Freitag, 28. Oktober 2011

"Nimm's leicht, nimm Dynamit!" - Nutzen und Schaden der Medienwelt, Kapitel 1

Die Wutzeiten sind immer noch in vollem Gange und Verdruss mischt sich in die Revolutionsstimmung der letzten Wochen. Man kann es einfach nicht mehr hören, die verzweifelten Rettungsversuche für das geeinte und "starke" Europa. Erst ist von 200 Milliarden Euro für den ESFS die Rede, dann von bis zu einer Billion und es wurde auch schon über 2 Billionen Euro spekuliert. Sprich: mit der Summe könnte Deutschland sich locker aus der Staatsverschuldungsfalle freikaufen, aber wenn man schon so schön im Schuldensumpf steckt, kann man sich doch noch ein wenig tiefer hineingraben. Aber lassen wir das! Die Reden zum Thema "Griechenland" sind in allen Variationen geschwungen worden, das Thema hat schon einen Bart länger als der von St. Nikolaus.

Aber worüber kann man eigentlich noch reden außer über den Zerfall Europas, die Pleite Griechenlands und die Hoffnungslosigkeit, die sich wie ein Virus auf die gesamte Welt auszubreiten droht? Beim Thema Geld bekommen wir schließlich alle so kollektiv Angst, dass es die Fernsehgeräte allumfassend beherrscht. Doch, wie der Titel dieser Blogausgabe schon sagt "Nimm's leicht, nimm Dynamit". Ich gebe zu, dieses Mal ist der Titel ein kompletter Ideenklau und bezieht sich auf den französischen Film des Jahres 1965 mit Superstar Lino Ventura. Und da deutsche Filmtitelübersetzungen immer den Hang zur Übertreibung haben (im Französischen heißt der Film wörtlich übersetzt "Ärgert uns nicht"), passt das doch zur Grundstimmung, die sich immer wieder in Deutschland breit macht. Nicht nur, wenn es um Griechenland geht. Nicht nur, wenn die Leute um ihren harten Euro kämpfen. Allgemein ist die Stimmung derzeit doch sehr "bombig" - womit alles gemeint ist außer super. Es kracht eher in allen Ecken und an allen Enden: der Krieg in Libyen, der jetzt vorläufig ein positives Ende genommen hat, das Erdbeben in der Türkei, das im Moment täglich die Opferzahlen in die Höhe steigen lässt... und die Flut im Norden Italiens. Hinzu noch eine Prise "Hungersnot in Ostafrika" und fertig ist der Katastrophenbrei.

Erstaunlich ist jedoch, wie sehr dieser Reigen an Katastrophen den gemeinen Westler lässt. Überraschen sollte es nicht, immerhin sind die Menschen im Westen gewiegt in der absoluten Sicherheit, aufgefangen in einem sozialen Netz mit der ständigen Gewissheit, genug von allem zu haben, was zum Überleben notwendig ist - oder (wie in den meisten Fällen) noch viel mehr. Erst, wenn es um die Eurokrise geht, gerät diese Einstellung zum Leben gewaltig ins Wanken. Dann sind die europäischen Bürger, die sonst in Watte gepackt sind in totaler finanzieller Sicherheit, von der Angst geplagt. Angst, den Reichtum und die Sicherheit zu verlieren. Befürchtungen von Obdachlosigkeit, Pleite und absoluter Armut wie in Dritte Welt Ländern verdichten sich im Kopf zu schweißtreibenden Albträumen. "Im Ende werden wir noch so arm wie die Afrikaner - wo kommen wir denn damit hin?" Womit wieder einmal bewiesen wäre: wenn das Leid einen anderen betrifft, können wir es weitaus besser tolerieren, als wenn es uns selbst betrifft.

Aber woran liegt das? Nun, man macht sich so seine Gedanken, vor allem darüber, wie wir überhaupt so weit kommen konnten. Liegt es am Geld? Teilweise, aber das erklärt nicht, warum uns das Negative inzwischen so kalt lässt. Sicher, wir streben nach Geld und Macht, das haben wir schon zu allen Zeiten getan, das Ausmaß hat sich zwar geändert und die Konditionen, wie wir wo aufsteigen können auch (zumindest bis zu einem gewissen Grad), aber das ist doch nicht der einzige Grund, warum man kaltherzig wird. Auch wenn die Charles Dickens Weihnachtsgeschichte uns etwas anderes erzählen will, Ebenezer Scrooge, der unbarmherzige, verknöcherte, reiche Mann, der nur ans Geld denkt und für die Menschen kein Gefühl übrig hat. Diese Geschichten gibt es zuhauf... und sie drehen sich bei Weitem nicht nur um Weihnachten. Unbestritten ist aber, das gerade zur Weihnachtszeit Geschichten über Menschlichkeit und Barmherzigkeit am Besten ankommen.

Sex kann auch nicht der Grund dafür sein, dass uns alle Anderen so am Hintern vorbeigehen. Fortpflanzung oder das Lustprinzip haben nur sehr wenig mit Gleichgültigkeit zu tun, auch wenn die eigene sexuelle Befriedigung teilweise auch ein sehr egoistisches Bedürfnis ist. Nur, wenn man es so sieht, ist auch das Leben an sich ein egoistisches Bedürfnis nach Erfahrungen, die gesammelt werden wollen und die eigene Entfaltung.
Wenn wir genau nachdenken, werden wir uns wohl einig sein, dass die heutige Gesellschaft die Menschen abgestumpft hat. Ob es nun an der Tatsache liegt, dass wir uns wie die Kakerlaken immer weiter ausbreiten, sei mal dahingestellt. Fakt ist nur, dass der Mensch gerne dazu neigt, immer kaltschnäuziger zu werden, sobald er in der Lage ist, zwischen immer mehr Varianten auswählen zu können. Bei Männern macht sich das besonders gut bemerkbar: je mehr Frauen sie zur Auswahl haben, die sich ihnen um den Hals wickeln wollen wie ein Fuchspelz, desto mehr sind sie vom Virus "Größenwahn" befallen. Aber das ist nicht der einzige Faktor, der uns zu dem macht, was wir anno 2011 sind.

Ständig lobhuselt sich die westliche Welt selbst, wie stolz sie darauf ist, dass der Großteil gebildet ist. Alle Menschen haben das Recht bzw. die Pflicht, in der Kindheit eine Schule zu besuchen. Und wenn ihnen das noch nicht reicht, können sie im Erwachsenenalter gleich weitermachen. Manche tun das sogar bis ins hohe Alter, studieren jahrzehntelang in der Hoffnung auf geistige Erleuchtung, allerdings auf die ganz unspirituelle Art. Wissen ist Macht und je mehr man weiß, desto mehr ist man. Zumindest ist das der (Irr-)Glaube, mit dem sich die Menschheit heute beschäftigt. Vorbilder für diese Theorie gibt es genug: wer möchte nicht die Intelligenz von Einstein besitzen oder in der Lage sein, wie Freud psychologisch wichtige und wertvolle Analysen zu erstellen. Allwissenheit ist ein Gut, dass viele Menschen anstreben, vielleicht auch (jetzt mal ganz unreligiös gesehen!), um Gott näherzukommen. Nicht im Sinne des Glaubens, es ist wohl eher das Machtgefühl, das den Menschen treibt. Wer wäre nicht gerne so kreativ, so einzigartig und allwissend wie "der Schöpfer" aller Dinge. Also eine weitere Variante von "Größenwahn"... oder etwa nicht? Nun, es ist ein wenig vermessen zu sein wollen wie Gott. Auf der anderen Seite sind wir alle ein Teil der Universalkraft, die gerne als "Gott" "Allah" oder wie auch immer bezeichnet wird und da ist es nur selbstverständlich, dass wir möglichst nahe an das Gesamtbild herankommen wollen, um es besser zu verstehen. Sprich ein Mensch, der allwissend sein möchte, möchte die Welt, seine Existenz und alle Spielvarianten des Lebens verstehen.

Also es liegt weder am Geld, noch am Sex oder der ständig weitergehenden Vervielfältigung der Menschheit. Mit dem Faktor "Allwissenheit" kommt man wohl dem Rätsel der "Gleichgültigkeit" am ehesten auf die Spur. Und genau diese Allwissenheit unterscheidet die Gesellschaft von heute von der 300 Jahre früher.

Wir besitzen mit all unserer Bildung plus der technischen Innovation den Schlüssel zur Allwissenheit. Nicht nur das vielgepriesene Internet, das es inzwischen seit 20 Jahren gibt, hat dazu beigetragen. Nein, schon das Radio und der Fernseher haben Schritt für Schritt dazu beigetragen, dass wir nicht in den Seilen hängen, voller Ungewissheit, was eigentlich passiert oder allgemein ohne jegliche Allgemeinbildung. Vorher mussten wir alles mühsam erlesen, riesige Buchschinken wälzen in der Hoffnung auf die eine Information, nach der wir schon ein Leben lang gesucht haben. Heute gibt es Gott sei Dank das Fernsehen und das Internet, die unwichtige Informationen aussieben und uns das präsentieren, was wir wirklich brauchen. Aber ist es wirklich so einfach? Die Tücke liegt dann wohl doch im Detail.

