Mittwoch, 28. Oktober 2009

Frauen und Mobiltelefone - oder "The Wannabe Dick"

Wer meinte, ich würde beim Thema "mobiles Telefonieren überall und an jedem Ort (oder Örtchen)" nur die Männer schelten, der sei sich anhand der Überschrift über Folgendes bewusst: Männer sind schlimm - und Frauen sind noch viel schlimmer!

Aber erst einmal zum Allgemeinbefinden. Wir haben nun die Bundestagswahlen überlebt (ich aus der Ferne, der Rest Deutschlands hautnah), heute wurde Kanzlerin Merkel vereidigt und freudenstrahlend hat sie wiedermal ihre Pflicht übernommen. Wir haben ein neues, halb altes Kabinett, in denen ein paar Kabinettsfiguren ähnlich wie beim Schach einfach umgestellt wurden. Einziger Unterschied: bei diesem Kabinett ändert sich für die Minister gleichzeitig die Zuständigkeit, wenn sie umgestellt werden, beim Schach wird ein Bauer nicht so schnell zum König. Das gibt es nur in der CDU, dass ein Guttenberg vom Wirtschaftsminister zum Verteidigungsminister wird, dafür Verteidigungsminister Jung zum Arbeitsminister wird und Innenminister Schäuble zum Finanzminister. Nun gut, Schäuble, der vorher für Inneres und jetzt für's Geld zuständig war, kann man akzeptieren. Guttenberg wechselt von der Wirtschaft in die Verteidigung? Ja, irgendwo logisch: Waffen kosten Geld, Krieg kostet sehr viel Geld, also wenn er Erfahrung im Geldausgeben gesammelt hat, kann er jetzt auch Waffen kaufen in dem Ressort. Irgendwo auch logisch.
Einzig der Sprung von Jung möchte sich mir nicht wirklich erschließen. Von der Verteidigung zur Arbeit? Gut, es ergeben sich daraus einige Kalauer, die ich hier verwenden könnte, es aber nicht tue. Fakt ist doch, dass das Verteidigungsministerium eher witzhaft gegen die Verantwortung des Arbeitsministeriums gerade in Zeiten von Weltwirtschaftskrise und drohender Massenarbeitslosigkeit ist. Ja, man muss auch gut überlegt in der Verteidigung handeln, nicht nur Schachspieler wissen, wovon ich rede. Aber ein wenig krude wirkt die neue Regierung auf mich dennoch, ein wenig zusammengeschustert, ein wenig "ich wusste nicht wirklich, wie ich es hätte anders machen sollen" (ich kann diesen Satz sogar mit Angela Merkel's Stimme im Kopf widerhallen hören!). Aber vielleicht sollten wir es positiv sehen: schwierige Zeiten erfordern noch schwierigere und kompliziertere Maßnahmen.

Und wo wir beim Thema kompliziert sind, sind wir doch gleich beim Thema "Frauen". Männer meinen ja allgemein hin, die Spezie Frau sei kompliziert. Nun, Fussball verstehen sie, die Männer, American Football und Eishockey, alles kein Problem. Regeln und Ausnahmen der Regel, alles kein Problem für den Mann. Aber wehe, er begegnet einer Frau, die auch noch (Kalauer!) einmal im Monat ihre Regel hat... dann ist alles zu spät und sie reagieren, als käme die Frau von einem anderen Planeten.

Nur wer jetzt denkt, der Kurzschluss käme nur bei dem dreibeinigen Geschlecht zustande, der hat sich wiedermal gewaltig getäuscht. Ich habe in meinem letzten Eintrag beschrieben, wie sehr der Mann durch die Technik und das Mobiltelefon abhängig gemacht wurde. Die Art, wie Er sein Handy behandelt, als wäre es der Ersatzpenis (inzwischen hat das Mobiltelefon sogar dem Auto den Rang abgelaufen!). Nun, wir Frauen ticken eigentlich (und das macht uns dann doch wieder alle menschlich) so ziemlich genau wie die Männer. Wir benutzen das Mobiltelefon wo wir nur können, nichts ist wichtiger, als zu telefonieren. Das war schon zu allen Zeiten so, der Chat mit der Freundin ist wichtiger als Haushaltsführung und Kindererziehung. Und diese Chats sind gewöhnlich laaaaaaaaaaaang, sehr sehr lang. Unter 5 1/2 Stunden geht nichts!
Dank des Mobiltelefons nun haben wir alle Freiheiten der Welt, wenn es ums endlose Reden über Nagellack oder die Krise um unsere Sexualpartner geht. Und jetzt können wir durch das Handy nicht nur auf der eigenen Toilette die Gespräche fortführen, nein - sogar die öffentlichen Toiletten sind nicht mehr sicher. Hat jemand von euch schon erlebt, dass er mal eine dieser Toiletten aufsuchen musste und neben sich plötzlich jemand gehört hat, der mit sich selbst geredet hat? Glaubt mir, es passiert, mitten unter uns! Frauen kennen uns im Chitchat mit ihren Freundinnen und jedem Telefonkontakt keine Grenzen mehr. Wenn Männer ihre Mobiltelefone als Zweitpenisse behandeln, dann behandeln Frauen ihre sicherlich wie Möchtegernpenisse. Nie war eine Frau so stolz auf ein Paar Manolo Blahnik oder manikürte Fingernägel, wie sie es jetzt auf ihr Mobiltelefon ist. Vor allem aber: diese "Liebe" zur mobilen Freiheit zieht sich nicht nur durch alle Altersklassen, sondern auch durch alle sozialen Schichten.

Die moderne Businesslady bis hin zur Hartz IV Rentnerin, wenn alle eins gemeinsam haben (müssen), dann ist es das Telefon, dass sie stolz in ihrer Tasche (die wahlweise von Louis Vuitton oder eben von Karstadt stammt) durch die Gegend tragen und bei der sich kleinstmöglich bietenden GElegenheit hervorzücken.

Aber mal ganz ehrlich, wenn ich wirklich angestrengt so darüber nachdenke: haben wir wirklich überhaupt über das Mobiltelefon etwas zu sagen, was wir uns nicht auch persönlich einige Minuten später erzählen könnten, wenn wir uns wirklich treffen? Muss jeder zweite Anruf in der Bundesrepublik aus Bussen, Autos, Taxis oder Bahnen stattfinden und im Kontext lauten "Ich bin in zwei Minuten da... ich bin in einer Minute da... du, ich glaube, ich bin fast da. Wir sehen uns gleich!" Welche Logik machen solche Gespräche, außer für die Anbieter des Services, die ihr Geld daran verdienen?

Vielleicht fühlen sich die Menschen einfach ungehemmter, wenn sie Dinge nicht Menschen in die Augen sagen müssen, sondern sie einfach irgendwo in ein Telefon hineinflüstern können. Dadurch meiden sie Augenkontakt und damit den direkten Blick in die Seele. Wenn es den Menschen weniger peinlich ist, jemand etwas über das Mobiltelefon im Bus zu erzählen, wo nur zwanzig weitere Menschen zuhören, soll mir das Recht und billig sein. Wirklich logisch ist es allerdings nicht, da finde ich die altmodische Variante weitaus weniger peinlich, wenn man sich begegnet und sich "unter vier Augen" (die der Spiegel zu zwei Seelen sind) unterhält.

In diesem Sinne, wie Franz Müntefering sagen würde, ein heiteres "Glück auf!" an die neue schwarz-gelbe Regierung und ich verabschiede mich bis zum nächsten Mal (dann auch wieder ein wenig ausführlicher!)

LG Gene ;-)

Samstag, 12. September 2009

Männer und Mobiltelefone - oder: "The replacement dick"

Drei Monate und 10 Tage nach dem letzten Eintrag (und zwei gescheiterten Versuchen eines Eintrags) hier der dritte Versuch. Da dreimal ja göttlich ist, hoffen wir auf das Beste in diesem Fall.

Erst einmal war es ein turbulenter und ereignisreicher Sommer - es war oft zu warm (und das nicht nur in Deutschland!), dank des Wahljahres wird hin und herspekuliert, politischer Poker gespielt, bis die Schwarte kracht und dann ... tja, dann war da Michael Jackson. Er WAR, ist nicht mehr. Und nichts war danach mehr so wie vorher. Plötzlich hören wir in sämtlichen Straßencafés "Billy Jean" oder "Thriller" aus den Boxen dröhnen, es gibt Michael Jackson in Posterform, auf T-Shirts gedruckt und in sämtlichen Magazinen und Merchandisingartikeln zu kaufen. Die Menschen reißen sich um seine Platten von der Jackson Five Zeit bis zum Best of Album, das vor einigen Jahren, als es erschienen ist, kaum jemand mehr interessiert hat und jetzt quasi zum Heiligtum der heutigen Zeit wird. Das Leben kann doch verdammt schön traurig gestrickt sein - wir ignorieren jahrelang einen der erfolgreichsten Künstler unserer Zeit, machen uns über seine 10 oder mehr Schönheits-OP's lustig, empfinden ihn als Witzfigur... um ihn erst nach seinem Tod zu lieben und zu ehren, da der Tod ihn von uns geschieden hat. Klingt merkwürdig? Ist aber so! Und es passiert uns auf diese Weise ja nicht zum ersten Mal. Wir würdigen grundsätzlich die Dinge erst, wenn wir sie verloren haben. Elvis ist das beste Vorzeigebeispiel, und wie passend, dass Michael zu Lebzeiten mit Elvis Presley's einziger Tochter verheiratet war! Zuerst war Elvis der Held einer ganzen Generation, sein Hüftschwung legendär, seine Stimme ließ Millionen Frauen dahinschmelzen. Dann kam die Tablettensucht, Elvis nahm zu, Elvis wurde zu extravagant - Elvis war eine Witzfigur. Und nach seinem Tod? Erst durch die Tatsache, dass er nicht mit 80 gestorben ist, wurde er zur Legende. Es scheint, als bräuchten wir die Dramatik in unserem Leben. Sobald ein Künstler auf tragische und unerwartete Weise stirbt, ist er kultverdächtig für uns, dann lieben wir ihn, vergöttern ihn und möchten ihn nie vergessen. Aber lass den gleichen Künstler glücklich mit 85 in seinem Schaukelstuhl an Herzversagen sterben, dann redet keine Eintagsfliege davon. Natürlich gibt es einen Nachruf für den Künstler - aber erreicht er Unsterblichkeit? Wohl kaum...

Heute jährt sich 9/11 zum 8. Mal. Über 3000 Menschen starben, als die Flugzeuge die Twin Tower des World Trade Centers trafen und wie WEihnachten, Ostern und Silvester wurde der 11. September nun zu einem festen Tag, an den so ziemlich jeder Mensch auf diesem Planeten denkt, wenn auch nur kurz. Ich gebe zu, auch ich musste heute Morgen auf dem Weg zur Arbeit an diesen bedeutungsschwangeren Tag denken. Auf der anderen Seite, so tragisch die Ereignisse auch sind, ein wenig Übertreibung empfinde ich schon, wenn ich mir die alljährliche Show um das Ereignis angucke. Es werden die Namen der Opfer vorgelesen, es gibt große Zeremonien um das Ereignis... aber was hat 9/11 bewirkt? Der Krieg in Afghanistan hat so viele Opfer gefordert, wer liest die Namen dieser Menschen vor? Wer sagt auch nur einmal an diesem Tag die Namen der Opfer des Irak-Kriegs? Ich wundere mich manchmal, ob es selbst nach dem Tod einen VIP Status gibt... der Tod eines Menschen scheint wichtiger zu sein als der eines anderen. Seit über 2 MOnaten wird über den Tod von Michael Jackson diskutiert. Aber wieviele Menschen sind am gleichen Tag gestorben? Oder seitdem gestorben? Was ist mit diesen Menschen? Bestehen die nicht auch aus Fleisch und Blut wie Michael? Okay, ich gebe zu, nicht jeder der anderen Menschen, die zwischenzeitlich verstorben sind, haben Platten aufgenommen und wahrscheinlich war kein zweiter unter ihnen, der ein Album herausgebracht hat, dass so erfolgreich wie "Thriller" war (und für alle, die jetzt klugverdauen wollen: ich weiß selbst, dass die Platte die erfolgreichste aller Zeiten ist, danke schön! ;-))

Nun, ich denke, ich werde zu ernst bei diesem Thema. Tod, der Platz im Himmel, der für jeden von uns reserviert sein soll, aber anscheinend selbst da wird ein Unterschied gemacht. Sonst würden wir Menschen auf Erden uns nicht so benehmen, wie wir es tun. Der Tod von Mensch A ist wichtiger als der Tod von Mensch B... deswegen kommt B ja auch an zweiter Stelle im Alphabet. Nevermind...

Zurück zum eigentlichen Thema (ich gebe zu, ich habe in den letzten drei Monaten ein wenig die Kurve für clevere Cliffhanger verloren!). Inzwischen lebe ich in einer pulsierenden Großstadt, mit Menschen bis zum Bersten überfüllt. Ich benutze öffentliche Verkehrsmittel und dabei bietet sich mir jeden Tag ein Schaubild der erstaunlichen, manchmal auch grausigen Art. Hat eigentlich irgendeiner von uns schonmal bemerkt, wie kontaktarm wir uns eigentlich heutzutage benehmen? Okay, schlechter Anfang für dieses Thema, klingt zu sehr nach dem "Wort zum Sonntag". Dann mal anders: ich wundere mich, wie in der heutigen Zeit Männlein und Weiblein überhaupt noch zueinanderfinden. Wieso? Nun, ich blicke mich um, sehe hinter der Pornofassade des Internets und der Kontaktfreudigkeit der Sozialnetzwerke à la "Facebook" und "Lokalisten.de" Menschen, die entweder in der U-Bahn oder im BUs sitzen und sinnentleert entweder auf ihr Mobiltelefon oder ihren mp3 Player starren. Augenkontakt im Bus? Fehlanzeige! Die Liebe des Lebens in der U-Bahn finden? Gibt's nur in 80er Jahre Hollywood-Komödien. Diese Zeiten sind ein für allemal vorbei. Und wozu ist das "Handy", wie wir Deutschen es so schön bezeichnen, gut? Richtig! Um in Kontakt zu bleiben, Kommunikation zu betreiben. Das Witzige daran ist: wir werden zu Blindgängern ausgebildet und das schon seit über 10 Jahren. Denn wir müssen uns eigentlich nicht mehr sehen, es macht doch auch gar keinen Spaß mehr, sich wirklich zu treffen, obwohl man das am Telefon verabredet hat. Wenn man sich nämlich treffen würde, hieße das, seine Wichtigkeit zu verlieren und einfach normal zu sein, mit seiner besten Freundin im Café zu sitzen und zu reden. Ist das möglich im Zeitalter der digitalen Technik? Wohl kaum! Wenn schon, dann sollten wir uns alle lieber verabreden über das Mobiltelefon, uns nicht zu verabreden. Hauptsache, wir reden darüber am Telefon mitten in der U-Bahn, damit auch jeder Andere mitbekommt, wie wichtig die Person hinter dir, vor dir oder dir gegenüber ist. Das klingt sinnlos? Nicht so ganz, nicht, wenn man wirklich genau die Menschen um sich herum betrachtet.

