Montag, 29. Oktober 2012

The World Wrestling Federation presents: Obama vs. Romney oder: Die Entscheidung zwischen "schlimm" oder "schlimmer"?

Der "heiße Herbst" kommt in seine nächste Phase, während die Menschen in Deutschland sich noch über ein paar "goldene Tage" im Oktober freuen. Es stehen große Ereignisse an, nicht direkt in Deutschland (auch wenn man das angesichts der Aufmerksamkeit meinen könnte!), sondern in den USA. Der Präsident der Vereinigten Staaten wird wieder einmal gewählt: nach vier Jahren Barack Obama, dem "Messias", dem "Wunderkind für die amerikanische Politik", wird sich nun entscheiden, ob Mr Obama die "mächtigste Nation der Welt" noch weitere vier Jahre regieren darf oder ob er in den "politischen Ruhestand" geschickt wird. Die Republikaner würden am Liebsten zweiteres Szenario erleben und haben mit Mitt Romney den wohl einzigen Kandidaten ins Rennen geschickt, der es schafft, mehr Unentschiedene im Wahlkampf auf seine Seite zu ziehen.

Wer den amerikanischen Wahlkampf verstehen möchte, muss sich die Struktur des letzten halben Jahres vor dem Wahltag anschauen: die Show, die endlosen Wahlkampfreisen, die Volontäre, die von Tür zu Tür laufen und jeden virtuellen und real existierenden Briefkasten zuspammen... all diese Elemente beherrschen die Amerikaner mit einer solchen Perfektion, dass sie als Vorbild für Wahlkämpfe auf der ganzen Welt gelten. Nirgends wird so eine große Show gemacht, als in den United States of (God bless) America und in keinem demokratischen Land der Welt scheint die Bevölkerung offener für Märchenonkel zu sein als im Land des "Stars & Stripes-Banner". Die Show macht den Präsidenten ist die entscheidende Parole: wer nicht mit Überzeugung und Charisma den Wähler anlügt, wird die Wahl im Jobrennen des "mächtigsten Mannes der Welt" nicht gewinnen. Gerade das macht jedes Mal aufs Neue den Wettkampf ums Weiße Haus so spannend.

Vielleicht ist auch dies der Grund für das breite Interesse aus Deutschland an den Wahlen in den Vereinigten Staaten: man weiß nie, wer gewinnen wird, egal wie die Umfragen aussehen, es gibt nichts Unberechenbareres als den amerikanischen Wähler. Es gibt wohl kaum eine Wählerschaft auf diesem Planeten, die kurzfristiger und mit mehr Gefühlsleben ihr Kreuzchen setzt. Die Amerikaner wählen somit ihren Präsidenten, den wichtigsten Mann in der Weltpolitik, aus dem Bauch heraus. Was für eine gute Idee, vor allem, wenn man bedenkt, wie abhängig nicht nur knapp 380 Millionen Einwohner der Vereinigten Staaten, sondern auch die ganze Welt von dieser Entscheidung ist. Wichtiger als die innerpolitischen Entscheidungen in den USA sind immer noch die außenpolitischen, der Präsident entscheidet über das Schicksal ganzer Nationen, wenn er den Kriegsbefehl gibt oder interveniert. Der umgekehrte Fall gilt natürlich genauso, wie wir gerade in Syrien miterleben dürfen.

Vier Jahre Obama, was haben sie gebracht? Ende 2008, als der Hype um den ersten schwarzen Präsidentschaftskandidaten am Größten war gab es niemanden, der ihm hätte gefährlich werden können. Die "Yes we can"-Welle schwappte über den Atlantik einmal um die ganze Welt. Menschen in aller Welt trugen T-Shirts mit dem Konterfei des jetzigen US-Präsidenten, es gab sogar Wahlpartys in der Wahlnacht in deutschen Großstädten! Groß war die Euphorie um Obama, viele Hoffnungen rankten sich um ihn und seine Vision einer besseren Welt. Man hätte sogar denken können, Martin Luther King sei endlich wiederauferstanden. Endlich gibt es einen Mann, der die Probleme der Menschen versteht, die Schwachen versteht und unterstützt, sie sogar rettet. Super-Obama fehlte nur noch das passende Cape statt des Designeranzuges und die Illusion eines neuen Superhelden wäre perfekt gewesen. Zur gleichen Zeit wurde dem Newcomer und Popstar der schönen, neuen Politik sogar der Friedensnobelpreis verliehen. Was damals schon unter Kritikern als "Witz" galt, sollte sich aus heutiger Sicht leider bestätigen.

Die Amtsperiode Obamas war von vielen Höhen und Tiefen geprägt. So hatte man vor allem in den ersten zwei Jahren den Eindruck, Obama sei zu untätig umgegangen mit dem politischen Vorteil, die demokratische Mehrheit auch im Repräsentantenhaus zu besitzen. Viele Gesetze, die Obama durchsetzen wollte, scheiterten auch durch innerparteiliche Streitigkeiten und Unstimmigkeiten. Besonders groß war in der ersten Zeit vor allem die Enttäuschung über das gebrochene Versprechen, das Gefangenenlager der Guantanamo Bay Naval Base des amerikanischen US-Stützpunktes auf der Insel Kuba zu schließen. Immerhin war dies ein großes, den Wahlkampf dominierendes Versprechen Obamas. Im Ende sollte auch dieses Versprechen sich mehr oder weniger in Wohlgefallen auflösen, auch wenn Obama im Jahr 2009 die Schließung des Gefangenenlagers beschlossen hatte.