Das Fernsehen ist 60 Jahre nach der Einführung in Deutschland zu einer Allmacht geworden, wichtiger als jede Zeitung und (noch) wichtiger als das Internet. Nicht jeder besitzt schließlich einen Anschluss, aber einen Fernseher besitzt fast jeder. Er ist sogar derart wichtig, dass der Fernseher als Lebensgrundlage gilt und damit auch jeder Arbeitslose einen besitzen darf, sogar muss. Schließlich soll der Arbeitslose in der Lage sein, sich über das aktuelle Tagesgeschehen auf dem Laufenden zu halten. Außerdem ist der Fernseher auf Dauer billiger als ein Zeitungsabo.

Schön und gut, wir "brauchen" das Fernsehen. Aber warum eigentlich? Sind die Leute früher reihenweise gestorben, weil sie nicht wussten, was auf der anderen Seite der Erde geschieht? Jein, natürlich hilft das Fernsehen auch unter anderem durch Aufklärung, den Verbraucher (gerade in Fragen der Seuchenverbreitung) zu warnen und vorbeugend vor Krankheiten zu wirken. Gut, schützen und heilen muss sich jeder noch selbst, aber immerhin kann man dank Fernseher nicht sagen, man wäre nicht gewarnt worden vor der Gefährlichkeit des Lebens in der Außenwelt. Allein die Verbreitung des mutierten EHEC-Virus wäre wahrscheinlich ohne Aufklärung durch das Fernsehen wesentlich schlimmer verlaufen, schlichtweg weil die Informationsverbreitung über den Fernseher wesentlich schneller geht als über jede Tageszeitung, die erst in mühevoller Kleinarbeit geschrieben, gedruckt und dann über lange Transportwege verbreitet werden muss.

Doch wie bei allem im Leben hat alles zwei Seiten, wie jede Münze, sogar wie dieser Planet (auch wenn der nicht aus einer Scheibe besteht, wie wir doch inzwischen festgestellt haben!). Inzwischen ist das Fernsehen nicht mehr Heilsbringer, sonder auch das "Werkzeug des Teufels". Einige Menschen sagen, es wäre ratsam, so wenig Fernsehen wie möglich zu schauen, weil das Fernsehen verdummt. So ganz unrecht haben diese Leute nicht, auch wenn ich selbst zu den Menschen gehöre, die nie unter 2 Stunden Fernsehen am Tag schauen.
Jeder Deutsche schaut im Durchschnitt 201 Minuten in die Glotze pro Tag, also fast dreieinhalb Stunden. In die Bildung wird in dabei wohl weniger investiert als mehr in die Unterhaltung. Fernsehen gucken ist ja eine anstrengende Sache, man muss angestrengt in die Röhre gucken und auch noch zuhören, wie kann man da noch verlangen, dass man daraus was lernen und sich merken sollte? Nur so ist wohl der Zulauf beim Schrott-TV zu erklären. Die Meisten sagen "Schrott-TV der Privatsender", aber diese Einschätzung gilt schon lange nicht mehr, denn auch die Qualität der öffentlich-rechtlichen Sender hat stark nachgelassen.

Okay, Schuld sind daran wohl schon die Privaten, immerhin haben die den Trend zum absoluten Billig-TV gesetzt. Plus: das Volk hat diese Form der Unterhaltung dankbar angenommen. RTL ist der erfolgreichste Sender in Deutschland, das Programm gehört allerdings zu den "Programmen, die die Welt nicht braucht", zumindest 90% des Angebots. Wer sich das "Arbeitslosen-TV" am Vor- und frühen Nachmittag nur einmal angesehen hat, dem wird vor lauter schlechter Laiendarstellerei so schlecht, das man glatt auf Pornos umsteigen könnte. Die Darstellen spielen ähnlich schlecht, aber wenigstens passiert da noch was - bei Formaten à la "Mitten im Leben", "X-Diaries" oder "We are Family" kann sich einem der Magen nur noch umdrehen. Diese Form der "Unterhaltung" ist einfach nur quälend und bringt einem zu dem dumpfen Gefühl, danach noch unbefriedigter zu sein wie vorher - pragmatisch gesehen auch das genaue Gegenteil eines Pornos! Aber mal Scherz beiseite... wer hat sich diese Form von TV nur ausgedacht?

Die Frage ist einfach zu beantworten - und zwar nicht mit "denen da oben, die für's TV arbeiten". Es geht doch mehr darum, was wir als Zuschauer annehmen. Genug Formate, die ins Leben gerufen werden, werden dank schlechter Quote wieder eingestellt. Wenn man sich allerdings die Quote einer Sendung wie "Mitten im Leben" anguckt mit 2,5 bis 3 Millionen Zuschauer, da fragt man sich doch, wie solch eine Quote zustande kommen kann. Sicher, die Menschen werden gerne die Schuld auf Hartz IV-Empfänger schieben. Klar, alle Menschen, die Hartz IV empfangen sind eh doof und deswegen gucken die auch gerne TV-Formate, die an Dummheit nicht überboten werden können. Nur, wie erklärt man dann den Erfolg von Sendungen wie "Das Supertalent" oder "Deutschland sucht den Superstar"? Sendungen, die sich im Castingwahn alle gegenseitig erschlagen. Die Quote liegt im Durchschnitt zwischen 6 und 8 Millionen Zuschauern. Und genau da geht die Hartz IV-Rechnung nicht auf - so viele Arbeitslose gibt es gar nicht, wie es DSDS Zuschauer gibt.

Den propagandistischen Bock schießt wieder einmal RTL ab - statt sich mit einer guten Quote von 8 Millionen Zuschauern pro Woche für "Das Supertalent" zufrieden zu geben, wird einfach kurzerhand die Zuschauerzahl als Gesamtergebnis angegeben. Und damit sind wir inzwischen bei "50 Millionen Zuschauer" - da könnte man doch glatt behaupten, dass selbst Mao und Hitler wahnsinnig stolz auf RTL wären! Wenn das nur die einzige Lüge wäre, die RTL und andere Privatsender uns auftischen wollen, wäre es ja noch okay, jeder Mensch mit Verstand wird einsehen, dass Deutschland nicht so sehr im Supertalent-Fieber ist, dass über die Hälfte der Gesamtbevölkerung in diesem Land einheitlich am Samstagabend Dieter Bohlen's frisch gebügeltes Gesicht anhimmeln wollen. Trotzdem ist es unfassbar, wie unverschämt die Sender inzwischen mit der Verbreitung falscher Informationen sind. Heute erst war in den Nachrichten bei RTL von "Königin Katherine" die Rede, als es um die Ehefrau des Thronfolgers William ging - nun, die echte "Queen" Elisabeth wird sich wohl freuen, dass sie durch RTL mal kurz in Rente geschickt wurde.

Durch den Erfolg solcher TV-Formate und Schrottsender insgesamt verliert das Fernsehen mit einem Schlag seinen bildenden Charakter, denn die Menschen gucken mehrheitlich lieber Sendungen, die ihr Hirn nicht beanspruchen. "Wissen" wollen sie aber immer noch alles - nur nicht alles, was wichtig wäre. "Alles" wissen ist Ansichtssache - man kann viel wissen, aber ob man dadurch das Richtige weiß, steht wieder auf einem anderen Blatt. Zu wissen, wer in diesem Jahr Supertalent wird statt zu wissen, wer in der Regierung sitzt und damit die Geschicke aller lenkt, ist für viele erstrebenswert. Fraglich ist nur, ob mit solchen Informationen der Begriff "allwissend" wirklich gemeint ist. Okay, man muss nicht alle Politiker kennen, die reichlich Blödsinn beschließen und umsetzen. Aber den Namen des Supertalentes zu kennen ist für mich jetzt auch keine Info, die ich noch einmal fürs Leben brauchen werde. Es sei denn, man steht auf Smalltalk und braucht Gesprächsstoff - womit dann wohl wirklich 50 Millionen Menschen in diesem Land gemeint sein könnten. Ziemlich erschreckend, nicht wahr?

Spätestens in diesen Situationen sollte man es wirklich machen wie Lino Ventura: "Nimm's leicht, nimm Dynamit". Einmal mit dem Hammer in den Fernseher hineingeschlagen (Netzstecker vorher ziehen wäre günstig!) und die Sache mit der Informationsbeschaffung durch das Fernsehen wäre gegessen. Wirklich? Können wir überhaupt noch ohne Fernsehen, die Bequemlichkeit der Informationsbeschaffung und täglichen Berieselung immer dann, wenn uns richtig langweilig ist? Man muss ja nicht ganz ohne Fernsehen leben, so schlecht ist er dann doch nicht, der kleine (oder größere) schwarze Kasten im Wohnzimmer (oder gleich in jedem Raum unseres Zuhauses).

Ich sprach anfangs über die Ursachen der Gleichgültigkeit der Menschen gegenüber Katastrophen und derer, die dadurch in Mitleidenschaft gezogen werden. Das Fernsehen (so denke ich zumindest) hat viel zu dieser Einstellung beigetragen, immerhin sehen wir täglich so viel Schreckliches auf dieser Welt, dass wir nicht mehr in der Lage sind, das alles vernünftig zu kompensieren. In früheren Jahrhunderten war das anders: die Leute wussten nicht zwangsläufig alles über jeden, es gab zwar schon immer die Gerüchteküche, diese war allerdings nie so flächendeckend ausgeweitet wie heute dank Fernsehen und Internet. Und Schreckensszenarien haben sich auch in Grenzen gehalten; es war den Leuten bewusst, wenn sie in Kriegszeiten lebten, aber dieser Schrecken war weitaus realer und näher als der, den wir durch das Fernsehen erleben dürfen. Und wer alles gesehen und erlebt hat neigt oft dazu, dem Leben und seinen Mitmenschen gleichgültiger gegenüber zu stehen. Das Mitgefühl hält sich in Grenzen, sobald man selbst viel erlebt hat - und dank dem Fernsehen hat jeder von uns das Gefühl, wir hätten alles selbst miterlebt. Immer ganz nahe dran, live und in Farbe. Wie jeder Krieg, jede Naturkatastrophe, jeder Terroranschlag à la "9/11". Nicht betroffen, aber trotzdem Zeuge sein. Die wunderbare Welt der Mediengesellschaft.