Womit wir bei den Männern wären. Ich beobachte die Männer ein wenig strenger als die Frauen... Frauen tendieren dazu, die große Brokerin der New Yorker Börse spielen zu wollen oder die übergestresste Modedesignerin mit 4 Kindern zu Hause, die alle versorgt sein wollen. Natürlich geht das nur über das TElefon. Und die Männer? Die machen vom Prinzip her das Gleiche. Nur meiden sie den Augenkontakt mit jedem anderen Menschen, indem wie weniger telefonieren, als in ihr Blackberry oder iPhone zu starren und über die vielen vielen Möglichkeiten zu staunen, die ihnen ihr "Ersatzpenis Mobiltelefon" bieten kann. E-mails lesen war gestern, wir gucken inzwischen auch nach dem Wetter, planen unsere Wochenendtrips mit der Freundin, die wir nicht haben, weil wir eigentlich nur auf das Telefon starren, schreiben unsere Einkaufslisten und vergleichen sie mit den lokalen Supermärkten, obwohl im Ende doch wieder alles auf chinesisches Essen zum MItnehmen hinausläuft. ES gibt Möglichkeiten über MÖglichkeiten, die Welt des MObiltelefons ist so grenzenlos geworden, dass jeder Mensch sich dadurch freiwillig in eine zwei mal zwei Millimeter große gedankliche Gummizelle pressen lässt. Und wenn du denkst, du hättest mehr als vorher, dann guck dich einfach um, wieviel zu vorher hattest und vergleiche. Wahrscheinlich hattest du Freunde, denen du in die Augen gucken konntest, nicht Freunde, mit denen du über Twitter Tweets austauschst und ihnen sagst, wann du zum letzten Mal auf der Toilette warst. Das Witzige an früher war, dass du wusstest, wie deine Freunde in Bewegung aussahen und nicht nur auf dem Profilbild... plus du wusstest, wann deine Freunde das letzte Mal auf der Toilette waren, immerhin mussten sie die KOmmunikation mit dir unterbrechen, aufstehen und sich für zwei Minuten aus dem Raum verabschieden.

Vielleicht hattest du auch früher einmal bemerkt, wenn eine schöne Frau neben dir im Bus gesessen hat. Vielleicht hättest du sogar den Schneid aufgebracht, sie anzuquatschen. Heute guckst du dir über Singlebörsenseiten Profile von Frauen an, schreibst mit ihnen e-mails und SMS für 3,99 Euro pro Stück und wunderst dich im Ende, wenn die Frau auf dem Profilbild gar nicht mit der Internetidentität übereinstimmt.

Vielleicht wäre das Leben einfach anders, wenn nicht sogar besser, ohne dein Handy. Das Problem an der Sache ist nur, so wenig, wie du dir vorstellen kannst, ohne Penis zu leben, so wenig kannst du dir inzwischen vorstellen, ohne dein Handy zu leben. Das Ganze hat nur einen Unterschied: der Penis eines Mannes ist ein von Geburt an vorhandenes und teilweise sogar nützliches Körperteil. Und das Mobiltelefon? Das kam irgendwann dazu und wurde so wichtig, als wäre es von Geburt an dabei gewesen. Vielleicht meint die Biologie das mit dem Unterschied zwischen "angeboren" und "anerlernt". Mal sehen, ob wir nächstes Jahr klüger sind in dieser Beziehung - oder ob die Menschen dann alle glauben werden, wir wären schon mit dem Mobiltelefon auf die Welt gekommen (was übrigens ein sehr lustiger Gedanke wäre!).

Mit diesem etwas skurrilen Bild verabschiede ich mich ins Wochenende und wünsche noch viel Spaß im Spätsommer. Bis zum nächsten Mal.

LG Gene

Montag, 1. Juni 2009

Der Trost kommt scheibchenweise vom Grill

Die letzten Wochen waren wieder einmal ereignisreich - zumindest, wenn man sich die Nachrichten anguckt. Die eigenen Ereignisse erscheinen im Vergleich zu den News im Fernsehen nie so schillernd und vielseitig, dramatisch und gleichzeitig manchmal lächerlich belanglos. Es sind eben die gebündelten Schicksale, die die Nachrichten bunt und damit spannend machen. Wer würde schon die Nachrichten einer Person täglich verfolgen wollen? Was würde schließlich dabei herauskommen? Der tägliche Bericht zur Verdauung der Person? Oder warum es sinnvoller ist, nach links statt nach rechts abzubiegen, um auf dem schnellsten Weg zur Arbeit zu gelangen? Wirklich sinnvoll wäre das nicht! Und es würde auch keinen interessieren. Nicht nur würde es keinen bei einem Otto Normalverbraucher interessieren, es würde auch niemanden interessieren, wenn man solche Updates von einem Prominenten oder Politiker erstellen würde. Jeden Tag wissen, wie oft Frau Merkel oder Mr. Obama die Toilette aufgesucht hat? Eher uninteressant. Zumindest für's Fernsehen...

Denn wenn wir uns im Internet umgucken, wird die Sache doch wesentlich trivialer, belangloser... und eigentlich schon fast peinlich. Es gibt so viele Menschen, die sich berufen fühlen, nicht mit einer guten Meinung oder Philosophie auf sich aufmerksam zu machen, nein! Es geht ihnen darum, der Welt das mitzuteilen, was sie ihren Freunden, ihren Bekannten und auch jedem anderen Fremden im wahren Leben unter keinen Umständen erzählen würden. Und wie funktioniert das? Über Blogs, über Twitter, über Communities - die Trivialität des Internets sprengt Grenzen und führt in unendliche Weiten, von denen man nicht einmal wusste, dass sie hinter den erahnten unendlichen Weiten existieren. Keine Information, die nicht aufgeschrieben, gepostet, per Foto upgeloaded wird etc pp... Die Frage, die beim Fernsehen lauten würde "Was will der Zuschauer sehen?" stellt sich im Net schon lange nicht mehr. Hier stellt sich ständig nur die Frage "Was bin ich bereit zu zeigen, weil ich möchte, dass jemand (und wenn es nur irgendwer ist) es sieht?" Denn das ist im Ende die einzige Grenze: die eigene Zeigefreudigkeit, der eigene Prüderie, wenn es um die vermeintliche "Privatsphäre" geht. Erst da ist mit dem Informationsfluss schluss. Erst dann verschließt sich der Mensch wieder ins Privatleben.

Nur meistens ist es dafür dann bereits zu spät. Das Internet schreibt nämlich so ganz eigene Gesetze, die der Benutzer zwar meint zu kennen und sie auch kontrollieren zu können. Im Ende wird der Benutzer und Informationsverteiler zur Geisel seiner eigenen Zeigefreudigkeit. Das geschriebene Wort hat eine Tücke: es neigt zur Geschwätzigkeit. Wenn wir anfangen zu schreiben, fällt die Schranke, die beim Sprechen immer mal wieder in Kraft tritt: die Hemmung, Dinge nicht zu sagen, die wir nur denken. Wenn wir schreiben, dann denken wir, aber wir sprechen meistens nicht. Und deswegen schreibt der gemeine Blogführer oder User von "Twitter" gerne das auf, was er denkt - ohne die Schranke, Dinge wegzulassen, die eigentlich nicht für die Augen von Millionen von Nutzern bestimmt sind. Natürlich ist die Chance gering, dass der Falsche Informationen lesen könnte, die man irgendwann geschrieben hat. Und sicher ist es fast schon paradox, dass die Informationen im Internet einem Menschen im wahren Leben zum Verhängnis werden könnten.

Doch das Internet ist heutzutage vergleichbar mit der Beichte in der Kirche - man möchte sich jemand anvertrauen, der zuhört und nur selten widerspricht. Eigentlich widerspricht das Internet nie direkt, im Gegensatz zu einem Priester. Der Internetuser schreibt alle seine Sorgen, seine Freuden, seine Trauer, seine Zweifel und seine Sehnsüchte, Lüste und Begierden hinunter und denkt, damit sein Gewissen zu erleichtern. Denn (wir erinnern uns) der Internetuser bringt seine Gedanken virtuell "zu Papier", nicht das, was er sagen würde. Die Scham, solche Dinge auszusprechen, wäre bei den Meisten viel zu groß! Das Dumme an der virtuellen Beichte ist nur (ganz anders als an der Beichte in der Kirche, in der man mit 20 Vater Unser abgestempelt werden würde im Durchschnitt), dass sie bestehen bleibt und jederzeit wie vor Gericht gegen den "Angeklagten" verwertet werden kann.

Fast so ähnlich funktionieren Nachrichten im Fernsehen oder in der Zeitung - die Menschen erinnern sich an sie. An jedes kleine Ereignis, sei es noch so trivial... wenn es erstmal auf ein Großereignis trifft, dessen Ecken und Kanten genau auf die des kleinen Ereignisses passen, werden sie zu einem Mosaik zusammengefügt, wieder aus der Versenkung hervorgebracht und ausgeschlachtet bis zum Tod sämtlicher Nachrichten.

Zurück zum Anfang: die letzten Wochen? Wie gesagt, von meiner Seite nur wenig bis gar nichts (selbst wenn, es gibt genug Verrückte, die darüber im Internet öffentlich philosophieren!), von Seiten der Nachrichten doch recht viel: 60 Jahre Grundgesetz, Europawahlen, Opel und Karstadt in der absoluten Krise (dazu unser junger und dynamischer neuer Finanzminister, der für alles eine Lösung sucht). In den USA sieht es auch nicht besser aus: GM meldet nun offiziell Insolvenz an, Obama will Guantanamo schließen (war ja schon vom Wahlprogramm her bekannt), dann darf er es nicht schließen, weil die republikanischen Mehrheiten dagegen sind - und nun hat er beschlossen, doch für den Wähler der Heiland zu sein und sich mit aller Macht durchzusetzen.

Aber eine Nachricht überbietet im Ende doch alles, sämtliche Sorgen um wirtschaftliche Engpässe weltweit oder Arbeitslosigkeit, diese Nachricht besiegt sogar den Tod, den Teufel und die Werbung: der Sommer! Er ist endlich da! Und gerade jetzt, zum Feiertagswochenende hin, sehnen sich die Menschen nach Barbecue und Sonnenschein satt - einfach mal Fleisch auf Holzkohle braun und ein wenig schwarz werden lassen. Nie zuviel schwarz, weil das ja krebserregend wäre und nicht sonderlich gut schmeckt. Aber ein bißchen schwarz (=Röstaroma) ist doch immer erlaubt.

Und der Grillwahnsinn kennt kein Ende: vom Morgenmagazin bis zum Nachtjournal - immer wirrd mindestens einmal das Wort "Grillen" erwähnt. "Grillwetter" "Grillwochenende" "Grillparty" "Grilllaune"... jedes Wort des DUDEN wird demnächst wahrscheinlich in der Grillversion erscheinen. Dann fängt jedes Wort einfach mit "Grill" oder "Grillen" an. Von A wie "Grillaal" bis Z wie "Grillzunder". Okay, es geht nicht wirklich von A-Z - eigentlich geht es ja nur von "Grill" bis "Grillen" - aber irgendwo muss man ja nach dem Alphabet ordnen, also dann immer schön NACH dem Grillzusatz. Es gibt nur einige wenige Wörter, die werden wahrscheinlich nicht mit dem Zusatz Grillen versehen: Krebs, Aterienverkalkung und Brandopfer.

Wo vor Jahren noch viel über das Ungesunde am Grillen an sich debattiert wurde, scheinen diese Bedenken heute einfach weggewischt zu sein. Von welcher Quelle her ist mir nicht wirklich begreiflich, aber es ist so. Die Menschen grillen wieder und das verdammt gerne. Keine Bedenken mehr, auf Elektrogrill oder gar auf Dampfgaren umzusteigen, es muss die ganz harte, schwarzgefärbte Kohlevariante sein: rauchig, stinkend und schön ungesund.

Kann sein, dass das gemeine Volk darin der Politik einfach einen Schritt voraus ist: wir lassen einfach sämtliche Probleme in Rauch aufgehen, die Folgen sind eigentlich vollkommen egal. Egal, ob diese Form des Barbecue vollkommen ungesund nicht nur für uns, sondern für's ganze Klima ist, wir leben ja schließlich im Hier und Jetzt. Was soll also mit Opel und Karstadt geschehen? Richtig - einfach in Rauch aufgehen lassen. Was interessieren uns schließlich die Arbeitsplätze anderer? Wir zählen, wir wollen Fleisch, wir wollen es jetzt - und wir wollen das hart ersparte Geld nicht für irgendwelche Sarnierungen drittklassiger Großkonzerne ausgeben. Was haben wir schließlich davon? Eine Abwendung von der Wirtschaftskrise? Nun frage ich mich persönlich: wenn dauernd davon geredet wird, wir wären schon mittendrin in der Krise, warum noch großartig versuchen, die Titanic vom Eisberg abzuwenden? Es ist doch nach heutiger Analyse erwiesen, die Katastrophe der Titanic wäre nie so schlimm geworden, wäre der Eisberg mit voller Wucht gerammt worden. Erst durch den Versuch, in letzter Sekunde ausweichen zu wollen, hat sich der Riss im Buck der Titanic als verhängnisvoll entwickelt. Und wenn Konzerne wirklich Insolvenz anmelden (so wie Herr von und zu und über und unter Guttenberg das möchte), kann wenigstens nicht unnötig viel Geld des Steuerzahlers verloren gehen. Es gehen "nur" Arbeitsplätze verloren - es lebe der Egoismus des Einzelnen!

Laut Titel dieses Blogeintrags habe ich "Trost" andeutungsweise versprochen. Und wo lag hier der Trost? Vielleicht gibt es im Ende nur den Trost, dass man zwar alles falsch, aber gleichzeitig auch alles richtig machen kann. Das Einzige, was wirklich zählt ist, dass man etwas macht! Nur durch Aktionen kann der Mensch weitergehen und vorangehen. Und wenn das heißt, manchmal die Klappe ein wenig zu weit aufzureißen.