Nicht nur dort allerdings ist Obama gescheitert. Ein weiteres, die gesamte Amtsperiode beeinflussendes Thema war die Krankenversicherung für alle. Bereits Bill und Hillary Clinton waren in ihrer Amtszeit gescheitert, ein einheitliches System auch für die Schwachen der Gesellschaft durchzusetzen. Die Situation wurde vor allem im Jahr 2010 nach den Repräsentantenwahlen deutlich schwerer, denn von diesem Zeitpunkt ab hatten die Republikaner die Mehrheit gemeinsam mit der radikaleren Tea Party und versuchten nach Kräften, die Pläne Obamas zu durchkreuzen. Obama hatte trotzdem einen großen Erfolg, das Gesetz zum Gesundheitswesen wurde nach mehrfachen Korrekturen doch durchgesetzt. Fraglich ist in diesem Zusammenhang nur, ob die einheitliche "health care" der unteren Sozialschicht wirklich hilft, denn mehr oder weniger verpflichtet das Gesetz die Menschen, eine Krankenversicherung abzuschließen. Diese Lösung hilft den Menschen, die Geringverdiener sind, allerdings so gut wie gar nichts. Die Befürchtungen gingen sogar so weit, dass sie sich um ihre Existenz sorgten für den Fall, dass sie zu einer Krankenversicherung verpflichtet würden.

Doch wie in allen Dingen im Leben, ist Obama auch nicht nur ein Beispiel für die reine Enttäuschung. Immerhin hat Obama viel erreicht, im Vordergrund steht vor allem die Eliminierung von Osama bin Laden im Jahr 2011. Bin Laden galt als "Stachel im Fleisch" der USA, der Mann, der für die Anschläge des 11. September hauptverantwortlich war. Die Republikaner werden wohl für immer einen Groll in sich tragen, dass Obama in einer Amtszeit geschafft hat, was George W. Bush jr. in 8 Jahren nicht gelang. Nichts desto trotz, in all den Jahren, in denen es um die Ergreifung bin Ladens ging, gab es keine tiefen Gräben zwischen den Demokraten und den Republikanern. Anders sah das Ganze bei den Anschlägen in Libyen auf die US-Botschaft aus, bei der drei Menschen starben und die eine Welle von weiteren Anschlägen durch Extremisten auslöste. In diesen Tagen im September hat sich vor allem Mitt Romney einige Blessuren zugezogen, indem er direkt gegen Obama und die demokratische Regierung schoss, wenngleich es für das gesamte amerikanische Volk eindeutig ist, dass in solch schwierigen Krisen vor allem der Zusammenhalt gilt, sogar über parteiliche Grenzen hinaus.

Es war spätestens in dieser Situation klar, dass der Wahlkampf in den USA auf Hochtouren lief, weit vor dem ersten Fernsehduell zwischen Romney und Obama. Und es war klar, dass dieser Wahlkampf dreckiger und heftiger als viele andere Wahlkämpfe werden würde, denn die Republikaner wollen das Ruder wieder übernehmen. Nach acht Jahren Bush und einer republikanischen Machtunterbrechung durch Obama für vier Jahre meinen die Konservativen des Landes, es wäre wieder Zeit für die Allheilbringung durch die Republikaner. Doch den Republikanern stehen seit 2010 schwere Zeiten bevor, denn die radikale Tea-Party hat immer mehr Anhänger dazugewonnen. Die Gründe für den Ansturm bei einer absoluten schwachsinnigen Partei sind vielfältig, vor allem aber empfanden die Menschen die konservative republikanische Partei einfach nicht mehr als konservativ genug. Mit einem Mal wollten die Menschen mehr Konservatismus, mehr reaktionäre Strukturen als die Republikaner als weltoffen oder gar liberal zu sehen. Soziale Strukturen? Wer in einer amerikanischen Partei das Wort "sozial" überhaupt in den Mund oder gar in das Parteiprogramm aufnimmt, ist für den konservativen Flügel längst im Kommunismus angekommen. Sozial = linksextrem? Europa weiß, dass es zwischen diesen Extremen auch Farbschattierungen gibt und nicht nur Schwarz oder Weiß.

Wenn die Amerikaner eins genauso gut, vielleicht sogar besser beherrschen als die Chinesen (und die sind bereits Spitze darin), dann ist es die Polemik und die Übertreibung. Etwas, was gar nicht so extrem in eine bestimmte Richtung gehört, wird durch Wahlkampfreden oder diffamierende Wahlkampfspots so weit in eine extreme Ecke gedrängt, dass es jeder glaubt. Wahlkampfspots und Wahlkampfreden - beide Elemente leben vor allem von der Darstellung oder von dem "Wie verkaufe ich mich am Besten?"-Prinzip. Die Präsidentschaftskandidaten sind am Ende des Tages keine Politiker, die die Welt retten möchten, sie sind Staubsaugervertreter und wollen vor allem eins: ihr Produkt (= sich selbst) verkaufen. Dies gilt sowohl für die Republikaner als auch für die Demokraten, für Romney wie für Obama gleichermaßen.