Da dieses Thema (wie viele anderen) ausgeweitet werden muss, wird auch dieses Thema zu gegebener Zeit fortgesetzt. Vorläufig wünsche ich allen Lesern ein entspanntes Wochenende, typisch deutsch "Happy Halloween" und bis zum nächsten Freitag keinen Informationsüberfluss, der das Hirn zur Kapitulation zwingen könnte.

LG Gene :-)

PS: In Bezug auf den Blogeintrag von letzter Woche möchte ich noch einen Nachtrag zum Thema "Kinderarbeit zur Kakaogewinnung" machen. Da ich finde, dass dieser Dokumentarfilm viel mehr Zuschauer verdient, als er bis jetzt schon hatte, nehme ich mir die Freiheit und stelle den Link zum Film hier ein (youtube sei Dank!):

Schmutzige Schokolade

Freitag, 21. Oktober 2011

Satt durch Pappe und ertrunken im Restmüll - Supermarktkultur im 21. Jhd

In der letzten Woche hätte ich mich fast in Rage geschrieben. Nicht, dass dieses Thema jetzt viel spannender gewesen wäre als die anderen, die sonst behandelt werden.... aber ich hatte das Gefühl, wahnsinnig viel darüber sagen zu müssen. Also schlagen wir heute mal eine Brücke (und da alles in einem gewissen Fluss verläuft, eine Woche fließt in die nächste, dürfte das kein Problem sein!).

Nun, es ging um den Aufstand als Trend der nächsten Herbst-/Winterkollektion in Deutschland. Am Besten getragen mit Leggins und Pornohacken. Aber mal Spaß beiseite, diese Mode ist weder von gestern noch wird sie von Dauer sein. Denn auch das hat die Vergangenheit bewiesen: Aufstände gehen so schnell, wie sie gekommen sind. Wie ich schon andeutete, sobald die Superreichen dem aufständischen Volk ein paar Knochen entgegenwerfen, wird sich der Mob auch wieder beruhigen. Leider! Es wäre auch zu schön, wenn ein Volk wirklich mal so von diesem gewissen "Nerv" gezwickt würde, dass es nicht einfach so Ruhe gibt. Tod oder Erfolg - das sollte der Erfolg sein. Vielleicht sind die Menschen aber genau deshalb so "erfolgreich", wenn sie in erster Linie "maulfaul", in zweiter Linie "männlich" und in dritter Linie "stronzdoof" sind: es ist einfach die bequemere Variante. Denn wer sich einmal so richtig die Schnauze verbrannt hat, wenn er gleiche geöffnet hat, der weiß wie gut es ist, einfach mal die Klappe zu halten.

Die Motivation "Diktatur" ist natürlich ein guter Nährboden, nach einigen Jahrzehnten aufzustehen und zu sagen "So nicht!". Wie es jetzt auch seit 7 Monaten in Libyen geschieht. Und siehe da, Gaddafi ist tot, erschossen und das so öffentlich wie es nur geht, mit ihm zwei seiner Söhne... eigentlich doch alles in Butter, oder? Es ist zu hoffen, auch wenn ich noch sehr skeptisch bin, dass Libyen jetzt zur "Musterdemokratie" mutiert. Nur, weil ein Machthaber die Bühne endgültig verlassen hat heißt das noch lange nicht, dass wir alle jetzt beruhigt aufatmen können. Immerhin ist ein Machtposten zu besetzen (oder auch mehrere, wie es in Demokratien so üblich ist) und das Gerangel um Macht ist der Tod einer jeden guten Demokratie. Demokratie kann auch unter Machtgerangel bestehen, aber ob diese Demokratie dann noch wirklich zu den qualitativ guten zählt, bleibt anzuzweifeln. Sogar an unserer eigenen Nation können wir dieses Phänomen immer mal wieder beobachten: sobald das Machtgerangel zwischen Regierung und Opposition losgeht, stehen die Motoren für das "Volk da unten" still.

In den letzten Wochen gab es dann auch einige Diskussionen, so ganz abseits vom Euro-Rettungsschirm (den eigentlich kein Deutscher wirklich befürwortet... doch was tut man nicht alles, um den Euro am Leben zu halten?) und es ging ums Essen. Logik der menschlichen Rasse: wenn es nicht ums Geld oder Sex geht, reden wir einfach über das Essen. Die Sorge ist groß, speziell seit die Dokumentation von Valentin Thun "Taste the Waste" auf den Markt gekommen ist. Seitdem reden alle aufgeregt durcheinander, von Verbraucherministerin Aigner über sämtliche TV-Moderatoren, die den besorgten Konsumenten geben und ein paar Mülltaucher kommen auch noch zu Wort. Neben dem Schock, nachdem ich die Bilder aus Thun's Film das erste Mal vor sechs Wochen im Fernsehen gesehen habe, kam spätestens bei dem Überschwang all der Diskussionen in mir eine Frage auf: Sind die Menschen wirklich so naiv oder tun sie nur so?

Mal ehrlich: hat sich noch nie einer gefragt, woher das ganze Essen kommt, das wir täglich in unseren Supermärkten, Imbissen, Restaurants etc. vorfinden? Vor allem aber: sind die Leute wirklich so unbedarft zu glauben, dass alles, was in den Supermärkten zu finden ist, wirklich am Ende eines jeden Tages ausverkauft sein könnte? Das war vielleicht mal vor 40 Jahren der Fall, als es noch "Tante-Emma-Läden" gab, aber in dieser Entwicklung, wo alles in mindestens 20facher Ausführung in den Regalen stehen muss, haben wir doch gar nicht mehr die Chance alle Lebensmittel zu verbrauchen. Natürlich könnte jeder Bürger versuchen, so viel zu fressen, wie er kann ohne zu kotzen (und viele Menschen probieren das auch, Tag für Tag), nur selbst dann würden nicht alle Lebensmittel aufgebraucht, die hergestellt werden.

Die Bilder aus dem Film sind nicht nur traurig, weil Rohstoffe wild verballert werden sondern haben eine viel dramatischere Bedeutung, wenn man über seinen eigenen (halb leeren) Tellerrand guckt. Auf diesem Planeten gibt es über eine Milliarde Menschen (immerhin jeder 7., wenn man sich die Gesamtbevölkerung ansieht), die unter Hunger leiden. Auf der anderen Seite gibt es aber über 300 Millionen Menschen, die krankhaft fettleibig sind. Das ist so, als würde man behaupten, sämtliche Einwohner der United States of America wären krankhaft fettleibig. Und ja, obwohl man ihnen das anhand ihrer "Supersize"-Mentalität gerne unterstellen würde und viele Fettleibige in den USA leben, sind sie nicht die einzigen, die unter dem Fettleibigkeitsproblem leiden.

Neben den USA und Deutschland, das inzwischen zum "übergewichtigsten Land Europas" zählt, werden die Fettleibigkeitsprobleme auch in den Superwirtschaftsnationen wie China oder Indien immer größer. Es ist logisch: wo viel Geld ist, gibt es auch viel Spielraum, das Geld auszugeben. Und meistens sind Menschen, die nicht 18 Stunden am Tag arbeiten müssen, so gelangweilt, dass sie ihre Zeit irgendwie totschlagen müssen. Was gibt es da Besseres als ein schönes Essen (oder zwei oder drei)? Frei nach dem Motto "Je mehr er hat, je mehr er will" wird dann nicht nur immer mehr Geld verdient, es wird auch oft in immer mehr, immer besseres und immer variantenreicheres Essen umgesetzt. So, wie es bei uns in Deutschland auch der Fall ist - wer möchte schließlich schon immer das Gleiche essen? Aber Halt! Die Bemerkung stimmt so nicht ganz, wenn man es recht bedenkt. Dazu allerdings später mehr.