Zum Schluss an dieser Stelle (weil ich finde, dass es passt) von meiner Seite ein herzliches Lob an Roger Willemsen. Er hat das fertiggebracht, was Joop und Lagerfeld schon vor ein paar Wochen gemacht haben, aber er hat wie immer schön treffende, manchmal fiese, aber nie falsche Worte zum Thema "Heidi Klum" gefunden, indem er über sie sagte, er wolle "Sechs Sorten Sch**** aus ihr herausprügeln". Wer es nicht gesehen hat, kann das hier gerne nachholen:

http://www.stern.de/video/:Video-So-Roger-Willemsen-%FCber-Klum/701281.html

Wer jetzt natürlich an der Heidi Klum Fanfront steht und sich echauffiert über solche Äußerungen wie über die von Karl Lagerfeld und Wolfgang Joop, dem kann ich natürlich auch nicht helfen. Recht haben sie jedoch alle: wer braucht eine Frau, die dauergrinsend Werbung für Fastfood und Gummibärchen macht und auf der anderen Seite nach jeder Schwangerhaft innerhalb von 48 Stunden ihre überflüssigen Pfunde wieder verlieren will? Wer möchte die Verlogenheit einer Frau, die so tut, als könnte man alles konsumieren und dabei schlank bleiben und sich gut fühlen und andererseits junge Frauen im Fernsehen für ihr Gewicht oder die ihrer Meinung nach nicht ausreichende Modelqualität fertig macht? Vielleicht will Deutschland das, denn (so betont sie ja ständig bei Kritik) der "Erfolg gibt ihr Recht". Aber hat ein Mensch (sei es in der Geschichte wie in der Gegenwart) wirklich Recht, weil er Erfolg hat? Da tun sich bei mir fatale Parallelen auf, die ich hier erwähnen könnte und die wenig schmeichelhaft wären von Menschen, die Erfolg hatten, aber dadurch nicht wirklich automatisch Recht.

Und ich persönlich kann nur ein sehr gewagtes Statement machen, bei dem mir wahrscheinlich viele meiner Altersgenossinnen nicht zustimmen würden:

Wenn ich mich entscheiden müsste zwischen der Attraktivität gepaart mit einer gewissen Hohlköpfigkeit einer Heidi Klum und dem Intellekt eines wahrhaft cosmopoliten Roger Willemsen... würde ich eher nach den Qualitäten von ihm als von ihr streben wollen. Aber das ist nur meine persönliche Meinung. Verfasst, gepostet - und festgehalten in den Weiten des www. Zur jederzeiten zukünftigen Verwendung gegen mich. ;-)

Eine schöne neue Woche an alle wünsche ich!

LG Gene

Mittwoch, 6. Mai 2009

Die Bierbauchkrankheit

Deutschland ist das Land, in dem durchschnittlich das meiste Bier getrunken wird. England überrundet uns zwar hie und da, immerhin begeben sich die Briten bevorzugt nicht nur auf Kneipen-, sondern im Urlaub auch gerne mal auf Komasauftour. Nicht, dass wir Deutschen nicht auch dazu imstande wären... im Gegenteil! Das haben uns die Nachrichten mal wieder knallhart vor Augen geführt: Über 20 Prozent der Jugendlichen nehmen mindestens einmal im Monat in erhöhtem Maße Alkohol zu sich (in etwa 5 Gläser hintereinander), jeder Zehnte zwischen 12 und 17 Jahren weist einen gefährlichen und riskanten Alkoholkonsum auf.
Will heißen: die Jugendlichen saufen, bis der Arzt kommt - nur leider kommt er immer öfter zu spät!

Liegt das nun am Unwissen der ugend, nicht zwischen dem, was gut ist und dem, was vermeintlich nur gut tut, unterscheiden zu können? Natürlich, wir leben heutzutage weit über die "Generation X" hinaus. Die damalige Null-Bock-Generation wirkt mit ihrem Faulheits- und Trotzprotest geradezu friedlich gegenüber denen, die heute auf Straßen sich innerhalb von dire Minuten an die 2 Promille-Grenze trinken und zur Maidemo nur Zerstörung im Sinn haben. Wobei: wirklich sinnvoll waren gewalttätige Maidemos noch nie! Der nterschied ist einfach, das die Maidemo mit dem Alter nicht weiser, sondern zunehmends dümmer und sinnloser zu werden scheint. Zerstörte Luxusautos, die dem Fahrzeugbesitzer unfreiwillig die Abwrackprämie ersparen, sind nur ein Phänomen des Ganzen. Wenn das Zerstören der Gegenstände aufgrund einer Massenerscheinung langweilig und monoton wird, schlagen die Menschen eben aufeinander ein. Denn keine Schlagzeile ist immer noch wirkungsvoller als die von Verletzten oder Toten.

Doch zurück zum Thema - Alkohol und Jugendliche. Wie wild wird wieder darüber diskutiert, was zu tun ist, warum die Jugend so verdorben ist und ist die Jugend überhaupt noch zu retten? Wie gesagt, diese Jugend ist so weit, dass sie sogar über die Generation Z hinaus ist. Aber Z ist doch der letzte Buchstabe im Alphabet, was soll da noch kommen? KANN da überhaupt noch etwas kommen? Wenn die Jugendlichen mit 12 Jahren alles durch haben, was selbst viele Erwachsene nicht durchgemacht haben, wenn sie schon Drogen ausprobiert, Alkohol zum lebenswichtigen alltäglichen Lebensmittel und Sex zu ihrer schlechten Angewohnheit gemacht haben, Zigaretten rauchen, als wären sie aus Schokolade statt aus Tabak (und oh ja, ich gebe zu - ich war seinerzeit noch naiv genug, auf Schokoladenzigaretten stolz zu sein!) - was soll dann noch bitte kommen? Wie weit kann die Jugend in ihrer Würde noch sinken, damit wirklich keiner mehr Respekt vor ihnen hat. Die Jugend hat vor den Anderen sowieso keinen Respekt mehr, da brauchen wir uns gar nichts mehr vorzumachen, leider machen die Erwachsenen den Kardinalsfehler, die Jugend noch für voll zu nehmen. Das grenzt wiedermal an eine ganz gewöhnliche Groteske.

In dieser Gesellschaft werden Drogensüchtige und Arbeitsunwillige grundsätzlich nicht ernst genommen. Ihnen wird Demotivation der übelsten Sorte vorgeworfen, sie werden aus dem Kreis der weißen elitären und schrecklich normalen Oberschicht erst erniedrigt, beschimpft und zum guten Schluss nochmal bespuckt. Und die Jugendlichen? Zweifelsohne, gemeckert wird über sie - aber was ist die Konsequenz? Werden die Jugendlichen aus unserem Gesellschaftsbild ausgeschlossen? Mitnichten! Das genaue Gegenteil tritt in diesem Fall ein: sie werden zum Mittelpunkt der Gesellschaft. Auf der einen Seite bestimmen sie, die vor lauter Alkoholkonsum und Sinnlosigkeit nicht mehr vernünftig aus der Wäsche gucken können, was wir tragen sollen, welche Musik wir gut finden sollen, welches Fernsehformate erfolgreich werden... auf der anderen Seite bemühen wir uns nach bestem Wissen und Gewissen, sie wieder auf den rechten Pfad zurückzuführen. Zumindest haben wir das bis jetzt immer versucht. Inzwischen habe ich allerdings das Gefühl, wir haben längst aufgegeben. Komasaufen? Wenn die Jugendlichen sich nicht davon abhalten lassen, wird das Saufen nach Masse einfach salonfähig. Neu ist das nicht - denn vorher sonst, wenn nicht von den Erwachsenen, sollten die Jugendlichen die Idee des maßlosen Trinkens nehmen?

Dort schaltet sich dann wiedermal die gute alte "Vorbildfunktion" ein. Leider sehen die Jugendlichen nicht die Konsequenz, auf die sie sich mit großen Schritten zubewegen. Die "Bierbauchkrankheit" wird in Zukunft wohl noch viel mehr Einzug in unserem Land nehmen. Denn je mehr die Jugendlichen trinken (und das gilt gerade für die Männer!) desto mehr werden sie zur Bierbauchbildung neigen. Nun werden viele sagen "Wenn das nur das größte Problem am Alkoholkonsum ist...!" Aber ja, das ist es! Denn was die meisten Leute wieder vergessen haben: das Bauchfett, dass durch den Bierbauch entsteht, ist maßgeblich für ein erhöhtes Herzinfarktrisiko mitverantwortlich. Außerdem (und darauf achten die Jugendlichen doch angeblich immer!) ästhetisch schön ist ein Bierbauch noch nie gewesen. Und ich wage zu bezweifeln, dass er in Mode kommt.

Obwohl, schön kaschiert unter einem XXXL-T-Shirt und Hip-Hop Hosen mit Schrittlänge bis zum Knie... vielleicht hat das sogar was. Aber wenn sich der Trend zur hautengen Röhrenjeans bei Männern durchsetzen würde, wären alle Jungs, die zu gerne Alkohol trinken, sehr arm dran. Speziell die Biertrinker, die würden auseinandergehen wie die Hefeklöße. Leider wissen sie ja viel zu wenig über Alkohol und den Kaloriengehalt solcher Getränke.

Im Ende bleibt es wohl den Jugendlichen selbst überlassen, ob sie die Notbremse ziehen (das heißt, ob sie sie überhaupt finden!) und ob sie sie überhaupt ziehen WOLLEN. Denn wie lange werden die heutigen Jugendlichen ihr Verhalten toll finden? Ich weiß aus Erfahrung, in etwa 10 Jahren fängt man schon ein wenig an, sich für sein Verhalten in der Jugend teilweise zu schämen. Will heißen, man würde es in dem Alter nicht mehr unbedingt so machen wie damals. Aber was, wenn man nach 10 Jahren immer noch so sehr unter Alkoholeinfluss steht und sich so sehr daran gewöhnt hat, dass man Recht von Unrecht nicht mehr unterscheiden kann? Wir werden es wohl bald erleben, immerhin scheint sich die jetzige Entwicklung nicht mehr umkehren zu lassen, der süß-bittere Alkohol schmeckt der Jugend einfach zu gut. Vielleicht hat es nur den Vorteil, dass wir für dieses "Experiment" keine Laborratten quälen müssen. Der gesellschaftliche Schaden wird dafür wesentlich gravierender und schmerzhafter für alle Beteiligten, als der Kollateralschaden bei Maidemos oder der Verlust von gezüchteten Laborratten im Pharmalabor.

Eine schöne Restwoche an alle!

LG Gene

PS: Bevor ein falscher Eindruck entsteht (nur als kleine Randnotiz!): ich bin absolut gegen Tierversuche und damit auch gegen den Gebrauch von Laborratten in der Pharma- und Kosmetikindustrie.

Samstag, 2. Mai 2009

Gott ist kein Mexikaner!

Manchmal kommen sie wieder... zwar nicht immer, aber immer öfter. Und wer jetzt noch nicht genug von ausgeleierten Werbesprüchen und Floskeln hat, den darf man herzlich Willkommen heißen zum Geschehen der Woche.

Natürlich, ein Thema geht Keinem mehr aus dem Kopf, wenn man sich umhört (und sei es noch so oberflächlich!): die Schweinegrippe! Ja, die Schweine sind los und sie tragen den Tod in sich. Zwar hätte ich das schon den Meisten, die übermäßig viele Koteletts und Gegrilltes vom Schwein konsumieren, schon vorher sagen können... aber nun ja, die Menschen gehen nicht wirklich davon aus, dass sie von ungesunder Ernährung sterben könnten.

Aber nun - seit einer Woche, hat die Welt endlich wieder eine Seuche, vor der wir uns alle fürchten können. Ich hab schon bei der ersten Meldung, die ich zum Thema gesehen habe, nur gedacht: "Jawohl, wir haben eine neue Vogelgrippe! Nur diesmal kommt sie vom Schwein..."

Ich kann niemandem deutlich machen, wie sehr mir das Gerede um die Vogelgrippe schon auf den Wecker ging - die Leute warfen nur noch mit drei Ausdrücken im Zusammenhang mit der Vogelgrippe um sich: Pandemie, H5N1, und Tamiflu. Denn Tamiflu sollte uns alle im Ernstfall retten. Aber ist der Ernstfall wirklich eingetreten? Es gab ein paar Fälle in China, auch ein paar in Europa, aber wer ist in Deutschland eigentlich an der Vogelgrippe gestorben? Ein Mensch? Zwei? Naja, eine Epidemie von Tausenden von Toten war das ja nicht gerade...

Gut, damals waren die Vorzeichen auch ganz andere. Die Menschen hatten Angst, sie könnten erkranken, denn die Zugvögel bewegten sich (und das ganz ohne unseren Einfluss!) aus dem asiatischen Raum nach Europa zu. Spätestens da hatte jeder Depp kapiert: ja, Viren können fliegen. Und wie weit sie fliegen können. Wirklich passiert ist damals (Gott sei Dank für alle Panikgeplagten!) nichts passiert. Also sind die Vögel zwar ihre Routen geflogen wie jedes Jahr und es wurde auch verdammt viel Geflügel vernichtet, aber hat es uns Menschen getötet? Bei Verkehrsunfällen sind in diesem Jahr immer noch wesentlich mehr Menschen gestorben.

Diesmal sind es halt die Schweine - aber können Schweine fliegen? Die Krankheit ist in Mexiko ausgebrochen in ihrer aggressiven Form, die jetzt die ganze Welt beschäftigt. Alle haben Angst, an der "Fiesta Schweinegrippe" zu sterben. Aber ein Schwein mit Flügeln ist mir noch nicht begegnet. Dafür hat jetzt (endlich!) jeder Angst vor Schweineprodukten. Die Menschen mutieren schonmal vorsichtshalber zum Vegetarier, denn die "Krankheit Vegetarismus" tritt zielsicher immer dann ein, wenn der Mensch Angst bekommt, nicht an Herzgefäßerkrankungen, sondern an Virenerkrankungen oder Nervenkrankheiten zu sterben. Verständlich ist das schon: ein Herzinfarkt geht meistens schön schnell und sauber ab, man ist so schnell im Jenseits, dass man vorher sogar noch vergisst, die Toilettenspülung nach der Sitzung zu betätigen. Also werden die Menschen Vegetarier - wenn BSE die Runde macht, essen die Menschen kein Rind mehr; wenn die Maul- und Klauenseuche um sich greift, wird einfach gar kein Fleisch mehr gegessen, denn sicher ist sicher. Dann wird auch keine Wolle mehr getragen, weil die Krankheit vom Schaf ausgeht und selbst Kleidung kann potenziell gefährlich sein...

Und jetzt ist es neben der Vogelgrippe (zu jener Zeit wollte keiner mehr Geflügel essen!) die Schweinegrippe. Keine Schweinerippchen mehr, kein Kotelett, kein Nackensteak. Die Herzgefäße klatschen sich enthusiastisch in die Hände... nicht ganz! Denn wer sagt, dass saisonale Vegetarier konsequent sind? Da die Vogelgrippe ihren Ursprung in Mexiko hat, brauchen wir einfach nur keine Schweineprodukte mehr aus Mexiko zu verzehren und fertig. Dass wir sowieso nur eine sehr geringe Chance als Deutsche haben, jemals mit Schweineprodukten aus Mexiko in Berührung zu kommen, darauf kommt irgendwie niemand. Aber die Dramaturgie muss ja irgendwo her kommen - und wenn es nur aus Mexiko ist....

