Samstag, 11. April 2009

Die Deutschen und "Dr. House"

Nun ist es endlich soweit: seit zwei Wochen dürfen wir den Frühling "genießen"... aber tun wir das wirklich? Wenn ich mich umsehe, sehe ich viele Dinge, die gegen den Genuss des Frühjahrs sprechen. Zumindest, wenn man sich das Verhalten der Menschen ansieht.
Vielleicht ist es da ganz passend, dass zur Zeit die erste Hälfte der amerikanischen Serie "House MD" im Fernsehen läuft. Diese ist (seit geraumer Zeit) die erfolgreichste amerikanische Serie im deutschen TV. Dieses Jahr wurde sie sogar mit dem deutschen Fernsehpreis ausgezeichnet - ja, es ist eindeutig: "Dr. House" ist ein Hit. Nicht nur in den USA und in vielen anderen Ländern des Planeten... sie hat auch den Sprung nach Deutschland geschafft.

Schwierig war das nicht wirklich, immerhin steht der gemeine Deutsche seit Jahrzehnten auf das, was der Amerikaner im Unterhaltungsbereich produziert. Sonst wäre der deutsche Film kaum so erfolglos gegen das gute alte Hollywood-Popcornkino! Und so überrascht es kaum, dass Serienformate aus den USA so gut in Deutschland ankommen. Obwohl es ein wenig merkwürdig ist: wir leben nicht wirklich den "american way of life", trotzdem geben wir per Quote immer wieder dem Rest der Welt zu verstehen, wir würden nach dem Prinzip leben. Oder wollen wir nur so leben?

Gerade bei der Serie "House MD" ist das eine richtig spannende Frage! Denn wenn sich eine Serie hauptsächlich um einen egoistischen, unfreundlichen, narzisstischen und eigentlich absolut unsympathischen dreht, dann fragt man sich schon: ist es wirklich erstrebenswert, so zu sein? So zu agieren? Die Serie lebt da ein ganz klares Prinzip vor: Gregory House hat kaum Manieren, er macht da die Klappe auf, wo man sie nicht aufmachen sollte und schweigt, wenn man nicht schweigen sollte. Ihm ist der Rest der Menschheit relativ egal, es sei denn, es springt eine spannende Diagnose dabei heraus. Die Diagnose zu erstellen dient ihm allerdings nicht dazu, den Patienten zu heilen, sondern das Genie und eigene Ego kräftig bis zum Orgasmus zu streicheln. Er nimmt Betäubungsmittel gegen ein schmerzendes Bein und ist mit der Welt tagein tagaus relativ unzufrieden. Hinzu kommt noch, dass seine Untertanen immer schöne von einer Stelle zur anderen gescheucht, gedemütigt und beleidigt werden und seine Freunde? Die paar Freunde, die er hat, triezt er so dermaßen, dass man sich fragt, warum seine Freunde überhaupt seine Freunde sind.

Aber trotzdem: House ist Kult! Er lebt eigentlich genau das vor, von dem jeder behauptete, es nicht zu sein - unmenschlich und deswegen immer eine Stufe vor der gesellschaftlichen Ausgrenzung. Eine Kuriosität gibt es allerdings: seitdem die Serie große Erfolge feiert, ist es nicht mehr uncool, ein menschliches Ekel zu sein. Es geht sogar noch weiter: es ist nicht nur nicht uncool, House zu sein - es ist erstrebenswert, House zu sein! Wenn ich mir überlege, wieviele Menschen es als wahnsinnig interessant und spannend finden, wie Gregory House zu sein, wieviele Menschen gerne den "Schneid" hätten, jedem frech die Meinung ins Gesicht zu sagen, es ist eigentlich ein wenig erschreckend. Weg vom Spießertum, hin zum "House"-tum? Nun, entsetzen sollte dieser Wandel nicht, gerade, wenn man sieht, wie die Menschheit sich in den letzten Jahren entwickelt hat.