Nun gibt es die Nationen, die überaus viel zu essen haben (und davon auch kräftig Gebrauch machen), Länder, in denen Einzelkinder zu kleinen Fleischbergen zwangs- oder lusternährt werden. Während junge Mädchen in Mauretanien im jüngsten Kinderalter wie Schlachtvieh gemästet werden, weil das zum Schönheitsideal gehört und sie nur so an wohlhabende Männer verheiratet werden können, die so alt sind wie ihre Großväter gibt es auch im China unter der Ein-Kind-Politik immer mehr dicke Kinder. Diese werden (weil es möglich ist) mit sämtlichem Industriefraß und übersüßen Getränken zur einer Generation Chinesen, die so gar nichts mehr mit ihren überschlanken und zierlichen Vorfahren gemeinsam haben.
Auf der anderen Seite gibt es Nationen, die in bitterer Armut leben. Nicht nur die Krisengebiete in Ostafrika sind dabei zu erwähnen, auch Haiti, das immer noch zu den ärmsten Nationen dieser Erde zählt, ist krisengeschüttelt (und das nicht erst seit dem Erdbeben im Jahr 2010). Im Land, wo statt Milch und Honig verschmutztes, verkeimtes Wasser fließt leben die Ärmsten unter den Armen von Lehmfladen, bestehend aus Dreck, der auf der Straße abgeschöpft, mit Wasser angerührt und unter der Sonne getrocknet wird. Brot? Fehlanzeige! Diese Menschen essen Müll, damit sie ihren Hunger nicht mehr spüren - und nicht wenige von ihnen verlieren dabei ihr Leben. Und so sehr die gesamte westliche Welt erschüttert war von dem Erdbeben im Januar 2010, bei dem Großteile des Landes zerstört wurden, es ist wie bei den Aufständen der letzten Zeit: man gewöhnt sich an jeden Zustand und beginnt, mit der Zeit alles zu akzeptieren, was um einen herum geschieht. Haiti war schon vor dem Erdbeben arm und es ist so unerträglich, die Menschen zu sehen, wie sie verhungern, da wird diese Tatsache einfach verdrängt. Ein paar Euro gespendet (wenn überhaupt!) und die Sache ist erledigt. Natürlich, ein Mensch kann im fernen Deutschland sehr wenig für die Menschen in Hungerregionen tun. Und trotzdem könnte er die Welt verändern, wenn er mal ausnahmsweise nicht sein Gehirn vom Stromkreislauf ausklinken würde.

Die Geschichte der Massenproduktion ist eine mit vielen Missverständnissen (das hat sie wohl schon mit der vom Tampon gemein!). Es geht bei der Massenproduktion nicht nur einfach darum, möglichst viel Ware zu einem möglichst günstigen Preis herzustellen, der Profit muss schließlich auch stimmen. Aber wie kann der Profit optimal sein, wenn man ein Produkt billig verkauft? Nur an der Menge, die man herstellt, kann es nicht liegen. Aber die EU hat sich da etwas Cleveres einfallen lassen für alle Landwirte, die in Massen ihre Produkte herstellen: die Subvention! Wer viel herstellt, bekommt entsprechend auch hohe Subventionen. Ein Milchbauer, der die Euter seiner Kühe bis zum letzten Tropfen aussaugt bekommt mehr als einer, der auf kleiner Bauer mit zwei Kühen macht, die er am Besten noch von Hand melkt. Nun, der Vergleich ist ein wenig übertrieben, festhalten muss man an der Sache nur eins: Bauern in der EU werden subventioniert, überall da, wo sie sonst nicht "überleben könnten" (=wo sie nicht im Wohlstand leben könnten). Das entscheidende Problem: wenn sehr viele Bauern noch mehr Milch von ihren Kühen abpumpen, muss das Zeug ja irgendwo hin. Doch auch hierfür wurde mit den Jahren die ideale Lösung gefunden, eine Lösung, die wesentlich besser ist, als das Zeug in den Ausguss zu kippen: als Milchpulver schicken wir die Milch nun nach Afrika. "Super Sache!", möchte der naive Verbraucher nun sagen, "immerhin gibt es in Afrika so viele arme, hungernde Menschen, da ist die Milch doch super aufgehoben!". Da aber diese Geschichte eine Geschichte voller Missverständnisse ist, gehört auch dieser Irrglaube dazu. Milchpulver, das nach Afrika geschickt wird, zerstört die Existenzgrundlage der dort ansässigen Bauern. Die können dann nämlich ihre Milch den Ausguss runterkippen, weil sie kein Mensch mehr kauft. Denn afrikanische Milch ist wesentlich teurer als billiges, subventioniertes Milchpulver aus Deutschland.
Ähnlich geht es auch mit Fleischprodukten, bei denen die Überreste nach Afrika geschickt werden. Die afrikanischen Hühner sterben dann zwar immer noch den Tod durch den Schlachter, nur verkaufen lassen sie sich nicht mehr sonderlich gut.
Weiteres Beispiel aus der Horrorecke gefällig? Schokolade. Selbst die ist Schuld, dass in Afrika Menschen in überstarkem Maße ausgebeutet werden. Über 50% des Kakaos, der für die Produktion der Supermarktschokolade à la Ferrero und Nestle gewonnen wird, stammt von der Elfenbeinküste. Und dort gibt es ein Übermaß an Kinderarbeit, die per Menschenhandel oder unter Vortäuschung falscher Tatsachen aus ihren Heimatländern entführt oder gelockt werden und auf den Kakaofarmen den Kakao in 15 Stunden Schichten täglich heranschaffen müssen, den wir hier in Deutschland so genüsslich vor dem Fernseher verzehren. Na dann: bon appetit!

Wer also glaubt, das Problem, das durch den Film "Taste the Waste" aufgedeckt wird, liegt nur in unseren Supermärkten, täuscht sich gewaltig. Die Problematik ist eine viel größere; es geht nicht nur um zuviele Lebensmittel in zu vielen Supermärkten, die schlussendlich einer viel zu kleinen Anzahl an Konsumenten zur Verfügung stehen. Die Probleme fangen in der Produktionswut unseres Landes an - Deutschland, oh schön fleißiges Vaterland. So produktiv einerseits, so zerstörerisch auf der anderen.

Die Überlegungen können weitreichend sein, warum so viel produziert wird. Es kann über den Industriefraß spekuliert werden, der täglich millionenfach in Fabriken produziert wird (und der zweifelsohne auch für die Überproduktion an Rohstoffen Schuld ist). Oder man denkt noch weiter: allein die Kühe, die auf diesem Planeten in Massentierhaltung existieren, um die Menschen mit "unser täglich Steak" zu versorgen, verursachen durch Wiederkäuen und Methanausstöße mehr CO2 als alle Autos auf diesem Planeten. So wurde es zumindest einmal in einer Dokumentation dargestellt, weswegen schon fieberhaft an der Erfindung von "synthetisch hergestelltem Fleisch" gebastelt wird. "Der Umwelt zuliebe!" sozusagen. Doch auf Fleisch verzichten für den Erhalt des Planeten? Da verlangen die Vegetarier und Veganer auf diesem Planeten doch wieder ein bisschen viel, oder?

Ehrlich, es macht mich nachdenklich, das Übermaß an Angebot, dass bei Menschen zwangsläufig zu einem Super-GAU im Kopf führen muss. In den TV-Diskussionen werden TV-Köche wie Sarah Wiener nicht müde zu betonen, wie wichtig Biokost ist und selbst, frisch und gesund zu kochen. Wenn man sich dann allerdings die Regale im Supermarkt anguckt, könnte man sogar verstehen, warum die Menschen immer und immer wieder zur TK-Pizza greifen, statt sich selbst eine frisch zuzubereiten (auch wenn ich persönlich den Griff zur Fertigkost nicht nachvollziehen kann!).
Wenn wir ein Angebot gemacht bekommen, das uns unser Leben erleichtert, nehmen wir das doch gerne an. So geht es mit dem Auto als Fortbewegungsmittel, statt zu Fuß zu gehen oder mit technischen Hilfsmitteln des Lebens wie einem Mobiltelefon oder dem Computer, die angenehmer zu benutzen sind, als einen Brief von Hand zu schreiben und ihn unter Arbeits- und Zeitaufwand herzustellen und zu verschicken. Ähnlich geht es uns auch mit dem Essen und Trinken. Warum stundenlang selbst in der Küche stehen und kochen, wenn man sich ein Fertiggericht geben kann? So sehr die TV-Köche den Mythos auch aufrecht erhalten wollen, es stimmt nicht, dass manche Gerichte schneller zubereitet sind als ein Fertiggericht - zumindest nicht für einen Ungeübten.

Die Industrie hat uns damit über Jahrzehnte Schritt für Schritt immer mehr manipuliert. Vielleicht ist bei einigen das Kochen mehrfach nicht gelungen, andere haben es nie ausprobiert. Die Meisten sagen schlicht und einfach "Für's Kochen habe ich keine Zeit!", was im Ende der gleiche Mythos ist wie der vom selbstgekochten Blitzgericht. Alles ist eine Sache der Interpretation, denn was bedeutet es schließlich, "keine Zeit zu haben"? Heißt das wirklich, dass man 16 Stunden im Bergwerk arbeitet und totmüde ins Bett fällt, weil man nicht mehr kann oder schlichtweg, dass man keine Zeit haben WILL, weil es so viel wichtiger ist, stundenlang auf der Couch zu sitzen und sich zu Tode zu langweilen (das dann natürlich mit Industriekartoffelchips, künstlich hergestellter Limonade und Schokolade aus Kinderarbeitsproduktion). In diesen Moment darf ein gesunder Menschenverstand schon das Verhalten der Majorität dieses (und weiterer Wohlstandsländer) anzweifeln.