Das Land Mexiko, das wir eigentlich nur durch ein wenig Tex Mex Küche und Taco Chips kennen, ein wenig "Fiesta Mexikana" von Rex Guildo und - oh ja, ganz wichtig! - Tequilla! Ansonsten? Wer kennt schon Mexiko? Nun, inzwischen kennt jeder Mexiko, allein schon wegen der Schweinegrippe. Mexiko, die "arme Sau" des Jahres 2009! Obwohl, den Titel hätte sie fast schon im Jahr 2008 und 2007 verdient. Nicht nur die Schweinegrippe plagt die Leute in dem Land, auch ein Erdbeben am vergangenen Sonntag erschütterte einige Regionen. Dann noch der Mafiakrieg in Mexiko, der seit zwei Jahren herrscht und bei dem schon über 5000 Menschen ums Leben kamen. Dagegen ist die Schweinegrippe ein kleiner versteckter Nieser bei einer 5jährigen! Eigentlich hätte allein mit dem Drogenkrieg die Quote für Unglücke bei den Mexikanern erfüllt sein müssen, jetzt kommt noch schlechte Presse durch die Schweinegrippe hinzu. Wie gesagt, arme Sau...

Jetzt haben neben Mexiko (wo gut 120 Menschen ihr Leben durch die Schweinegrippe verloren haben) auch die USA, Canada und langsam aber sicher auch das gute alte Europa mit seinen ganzen Rissen und Falten Angst vor dem Tod durch die Mutation der Influenca. Manchmal habe ich das Gefühl, der Mensch sehnt sich seit der Pest im Mittelalter, wir mögen doch mal wieder eine spannende Krankheit haben, bei der die Menschen alle wie die Fliegen sterben, jeder 3. Verwandte, den wir eh noch nie leiden konnten, die ungeliebten Nachbarn - auf tragische Weise dahingerafft von der Schweinegrippe. Die Vorstellung wäre so schön! Aber die eigene Angst vor der Krankheit bleibt ... und was tut man dagegen? Man schützt sich! Was die Menschen beim Thema AIDS nur selten kapieren, wenn es um die Schweinegrippe geht, haben alle den Überblick.

Das hat man schon gesehen bei der Vogelgrippe - plötzlich beherrschte ein Impfstoff, einem Heiland gleichkommend, die Medien: Tamiflu! Selten hat die Pharmaindustrie so viel Spaß gehabt an kostenloser Werbung als zur Zeit der Vogelgrippe. Nun, Gott sei Dank wurde dieser Impfstoff im Zusammenhang mit der Schweinegrippe nicht erwähnt - NOCH nicht! Denn vielleicht denkt sich die Pharmaindustrie bald "Ein wenig kostenlose Werbung muss auch mal wieder sein!" und bringt genau dieses Mittel wieder auf den Plan. Ich sehe schon die ganzen Krankenkassenpatienten 60 plus in den Wartezimmern bei ihrem Arzt sitzen und auf ihre ganz persönliche Dosis Tamiflu warten. Denn wann sonst ist es wichtig, noch lange und gesund weiterzuleben, als in dem Alter? Keine Beleidigung gegen alte Menschen, aber die Panik vor dem Tod der Menschen, die zwei Drittel ihres Lebens mindestens hinter sich haben, hat sich mir noch nie offenbart.
Vielleicht hilft Tamiflu auch gar nicht gegen die Schweinegrippe. Immerhin mutiert das Virus immer wieder, feiert Feste in seinem Wirt, dem Schwein, kopuliert und erschafft damit eine neue Form des Virus. Fast schon wie bei der menschlichen Fortpflanzung. Und dann? Vielleicht erfinden die Wissenschaftler innerhalb der nächsten drei Wochen auch einen neuen Impfstoff. Der sollte dann aber namentlich eine große Verwandschaft mit Tamiflu haben... vielleicht Tumifla oder Tamufli, immerhin wäre das für den verkalkten panikgeplagten Deutschen leicht zu merken.

Wie es auch wird, ich kann schon jetzt eine Prognose machen zum Thema "Schweinegrippe": die Toten durch H1N1 wird NICHT die Todesfälle durch AIDS übersteigen. Und wenn man sich zwischen dem Gebrauch von Tamiflu (oder wie auch immer der neue Impfschutz heißen mag, der uns alle retten soll!) und Kondomen entscheiden muss, sollte man sich doch immer wieder gerne für's Kondom entscheiden. Glaubt mir: falls ihr die Schweinegrippe bekommt, seid ihr in ein paar Wochen tot. Wenn ihr euch allerdings HIV zuzieht, ist das mit dem "entspannten Abgang in ein paar Wochen" utopische Vorstellung. Auch wenn man bedenkt, dass selbst dieser Virus wesentlich aggressiver geworden ist in den letzten Jahren.

Mit diesem doch sehr belehrenden Appell zum Thema "Schutz vor HIV" (ich gebe es zu, man möge es mir verzeihen!) und dem Schweinekotelett und einem Tequillashot neben mir verabschiede ich mich ins Wochenende ;-)

LG Gene

Samstag, 11. April 2009

Die Deutschen und "Dr. House"

Nun ist es endlich soweit: seit zwei Wochen dürfen wir den Frühling "genießen"... aber tun wir das wirklich? Wenn ich mich umsehe, sehe ich viele Dinge, die gegen den Genuss des Frühjahrs sprechen. Zumindest, wenn man sich das Verhalten der Menschen ansieht.
Vielleicht ist es da ganz passend, dass zur Zeit die erste Hälfte der amerikanischen Serie "House MD" im Fernsehen läuft. Diese ist (seit geraumer Zeit) die erfolgreichste amerikanische Serie im deutschen TV. Dieses Jahr wurde sie sogar mit dem deutschen Fernsehpreis ausgezeichnet - ja, es ist eindeutig: "Dr. House" ist ein Hit. Nicht nur in den USA und in vielen anderen Ländern des Planeten... sie hat auch den Sprung nach Deutschland geschafft.

Schwierig war das nicht wirklich, immerhin steht der gemeine Deutsche seit Jahrzehnten auf das, was der Amerikaner im Unterhaltungsbereich produziert. Sonst wäre der deutsche Film kaum so erfolglos gegen das gute alte Hollywood-Popcornkino! Und so überrascht es kaum, dass Serienformate aus den USA so gut in Deutschland ankommen. Obwohl es ein wenig merkwürdig ist: wir leben nicht wirklich den "american way of life", trotzdem geben wir per Quote immer wieder dem Rest der Welt zu verstehen, wir würden nach dem Prinzip leben. Oder wollen wir nur so leben?

Gerade bei der Serie "House MD" ist das eine richtig spannende Frage! Denn wenn sich eine Serie hauptsächlich um einen egoistischen, unfreundlichen, narzisstischen und eigentlich absolut unsympathischen dreht, dann fragt man sich schon: ist es wirklich erstrebenswert, so zu sein? So zu agieren? Die Serie lebt da ein ganz klares Prinzip vor: Gregory House hat kaum Manieren, er macht da die Klappe auf, wo man sie nicht aufmachen sollte und schweigt, wenn man nicht schweigen sollte. Ihm ist der Rest der Menschheit relativ egal, es sei denn, es springt eine spannende Diagnose dabei heraus. Die Diagnose zu erstellen dient ihm allerdings nicht dazu, den Patienten zu heilen, sondern das Genie und eigene Ego kräftig bis zum Orgasmus zu streicheln. Er nimmt Betäubungsmittel gegen ein schmerzendes Bein und ist mit der Welt tagein tagaus relativ unzufrieden. Hinzu kommt noch, dass seine Untertanen immer schöne von einer Stelle zur anderen gescheucht, gedemütigt und beleidigt werden und seine Freunde? Die paar Freunde, die er hat, triezt er so dermaßen, dass man sich fragt, warum seine Freunde überhaupt seine Freunde sind.

Aber trotzdem: House ist Kult! Er lebt eigentlich genau das vor, von dem jeder behauptete, es nicht zu sein - unmenschlich und deswegen immer eine Stufe vor der gesellschaftlichen Ausgrenzung. Eine Kuriosität gibt es allerdings: seitdem die Serie große Erfolge feiert, ist es nicht mehr uncool, ein menschliches Ekel zu sein. Es geht sogar noch weiter: es ist nicht nur nicht uncool, House zu sein - es ist erstrebenswert, House zu sein! Wenn ich mir überlege, wieviele Menschen es als wahnsinnig interessant und spannend finden, wie Gregory House zu sein, wieviele Menschen gerne den "Schneid" hätten, jedem frech die Meinung ins Gesicht zu sagen, es ist eigentlich ein wenig erschreckend. Weg vom Spießertum, hin zum "House"-tum? Nun, entsetzen sollte dieser Wandel nicht, gerade, wenn man sieht, wie die Menschheit sich in den letzten Jahren entwickelt hat.

Okay, mit Frühling hätte das Ganze Gerede über "House MD" eigentlich nichts zu tun, aber hier möchte ich doch vehement widersprechen! Es hat verdammt viel mit House zu tun, ich würde sogar so weit gehen zu sagen: House macht uns den Frühling kaputt! Warum? Ich stelle einfach fest, wir haben seit zwei Wochen gefühlen Frühling, die Sonne scheint, die Vögel singen, die Blumen blühen wieder in den schönsten Farben - und natürlich, wir wollen uns (wie jedes Jahr) wieder vermehrt fortpflanzen. Alles schön, alles bunt, alles gut und im normalen Bereich. Doch dieses Jahr wirkt alles so anders - wo vor ein paar Jahren noch Männer waren, die sich wenigstens noch bemühten, eine Frau zu bezircen (ob es gelang, ist wieder eine andere Frage), scheint es dieses Jahr ein ganz grauenhaftes Bild hält Einzug in deutschen Landen: die Männer humpeln auf verhaltensbehinderten Stöcken durch die Straßen, ihre Gesichter sind noch versteinerter als je zuvor. Und das Einzige, was ihre Lippen noch hervorbringen, ist der Satz: "Ficken oder sterben!"

Natürlich ist dieser Satz an uns Frauen gerichtet. Und wehe, wir sind bei solch einer Charmeoffensive nicht willig - dann sind wir wahlweise "zickig", "arrogant", "armselig", "eh hässlich", "saublöd" oder "haben einen an der Klatsche". Nicht, dass es sonst nicht der Fall wäre, nicht, dass der Winter nicht auch schon dieses Verhalten vorgebracht hätte. Aber der Winter, naja... der ist ja auch kalt, ungemütlich, es regnet, dann schneit es, es gibt nur Wasser, viel Wasser, kaltes Wasser. Bei so einem Wetter wäre ein muffiges Verhalten von Männern nicht verwunderlich. Aber im Frühjahr? Das Leben wird doch gerade so schön, un dann - kommen die Möchtegern-Gregs um die Ecke und schaffen es, jeder Frau die Stimmung für das gesamte restliche Jahr zu verderben. Natürlich, einen Korb zu kriegen, schmerzt - da verstehe ich sogar jeden Mann auf diesem Planeten. Und auch die Aggression kann ich verstehen. Wenn man sich dann on top noch anguckt, wie Dr. House damit umgeht... der lässt erst gar keine Frau wirklich an sich ran, von daher hat er erst gar nicht die Probleme, ist es doch klar, dass Männer immer unfreundlicher reagieren.

Die Frage, die sich mir nur immer wieder stellt, ist Folgende (und die ist sowohl an Männer als auch an Frauen gerichtet): Was lässt euch alle glauben, ihr könntet euch wirklich wie Greg House benehmen? Was lässt euch denken, ihr hättet wirklich den Bonus eines Genies, dass euch zu Charakterschweinen mutieren lässt?
Ich persönlich bin Fan der Serie seit der ersten Stunde, also keiner von den etwa 3 Millionen Zuschauern, die irgendwann dazukamen, weil es als "cool" galt, die Serie zu gucken. Und ich muss sagen, anfangs ist mir doch so einige Male das Lachen im Halse stecken geblieben. Klar, House ist schlagfertig und ein wenig ruft der kleine Teufel in uns zu, wir sollten das bewundern, was er da treibt. Auf der anderen Seite: welcher Patient möchte schon von seinem Arzt so behandelt werden? Welcher Angestellte möchte schon einen Chef haben, der ihn ständig beleidigt und fertig macht? Nicht, dass es solche Chefs nicht gäbe, um Himmels Willen. Aber jeder wird doch jetzt sagen "Leider!" und sich wünschen, es gäbe mehr gute, warmherzige Chefs, die uns leiten, fördern und ab und zu auch mal loben, wenn wir was richtig gut gemacht haben. Und bei Greg House kann man lange auf ein Lob warten, egal, ob man eine Diagnose richtig gestellt hat oder das 8. Weltwunder in Heimarbeit zusammengebastelt hat. Denn Greg House ist davon überzeugt, dass er die Welt rettet mit seinem Genie. Ob das wirklich stimmt? Nicht immer! Schon gar nicht menschlich gesehen, denn wenn Elefant House durch den Porzellanladen rennt, geht mehr als nur das Geschirr zu Bruch.

Das Vorbild von heute soll also provozieren... wenn die Strategie nur mal neu wäre! Schon in den 50ern gab es Marlon Brando als Vorbild, auch James Dean mit Protesthaltung wurde zum Vorbild für die Jugend und seitdem meinen die Teenager, Kippe im Mundwinkel und zerrissene Jeanshosen seien cool und würden für Protest stehen. Gut, heutzutage gelten diese Attribute eher als "zum guten Ton gehörend", mit Protest hat das nichts mehr zu tun... oder wer regt sich noch heutzutage über schlampig sitzende Jeanshosen auf? Nicht einmal die Designer tun das.

Und wenn dieses Vorbild eben nicht mehr zieht, muss es eine Spur härter sein, so scheint es. Äußerlich kann man keinen Protest mehr fahren - Tattoos waren vor dreißig Jahren skandalös, heute trägt jede 14jährige ein "Arschgeweih", dass sie nach spätestens zwei Jahren kräftig bereut. Mit Piercings geht es uns allen ähnlich, wer regt sich denn schon noch über einen gepiercten Bauchnabel auf? Also, wenn man keinen Protest mehr erreichen kann von Außen, muss er halt von Innen kommen. Vielleicht packt uns alle die Serienfigur House deswegen so: es ist ihm herzlich egal, was die Leute von ihm halten. Er pfeift auf Konventionen und ob ihn jemand leiden kann, ist ihm angeblich auch völlig schnuppe.

Deswegen meinen die Menschen auch, sie müssten die gleiche Entwicklung in der Gesellschaft einschlagen. Nicht nur "Geiz ist geil", auch "Giftig sein ist geil"! Aber stimmt es wirklich, dass die Leute mit allen Konsequenzen House sein wollen? Wären sie wirklich mit allen Konsequenzen House, wären sie im Ende nicht nur verdammt einsam, sondern das Leben würde ihnen gar keinen Spaß mehr machen.