Welche Entscheidung ist am 6. November nun die Richtige? Die viel quälendere Frage dürfte wohl lauten: gibt es überhaupt eine richtige Entscheidung in Bezug auf die Präsidentschaftswahl? An dieser Erkenntnis krankt wohl die gesamte Wahl: die Unzufriedenheit mit Obamas Leistungen in den letzten vier Jahren hat die Menschen so verunsichert, dass sie nun nicht mehr wissen, was sie überhaupt wählen sollen. Vor allem die Unterschicht gehört bei dieser Wahl zu den Verlierern: schön und gut, wenn sie nicht mit Obama zufrieden sind, doch jeder in der Unterschicht weiß, dass Romney keine Alternative für die Ärmsten der Armen darstellt. Romney steht für das 1% in Amerika, das Prozent der superreichen Bevölkerung in den USA, und die können sich dumm und dämlich freuen, dass bei einer Wahl Romneys die Steuerabgaben für sie wieder kräftig gesenkt werden. Warum? In der Hoffnung, dass die Superreichen mit den gesparten Steuern Arbeitsplätze schaffen. Es ist allerdings ein offenes Geheimnis, dass dieser Schuss gewaltig nach hinten losgehen wird, denn die Superreichen sind nicht gerade dafür bekannt, Samariter zu sein. Also lautet für sie die Devise: "Geld sparen? Gerne! Geld wieder ausgeben? Nicht so gerne!"

Es steht wohl nur eins fest bei den anstehenden Wahlen: es wird sich entscheiden, ob alles im Mittelmaß schlecht bleibt oder ob es in Zukunft noch schlechter wird. Die Karten stehen im Moment unentschieden, passieren kann eigentlich alles am 6. November. Erschreckender wären nur die Aussichten, wenn der Wechsel hin zu Romney nun wirklich stattfinden würde, gerade mit Ryan als Vizepräsidenten. Dann könnte man sich auf die Abschaffung des mühsam eingeführten health care-Programms einstellen, die Verhärtung der Beziehungen zu Russland (bei denen teilweise sogar schon von einem neuen Kalten Krieg die Rede ist) und das Auseinanderdriften der Schichten Reich und Arm.

Der letzte Akt im amerikanischen Wahlkampf war wohl das dritte TV-Duell zwischen Obama und Romney, in dem es vor allem um die außenpolitische Rolle der USA geht. Gerade die angespannte Situation in Syrien zeigte, wie untätig die einst "mächtigste Nation der Welt" diesem Konflikt gegenübersteht. Einzig Hillary Clinton schien nach Kräften bemüht, überhaupt etwas gegen das Assad-Regime zu unternehmen, auch wenn ihre Bemühungen äußerst schwach waren. Ich persönlich bin in diesem ganzen Krieg in Syrien immer wieder erstaunt, wie wenig die Vereinten Nationen oder die Vereinigten Staaten unternehmen, um das Blutvergießen zu stoppen. Keiner weiß, wie es weitergehen soll, schon gar nicht nach der Wahl, ob Obama mehr tätig wird oder ob Romney überhaupt etwas tun wird bleibt offen. Fest steht nur eins: bei einer Wiederwahl Obamas steht Hillary Clinton, die in den letzten vier Jahren wesentlich für außenpolitisch stabile und wiederaufgebaute Beziehungen zuständig war, nicht mehr zur Verfügung. Damit hat Obama nun ein weiteres Zugpferd seiner Regierung verloren, was seinen Wahlkampf wiederum schwächen dürfte. 

Die Folgen der Präsidentschaftswahl 2012 können nicht im Voraus bestimmt werden, keiner kann sagen, was nun wirklich besser oder schlechter wird, egal wer gewählt wird. Ob Obama nun seine Sache in der zweiten Amtszeit besser machen wird oder Romney den Karren wirklich gegen die Wand fahren wird für den Fall, dass er gewählt wird? Es bleibt alles abzuwarten. Fest steht, solange es keine entscheidenden Reformen gibt, um die sozialen Unterschiede und das "wer nicht gewinnt, hat nun einmal verloren"-Prinzip abzuschaffen, wird sich die Situation in den USA nicht ändern. Damit wird sich auch die Situation in der Eurozone nicht wirklich verbessern, immerhin bleibt die USA der Vorreiter sowohl guter wie auch schlechter Prognosen. Frei nach dem Motto: geht es den Vereinigten Staaten schlecht, geht es uns allen schlecht. Mit allen Konsequenzen.

In diesem Sinne hoffe ich, die Bürger der USA werden die richtige Entscheidung treffen. Sowohl für sich selbst, wie auch für die gesamte Weltbevölkerung. Allen Lesern des Blogs eine schöne Woche und offene Augen für das Geschehen in der Weltgeschichte.

LG Gene :-)

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