In einem haben die TV-Köche ausnahmsweise Recht: Kochen ist nicht schwer! Vor allem aber muss man über sich und über das, was man isst, genau nachdenken. Und das ist wohl der Unterschied zu denen, die sich blind jedes Essen in den Mund schieben, ganz ohne darauf zu achten, welche Inhaltsstoffe es enthält oder wie viele Krankheitserreger sich auf dem Essen befinden könnten. Nun, die EHEC-Panik in diesem Jahr entstand aufgrund von rohen Sprossen, einem frischen Lebensmittel, was natürlich die Liebe zum abgepackten Dosenfutter noch verstärkt haben dürfte. Der Irrsinn liegt jedoch eigentlich nur in der Überproduktion: wenn Rohstoffe nicht im Übermaß produziert werden, damit sie für den Verkauf in Form von Frischware UND in Industriefraß verarbeitet angeboten werden können, können auch viel weniger Krankheitserreger durch Unachtsamkeit entstehen. Und sinnloses Vernichten von Gurken, die einwandfrei sind, wäre in diesem Fall auch unnötig.

Die Panik der Menschen vor dem Tod durch das Essen ist so stark geworden, dass sie schizophren geworden sind bei dem, was sie sich täglich so in ihren Mund schieben. Es muss alles in großer Menge und Vielfalt vorhanden sein, aber Gott bewahre, es darf nicht aus dem Treibhaus oder aus Massenproduktion stammen oder mit Medikamenten und Pestiziden verseucht sein. Der Traum vom biologisch wertvollen und einwandfreien Essen, er wird in der Großstadt zwischen abgasverseuchter Luft und technischem Irrsinn weitergeträumt. Wenn Gegensätze entstehen, dann aber richtig und auf die extreme Tour. Also entweder ich kriege mein Futter so, wie es noch vor Jahrhunderten angebaut wurde oder ich nehme die sterile Astronautennahrung aus der Dose oder dem TK-Regal. Ist das wirklich logisch?

Natürlich ist es schwierig, in dem Wust von Lebensmitteln und Möglichkeiten der Nahrungsaufnahme weise zu entscheiden, was und vor allem wieviel man essen sollte. Doch der spastische Krampf im Kopf beginnt genau da, in der Annahme, dass es so schwierig ist sein Essen vernünftig zu wählen. Eigentlich ist es ganz einfach, wenn man sich ein wenig mit der Nahrung auseinandersetzt und weiß, wie die Industrie mit Manipulation und Schönreden von "Verdauungsjoghurts" oder anderem multifunktionalem Essen den Verbraucher manipuliert. Außerdem das Wissen im Hinterkopf, dass der menschliche Körper gar nicht viel braucht zum Überleben und zu einem langen, glücklichen Leben, außer dem, was die Natur so hergibt. Nein, ich rede jetzt nicht davon, vegan zu werden, obwohl das nicht die lächerlichste Idee auf diesem Planeten ist. Fleisch essen ist okay, eigentlich ist alles okay, wenn man sich bewusst wird, WIE Lebensmittel hergestellt werden und OB man das Eine oder Andere aus der Dose wirklich für sein Leben braucht. Klar gibt es auch Dinge, die wir einfach so zum Spaß essen. Die Hoffnung meinerseits liegt nur darin, dass es der Mehrheit der Menschen ab und zu auch mal um Ernsthaftigkeit geht, nicht nur um Spaß.

Vielleicht werden dann nicht Lebensmittel im Wert von 300 Euro von jedem einzelnen Bürger Deutschlands im Müll wandern. Und von da ist es nur ein sehr kleiner Schritt zur Rettung der hungernden Nationen dieser Welt.

Es könnte noch so viel mehr zu diesem Thema gesagt werden, gerade im Hinblick auf Somalia. Aber da wir in einem Fluss leben, in dem eine Woche in die nächste übergeht, wird auch das alles noch besprochen. Bis dahin wünsche ich allen Lesern ein schönes Wochenende und bis zum nächsten Freitag!

LG Gene :-)

Freitag, 14. Oktober 2011

Hirnamputiert + Mundfaul : Schwanzgesteuert = Erfolgreich?!

Mitten im Herbst fängt man an, sie zu spüren, die Müdigkeit, weil langsam alles vom hitzigen Sommer zurückfährt in den kalten Winter, in dem die Welt (zumindest nördlich des Äquators) gemütlich wird: die Natur schläft weitestgehend und wir Menschen geben uns hemmungslos der Zeit der Feiertage und damit der Völlerei hin. Aber soweit sind wir noch längst nicht, wir befinden uns gerade in der Bremsphase, der relativ unangenehme Teil dieser Bewegung: wir spüren, der Sommer ist vorbei, ein paar Tage noch voll Sonnenschein, aber es ist teilweise erbarmungslos kalt. Ein wenig orientierungslos sind wir morgens, wenn wir in den Kleiderschrank greifen, denn man weiß nicht, ob die Temperaturen des Tages nochmals angenehm warm werden oder ob die Kälte uns endgültig in den Zangengriff nimmt. Aber es sind nicht nur die körperlichen Erscheinungen, die uns aufzeigen, dass wir uns im Herbst befinden. Es wirkt oft, als würde unser Kopf langsam aber sicher auch zum Stillstand kommen.... natürlich nicht vollends, aber der Wechsel von warm auf kalt macht uns in allen Punkten zu schaffen, die Kälte kriecht uns nicht nur unter die Haut, der Gefrierbrand erreicht dabei manch ein Hirn und legt es lahm.

So oder so ähnlich geht es aber auch so ganz ohne Jahreszeitenwechsel. Gefrierbrand im Hirn ist eigentlich ein Phänomen, das viele Menschen unserer Gesellschaft zu betreffen scheint. Selten waren wir so hemmungslos dumm und unselbstständig wie heute. Okay, die Feststellung ist nichts Neues, weder allgemein, noch in diesem Blog. Aber: man kann es einfach nicht oft genug sagen, weil die Erkenntnis so erschreckend ist! Und wer weiß, vielleicht wachen ein paar Menschen allein dadurch, dass man es erwähnt, aus diesem Zustand der Lethargie wieder auf.

Seit etwa zwei Wochen scheint es nun, als würden die Menschen tatsächlich aufwachen. Gut, Demonstrationen gab es in diesem Jahr reichlich, der "arabische Revolutionsfrühling", der für die Demokratie in einzelnen Staaten kämpfte, ist wohl ein gutes Beispiel. Die Zerstörungswut bei den Demonstrationen in London im Sommer gehören wohl dagegen zu den Negativbeispielen. Und die Demonstrationen in Griechenland, bei denen es darum geht, nicht von seinem finanziellen Egotrip runterzukommen? Wohl eher zu den absoluten Tiefpunkten. Aber: Demonstrationen sind gut, in jedem Fall! Und warum? Weil wir das Recht auf Demonstrationen haben - zugegebenermaßen nicht in jedem Land. Aber in verdammt vielen demokratischen Ländern ist es unser Recht, eigentlich sogar unsere Pflicht, unsere Meinung zu sagen. Schließlich (das haben die vergangenen Dekaden gezeigt!) nutzt es herzlich wenig, alle vier Jahre das Kreuzchen an der vermeintlich richtigen Stelle zu machen. Die Feststellung, dass Politiker nach der Wahl sowieso das machen, was sie wollen, ist nicht gerade neu. Und trotzdem ist es erstaunlich, wie maulfaul die Menschen waren; es wurden Beschlüsse hingenommen, Einzelne haben sich auf Kosten von Vielen bereichert und immer wurde in der Mehrheit der Bevölkerung geschwiegen.

Es ist nicht so, als hätte die Bevölkerung nicht regelmäßig gemeckert. Natürlich sagen wir unsere Meinung, zu jedem Thema und die Meisten stützen sich dabei auf die Schlagzeilenwucht der BILD-Zeitung. Ob das jetzt nun sonderlich aussagekräftig ist oder nicht, sei mal dahingestellt. Aber immerhin, die Menschen haben eine Meinung (gebildet durch BILD). Nur wirklich was daraus gemacht haben die Leute nicht. Es wurde gemeckert, ein Tag, vielleicht zwei, dann gab es wieder wichtigere Dinge, über die man sich aufregen konnte. Ein wenig mehr Widerstand (außer in diesem Jahr) gab es wohl nur einmal in den vergangenen Jahren: bei der Reform des Arbeitslosengeldes. Damals (als die königliche Hohheit Hartz IV geboren wurde) gingen die Leute auf die Straße und das wöchentlich. Sie schworen sich, den Protest nicht niederzulegen, bis die Reform gestoppt und damit Hartz IV vor der Geburt abgetrieben wurde. Wie die Geschichte endete wissen wir alle: Hartz IV gibt es heute noch und die Demos verebbten etwa einen Monat nach Einführung.

Vielleicht waren die Demonstranten damals nicht willensstark genug, das Durchhaltevermögen hat gefehlt - oder es war einfach bequemer, seinen Hintern direkt auf der Couch zu lassen und im Schrottprogramm von RTL, Sat. 1 und Co. rumzuzappen. Die Gründe können vielfältig sein, wahrscheinlich ist aber einfach, dass sie es Leid wahren, wie Don Quichotte gegen Windmühlen anzukämpfen. Denn Politiker (wie wir wissen!) sind nicht mehr wirklich auf der Seite des Volkes, sobald sie gewählt sind. Sie sind nicht komplett gegen das Volk, aber sie sind auch nicht die Rächer und Gerechtigkeitsvertreter des "kleinen Mannes", sobald sie an der Macht sind. Denn es ist viel zu verführerisch, mit den großen Bossen aus sämtlichen Wirtschaftsbereichen zu kooperieren. Nicht nur verführerisch, es ist auch erschreckend einfach und viel gesünder für die Politiker - denn Widerstand gegen finanziell Übermächtige bedeutet der sichere Tod eines jeden Politikers. Und wer will schon vorzeitig aus dem Leben scheiden (und wenn's nur das politische ist)?