Greg House packt uns alle eigentlich an der Nase, er packt uns da, wo es am Meisten weh tut - seine Fehler sind genau unsere Fehler, sein Scheitern wird Symbol unseren täglichen Scheiterns. Und trotzdem meinen wir alle noch, wir wären auf dem richtigen Weg in der Sackgasse, in der wir uns befinden. Wir denken, wenn wir weiterhin rüpelhaft und niederträchtig zum Nächsten sind und immer wieder mit dem Kopf gegen die Wand schlagen, würden uns die Mitmenschen das einfach verzeihen und ebenfalls ihre Köpfe im Rhythmus gegen die gleiche Wand schlagen, bis diese gottverdammten Ziegelsteine endlich durchbrochen sind.

Eins haben die Fiktion der Serie und die Naivität der Menschen in der Realität eindeutig gemein: sie denken, das Leben liefe so, wie WIR es gerne hätten. Die Wenigsten, die Dr. House Woche für Woche gucken, scheinen zu realisieren, dass die Gags, die Schlagfertigkeit und der Erfolg eines Greg House das Produkt eines guten ausgefeilten Drehbuchs ist, mehr nicht. Das hat nichts damit zu tun, mit dem richtigen Bein morgens losgehumpelt zu sein, auch das Vicodin von House trägt nicht dazu bei, dass er immer schlagfertig was gegen alles zu sagen hat, was ihm gerade nicht passt. Drehbuchautoren sitzen über Wochen und Monate vor dem Computer, starren den blinkenden Cursor auf dem leeren Dokument an, wie er im Rhythmus immer weiter blinkt und dann fällt ihnen irgendwann einmal eine passende Antwort ein, die Wochen später von Hauptdarsteller Hugh Laurie in mindestens fünffacher Ausführung vor der Kamera ausgesprochen wird.

Im Prinzip ist Dr. House eine Seifenblase, die platzt, sobald sie real wird - denn in der Fiktion gibt es auch viereckige oder herzförmige Seifenblasen, aber versucht mal, dass in die Realität umzusetzen. Die Materie schafft es doch immer wieder, verflucht langweilig und rund zu werden. Genau wie die Situationen, in denen wir etwas ins Gesicht geschleudert bekommen und so gar keine Antwort darauf wissen. Schlichtweg, weil wir von manchen Aussagen einfach erschlagen werden.

Okay, ich gebe immer mehr Gründe, warum die Leute es wirklich erstrebenswert finden, wie House sein zu wollen. Aber mal ehrlich: nur ein Genie wie House DARF es sich überhaupt leisten, charakterlich über die Stränge zu schlagen. Und wer wie House agieren will, muss nicht nur kompetent, sondern auch stark genug sein, ein sehr einsames Leben zu führen. Denn Freunde, Erfolg und eine freche Schnauze haben will jeder - aber wir leben ja nicht in einer amerikanischen TV Serie. Wer das Leben kennt, weiß: "Das Leben ist keine Seifenoper oder Serie!"

Deswegen dürften die Männer auch wieder etwas freundlicher sein, was das Balzverhalten im Frühjahr betrifft! Wir leben schließlich nicht in einer amerikanischen Serie und kaum einer von euch wird Medizin studiert haben ;-)

Allgemein gibt es nur eine weitere Sache, die ich loswerden möchte: allen ein schönes Osterfest! :-D

LG Gene

PS: Da die Deutschen so gerne amerikanisch wie House wären, hier noch ein kleiner feiner dezenter Hinweis: Hauptdarsteller Hugh Laurie ist kein Amerikaner, sondern Brite! Wer also immer mal britisch sein wollte, sollte House weiter als Vorbild nehmen. Alle anderen können sich wieder vertrauensvoll an James Dean wenden :-P

Donnerstag, 2. April 2009

Das Geld, das uns noch bleibt?

Eigentlich ist es für die Wirtschaft ähnlich angesiedelt wie die letzten Gäste, die auf einer exzessiven Party übriggebliebne sind: sie sollen weg! Denn die Gastgeber wollen schnellstmöglich ins Bett und meist sind die übriggebliebenen Gäste sind derart stark angetrunken, dass die Befürchtung besteht, sie könnten die konsumierten Partyhäppchen plus Alkohol anverdaut beim Gastgeber zurücklassen.
Und nun die deutsche Wirtschaft: sie versucht, uns eindringlich klarzumachen, wie sehr wir unser über Jahre hart erspartes Geld loswerden müssten. Und gerade jetzt (immerhin leben wir immer noch "in Zeiten der Finanzkrise") MÜSSEN wir alle die mit Geld gestopften Socken, Matrazen und Sparschweine schächten, ausbluten lassen. Denn nur der aboslut exzessive Konsum hilft, uns alle vor dem Elend zu bewahren. Klingt grotesk? Nun, es kommt noch besser! Denn wie soll sich uns folgende Logik erschließen: Wir sind in einer "Krise", doch im Prinzip haben viele von uns noch den letzten Notgroschen oder Noteuro auf dem Sparkonto. Wenn diese Menschen nun etwas brauchen, könnten sie immer noch auf dieses Geld zurückgreifen. Also die echte Krise hat noch gar nicht begonnen, ob sie je beginnt für diese Leute, ist fraglich. Die Krise an sich grassiert hauptsächlich bie den Finanzmanagern und Bankmenschen. Diese Groteske erschließt sich dann eigentlich nur, wenn man bedenkt, wie das gesellschaftliche Leben über Jahrzehnte hinweg gelaufen ist:

Wenn ein Arbeitnehmer mit Durchschnittsgehlat dringen Geld brauchte, ging er zur Bank. Dort ging er regelmäßig in seiner besten Hose auf die Knie, versprach gleichzeitig seine letzte Unterhose... und das nur, damit er einen Kredit bekommt. Was die Bank dafür tun musste? Sie musste, wie man so gerne sagt, "flüssig sein" - oder zumindest so tun, als sei sie flüssig. Und damit hat das Bankengewerbe die wahrscheinliche cleverste Geschäftsart aller Zeiten gegründet! Denn die Bank muss das Geld nicht wirklich als Papier besitzen, sie besitzt es theoretisch. Das ist, als würde ich behaupten, ich hätte 1 Millionen Euro seit gestern. Natürlich würde mir keiner glauben, aber wer kann mir schon das Gegenteil beweisen? Okay, so einfach ist es nicht! Eine Bank ist ja eine Institution, die hat Geld. Woher? Weiß niemand, aber sie tun so, als hätten sie das Geld. Denn sie sind die Begründer des Wirtschaftssystems - durch die Banken gibt es Geld (ob theoretisch als Zahl auf einem Stück Papier) oder als tatsächliche Banknote, die man in der Hand hält. Nur: wer hält denn heutzutage noch Geld "in der Hand"? Wir haben Plastikkarten als Cash-Ersatz. Ansonsten haben wir ein Girokonto, mit dem wir sämtliche Geschäfte abwickeln, als würden wir mit einem Abakus herumspielen. Mit unserem Gehalt ist es ähnlich - wir arbeiten Monat für Monat hart, um Geld zu verdienen. Doch wieviel dieses Geldes SEHEN wir tatsächlich? 20%? Wenn wir Glück haben 30%?

Die meisten Geschäfte der heutigen Zeit geschehen virtuell, sie sind Schlösser aus Luft, auf virtuellen Wolken gebaut. Das ist der Trick der Banken: man MEINT, man sähe Geld, weil man eine beliebige Zahl auf dem Kontoauszug sieht, die das aktuelle Guthaben (oder die Schulden im gegenteiligen Fall) anzeigt. Wie gesagt, seit gestern besitze ich 1 000 000 Euro... ich brauche es nur hinzuschreiben, schon ist es Realität. Einziger Unterschied: wenn ICH über Geld schreibe, ist es nur für mich Realität. Ich kann mir von "meinem Reichtum" weder ein Haus noch eine Packung Kaugummi kaufen - wenn allerdings eine Bank behauptet, sie habe Geld, bekommt sie alles und sie kann alles machen! Sie kann Kredite vergeben, sie kann Immobilien kaufen - in jedem Fall aber kann sie Menschen an sich binden. Mephisto lässt grüßen!

Die Groteske beginnt erst, wenn wir vom umgekehrten Fall reden: wenn ich nun behaupten würde, ich bräuchte dringend 1 000 000 Euro, weil meine Schulden sich auf diese Summe belaufen, wer würde mir schon Geld leihen? Die meisten Menschen würden diese Misere mit dem Ausdruck "Selbst Schuld!" abtun und mich meiner Wege direkt unter die Brücke ziehen lassen. Aber wenn eine Bank sagt, sie hat Schulden und kann nicht mehr - muss sie dann mitsamt sämtlicher Angestellten und Managerriege unter eine Brücke ziehen? Werden wir in Zukunft Bankmanager mit Plastiktüten unter Brücken am Lagerfeuer sitzen sehen, von Hunger und Krankheit gezeichnet? Die Antwort weiß jeder, deswegen brauch ich sie auch nicht zu beantworten.

Jetzt, wo die Banken Schulden haben, müssen wir, die Konsumenten, die Bürger dieses (und jedes anderen Landes) dafür Sorge tragen, dass die Banken gerettet werden. Nächstenliebe auf höchstem Niveau nennt sich sowas wohl! Würden wir einer Privatperson freiwillig die Schulden abtragen? Würden wir wirklich unsere Matrazen und Sparschweine schächten, um das Mismanagement dieser Privatpersonen wieder auszugleichen? Wer nur einmal die Sendung "Raus aus den Schulden" mit Peter Zwegat gesehen hat, weiß, dass in der Gesellschaft nicht viel Nächstenliebe herrscht.

Die Banken hingegen bekommen das Geld, dass sie brauchen. Und zwar echtes Geld! Die Menschen, die zur Zeit ihr letztes Hemd geben und einkaufen wie die Wilden, bezahlen das, was sie gar nicht brauchen, mit Bargeld. Und dieses Bargeld wird dafür verwendet, Schulden von Banken auszugleichen, die über Jahre aufgrund von theoretischen Rechenspielen entstanden sind. Dieses Geld hat in Papierform nie existiert! Aber wir müssen es in Papierform in die Wirtschaft investieren, damit das Abakusspiel noch einen Sinn ergibt, damit die Banken "gerettet" werden. Klar, wenn das nicht mehr der Fall wäre, gäbe es einen absoluten Geldverfall, wir alle würden elendig auf der Straße vor uns hinvegetieren... und trotzdem: wie kann es sein, dass Schulden sich auf so einfache Art und Weise durch Rechenspiele machen lassen? Woher kommen Immobilien, die gar nicht existieren, gebaut mit Geld, dass man als Zahlenwert mal irgendwo in einen Computer getippt hat?

Es gibt weltweit etwa 10% des gesamten Vermögens als Papierwert, sprich: als Banknoten. Der Rest ist reine Theorie. Klingt unglaublich? Eigentlich dürfte uns doch nichts mehr überraschen, oder?
Gerade in der letzten Woche wurde ein noch viel skurrilerer Fall aus der Kategorie "Kriminalmysterien" behandelt: das "Phantom" aus dem Drogeriemarkt, wie ich es inzwischen gerne bezeichne. Eine "Frau", die innerhalb von Jahren an Dutzenden verschiedener Verbrechen beteiligt gewesen sein soll. Einmal hat sie eine Polizistin kaltblütig erschossen, dann ist sie wiederum so dilettantisch gewesen, in ein Ferienhaus für eine Übernachtung einzubrechen. Der Fall erschien nicht nur skurril, sondern auch unheimlich - endlich haben die X-Akten" auch Deutschland erreicht, ruft sofort Scully und Mulder an, die Aliens sind gelandet. Und dann letzte Woche das: alles ein blödes Mißverständnis, entstanden aus einer Schlamperei heraus. Von wegen Phantom - Pustekuchen! Es waren mit DNA verunreinigte Wattestäbchen zum DNA-Abstrich an Tatorten. Das "ultimativ Böse" in Form einer Frau, dem "Phantom", gibt es nicht. Wieder wurden wir einer Illusion beraubt.

Und genausowenig wie das Phantom gibt es die Schulden der Banken, vom Prinzip her. Wir sind nicht in Zeiten der "Finanzkrise", sondern in Zeiten der "Phantomkrise" angekommen. Die Welt hat theoretisch erstellte Schulden, theoretisch gemachte Milliardäre, theoretisch verarmte Obdachlose. Nein halt! Das Elend der Obdachlosen ist recht real, die Villen, in denen die Milliardäre leben auch - aber die Krise der Banken? Wenn Banken Manager halten, die Millionen Boni im Jahr verdienen, wenn die gleichen Banken zigtausend Filialen ihr Eigen nennen und teure Hochhäuser errichten und halten können mit tausenden von mehr oder weniger nützlichen Angestellten - wo ist dann die Krise der Banken? Schön klingt sie, die Bankenkrise. Aber wenn ich eine Krise habe, müsste ich wohl oder übel meinen gesamten Besitz verkaufen. Nicht so die Banken, die "Phantome aus dem Wirtschafts-DNA-Labor". Für sie bleibt alles beim Alten, sie haben Geld, sehr viel Geld - natürlich nicht als Guthaben, sondern als Schulden. Theoretische Schulden. Theoretische Schulden, die wir praktisch ausbügeln dürfen. Denn theoretisch Schulden begleichen gibt es zwar, wird aber von den Göttern der Wirtschaft nicht anerkannt. Schulden machen ist ein theoretischer Akt - Schulden wieder ausgleichen ist praktischer, als uns allen lieb ist.

Die Botschaft des Jahres heißt wiedermal (welch Überraschung!): Konsumiert! Nicht vermehrt euch, ihr braucht nur zu konsumieren. Denn gleichzeitiges Vermehren würde wieder zu einer Umverteilung der Finanzen führen. Und wenn nicht Umverteilung, so noch schlimmer: zu mehr Armen und weniger Reichen Menschen. Und dann wäre die Gefahr viel zu groß, dass die größer werdene Masse der Armen der geringer werdenden Menge Reicher eines Tages in einer gewaltreichen Revolution die Köpfe abschlägt. Das natürlich aber nur rein theoretisch! Wir wollen doch schließlich nicht aktiv zur Gewalt aufrufen. Nur zum aktiven Konsum.

Ich wünsche allen eine schöne sonnige Restwoche!

LG Gene

Donnerstag, 26. März 2009

Das Maß ist 'nach Belieben' voll....

Am gestrigen Tag durfte der gemeine Zuschaer der Nachrichten eine besonders kuriose Nachricht sehen: die EU (wer sonst?) hat beschlossen, dass die nationalen Bestimmungen zum Thema "Füllmenge bei Lebensmittel" ab dem 11. April 2009 einheitlich geregelt werden sollen. Und dadurch verfallen die uns eigenen nationalen Bestimmungen. Laut Nachtrichten heißt das: wir werden von nun ab vom Großhandel richtig kräftig übers Ohr gehauen! Wir kriegen jetzt nicht mehr 100 g Schokolade, sondern 88 g - aber zum Preis von 100! Und nicht mehr 1 Liter Milch... nein, der Handel wird jetzt derart fies, dass er für 200 ml Milch den Preis von 1 Liter verlangt!

