles noch schlimmer kommt.

In diesem Sinne eine schöne neue Woche an alle treuen Leser - eine virtuelle Gedenkminute (ohne Gästebuchkerzchen) an alle Opfer des Amoklaufs von Winnenden und tief empfundenes Mitleid für die Familien und Freunde der Opfer.

LG Gene

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