Wie ich schon in meinem Blogeintrag vor zwei Wochen "Politische Lügen und krumme Bananen" angedeutet habe, kann man den Politikern das Lügen nicht wirklich zum Vorwurf machen, immerhin lügen wir uns alle kräftig in die Tasche... und das täglich und ein Leben lang! Am Meisten lügen wir uns jedoch in die Tasche, wenn wir denken, dass unser Job erledigt ist, wenn wir Volksvertreter wählen, die dann irgendwie das Kind schaukeln werden. Wenn wir kein Interesse an unserer Gesellschaft haben, warum sollten Politiker dann Interesse daran zeigen? Weil sie damit ihr Geld verdienen? Oh Bitte! Wer zeigt denn schon wirklich Interesse an dem Job, durch den er sein Geld verdient? Wir sind in erster Linie von dem Gedanken getrieben, durch die Arbeit einen sicheren Lebensunterhalt zu erlangen, alles Andere folgt dann auf den Plätzen. Und gerade jetzt scheint es, dass der berühmte "Groschen" gefallen ist bei der Bevölkerung, gerade WEIL es um unser aller liebstes Kind, das Geld, geht.

"Occupy Wall Street" ist das Schlagwort der letzten zwei Wochen. Ausgerechnet die Amis, die in den letzten Jahren nichts mehr wirklich gebacken bekommen haben, sind auf dem Vormarsch. Die arme Bevölkerung der Vereinigten Staaten von Amerika steht auf und tritt der Bevölkerungsschicht der Reichen und Superreichen in deren schlaffe Hintern. Hohe Arbeitslosigkeit, soziale Ungerechtigkeiten, Unsicherheiten in den Sozialversicherungen und eine gerade noch abgewendete Staatspleite, die beinahe das ganze Land lahmgelegt hätte, haben dann wohl doch gereicht, um den Gefrierbrand im Gehirn der Amerikaner zu vertreiben. Nach arabischen Vorbild demonstrieren die Bürger gegen das, was sie am Meisten stört. In den arabischen Staaten waren es Diktaturen, in den USA ist es dann doch wieder mal das schnöde Geld.

Und das zeigte erstaunlich schnell Wirkung - zumindest sprach es sich schnell rum. Wenn Tausende sich zusammentun, aufstehen und gegen einen Missstand protestieren, ist die ganze Welt Zeuge und stimmt einhellig zu: "Richtig so!". Aber man darf sich immer wieder fragen, wieso solche Entwicklungen immer erst so furchtbar spät stattfinden? Warum dauerte es in Ägypten, Libyen und Tunesien Jahrzehnte, bis die Menschen ein Ende der Dikaturen forderten? Und wieso stört es die Amerikaner, nach all den Jahrzehnten dekadenter Überflussgesellschaft, erst jetzt, wie reich und überaus arrogant die Oberschicht durch die Welt läuft?

Die U.S. of A. galten immer als DAS Traumland schlechthin, das "Land der unbegrenzten Möglichkeiten", in dem man "vom Tellerwäscher zum Millionär" werden kann. Soviel zur Theorie. Und in manchem Fall hat das sogar gestimmt. Aber bis auf die Ausnahmefälle war es das auch schon! Der Großteil der Bevölkerung kommt in den letzten Jahrzehnten immer schlechter über die Runden, Zweit- und Drittjobs sind keine Seltenheit in dem unbegrenzt unmöglichen Land. Von sicheren Sozialleistungen wie hier in Deutschland kann ein Amerikaner nur träumen - wenn er arbeitslos wird, landet er nach einem Jahr auf der Straße. Hartz IV auf Lebenszeit? Pustekuchen! Menschen werden in den USA nicht auf Lebenszeit künstlich am Leben gehalten - immerhin leben die im Kapitalismus. Und europäische Staaten? Die sind in den Augen der Superreichen der USA eh sozialistische (wenn nicht gar kommunistische) Weicheier. Liberalismus? Unnötig, nur der harte Dollar zählt! Doch die Menschen der USA (die "99%", die nicht zu den Superreichen gehören) haben kapiert, dass sie wohl nie zu der 1%-Elite gehören werden und sind es dann doch mal leid, immer zuzugucken, wenn es um die Verteilung des Kuchens geht, bei dem für sie nur Krümel übrig bleiben.

Trotz allem bleibe ich skeptisch - auch wenn jetzt nach den USA nun auch Deutschland nachziehen will (mit "Occupy Frankfurt"... wie originell!) frage ich mich, ob die Entwicklung, die in diesem Jahr geschieht, wirklich ausreicht. Lassen sich durch ein paar Aufstände und Demonstrationen verkrustete Strukturen, die jahrzehntelang akzeptiert wurden, aufbrechen und beseitigen? Kann man über die Demonstration ein neues System schaffen? Zur Zeit der Französischen Revolution (1789-1799) hieß es irgendwann einfach "Köpft die Reichen!" im Kampf gegen die Ungerechtigkeit zwischen den hungernden Armen und überprivilegierten Reichen. Richtig war diese Entwicklung - aber was hat sich seitdem geändert? Sind wir überhaupt noch in der Lage, Recht von Unrecht wirklich zu unterscheiden - oder kennen wir das Unrecht nur, wenn wir gerade knietief drinstecken?

Wenn man sich im eigenen Leben umsieht, sehen wir das, was die Anderen betrifft, nur sehr selten. Und Mitgefühl empfinden wir grundsätzlich nur für diejenigen, die uns nahestehen. Es wäre auch reichlich viel verlangt, für jeden Mitmenschen Mitgefühl zu empfinden, denn das würde uns emotional zu sehr auslaugen. Trotzdem sorgt unsere Sparsamkeit bei den Gefühlen dafür, dass wir emotional ähnlich verkrüppeln. In ständiger Angst, dass uns etwas passieren könnte, dass wir in Not geraten könnten, beruhigen wir uns tagtäglich, dass es Gott sei Dank die Anderen getroffen hat. Sei es mit Naturkatastrophen, Terroranschlägen, Hungerskatastrophen oder einfach finanzieller Pleite. Solange wir noch genug Geld auf unserem Konto haben, interessiert es uns herzlich wenig, wie es dem Nachbarn geht. Und selbst wenn wir in einer finanziellen Notlage sind, führt das in der heutigen Zeit statt für gegenseitiges Verständnis nur zu der Frage: "Wie komme ich möglichst schnell wieder aus der misslichen Lage heraus?". So ähnlich geht es zur Zeit in Griechenland zu, die bis zur Stirn im Schuldensumpf stecken. Nun wurde in dieser Woche in den 17 Mitgliedsstaaten der EU über die Erweiterung des Rettungsschirmes abgestimmt und eins der ärmsten Länder dieser Abstimmung, Slowenien, tat sich (mehr oder weniger) erstaunlich schwer mit der Entscheidung. Es ist klar, wenn man selbst in der Bevölkerung über weit weniger Geld verfügt wie die Bürger Griechenlands sieht man es nicht gerne, wenn man denen aus der Patsche helfen soll und selbst weiterhin in der Armut steckenbleibt.

In Umfragen auf der Straße dazu befragt sagten die Griechen zur Situation Sloweniens nur einhellig: "Interessiert mich nicht! Die Belange Griechenlands interessieren mich... was in anderen Ländern ab geht, kann mir relativ egal sein!" Bravo, Griechenland! Wenn wir doch nur alle so denken würden - dann wärt ihr längst pleite und wir hätten unsere Ruhe!

So einfach ist es leider nicht, auch wenn man gerne so handeln würde bei so viel Arroganz gepaart mit noch mehr Dummheit. Leider hängt von der Rettung oder endgültigen Pleite Griechenlands das Schicksal aller anderen EU-Staaten ab. Und mal ehrlich: würden wir Deutschen nicht genauso denken wie die Griechen, wenn wir in der gleichen Situation wären? Die Deutschen sind bekannt für ihre Gleichgültigkeit, sowohl untereinander als auch anderen Ländern gegenüber. Es geht um den bestmöglichen Vorteil. Das bewies unser aller "Angel"(a) Merkel diese Woche bei ihrer Reise in die Mongolei. Warum zur Hölle fährt die Frau in die Mongolei? Richtig - weil es dort wertvolle Rohstoffe gibt, die wichtig sind und die wir alle dringend brauchen... für unseren dritten Laptop oder unser siebtes Mobiltelefon. Denn die Mongolei ist im Besitz der Rohstoffe, die wir in Afrika schon fast ausgebeutet haben - und da diese nicht auf Bäumen wachsen, ist es doch praktisch, dass es noch andere Orte auf diesem Planeten gibt, wo man sich solche "Goodies" besorgen kann! Und der Endverbraucher (=wir)? Denken wir überhaupt noch nach, was passiert, damit wir all die Güter besitzen können, die wir besitzen? Haben wir überhaupt einen Plan, wie viele Opfer die Raffgiergesellschaft Deutschland (oder USA oder weiß der Kuckuck welcher Wohlstandsstaat) fordert?