Okay, mit Frühling hätte das Ganze Gerede über "House MD" eigentlich nichts zu tun, aber hier möchte ich doch vehement widersprechen! Es hat verdammt viel mit House zu tun, ich würde sogar so weit gehen zu sagen: House macht uns den Frühling kaputt! Warum? Ich stelle einfach fest, wir haben seit zwei Wochen gefühlen Frühling, die Sonne scheint, die Vögel singen, die Blumen blühen wieder in den schönsten Farben - und natürlich, wir wollen uns (wie jedes Jahr) wieder vermehrt fortpflanzen. Alles schön, alles bunt, alles gut und im normalen Bereich. Doch dieses Jahr wirkt alles so anders - wo vor ein paar Jahren noch Männer waren, die sich wenigstens noch bemühten, eine Frau zu bezircen (ob es gelang, ist wieder eine andere Frage), scheint es dieses Jahr ein ganz grauenhaftes Bild hält Einzug in deutschen Landen: die Männer humpeln auf verhaltensbehinderten Stöcken durch die Straßen, ihre Gesichter sind noch versteinerter als je zuvor. Und das Einzige, was ihre Lippen noch hervorbringen, ist der Satz: "Ficken oder sterben!"

Natürlich ist dieser Satz an uns Frauen gerichtet. Und wehe, wir sind bei solch einer Charmeoffensive nicht willig - dann sind wir wahlweise "zickig", "arrogant", "armselig", "eh hässlich", "saublöd" oder "haben einen an der Klatsche". Nicht, dass es sonst nicht der Fall wäre, nicht, dass der Winter nicht auch schon dieses Verhalten vorgebracht hätte. Aber der Winter, naja... der ist ja auch kalt, ungemütlich, es regnet, dann schneit es, es gibt nur Wasser, viel Wasser, kaltes Wasser. Bei so einem Wetter wäre ein muffiges Verhalten von Männern nicht verwunderlich. Aber im Frühjahr? Das Leben wird doch gerade so schön, un dann - kommen die Möchtegern-Gregs um die Ecke und schaffen es, jeder Frau die Stimmung für das gesamte restliche Jahr zu verderben. Natürlich, einen Korb zu kriegen, schmerzt - da verstehe ich sogar jeden Mann auf diesem Planeten. Und auch die Aggression kann ich verstehen. Wenn man sich dann on top noch anguckt, wie Dr. House damit umgeht... der lässt erst gar keine Frau wirklich an sich ran, von daher hat er erst gar nicht die Probleme, ist es doch klar, dass Männer immer unfreundlicher reagieren.

Die Frage, die sich mir nur immer wieder stellt, ist Folgende (und die ist sowohl an Männer als auch an Frauen gerichtet): Was lässt euch alle glauben, ihr könntet euch wirklich wie Greg House benehmen? Was lässt euch denken, ihr hättet wirklich den Bonus eines Genies, dass euch zu Charakterschweinen mutieren lässt?
Ich persönlich bin Fan der Serie seit der ersten Stunde, also keiner von den etwa 3 Millionen Zuschauern, die irgendwann dazukamen, weil es als "cool" galt, die Serie zu gucken. Und ich muss sagen, anfangs ist mir doch so einige Male das Lachen im Halse stecken geblieben. Klar, House ist schlagfertig und ein wenig ruft der kleine Teufel in uns zu, wir sollten das bewundern, was er da treibt. Auf der anderen Seite: welcher Patient möchte schon von seinem Arzt so behandelt werden? Welcher Angestellte möchte schon einen Chef haben, der ihn ständig beleidigt und fertig macht? Nicht, dass es solche Chefs nicht gäbe, um Himmels Willen. Aber jeder wird doch jetzt sagen "Leider!" und sich wünschen, es gäbe mehr gute, warmherzige Chefs, die uns leiten, fördern und ab und zu auch mal loben, wenn wir was richtig gut gemacht haben. Und bei Greg House kann man lange auf ein Lob warten, egal, ob man eine Diagnose richtig gestellt hat oder das 8. Weltwunder in Heimarbeit zusammengebastelt hat. Denn Greg House ist davon überzeugt, dass er die Welt rettet mit seinem Genie. Ob das wirklich stimmt? Nicht immer! Schon gar nicht menschlich gesehen, denn wenn Elefant House durch den Porzellanladen rennt, geht mehr als nur das Geschirr zu Bruch.