Soweit jedenfalls die Berichterstattung nach dem Bildzeitungs-Prinzip im Fernsehen. Ob das im Ende auch sstimmt? Wer kann das schon wissen! Stattdessen geht die mediale Welt nach em Leidmotiv "Angriff ist die beste Verteidigung" ... oder besser: "Vorpanik ist besser als Nachpanik!" Denn nachher aufregen ist grundsätzlich viel zu spät, also machen wir es direkt. Schließlich kann keiner wissen, ob man nicht doch längt beschlossene Entscheidungen der EU mit kollektivem Aufregen und Meckern bis zum wahlweise Hirnschlag oder Herzinfarkt rückgängig machen kann.

Das Ganze klang jedenfalls nach wahnsinnig viel Aufregung - um angeblich Alles, eigentlich aber Nichts. Was der Deutsche in seiner Wut zum Meckern immer wieder ignoriert: wir leben in recht guten Zeiten, zumindest in Deutschland. Das glaub mir keiner? Nun, sehrn wir es mal aus folgender Perspektive:

Deutschland verkauft seine Lebensmittel im europäischen Durchschnitt relativ billig. Wir sind eins der Länder, die Lebensmittel am Billigsten vertreiben, Aldi, LIDL und Co. sei Dank! Es wird in rauen Mengen eingekauft, produziert, eingeschweißt, weiterverkauft - das Ganze läuft ähnlich einem Marathon der Massen ab. Der Kunde kann entscheiden, er kann sich dumm und dusselig kaufen und bezahlt dafür nicht mehr als ein paar Euro. Im Vergleich zu Ländern wie Schweden oder Frankreich leben wir doch recht gut. Nur keiner hat's bis jetzt gesehen. Ich weiß nicht wirklich, welche rosarote Brille der deutsche Konsument auf hat, jedenfalls färbt sie das Leben der Deutschen weniger schön, als sie ohne diese Brille sehen würden.

Wir beschweren uns, es könnte bald dazu kommen, dass die Produzenten uns weniger Ware für das gleiche Geld verkaufen. Andererseits: wir leben in Zeiten, in denen z. B. Butter so billig ist wie seit 60 Jahren nicht mehr. Und was war vor 60 Jahren? Richtig - Nachkriegszeit, wir befanden uns gerade im Wiederaufbau des Landes. Manch einer möchte zwar die derzeitige Krise vom Härtegrad her mit der Nachkriegszeit gleichstellen, aber offen gesagt: dafür, dass wir nicht durch Trümmer waten und Kartoffelschalen zu Suppe verarbeiten müssen, geht es uns preislich gesehen paradiesisch! Klar kann ein Hartz IV Empfänger nicht jeden Tag Fleisch essen, so billig sind die Lebensmittelpreise bei uns nun auch nicht.

Aber potenziellen Betrug zu vermuten wegen einer Füllmenge? Malen wir den Teufel mit goldenen Hörner an die frisch gestrichene Wand, obwohl wir gar nicht wissen, ob wir in der Wohnung wohnen bleiben werden? Es kann schließlich gut sein, dass sich schlichtweg nichts ändert! Denn, nur weil es solch eine Entscheidung und Gesetzesanpassung gibt heißt das noch lange nicht, dass davon Gebrauch gemacht wird. Es KANN, MUSS aber nicht!

Ich sehe ein: dem Einzel- und Großhandel einen Heiligenschein malen wäre eine Aktion, die für mich selbst wenig glaubwürdig wäre. Ich sehe ein, wir könnten uns auch auf Zeiten zubewegen, in denen wir weniger Produkt für's gleiche Geld bekommen.
Und trotzdem: gestern nach den Nachrichten fühlte ich mich unweigerlich an letztes Jahr erinnert, ungefähr die gleiche Zeit... als die Menschen in Massen in die Supermärkte strömten, um Milch und Milchprodukte zu kaufen. Ja, der Streik der Milchbauern, kaum eine Aktion nervte die Deutschen im letzten Jahr (neben dem Insolvenzskandal um Franjo Pooth!) so sehr wie dieser Streik. Und was ist daraus geworden? 40 Cent wollten die Bauern pro Liter Milch. Es stieg zeitweise an, dann kam die Wirtschaftskrise und zack! - der Milchpreis sank weit tiefer als je zuvor, inzwischen bekommen die Milchbauern nicht mehr als gut 20 Cent pro Liter Milch.

Doch damals, als protestiert wurde für mehr Geld für die Milchbauern war niemand für die Situation dieser Berufsgruppe verständnisloser als die Konsumenten! Immerhin: jeder Konsument träumt in seinem Job von einem guten Verdienst... und wenn er den hat, von einem noch viel besseren Verdienst in absehbarer Zukunft. Aber wenn eine andere Berufsgruppe ein wenig mehr Geld möchte, um ihre Existenz am Laufen zu halten? In solchen Situationen wird das Kopfschütteln von lautstarkem, wütenden Protest begleitet. Eine tolle Gesellschaft, in der der Verbraucher bei astronomisch niedrigen Milchpreisen nicht einmal 20 Cent pro Liter mehr bezahlen will. Aber er muss ja auch gar nicht, der Handel zwingt mit Masseneinkauf jeden Bauern früher oder später selbst in die Knie...

Was lernen wir aus den Nachrichten? Eigentlich nur, dass wir in einer Zeit leben, in der jeder Geld sparen will - und keiner weiß warum. Wir wollen viel Geld verdienen, noch mehr sparen - um dann das Leben zu genießen. Wahrscheinlich betrachten wir dann in einheitlicher Harmonie alle unsere hart ersparten Geldscheine und Girokontoauszüge (falls wir uns nicht so mit Bargeld haben!) und beten still und insgeheim, durch virtuelle Kopulation würde sich das Geld möglichst rapide vermehren.
Begründung für solche Aktionen? Weil man's kann! So einfach kann die Welt manchmal sein...

In diesem Sinne, einen schönen Donnerstag!

LG Gene

Mittwoch, 25. März 2009

Vergiss-mein-nicht (mehr)!

Manchmal ist es wie verhext: man begegnet Menschen, und das nur kurz (wie bei tausenden Anderen auch) und trotzdem... ihre Gesichter brennen sich in unser Köpfe und das scheinbar unauslöschlich. Vielleicht hat das ja auch mit "besonders sein" zu tun, allerdings ist es in diesen Fällen mehr der Subjektivität unterworfen. Denn obwohl in solchen Fällen das betreffende "Objekt" nichts optisch Gravierendes ausmacht, ihr Gesicht, vielleicht auch ihre Gestik (je nachdem, wie lange die Begegnung dauert) brennen sich unauslöschlich in unser Gedächtnis. Obwohl wir so vielen Menschen begegnen, außergewöhnlichen Menschen begegnen wir nicht so oft. Und wir haben eine "Antenne" für Menschen, die für uns etwas Besonderes darstellen. Wahrscheinlich liegt es auch am Interesse - einige Menschen interessieren dich, andere wiederum interessieren mich, obwohl sie dir vielleicht m Hintern vorbeigehen.

Ob dsa etwas mit Romantik oder sexueller Anziehungskraft zu tun hat? Natürlich, in vielen Fällen wird es damit zusammenhängen. Vor allem, wenn man an den "Selbsterhaltungstrieb" denkt, der in uns allen steckt. So lange wir fähig zur Fortpflanzung sind, suchen wir - nach den besten Genen, die wir bekommen können. Da die Keinem auf die Stirn geschrieben stehen, loten wir aus und entscheiden (und das innerhalb von Bruchteilen von einer Sekunde), ob uns das Gegenüber zusagt oder nicht.

Und genauso passiert es auch manchmal im Leben, an Plätzen, an denen wir bewusst gar nicht aktiv suchen, sondern uns treiben lassen und mit einem Mal der Schalter umgelegt wird. So geschieht es tagtäglich millionenfach - aber es geschieht nicht immer aus dem Motiv "l'amour toujours" heraus. Manchmal passiert es einfach, weil man einen Menschen sieht und wissen möchte, was hinter ihm steckt. Geht es euch nie so? Nun, mir passiert das schon des Öfteren. Ein Beispiel: da ich öffentliche Verkehrsmittel benutze (und das präzise zur gleichen Uhrzeit) kommt es mehr vor, als bei einem Autofahrer, der sich allein hinter's Steuer setzt, dass man anderen Menschen begegnet. Und damit Menschen, die das Interesse wecken, selbst am frühen Morgen.

Mir begegnen natürlich Dutzende Menschen, die auch zur gleichen Zeit zur Arbiet oder zur Schule fahren. Einige erinnere ich immer mal wieder, anderen kann ich täglich begegnen, es festigt sich einfach nicht mein Blick für diese Leute. Ich sehe sie, sie gehen an mir vorbei, ich hab sie vergessen. Woran das liegen mag, kann man heutzutage nur schätzen, klar ist jedoch, dass wir in einer uniformierten Gesellschaft leben, einer Gesellschaft, in der die Durchschnittsfrau so durchschnittlich aussieht, dass sie mehr und mehr zur "mir doch egal"-Frau wird. Sprich: die gleichen Klamotten in den gleichen Farben, zwar perfekt abgestimmt zur Jahreszeit und zum Trend, aber mal ehrlich: wen interessiert schon, ob die durchschnittlichste aller Frauen einen fliederfarbenen oder lilafarbenen Rock trägt? Für einen Mann liegt zwischen tiefem Aubergine-Lila und hellem Flieder eh kein Unterschied.

Dann die Frisur, im Gleichtakt zerfranste und zerschnittene Haarsträhnen, die dafür sorgen, dass die weibliche Haarpracht mehr und mehr zur Marke "Staubwedel" verkommt. Denn wirklich als volles gesundes Haar kann man diese ganzen "ausgedünnten und stufig geschnittenen" Frisuren kaum noch bezeichnen. Vielfärberei und viele verschiedene "Stylingprodukte" machen eher Entwürfe für den Haarfriedhof als für den glänzenden Auftritt. In einem können diese Frauen beruhigt sein: wenn 90% der Frauen eine verschnittene Frisur haben, fällt es nicht mehr auf. Man sieht sich an den Fauxpas der Gesellschaft schon nach wenigen Minuten des Tages satt!

Aber das eigentliche Problem war ja ein ganz anderes: wir reden ja von den Menschen, die wir sehen und NICHT mehr vergessen. Nun, ich habe einen Fall, er begegnet mir jeden Morgen an der gleichen Strecke im gleichen öffentlichen Verkehrsmittel - kurioserweise das seit Jahren. Okay, jetzt wird jeder sagen, wenn ich diesem Mann jeden Tag begegne, kann man nicht von einer kurzfristigen Begegnung sprechen. Von wegen! Was, wenn ich nun sage, dass ich über zwei Jahre ganz andere Pendlergewohnheiten hatte und ihm deswegen gar nicht begegnen konnte - aber vergessen? Sagen wir, er rutschste irgendwo tief in die Hinterstube des Gehirns, aber wirklich vergessen habe ich ihn nicht. Und seit Kurzem (das Leben geht halt manchmal gewöhnlich-ungewöhnliche Wege) benutze ich wieder die alte Strecke beim Pendeln zur Arbeit. Nun habe ich nicht tagtäglich gefiebert, was er wohl macht, ob es ihn "noch gibt" etc, aber ein komisches Gefühl war es schon, als ich ihm natürlich wiederbegegnet bin.

Mal am Rande: das hat NICHTS mit "verknallt sein" zu tun etc... es geht gar nicht um den Typen an sich (der nicht mein Typ ist!), mir geht es um etwas Anderes. Man kann auch einem Menschen begegnen, der eindeutig nicht "ins Beuteschema" passt, trotzdem gehen diese Menschen uns nicht mehr aus dem Kopf und wir fangen an, sie zu studieren. Wir studieren ihre Kleidung, ihre Haltung, ihre Gewohnheiten. Und fangen ein wenig an, eine Geschichte um diese Person zu spinnen. Und genau das war/ist hier der Fall! Obwohl ich diese Person nicht kenne, interessiert mich plötzlich aus der Isolation des Gewohnten heraus: Wie lebt dieser Mensch? Welchen Gewohnheiten geht er nach?

Warum mich das interessiert? Diese Frage stelle ich mir auch des Öfteren, wenn ich ihm (0der anderen Menschen) begegne. Vielleicht zeigen solche Beispiele einfach auf, dass wir nicht in einem Vakuum leben, wenngleich diese Gesellschaft immer mehr zum Vakuum verkommt. Wir leben unser Leben - und zwar allein! Es geht nur nach MEINEN Bedürfnissen, MEINER Lebensart, MEINEM Wohlbefinden... und der Rest ist so ziemlich Wurst (klammern wir die Faktoren "Familie haben" mal einfach aus, denn es gibt nur wenige Mütter, die nur auf sich selbst bezogen sind!). Aber in diesen Momenten keimt die Saat der "Geselligkeit" auf, das "Gruppengefühl" - es kehrt in genau solchen Momenten (zumindest theoretisch!) zurück. Wir nehmen (zwar ohne aktiv zu werden, aber immerhin...) endlich mal wieder teil an Etwas, das nicht nur einen selbst betrifft.

Bevor Menschen hier wieder etwas falsch verstehen: es geht nicht darum, dass die Leute, die solche Gedankenspielchen wagen (wie ich) Egoisten sind! Ich bin kein Egoist, zumindest nicht in diesem Sinne. Aber wer von euch denkt bewusst und im positiven Sinne an Menschen, zu denen ihr keine Beziehung habt? An die eigenen Kinder zu denken, die Eltern, die Verwandschaft oder den Freundeskreis, den Partner oder die Partnerin, das ist doch keine große Kunst. Aber an jemanden zu denken, mit dem man im Prinzip gar nichts zu tun hat, das ist das Prinzip, auf das ich mich stütze. DA beginnt die Gruppendynamik, von der immer so getan wird, als wäre sie nicht vorhanden.

Vorhanden ist sie, wie wir alle tief im Innern erahnen. Aber was daraus tun? Soll ich diesen jungen Mann nun ansprechen und ihn nach seinem Leben fragen, nur weil mich seine Person interessiert? Klar, das könnte ich tun - aber es ist relativ sinnfrei, so etwas zu tun, gerade für das Gegenüber, das angesprochen wird (und ich weiß das aus eigener Erfahrung, denn ich habe schon sehr oft erlebt, dass mich Menschen eigentlich ohne Grund und speziell ohne sexuellen Hintergrund angesprochen haben).

Nun, ich habe diesen Blogeintrag "Vergiss-mein-nicht (mehr)" genannt. Es ist eben Menschen, denen man begegnet und die man nie wieder vergisst. Und merkwürdigerweise gibt es so viele Menschen, mit denen verbringt man sogar einen Teil seines Lebens, eine relativ lange intensive Zeit des Lebens - aber irgendwann sind sie einfach vergessen.