Wenn man den Deutschen (oder dem westlichen Wohlstandsbürger) eins immer wieder vorwerfen kann, dann ist es die Gleichgültigkeit und das unkritische Verhalten dem eigenen Konsum gegenüber. Das heißt nicht, dass wir alle nie wieder konsumieren sollen (würde eh nicht klappen, in 5 Minuten wären wir wieder verführt, was zu kaufen!). Aber ein wenig mehr Selbstkritik wäre angebracht: es gibt in den letzten Wochen unzählige Diskussionen, allein über unser Verhalten, was Nahrungsmittel betrifft (hierauf gehe ich nächste Woche noch genauer ein), aber man darf bezweifeln, dass sich wirklich etwas ändern wird. Es landen immer wieder die gleichen Artikel im Einkaufswagen, keiner fragt nach, keiner hinterfragt die Herkunft, die Methoden der Beschaffung und Produktion oder wie es sein kann, dass Waren so kostengünstig angeboten werden, wie sie angeboten werden. Das einzige Wort, was dem Konsumenten noch im Kopf hängenbleibt, ist "kostengünstig". Eine Umfrage diese Woche hat ergeben, der Verbraucher interessiert sich in erster Linie für den Preis und dann erst eventuell dafür, was genau in dem Produkt steckt oder warum drinsteckt, was drinsteckt.

Man kann nicht sagen, ob es wirklich erfolgreich macht, wenn man immer schön nach dem Prinzip der drei Affen verfährt (nix sehen, nix hören, nix sagen). Aber es bringt einen doch verdammt weit, wenn man NICHT das Maul aufmacht - Menschen, die sich wehren und ihre Meinung vertreten, haben nur selten nachhaltigen Erfolg damit. Eine traurige Erkenntnis? Sie muss ja nicht stimmt, es liegt einfach nur an jedem Einzelnen in dieser Gesellschaft wie auf der ganzen Welt zu entscheiden, ob man es wirklich zulassen will, dass wir von geldgeilen Menschen fremdbestimmt werden. Denn die Industrien und das Finanzwesen (sprich: die Banken) tun nichts anderes. Hier gibt es kein Geschlecht, es ist nichtmal entscheidend, ob man in diesen Reihen einen Penis hat oder nicht (auch wenn verdammt viele dort einen Penis haben!), es geht nur um die Einigkeit, die Finanzwelt (und damit sich selbst und den eigenen Reichtum) zu vertreten. Geld hat die größte verbale Kraft? Wenn der Rest der Welt es zulässt schon. Schlussendlich ist Geld ein Zahlenwert, gedruckt auf hochwertigem Papier, mehr nicht. Die Macht beginnt bei jedem Individuum im Kopf. Und ob wir kritisch damit umgehen oder weiter nur zugucken, wie andere sämtliche Geschicke dieses Planeten steuern, ist uns überlassen.

Wie die Demonstranten der "Occupy Wall Street"-Bewegung sagen: "We are the 99%", also "Wir sind die 99%", der Rest, der nicht zu den Superreichen zählt. Die Superreichen, das eine Prozent, das allein über über ein Drittel des gesamten Vermögens der USA verfügt. Es bleibt mir nur die Hoffnung, dass diese (und weitere) bankenkritische Bewegungen nicht nur dazu dienen, sich selbst zu vertreten in der Hoffnung auf ein besseres finanzielles Leben für uns allein. Denn die Superreichen werden sich durch solche Protestaktionen dazu bewegt fühlen, den Hunden ein paar Knochen zuzuwerfen. Und meistens geben die kleinen Hunde (die 99%) brav Ruhe. Einen großen Nutzen hat das dann für das Gesamtbild kaum. Nur wenn es bei einem Protest auch darum geht, die Interessen aller, wirklich aller Menschen zu vertreten, wird sich nachhaltig etwas ändern lassen.

Doch hierzu und noch vieles mehr verweise ich auf den nächsten Artikel am nächsten Freitag. Ich danke allen Lesern für die Aufmerksamkeit und wünsche ein schönes Wochenende.

LG Gene :-)

Freitag, 7. Oktober 2011

Von "verklemmt" bis "enthemmt" - Episode 3: Gewalt

Manchmal gibt es sie, diese Tage, an denen man einfach um sich schlagen möchte. Die Gewalt brodelt, manchmal tief in dir, manchmal auch motiviert von außen. Wenn auf dich so lange eingeschlagen wird, dass du zurückschlagen möchtest, unter allen Umständen. Bei Frauen wird die Gewaltbereitschaft gerne auf ihre Periode geschoben, bei Männern kann eigentlich alles ein Grund für Gewalt sein - vom Fußballspiel, das nicht zugunsten des Lieblingsvereins ausging bis hin zu schlechtem Sex.

Doch nicht jeder fängt deswegen an, wild um sich zu schlagen. Es entwickeln sich Aggressionen, aber ob man diese dann herauslässt (physisch oder psychisch), ist Jedem von uns selbst überlassen. Es ist anzunehmen, dass der Grad der Unterdrückung oder Beschneidung der eigenen geistigen Freiheit der Hauptgrund für Aggressionen ist. Wenn ich mich in eine Ecke gedrängt fühle und Platzangst bekomme, neige ich dazu, mich aus der Situation befreien zu wollen. Und dazu setzt der Mensch gerne seine ihm von der Natur zur Verfügung gestellten Waffen ein: erst die Stimme und die Körperhaltung, die man je nach Bedrohungsgrad und eigenem Selbstbewusstsein verändern kann; später dann nutzt man seine Hände, Füße und dann (wenn gar nichts mehr geht) nimmt man sich andere, vom Menschen erfundene Zusatzwaffen zur Hand.

Wie gesagt, es gibt viele Gründe, zuzuschlagen - sei es verbal oder physisch. Und selbst der größte Pazifist kann unter bestimmten Gründen Gewalt nachvollziehen (selbstverständlich, ohne sie gutzuheißen). Es kommt nicht darauf an, ob man Gewalt verherrlicht oder akzeptiert, trotzdem hilft ein bestimmtes Verständnis untereinander, Motive für Gewalt zu verstehen. Vielleicht würden Musterpazifisten jetzt sagen, dass sie einen anderen Weg finden würden, wenn sie in der gleichen Situation sind. Doch auch darin liegt ein entscheidender Knackpunkt, wenn es um Gewalttätigkeit geht: das Denken setzt in den meisten Fällen, in denen es zu Gewalt kommt, einfach aus. Wenn man zuschlägt, -tritt oder -sticht, handelt man tendenziell eher impulsiv, über die Folgen denken die wenigsten Täter nach. Oder (was natürlich in der jetzigen Zeit so erschreckt) es ist ihnen schlichtweg egal.

Auch das Desinteresse untereinander führt beim Durchsetzen der eigenen Ziele eher zu Gewalt. Menschen, die fürsorglich sind und Interesse am Gegenüber haben (gerade, wenn's mal nicht um die Themen "Sex, Orgasmen und Fortpflanzung" oder "Macht und Reichtum" geht), werden spontan wohl eher nicht zum Messer greifen. Es sei denn die Gefühle kochen über. Eifersucht oder Neid führen gerne zu Gewalttaten, sogar (oder speziell) die Liebe. Nirgends sind wir verletzlicher, als wenn wir von Herzen lieben und enttäuscht werden. Die meisten Straftaten auf diesem Planeten tragen in der einen oder anderen Form das Markenschild "Liebe" als "Wurzel allen Übels". Es scheint sich so sehr zu widersprechen, dass es im Hier und Jetzt schon fast logisch ist, dass Liebe und Gewalt eine entscheidende Rolle spielen. Dieses Geflecht spielt überall in unserem Leben eine Rolle - ob wir einen Film gucken, ein Buch lesen oder die Nachrichten gucken: sicherlich gibt es viele Dinge, die motiviert sind von der Politik oder dem schnöden Jagen nach Mammon. Aber interessant wird eine Geschichte (wahr oder fiktiv) für uns alle doch erst, wenn es um Liebe geht... und wie diese in Hass und Gewalt umschlägt.

Ob wir davon nun angewidert oder fasziniert sind, sei dahingestellt. Glaubwürdig wäre zu behaupten, wir sind beides. Egal, ob Pazifist oder glühender Anhänger vom Durchdrücken von Zielen auf gewalttätiger Basis, der Mensch fühlt sich immer von seinem eigenen Denken in gleichen Teilen angezogen und abgestoßen. Nicht, dass er bei sämtlichen Handlungen des Lebens denkt, er begeht einen Fehler. Aber die kleine dunkle Nische des Zweifels. Das heißt jetzt nicht, dass wir nicht wissen, ob wir morgens aufstehen sollen oder nicht. Es gibt alltägliche Handlungen, die tief in unser Unterbewusstsein übergegangen sind und zur Routine gehören. Doch alles, was darüber hinausgeht, Situationen, mit denen wir konfrontiert werden und die wir nicht kennen, sorgen für diesen Raum für Zweifel. Egal, wie wir uns entscheiden, es gibt immer die Möglichkeit, das genaue Gegenteil oder eine Zwischenvariante zu wählen. Keiner wird sich zwar darüber Tag und Nacht den Kopf zerbrechen, es ist ein Prozess von Bruchteilen von Sekunden, aber die Nachdenklichkeit bleibt. Und das ist auch gut so.