Das Vorbild von heute soll also provozieren... wenn die Strategie nur mal neu wäre! Schon in den 50ern gab es Marlon Brando als Vorbild, auch James Dean mit Protesthaltung wurde zum Vorbild für die Jugend und seitdem meinen die Teenager, Kippe im Mundwinkel und zerrissene Jeanshosen seien cool und würden für Protest stehen. Gut, heutzutage gelten diese Attribute eher als "zum guten Ton gehörend", mit Protest hat das nichts mehr zu tun... oder wer regt sich noch heutzutage über schlampig sitzende Jeanshosen auf? Nicht einmal die Designer tun das.

Und wenn dieses Vorbild eben nicht mehr zieht, muss es eine Spur härter sein, so scheint es. Äußerlich kann man keinen Protest mehr fahren - Tattoos waren vor dreißig Jahren skandalös, heute trägt jede 14jährige ein "Arschgeweih", dass sie nach spätestens zwei Jahren kräftig bereut. Mit Piercings geht es uns allen ähnlich, wer regt sich denn schon noch über einen gepiercten Bauchnabel auf? Also, wenn man keinen Protest mehr erreichen kann von Außen, muss er halt von Innen kommen. Vielleicht packt uns alle die Serienfigur House deswegen so: es ist ihm herzlich egal, was die Leute von ihm halten. Er pfeift auf Konventionen und ob ihn jemand leiden kann, ist ihm angeblich auch völlig schnuppe.

Deswegen meinen die Menschen auch, sie müssten die gleiche Entwicklung in der Gesellschaft einschlagen. Nicht nur "Geiz ist geil", auch "Giftig sein ist geil"! Aber stimmt es wirklich, dass die Leute mit allen Konsequenzen House sein wollen? Wären sie wirklich mit allen Konsequenzen House, wären sie im Ende nicht nur verdammt einsam, sondern das Leben würde ihnen gar keinen Spaß mehr machen.

Greg House packt uns alle eigentlich an der Nase, er packt uns da, wo es am Meisten weh tut - seine Fehler sind genau unsere Fehler, sein Scheitern wird Symbol unseren täglichen Scheiterns. Und trotzdem meinen wir alle noch, wir wären auf dem richtigen Weg in der Sackgasse, in der wir uns befinden. Wir denken, wenn wir weiterhin rüpelhaft und niederträchtig zum Nächsten sind und immer wieder mit dem Kopf gegen die Wand schlagen, würden uns die Mitmenschen das einfach verzeihen und ebenfalls ihre Köpfe im Rhythmus gegen die gleiche Wand schlagen, bis diese gottverdammten Ziegelsteine endlich durchbrochen sind.

Eins haben die Fiktion der Serie und die Naivität der Menschen in der Realität eindeutig gemein: sie denken, das Leben liefe so, wie WIR es gerne hätten. Die Wenigsten, die Dr. House Woche für Woche gucken, scheinen zu realisieren, dass die Gags, die Schlagfertigkeit und der Erfolg eines Greg House das Produkt eines guten ausgefeilten Drehbuchs ist, mehr nicht. Das hat nichts damit zu tun, mit dem richtigen Bein morgens losgehumpelt zu sein, auch das Vicodin von House trägt nicht dazu bei, dass er immer schlagfertig was gegen alles zu sagen hat, was ihm gerade nicht passt. Drehbuchautoren sitzen über Wochen und Monate vor dem Computer, starren den blinkenden Cursor auf dem leeren Dokument an, wie er im Rhythmus immer weiter blinkt und dann fällt ihnen irgendwann einmal eine passende Antwort ein, die Wochen später von Hauptdarsteller Hugh Laurie in mindestens fünffacher Ausführung vor der Kamera ausgesprochen wird.

Im Prinzip ist Dr. House eine Seifenblase, die platzt, sobald sie real wird - denn in der Fiktion gibt es auch viereckige oder herzförmige Seifenblasen, aber versucht mal, dass in die Realität umzusetzen. Die Materie schafft es doch immer wieder, verflucht langweilig und rund zu werden. Genau wie die Situationen, in denen wir etwas ins Gesicht geschleudert bekommen und so gar keine Antwort darauf wissen. Schlichtweg, weil wir von manchen Aussagen einfach erschlagen werden.