Ich habe heute Morgen ein Plakat gesehen mit dem Titel "Vergiss-mein-nicht"; es ging (worum auch sonst?) um Demenz. Und irgendwie hat mich das nachdenklich gemacht. Vergessen ist schön und gut, ich bin sogar heilfroh, dass ich einige Menschen komplett aus meinem Leben streichen und sie vergessen konnte. Ich gehe davon aus, es geht vielen Lesern auch so, schließlich möchte man sich gar nicht an jeden Hinz und Kunz erinnern, dem man irgendwann einmal begegnet ist. Aber was, wenn wir die plötzlich vergessen, die uns interessieren? Was, wenn in dir plötzlich jede Erinnerung und jede Verbindung mit anderen Menschen abstirbt, ohne dass man es möchte?

Ich möchte manche Menschen nie wieder vergessen, ganz einfach, weil mein Herz an ihnen hängt. Aber kann ich das wirklich beeinflussen? Ich denke, wenn sich Menschen für eine Krankheit bewusst entscheiden könnten, Alzheimer und Demenz wäre wohl die Krankheit, die am Wenigsten Zulauf finden würde. Aber warum? Wo wir alle nur auf unseren eigenen vollen Teller gucken und uns nicht interessiert, was rechts und links von uns passiert. Aus dieser Sicht her gesehen wäre es doch schön, wenn wir vergessen, und zwar alles und jeden um uns herum, wir vergessen, dass wir überhaupt Beziehungen führen, platonische oder partnerschaftliche, wir vergessen die Liebe für unsere Partner, Kinder, Eltern, Freunde... einfach alles. Im Ende gibt es nur uns selbst, allein auf weiter Flur....

Erschreckender Gedanke? Vielleicht sollten wir aus Angst zu Vergessen und zu Vereinsamen in Zukunft viel öfter im Zug oder Bus oder in der Stadt beim Einkauf einmal links und rechts gucken und egal, ob uns das Gegenüber optisch oder verhaltensmäßig anspricht oder nicht... wir sollten dankbar sein! Und einfach mal überlegen, wie einsam diese Welt wäre ohne Artgenossen, die uns begleiten. Das Vergessen und das Erinnern laufen Hand in Hand mit uns durchs Leben.

In diesem Sinne: vergiss-mein-nicht ... oder eben doch, ganz wie euch beliebt. Eine schöne Restwoche an alle!

LG Gene

Freitag, 20. März 2009

Der "Reiz" des Besonderen

Freitag, 20. März 2009: wie jeden Morgen strömen Millionen Menschen aus ihren Häusern und Wohnungen, begeben sich per Zug, Bus oder Auto in ihre Büros, Geschäfte, Schulen ... es gibt zig Möglichkeiten und eigentlich wäre jede dieser Situationen und Menschen schon etwas Besonderes.

Denn die ganze Welt, jeder Einzelne von uns, sogar das Leben als eigenständiger Terminus folgt einem bestimmten Bestreben: Perfektion zu erreichen! Zumindest aber (weil schon Billy Wilder den Ausspruch "Nobody is perfect" durch den Film "Manche mögen's heiß" berühmt gemacht hat) möchte jeder Mensch etwas "Besonderes" sein. Aber was heißt das überhaupt? Darüber stolpere ich des Öfteren, gerade, wenn ich darüber nachdenke, ob der Ausdruck "besonders sein" nun wirklich eindeutig positiv zu verstehen ist oder nicht.

In erster Linie heißt "besonders sein", man hebt sich von der Masse ab, man geht einen WEg, der nicht alltäglich ist; oder man meistert Dinge, die eigentlich selbstverständlich wären, auf eine Arzt und Weise, die Bewunderung, zumindest aber Aufmerksamkeit erzielt.


Aber macht das einen Menschen wirklich besonders? Eine gut "durchgezogene" Aktion und ich darf mir den Stempel "Besonders" auf die Stirn pressen? Ich denke, der Mensch macht doch allgemein den Fehler zu glauben, dass das Wort 'besonders' bedeutet, alles ist dadurch positiv, man erstrahlt in einem Glanz, der einem ohne dieses Wort nicht zustehen würde. Dabei heißt das Wort oft auch das Gegenteil: Besonders sein ist oft schlichtweg gleichgesetzt mit "anormal sein". Menschen oder Dinge, die auffallen, weil sie nicht den gleichen Weg gehen oder weil sie in andere Lebensumstände geboren wurden oder gewachsen sind.

Beispiel: Ein Mensch, der blind geboren wurde, erlebt die Welt anders, dadurch gilt er als "besonders". Aber: würden sich sehende Menschen wirklich darum reißen, auf diese Art und Weise besonders zu sein? Selbst, wenn der Blinde noch so sehr beteuert, er wäre gerne blind, er könnte die Welt auf einer anderen Ebene erfahren. Wer möchte schon blind sein, Außenseiter und damit "besonders"? Wohl kaum jemand!

Aber mal abgesehen von den Menschen mit einer Behinderung, es ist nicht alles Gold, was sich "besonders" nennt - vor allem ist es nicht Gold, besonders zu sein! Die Menschen gehen davon aus, wenn sie sich durch Individualität ausdrücken, würden sie anerkannt, hätten mehr Ruhm, mehr Ansehen, mehr von allem - sogar mehr Schokoladenpudding.

Im Ende ist dem nicht wirklich so. Es geht nicht darum, dass man bewundert wird, nur weil man besonders ist. Denn schwimmst du nicht mit dem Strom, schwimmst du gegen ihn. So einfach ist die Sache manchmal.Und wirklich positiv ist das Besondere nie - zumindest nicht für Diejenigen, die es sind.

Also ich persönlich fand es noch nie sonderlich spannend, besonders zu sein. Ein gutes Aussehen, einen überdurchschnittlich hohen IQ, eine andere Auffassung der Welt... nun, wenn ich die Mädchen meines Alters (oder ein paar Jahre jünger) höre, sehe, einfach erlebe, bekomme ich oft mit, sie wären alle gerne wie "Amélie" aus "Die fabelhafte Welt der Amélie". Alle diese Mädchen haben diesen Film als einen ihrer Lieblingsfilme aufgelistet (vorausgesetzt, sie sind über die "Highschool Musical I-III"-Phase hinaus!) und meinen wirklich, sie wären so besonders, dass sie wie "Amélie" sind. Aber haben sich diese Mädels den Film wirklich ernsthaft angeschaut? Haben sie überhaupt gesehen, wie fatal es ist, besonders zu sein?

Amélie trägt keine Kleidung, die dem Uniformierungsstil der heutigen weiblichen Generation ähnelt, mit ihren großen Knopfaugen wirkt sie oft genug wie wahnsinnig, ihre Streiche und Aktionen sind oft am Rande der Legalität. Und trotzdem: alle wollen sein wie sie! Nun, ich kann nur eins sagen: ich persönlich bin oft so nahe am Verhalten und Blickwinkel der Amélie Poulin dran, dass ich mit Recht behaupten kann: "Es ist NICHT cool, Amélie zu sein!" Denn die "Coolness" der Amélie wirkt wohl nur im Film, freiwillig alleine zu leben, sich selbst über mehr Dinge als Sex und schicke Klamotten (was auch immer für schick gehalten wird!) zu philosophieren.

Etwas "Besonderes" zu sein heißt ja nur zu oft auch, sich von der Masse in einer unvorstellbaren Form abzuheben. Gerade diese Woche hat dies ein Fall deutlich gezeigt: der Fall Fritzl! Ist Josef Fritzl etwas Besonders? Natürlich wird die Menge nun entsetzt aufschreien und einheitlich sagen "NEIN!", aber ist er es nicht doch? Er hebt sich von der Masse ab, er hat Dinge getan, die jenseits der Vorstellungskraft von ca. 95% der Menschen liegen. Er hat Menschen manipuliert, gedemütigt, gefangen gehalten... wer sonst, als ein "besonderer" Mensch könnte so etwas zustande bringen? Ein perverser Mensch, sicher... aber ist Perversität ein Alltagsphänomen oder nicht doch "extraordinary", weil schlichtweg nicht jeder Mensch dieses Planeten zu so etwas fähig wäre. Vor allem: wer sagt, dass man "Kaltblütigkeit" nicht auch als etwas Besonderes bezeichnen kann?

Also Vorsicht: wer dich als "besonders" bezeichnet, meint das nicht immer positiv. Vielleicht kann man sogar einen Schritt weiter gehen: wer dir dieses Prädikat verleiht, bringt dich einen Schritt näher an den gesellschaftlichen Ruin und die Kategorie "gaga". Und mit "gaga" meine ich bestimmt nicht "Lady Gaga"... das wäre ja (nach jugendlicher Definition) schon wieder cool.

Besonders sein ist immer an der Grenze zwischen "absolut uncool" oder "wahnsinnig mutig" - wofür ihr euch entscheidet, es sei euch überlassen ;-)

In diesem Sinne: eine schöne neue Woche

LG Gene :-)

Donnerstag, 19. März 2009

Buchstabensuppe und Russisch Brot im Sprachgebrauch

"Ich lese, also verstehe ich. Ich verstehe, also kann ich. Ich kann, also werde ich. Ich werde also.... bin ich?"

Hmm, nicht wirklich! Man ist nicht zwangläufig existent, nur weil man lesen kann. Nein, eigentlich ist es eher umgekehrt: man ist schon da, und DANN lernt man irgendwann (die einen früher, die anderen später) das Lesen. Wenn man lesen kann. Gut, es gibt eine erstaunliche große Anzahl Analphabeten in Deutschland (laut Statistik gibt es unter den Erwachsenen 0,6 % totale und 6,5 und 11,2 % funktionale Analphabeten... wer die genaue Zahl will, der kann sie ja ausrechnen ;-)). Trotzdem: diese Menschen SIND ja auch - sonst wären sie nicht da. Also, trotz der Schwäche nicht lesen und schreiben zu können, sind diese Menschen da. Und damit kann man nicht behaupten, dass man existiert, nur weil man liest.

Ein Leben hat schließlich jeder, ob er schreiben kann oder nicht, lesen kann oder nicht. Schließlich gibt es - abgesehen von den Analphabeten! - genug Menschen, die des Lesens zwar mächtig sind, davon aber unter keinen Umständen Gebrauch machen. Bei der heutigen Einstellung würde ich sogar schätzen, dass mindesten 2/3 der Deutschen vom Lesen an sich gar nichts halten. Doch diese Menschen leben - und sie leben sehr gut. Immerhin, es ist noch niemand an akutem Lese- oder Informationsmangel gestorben. Zumindest nicht auf direktem natürlichen Wege.

Erstaunlich ist da doch (da wir das Lesen vom Grundbedürfnis her gar nicht benötigen!) es immer noch viele Menschen gibt, die lesen WOLLEN. Menschen, die gegen den Verdummungsstrom nach der Formel "(D.Bohlen + Mario B.)² + Werbung³ : akuten Intelligenzverfall" (Anmerkung: der Faktor "Verona P." ist in dieser Gleichung indirekt in den Faktoren "Dieter B." und "Werbung" enthalten) schwimmen. Diese Menschen schalten immer öfter den Fernseher aus, lassen das, was sowohl die Öffentlich Rechtlichen als auch die Privaten uns tagtäglich offerieren, einfach links liegen und begeben sich in die bunte Tanzwelt der Buchstabenkombinationen auf chlorfrei gebleichtem Papier.

Erstaunlicherweise sind diese Menschen nicht allesamt über 80 und heißen mit Familiennamen Reich-Ranicki. Sie stehen mitten im Leben, als Arbeitergeneration, die noch Steuern zahlt und mindestens 8 Stunden am Tag arbeiten geht. Und doch, es droht Gefahr, denn diese Generation ist akut vom Aussterben bedroht. Die Anzahl derer, die gerne und viel lesen, ist nicht unbedingt gering, auch die Jugendlichen werden diesmal nicht gescholten (oder nur auf halbem Wege), dass sie zu wenig lesen. Während sich ein kleiner Kreis der Leute gerne und mit Leidenschaft mit Büchern beschäftigt, sind die meisten Leute der Meinung, ein Buch zu lesen, seine Augen und seinen Kopf gleichzeitig anzustrengen und zusätzlich mit den Händen immer mal wieder die Seiten umzublättern, wäre genau das Multitasking, dass nahezu an "Mission:Impossible" grenzt.
Wo das Lesen an sich eigentlich eine simple Form des "Multitaskings" ist, stellen sich die Meisten quer, wollen lieber am Computer sitzen, gleichzeitig Chatten, Musik hören UND bei youtube die neuesten Videos angucken. Und plötzlich ist "Multitasking" die schönste Freizeitbeschäftigung der Welt.

Dagegen ist ein Mensch, der liest, gerne mal unter die Kategorie "Streber" abgestempelt. Wenn er dann noch in Sichtweise einer wichtigen Person (Lehrer oder Chef) liest, gilt er direkt als "Schleimer", weil ein Mensch der liest angeblich überall demonstrativ zeigt: "Seht her, ich bin schlau - ich kann lesen!"
Obwohl... stimmt das wirklich? In der heutigen Zeit, in der die meisten Menschen eigentlich (abgesehen von der oben genannten Gruppe) lesen und schreiben können? Wir leben schließlich nicht mehr im 15. Jahrhundert, in der Maler dem Volk Bibelgeschichten durch Gemälde näherbringen mussten.

Lesen ist kein Mysterium! Wir können alles lesen, was wir wollen, ohne Einschränkung. Und wenn wir etwas nicht lesen können, weil es z. B. aus einem Skript besteht, das wir nicht beherrschen, dann lernen wir dieses Skript eben. Oder (noch einfacher!) wir besorgen uns die "recycelte und synchronisierte Version" im Buchhandel.
Doch ein Buch wie die Bibel kann heutzutage jeder lesen, auch wenn es die Meisten (inklusive mir!) nicht gerne tun. Das hat allerdings nicht mit mangelndem Latein-Verständnis zu tun, immerhin wurde die Bibel in sämtliche Sprachen übersetzt und man kann sich jederzeit den Spaß erlauben, die einem bekannten Geheimformeln (genannt: Buchstaben) zu entziffern und einen Sinn daraus zu sehen.

Gut, ich neige wiedermal zum Schweifen durch Raum und Zeit, zurück zum Thema. Warum lesen wir nicht, nicht mehr? Mag sein, das Lesen ist uncool, das Lesen ist anstrengend - aber das Gleiche könnte ich auch vom Leben an sich behaupten, das gibt ja auch keiner auf!

Klar, zum Lesen braucht man Zeit. Aber es ist wie in dem Film "The Namesake", in dem gesagt wird "Lesen ist die einzige Möglichkeit zu reisen, ohne sich dabei einen Zentimeter fortzubewegen."
Und das gelingt höchst selten mit einer DVD oder einer Fernsehshow à la DSDS. Wenngleich ich zugeben muss: wer das Feeling einer Irrenanstalt braucht, kann die Sendung gerne gucken. Denn wer Nervendrama und Hauen und Stechen braucht, ist bie "Deutschland sucht den Superstar" an der richtigen Adresse.