Okay, ich gebe immer mehr Gründe, warum die Leute es wirklich erstrebenswert finden, wie House sein zu wollen. Aber mal ehrlich: nur ein Genie wie House DARF es sich überhaupt leisten, charakterlich über die Stränge zu schlagen. Und wer wie House agieren will, muss nicht nur kompetent, sondern auch stark genug sein, ein sehr einsames Leben zu führen. Denn Freunde, Erfolg und eine freche Schnauze haben will jeder - aber wir leben ja nicht in einer amerikanischen TV Serie. Wer das Leben kennt, weiß: "Das Leben ist keine Seifenoper oder Serie!"

Deswegen dürften die Männer auch wieder etwas freundlicher sein, was das Balzverhalten im Frühjahr betrifft! Wir leben schließlich nicht in einer amerikanischen Serie und kaum einer von euch wird Medizin studiert haben ;-)

Allgemein gibt es nur eine weitere Sache, die ich loswerden möchte: allen ein schönes Osterfest! :-D

LG Gene

PS: Da die Deutschen so gerne amerikanisch wie House wären, hier noch ein kleiner feiner dezenter Hinweis: Hauptdarsteller Hugh Laurie ist kein Amerikaner, sondern Brite! Wer also immer mal britisch sein wollte, sollte House weiter als Vorbild nehmen. Alle anderen können sich wieder vertrauensvoll an James Dean wenden :-P

Donnerstag, 2. April 2009

Das Geld, das uns noch bleibt?

Eigentlich ist es für die Wirtschaft ähnlich angesiedelt wie die letzten Gäste, die auf einer exzessiven Party übriggebliebne sind: sie sollen weg! Denn die Gastgeber wollen schnellstmöglich ins Bett und meist sind die übriggebliebenen Gäste sind derart stark angetrunken, dass die Befürchtung besteht, sie könnten die konsumierten Partyhäppchen plus Alkohol anverdaut beim Gastgeber zurücklassen.
Und nun die deutsche Wirtschaft: sie versucht, uns eindringlich klarzumachen, wie sehr wir unser über Jahre hart erspartes Geld loswerden müssten. Und gerade jetzt (immerhin leben wir immer noch "in Zeiten der Finanzkrise") MÜSSEN wir alle die mit Geld gestopften Socken, Matrazen und Sparschweine schächten, ausbluten lassen. Denn nur der aboslut exzessive Konsum hilft, uns alle vor dem Elend zu bewahren. Klingt grotesk? Nun, es kommt noch besser! Denn wie soll sich uns folgende Logik erschließen: Wir sind in einer "Krise", doch im Prinzip haben viele von uns noch den letzten Notgroschen oder Noteuro auf dem Sparkonto. Wenn diese Menschen nun etwas brauchen, könnten sie immer noch auf dieses Geld zurückgreifen. Also die echte Krise hat noch gar nicht begonnen, ob sie je beginnt für diese Leute, ist fraglich. Die Krise an sich grassiert hauptsächlich bie den Finanzmanagern und Bankmenschen. Diese Groteske erschließt sich dann eigentlich nur, wenn man bedenkt, wie das gesellschaftliche Leben über Jahrzehnte hinweg gelaufen ist:

Wenn ein Arbeitnehmer mit Durchschnittsgehlat dringen Geld brauchte, ging er zur Bank. Dort ging er regelmäßig in seiner besten Hose auf die Knie, versprach gleichzeitig seine letzte Unterhose... und das nur, damit er einen Kredit bekommt. Was die Bank dafür tun musste? Sie musste, wie man so gerne sagt, "flüssig sein" - oder zumindest so tun, als sei sie flüssig. Und damit hat das Bankengewerbe die wahrscheinliche cleverste Geschäftsart aller Zeiten gegründet! Denn die Bank muss das Geld nicht wirklich als Papier besitzen, sie besitzt es theoretisch. Das ist, als würde ich behaupten, ich hätte 1 Millionen Euro seit gestern. Natürlich würde mir keiner glauben, aber wer kann mir schon das Gegenteil beweisen? Okay, so einfach ist es nicht! Eine Bank ist ja eine Institution, die hat Geld. Woher? Weiß niemand, aber sie tun so, als hätten sie das Geld. Denn sie sind die Begründer des Wirtschaftssystems - durch die Banken gibt es Geld (ob theoretisch als Zahl auf einem Stück Papier) oder als tatsächliche Banknote, die man in der Hand hält. Nur: wer hält denn heutzutage noch Geld "in der Hand"? Wir haben Plastikkarten als Cash-Ersatz. Ansonsten haben wir ein Girokonto, mit dem wir sämtliche Geschäfte abwickeln, als würden wir mit einem Abakus herumspielen. Mit unserem Gehalt ist es ähnlich - wir arbeiten Monat für Monat hart, um Geld zu verdienen. Doch wieviel dieses Geldes SEHEN wir tatsächlich? 20%? Wenn wir Glück haben 30%?

Die meisten Geschäfte der heutigen Zeit geschehen virtuell, sie sind Schlösser aus Luft, auf virtuellen Wolken gebaut. Das ist der Trick der Banken: man MEINT, man sähe Geld, weil man eine beliebige Zahl auf dem Kontoauszug sieht, die das aktuelle Guthaben (oder die Schulden im gegenteiligen Fall) anzeigt. Wie gesagt, seit gestern besitze ich 1 000 000 Euro... ich brauche es nur hinzuschreiben, schon ist es Realität. Einziger Unterschied: wenn ICH über Geld schreibe, ist es nur für mich Realität. Ich kann mir von "meinem Reichtum" weder ein Haus noch eine Packung Kaugummi kaufen - wenn allerdings eine Bank behauptet, sie habe Geld, bekommt sie alles und sie kann alles machen! Sie kann Kredite vergeben, sie kann Immobilien kaufen - in jedem Fall aber kann sie Menschen an sich binden. Mephisto lässt grüßen!

Die Groteske beginnt erst, wenn wir vom umgekehrten Fall reden: wenn ich nun behaupten würde, ich bräuchte dringend 1 000 000 Euro, weil meine Schulden sich auf diese Summe belaufen, wer würde mir schon Geld leihen? Die meisten Menschen würden diese Misere mit dem Ausdruck "Selbst Schuld!" abtun und mich meiner Wege direkt unter die Brücke ziehen lassen. Aber wenn eine Bank sagt, sie hat Schulden und kann nicht mehr - muss sie dann mitsamt sämtlicher Angestellten und Managerriege unter eine Brücke ziehen? Werden wir in Zukunft Bankmanager mit Plastiktüten unter Brücken am Lagerfeuer sitzen sehen, von Hunger und Krankheit gezeichnet? Die Antwort weiß jeder, deswegen brauch ich sie auch nicht zu beantworten.

Jetzt, wo die Banken Schulden haben, müssen wir, die Konsumenten, die Bürger dieses (und jedes anderen Landes) dafür Sorge tragen, dass die Banken gerettet werden. Nächstenliebe auf höchstem Niveau nennt sich sowas wohl! Würden wir einer Privatperson freiwillig die Schulden abtragen? Würden wir wirklich unsere Matrazen und Sparschweine schächten, um das Mismanagement dieser Privatpersonen wieder auszugleichen? Wer nur einmal die Sendung "Raus aus den Schulden" mit Peter Zwegat gesehen hat, weiß, dass in der Gesellschaft nicht viel Nächstenliebe herrscht.

Die Banken hingegen bekommen das Geld, dass sie brauchen. Und zwar echtes Geld! Die Menschen, die zur Zeit ihr letztes Hemd geben und einkaufen wie die Wilden, bezahlen das, was sie gar nicht brauchen, mit Bargeld. Und dieses Bargeld wird dafür verwendet, Schulden von Banken auszugleichen, die über Jahre aufgrund von theoretischen Rechenspielen entstanden sind. Dieses Geld hat in Papierform nie existiert! Aber wir müssen es in Papierform in die Wirtschaft investieren, damit das Abakusspiel noch einen Sinn ergibt, damit die Banken "gerettet" werden. Klar, wenn das nicht mehr der Fall wäre, gäbe es einen absoluten Geldverfall, wir alle würden elendig auf der Straße vor uns hinvegetieren... und trotzdem: wie kann es sein, dass Schulden sich auf so einfache Art und Weise durch Rechenspiele machen lassen? Woher kommen Immobilien, die gar nicht existieren, gebaut mit Geld, dass man als Zahlenwert mal irgendwo in einen Computer getippt hat?