Da der Bequemlichkeitsfaktor allerdings immer mehr Einzug hält, wird das Buch mehr und mehr verdrängt vom Fernsehen und Internet. Dann werden Filme geguckt, um in eine andere Welt zu entfliehen, es werden andere Kulturen immer per Fernsehen oder Internet aufgesucht - immer in der Hoffnung, der Realität weitaus näher zu kommen, als es die Vorstellungskraft beim Lesen eines Buches zu leisten vermag.

Nun bin ich ein großer Anhänger und Freund indischer Filme, so weit so gut. Ich schließe mich auch nicht aus der "Leselustlosigkeit" aus, trotzdem versuche ich, mein Wissen immer über das Lesen verschiedenster Lektüren zu vertiefen. Doch wenn Otto Normalverbraucher in eine Welt eintauchen will, sieht er sich grundsätzlich alles im Fernsehen an. Welches Prinzip dabei in Kraft tritt? Immer das (wie in allen Lebenslagen) Prinzip der Masse. So wie wir massenweise Buchstabennudeln in der Tütensuppe haben (oder zumindest versprochen bekommen), so geht der Mensch immer gerne den Weg, der am Meisten diskutiert, der am populärsten ist.

Und so kommt es (oh Wunder!), dass diese Woche mit Spannung ein Film erwartet wird, mit dem keiner gerechnet hat: "Slumdog Millionaire". Ein INDISCHER Film. Ich habe die letzten Jahre ja festgestellt, dass der indische Film nirgends so gewaltig verteufelt wird wie hier in Deutschland. Trotzdem wollen alle diesen Film sehen - wegen der 8 Oscars, die er gewonnen hat. Dass der Film dadurch nicht weniger indisch wird, sehen die Wenigsten. Groß wird der Film angekündigt als ein "Eintauchen in die Slums von Mumbai", sprich: der Großstadttourist aus Deutschland bekommt exklusiv, schonungslos, dafür aber ohne Geruchsbelästigung die schönsten Elendsgeschichten aus Indien zu sehen. Slumkinder, Dreck, dazwischen immer wieder bunte Farben und rhythmische Klänge indischer Musik - die Deutschen "tauchen" ein in den Morast indischer Ghettos. Was sie sonst immer für zu kitschig, zu schillernd, mit zu hohen Frauenstimmen versehen empfinden, ist diesmal "hohe Kunst" und jederzeit wert, angesehen zu werden.

Nun, der deutsche Zuschauer hat allerdings Glück bei der Reise nach Indien: für das faule deutsche Publikum wurde der Film aus dem englischen bzw. hindi schön ins Deutsche übersetzt. Wenn der Zuschauer sich einen Film im Original angucken müsste, müsste er schließlich Untertitel LESEN. Und lesen kann man in der heutigen Zeit doch niemandem mehr zumuten, oder? Wenn die Leute Untertitel mitlesen bei einem Film, dann könnten sie ja gleich ein ganzes Buch lesen. Komplett ohne Bilder! Ein für die Mehrheit der Deutschen unbeschreiblicher Horror: ein Buch zu lesen hieße schließlich auch, es zu verstehen. Ein Text muss immer verstanden werden, damit er im Kopf in Bilder transformiert werden kann. Damit schließt sich dann wohl der Kreis: aus Buchstabensuppe und Russisch Brot kann man kaum die Weltgeschichte zusammenbasteln. Und ein Text, der gelesen und nicht einmal mit genug Energie verschlungen wird, dass die Phantasie mit dem Leser durchbrennt, ist nicht verstanden worden.

Vielleicht stimmt die Hypothese meinerseits ja doch im Ende: erst wenn man liest, ist man! Denn wenn man liest und versteht, dann kann man auch aus dieser Erfahrung aktiv sein Leben gestalten. Und wenn es nur mit Phantasiegeschichten ist.

Ohne Bücher leben geht natürlich, ohne zu lesen kann man auch durch die Welt gehen - die Frage ist nur: was wird man, wenn man nicht lernt und dadurch nichts kann? Die Existenz ist zwar vorhanden, aber im Ende genauso wirkungsreich und sinnvoll wie ein Staubsauger im Garten. Wer braucht das schon?

In diesem Sinne, eine schöne Restwoche noch

LG Gene

Dienstag, 17. März 2009

"Was ich nicht weiß....

kann ich ja immer noch lernen!" Das nennt sich wohl "positives Denken", doch ehrlich gesagt glaube ich kaum dass in Zeiten von Geldmangel zum Überleben einerseits und genug Geld für Waffen und Ballerspiele andererseits noch genug Lust und Motivation übrig ist, sich die Welt schön zu denken.

"Die Hoffnung aufgeben" - nie war es so schick, so sehr in Mode, die Welt und die eigenen Lebensumstände auf hohem Niveau zu bedauern/beklagen. Und das nicht nur im deutschen Raum, wo doch eigentlich jeder weiß, welche Antwort der arme Idiot erhält, der einem Deutschen die harmlose Frage stellt: "Wie geht es dir?" Solch eine Frage löst im anglo-amerikanischen Raum üblicherweise ein schlichtes "Mir geht es gut" aus. Das dann mit der implizierten Aufforderung "Geh weiter - oder red weiter im Text." Denn egal, ob es dem Betroffenen wirklich gut geht oder doch nicht, es hat den Fragesteller nicht wirklich zu interessieren. Und das tut es natürlich auch nicht! Der gemeine Deutsche aber (und sehen wir ihn in diesem Moment als Spezies an) sieht sich durch die Frage nach dem eigenen Befinden dazu berufen, seine gesamte Krankengeschichte inklusive der letzten Wurzelbehandlung und deren schmerzenreichem Genesungsweg zu offenbaren. Immer natürlich zum Leidwesen des armen Idioten, der doch nur oberflächlich fragen wollte "Wie geht es dir?". Denn - so wissen die wenigsten Deutschen - die Frage ist eher rhetorischer Natur und bedarf keiner genauen Antwort.

Seit nunmehr einem halben Jahr allerdings vollzieht sich ein Wandel - nun sind es nicht mehr nur "wir Deutschen", die auf hohem Niveau jammern... es scheint, die gesamte Welt hat sich zum Trauerkloß zusammengeschlossen. Es scheint, als seien alle Nationalitäten auf dem "Sei deutsch, sei negativ"-Trip. Nein, nicht ganz so schlimm... nur fast! Der Deutsche hält sich bekanntermaßen gerne damit auf, sich dem Negativen hinzugeben. Dies könnte man vielleicht mit dem Genuss des Lieblings-Scotch oder dem regelmäßigen Besuch bei der Lieblingsprostituierten vergleichen.

Wieso? Vielleicht, weil es so einfach ist. Vielleicht auch, weil wir es gewohnt sind. Denn Gewohnheiten formen uns, prägen uns als Individuum in den Jahren von der Kindheit bis zum Erwachsensein - und als Gesellschaft über Generationen. Nicht umsonst haben wir die Sprache, die wir sprechen, lesen, schreiben und verstehen. Und nicht umsonst haben wir Traditionen: wir feiern im regelmäßigen Zyklus erst Fastnacht, dann die Fastenzeit, anschließend Ostern, danach genießen wir den Sommer, für die meisten Menschen gekrönt vom Sommerurlaub in Spanien. Wenn wir wieder nach Hause kommen, beschweren wir uns kollektiv über das "Sauwetter" in Deutschland, möchten jedes Jahr wieder in den Herbstmonaten am Liebsten für immer in den Süden auswandern. Aber dann hält uns die Sehnsucht nach Schnee an Weihnachten davon ab, uns nur einen Zoll von unserer Heimat wegzubewegen.

Es gibt Muster, die wir tief in uns tragen - und wahrscheinlich gehört das Jammern und das Schlechtreden des Lebens an sich genauso dazu. Nur ist nicht wirklich klar, warum genau Deutschland auf so "hohem Niveau" jammert. Hohes Niveau deswegen, weil wir faktisch gesehen mehr haben (selbst die Ärmsten des Landes) als die Hälfte der Länder dieser Erde. Es gibt genug Lohn, Brot und Dächer für die Köpfe des Landes. Problematisch wird es dann, wenn das Land falsch aufgeteilt ist, die Besitztümer sich immer weiter in beide Richtungen auseinanderbewegen. Wenn beispielsweise kinderreiche Familien nur ein warmes Essen pro Woche zustande kriegen, nicht wegen Faulheit, einfach wegen finanzieller Not. Auf der anderen Seite ein Immobilienmogul jeden Abend Hummer und Kaviar auf dem Speiseplan stehen hat. Oder wenn gleicher Immobilienmogul insgesamt zwanzig Dächer sein Eigen nennt, während auf der anderen Seite viele Menschen kein Dach überm Kopf haben und auf Obdachlosen-einrichtungen angewiesen sind.

Und genau DAS ist es, was vermeintlich zur Zeit weltweit geschieht - statt dass die Finanzkrise die Menschen angegriffen hätte, die weit mehr als genug zur eigenen Verfügung haben, ist es die Masse, die den Karren für ein paar Millionäre aus dem Karren fahren soll.
Seit die Krise im November begann habe ich auf die Millionäre gewartet, die berichten: "Die Bankenkrise hat mich xy Millionen Euro gekostet!" oder eine Schlagzeile in der Bildzeitung in etwa: "Ex-Millionär über Nacht Hartz IV Empfänger". Aber bis jetzt habe ich diese Schlagzeilen nicht lesen dürfen (es sei denn, die Schlagzeilen sind so geschickt unter den Teppich gekehrt worden, dass sie mir nicht mehr auffallen).
Und falls es doch mal dazu kommen sollte, dass ein reicher Unternehmer viele Karren in den Dreck fährt und ansatzweise von Armut bedroht wird - wird ihm mit großzügiger Spende und Kollekte der Bevölkerung ausgeholfen. Bestes aktuelles Beispiel: der ehemalige Vorsitzende der Deutschen Post AG, Peter Zumwinkel. Er hat betrogen, gelogen und Steuern hinterzogen - dafür musste er nicht ins Gefängnis, sondern wurde mit einer Verurteilung auf Bewährung und einer Geldstrafe liebevoll abgestraft. Und nun? Tja, dem guten Mann fehlen ja jetzt 2 Millionen Euro, und die müssen wieder in die Kasse.. was kann man da tun? Ganz einfach: Herr Zumwinkel erhält hochoffiziell für seine Verdienste (vor allem für die in Liechtenstein!) von seinem ehemaligen Arbeitgeber eine Pension in Höhe von 20 Millionen Euro.

Und wenn der Deutsche meckern möchte, sollte er es an dieser Stelle tun. Vielleicht ist genau das der Grund, warum die deutsche Manie des Meckerns und Jammerns weltweite Kreise gezogen hat: die Armen, die schon nichts hatten, verlieren immer mehr - die Reichen, die schon immer alles hatten und zuviel, kriegen noch ein wenig mehr. Okay, das klingt nach Stammtischparolen. Aber ehrlich: ich hatte geglaubt, wenn wir schonmal dabei sind und Finanzkrise haben, dann werden die hohen Investitionen und das Angesparte auf den Banken von der reichen Bevölkerungsschicht angegriffen. Im Ende war das ja auch ein wenig so - immerhin investieren viele Reiche in Immobilien und da gab es ja einige Luftschlösser. Aber auf der anderen Seite: warum soll die arme Bevölkerung mit Durchschnittsgehalt genau dafür aufkommen? Diese Schicht soll jetzt den Verlust dessen tragen, was die Reichen eh immer zuviel hatten. Und das nur damit (Ironie!) die Reichen wieder zuviel haben! Diese Logik kann wahrscheinlich nur von überbezahlten Bankmanagern stammen.

Doch genug des Jammerns von meiner Seite, ich habe ja "positives Denken" geschworen für den Rest des Tages. Okay, beschränken wir es mal auf den Rest dieses Blogeintrags. Eigentlich (nochmal Ironie!) wollte ich auf ein ganz anderes Thema hinaus mit dem Ausspruch "Was ich nicht weiß, kann ich immer noch lernen". Im deutschen Sprachgebrauch wird "Was ich nicht weiß..." spontan mit dem Ausspruch "...macht mich nicht heiß" beendet. Das könnte bedeuten, man ist einfach stolz darauf, wenn man möglichst blöd bleibt - oder aber, man ist froh, wenn man manche Dinge nicht weiß. Im Folgenden kann jeder selbst entscheiden, ob es so klug ist, das zu wissen, oder den Schleier des Vergessens darüber fallen zu lassen:

Ich habe gestern Abend in einer Sendung einen Bericht über die "Gespräche der Frauen" mitverfolgen dürfen. Dort wurde jeder Mann Zeuge dessen, über was Frauen angeblich so reden, wenn sie "unter sich" sind. Und natürlich (wie sonst könnte es bei einem Privatsender anders sein!) ging es um Sex. Frauen (so der Bericht) reden vornehmlich über Penislängen, Blowjobs und die Marotten der Männer.

Also ich für meinen Teil bin eine Frau - doch wenn ich mich an diesen Bericht erinnere, bin ich wohl keine komplette Frau. Denn ja, ich habe Freundinnen; aber ich habe mich noch NIE mit einer Freundin über den "Geschmack des Glibbers" eines Mannes unterhalten. "Wie kann man den Geschmack verbessern, wenn er nicht schmeckt?" "Schluckst du überhaupt oder spuckst du aus?" "Machst du Oralverkehr auch mit einem One Night Stand oder nur mit deinem festen Partner?"

Fragen über Fragen, die die Menschheit nie interessiert haben, aber nun in aller Öffentlichkeit zu Grabe getragen werden. Prüderie würde nun sagen "Der Untergang der Abendlandkultur ist da!". Frivolität würde laut gröhlen und nach einem Nachschlag schreien. Ich bin weder a) noch b), ich bin nur jemand, der angesichts solcher Gespräche mit dem Kopf schüttelt. Als hätten wir Frauen nicht eigentlich viel tiefliegendere Probleme. Natürlich: zur Entspannung kann man immer ein paar Gespräche führen über "geblümtes Klopapier" oder das neueste Modell des "Black Hunk"-Vibrators. Meistens allerdings sind die Probleme der Gesellschaft und der Politik für mich zu tiefgründig, als das ich damit meinen Horizont entspannen könnte.

Klar, Spaß verstehe ich auch. Ich produziere auch haufenweise Spaß, den ich in Schubkarren quer durch den Garten ziehe. Trotzdem erinnere ich mich daran: es ist die eine Sache, guten Sex zu haben; eine andere Sache ist es, über Sex zu reden. Denn "Reden über Sex" ist meist ein guter Indikator für alle Zeugen, dass der/die Redselige eindeutig schlechten Sex hat.

Belassen wir es dabei und legen den Schleier des Vergessens über diesen Bericht und allgemein über "Frauengespräche" ;-)

LG Gene

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