Es gibt weltweit etwa 10% des gesamten Vermögens als Papierwert, sprich: als Banknoten. Der Rest ist reine Theorie. Klingt unglaublich? Eigentlich dürfte uns doch nichts mehr überraschen, oder?
Gerade in der letzten Woche wurde ein noch viel skurrilerer Fall aus der Kategorie "Kriminalmysterien" behandelt: das "Phantom" aus dem Drogeriemarkt, wie ich es inzwischen gerne bezeichne. Eine "Frau", die innerhalb von Jahren an Dutzenden verschiedener Verbrechen beteiligt gewesen sein soll. Einmal hat sie eine Polizistin kaltblütig erschossen, dann ist sie wiederum so dilettantisch gewesen, in ein Ferienhaus für eine Übernachtung einzubrechen. Der Fall erschien nicht nur skurril, sondern auch unheimlich - endlich haben die X-Akten" auch Deutschland erreicht, ruft sofort Scully und Mulder an, die Aliens sind gelandet. Und dann letzte Woche das: alles ein blödes Mißverständnis, entstanden aus einer Schlamperei heraus. Von wegen Phantom - Pustekuchen! Es waren mit DNA verunreinigte Wattestäbchen zum DNA-Abstrich an Tatorten. Das "ultimativ Böse" in Form einer Frau, dem "Phantom", gibt es nicht. Wieder wurden wir einer Illusion beraubt.

Und genausowenig wie das Phantom gibt es die Schulden der Banken, vom Prinzip her. Wir sind nicht in Zeiten der "Finanzkrise", sondern in Zeiten der "Phantomkrise" angekommen. Die Welt hat theoretisch erstellte Schulden, theoretisch gemachte Milliardäre, theoretisch verarmte Obdachlose. Nein halt! Das Elend der Obdachlosen ist recht real, die Villen, in denen die Milliardäre leben auch - aber die Krise der Banken? Wenn Banken Manager halten, die Millionen Boni im Jahr verdienen, wenn die gleichen Banken zigtausend Filialen ihr Eigen nennen und teure Hochhäuser errichten und halten können mit tausenden von mehr oder weniger nützlichen Angestellten - wo ist dann die Krise der Banken? Schön klingt sie, die Bankenkrise. Aber wenn ich eine Krise habe, müsste ich wohl oder übel meinen gesamten Besitz verkaufen. Nicht so die Banken, die "Phantome aus dem Wirtschafts-DNA-Labor". Für sie bleibt alles beim Alten, sie haben Geld, sehr viel Geld - natürlich nicht als Guthaben, sondern als Schulden. Theoretische Schulden. Theoretische Schulden, die wir praktisch ausbügeln dürfen. Denn theoretisch Schulden begleichen gibt es zwar, wird aber von den Göttern der Wirtschaft nicht anerkannt. Schulden machen ist ein theoretischer Akt - Schulden wieder ausgleichen ist praktischer, als uns allen lieb ist.

Die Botschaft des Jahres heißt wiedermal (welch Überraschung!): Konsumiert! Nicht vermehrt euch, ihr braucht nur zu konsumieren. Denn gleichzeitiges Vermehren würde wieder zu einer Umverteilung der Finanzen führen. Und wenn nicht Umverteilung, so noch schlimmer: zu mehr Armen und weniger Reichen Menschen. Und dann wäre die Gefahr viel zu groß, dass die größer werdene Masse der Armen der geringer werdenden Menge Reicher eines Tages in einer gewaltreichen Revolution die Köpfe abschlägt. Das natürlich aber nur rein theoretisch! Wir wollen doch schließlich nicht aktiv zur Gewalt aufrufen. Nur zum aktiven Konsum.

Ich wünsche allen eine schöne sonnige Restwoche!

LG Gene

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