Deswegen entsteht Gewalt auch spontan. Auch wenn wir zögern, im Moment, in dem wir zuschlagen, siegt in uns der "Teufel" (obwohl es den eigentlich gar nicht gibt). Eigentlich sind es mehr die zwei Seelen in unserer Brust, jeder für sich getrennt und trotzdem zu einer inneren Einheit verschmolzen. Quasi das, was wir uns in jeder Partnerschaft wünschen - nur, wenn wir alle schon zwei Seelen in unserem Herzen haben, dann würde eine Beziehung die Auseinandersetzung mit mindestens vier Seelen bedeuten. Und dass wir in Gruppen selten gut arbeiten, obwohl wir Herdentiere sind, muss nicht noch eingehend erklärt werden. Dafür gibt es tausende von Beispielen aus den Bereichen "Geschichte" und "Alltagsleben". Außerdem ist es doch viel leichter, miteinander in Streit zu geraten, wenn man zu "viert" ist, wo man eigentlich nur zu zwei ist. Je mehr Möglichkeiten der Kompatibilität es gibt, desto mehr Möglichkeiten gibt es, voneinander abgestoßen zu sein. Letzter Ausweg in vielen Beziehungen (sei es nun eine sexuelle, amouröse oder platonische): Gewalt. Natürlich schlägt nicht jeder Mann oder jede Frau zu, wenn er oder sie nicht Recht bekommt. Es fängt vermeintlich harmloser an: man/frau geigt dem Partner, dem besten Freund etc einfach mal die Meinung. Und selbst DAS ist schon eine Form von Gewalt. Die Meinung sagen ist schön und gut, sie gehört auch zum Recht (vielleicht sogar zur Pflicht!) eines jeden Menschen. Doch zuweilen geht der Mensch damit auch zu weit; immer dann, wenn ein Mensch einem anderen seine Meinung "aufs Auge drückt" und gleiches damit fast zerquetscht, begeht er eine Gewalttat. Auch wenn es "nur" eine psychologische ist.

Die Frage bleibt dabei allerdings: was ist schlimmer? Körperliche oder seelische Gewalt? Ist es nachhaltig schlimmer, einem Menschen verbal oder physisch "in den Arsch zu treten"? Die Erfahrung dürfte die meisten Menschen gelehrt haben, dass die psychologische Variante wesentlich nachhaltiger ist als die physische. Ein böses Wort behalten wir uns weit länger im Kopf als eine körperliche Gewalttat. Natürlich vergessen wir einen Tritt in den Hintern nicht, aber der körperliche Schmerz vergeht doch wesentlich schneller als die Gedanken an eine Beleidigung - vorausgesetzt, sie trifft uns mitten ins Mark. Ein böses Wort eines Fremden bleibt im Vakuum des Vergessens stecken. Doch wenn uns der Mensch wirklich am Herzen liegt, bleiben seelische Narben über. Mit Gewalt geht es uns zwar genauso, aber meistens ist es leichter, einen Schlag (keine Tracht Prügel, da muss fein unterschieden werden!) zu verzeihen als eine Beleidigung, die unsere Person oder unsere Handlungen von Grund auf in Frage stellt.

Die Gesellschaft redet immer wieder davon, dass wir verrohen, immer stärker zu Gewalt neigen und immer weiter gehen, einander wehzutun. Das mag stimmen, wenn auch nur teilweise. Es ist ja nicht so, als wäre der Krieg als Mittel zur Durchsetzung der eigenen Meinung erst im letzten Jahrhundert erfunden worden. Das Gegenteil ist eher der Fall: im Altertum, Mittelalter und den vergangenen Jahrhunderten war Krieg immer etwas Grauenhaftes und mit viel Gewalt und Rohheit verbundenes. Je weiter wir mit der Erfindung von Waffen zurückblicken, umso brutaler waren die Tötungsdelikte im Krieg - Speere, Macheten... eine wesentlich grausamere Methode als später durch Maschinengewehre oder Bomben, die den Feind einfach direkt niedermähen. Doch Halt! Das ist jetzt keine Glorifizierung des Krieges, ich bin strenger Kriegsgegner, wie allgemein von Gewalt. Die Motive eines Krieges sind auch völlig andere als die von "normaler" Gewalt, sprich Gewalt, die im Alltagsleben entsteht. Krieg ist immer noch eine Ausnahmesituation und kein Alltagszustand - Gott sei Dank!

Zurück zur Feststellung, dass wir alle verrohen - tun wir das wirklich? Natürlich, Rauschmittel, illegale wie die legalen (Alkohol) verführen den Menschen, Hemmschwellen zu verlieren. Dadurch ist es auch in jüngster Vergangenheit zu Ausschreitungen von Jugendlichen gekommen in den verschiedensten Formen: vom Verprügeln von unschuldigen Passanten (manchmal bis zum Tod) bis zur absoluten Krawalle (wie vor Kurzem in London) reicht die Palette der Gewalttaten von Jugendlichen. Sicherlich spielt neben Rauschmitteln auch die Verrohung im Kopf eine Rolle. Denn, wenn wir im Altertum oder Mittelalter Krieg geführt haben, hatten wir doch viel weniger Ahnung von Gewalt und ihren Folgen, damit auch weitaus weniger Verständnis für die Opfer und der Weitblick fehlte den meisten Menschen. Weniger Bildung, weniger Weitblick - so könnte die einfache Rechnung lauten. Wenn man seinen Kindern beibringt, dass Gewalt etwas Schlechtes ist und welche Folgen die Gewalt für andere wie für sich selbst hat, ist das Kind mit großer Wahrscheinlichkeit gewillt, eine hohe Hemmschwelle Gewalt gegenüber zu entwickeln.

Doch es gibt noch einen weiteren wichtigen Faktor, der eine Rolle spielt in der Frage nach dem Ursprung von Gewalt - Zeit! Besser gesagt hängt vom Faktor "Zeit haben" die Gewaltbereitschaft eines Menschen ab. Das heißt jetzt nicht, dass jeder Mensch, der arbeitslos ist zum Gewalttäter mutiert. Es geht nicht darum, faktisch Zeit zu haben, es geht darum, mit weniger Konflikten in seinem Leben beladen zu sein als andere Menschen. Ein Mensch, der in Ostafrika ums Überleben kämpfen muss gegen den Hungertod und radikalislamische Terroristen wird kaum die Zeit entwickeln, auf seiner Flucht mit Kind und Kegel seinen Kindern regelmäßig eine Ohrfeige zu verpassen, wenn dieses vor Hunger anfängt zu schreien. Diese Menschen würden auch nie das Potenzial entwickeln, ein Gewaltverbrechen zu vollziehen, um ihren Hunger zu stehlen. Okay, Banken gibt es in der Region eher weniger, aber sie würden auch nie ein Flüchtlingslager ausrauben oder gewalttätig vorgehen. Man sehe sich die Berichterstattungen im Fernsehen an: diese Menschen erreichen nach tagelanger Flucht ein Flüchtlingslager, wo sie stundenlang sich erst in Schlangen anstellen müssen, um sich zu registrieren und danach noch einige Stunden länger anstehen müssen, bis sie endlich die begehrten Lebensmittel in Händen halten.
Wenn man dieses Szenario auf deutsche Supermärkte überträgt, wird es erst richtig interessant. Wer ist hier schon gewillt, länger als 5 Minuten an einer Supermarktkasse zu warten, bis man seinen Einkauf bezahlen darf? Der eigentliche Witz an der Sache ist doch nur, dass wir alle satt sind, wenn wir im Supermarkt einkaufen gehen. Ein somalischer Flüchtling hat seit Tagen nichts gegessen und wahrscheinlich nur sehr wenig getrunken. Das Kraftpotenzial dieser Menschen ist auch auf einem viel zu geringen Stand, um eine Gewalttat zu begehen.
Bei uns sieht das wieder anders aus: wenn wir uns nur noch damit befassen brauchen, wie wir unsere Freizeit gestalten und auf welche Weise wir das meiste Vergnügen haben, neigen wir eher zu allem - von Niedertracht bis zur Gewalttat. Sicher, wir sind nicht nur zu schlechten Dingen in der Lage, aber gerade die schlechten Dinge des Lebens sind so verführerisch... es ist kein Wunder, dass die Religion sie immer mit dem "Werk des Teufels" in Verbindung bringt.

Vielleicht neigt der Mensch einfach in der heutigen Zeit mehr zu Gewalt, weil es in einer Welt, in der jeder, wirklich jeder seine Meinung vertreten kann und darf es eine der wenigen Wege ist, überhaupt noch gesehen zu werden. Entweder, wir verkaufen uns durch Sex oder eben durch Gewalt. Das sind nicht die einzigen Wege, aber doch die effektivsten.
Verrückt ist nur, dass Gewalt immer von den Leuten angewendet wird, die eigentlich gar nichts zu sagen haben. Eine Revolution wird schließlich nicht immer über Gewalt geführt und nicht jede Ausschreitung ist gleichzeitig eine Revolution. Oft wird Gewalt nur angewendet, um bedrohlicher zu erscheinen. Da macht sich David einfach mal zum Goliath, ohne groß nachdenken zu müssen. Hauptsache, es entsteht ein Schaden - in der Hoffnung, dass die Leute reagieren, wenn ihnen ein Schaden zugefügt wird (egal, welcher Art).
Dass es auch anders geht, hat der "Revolutionsfrühling" in diesem Jahr bewiesen. Natürlich verliefen die Demonstrationen nicht komplett gewaltfrei, viele Menschen sind für ihr Recht auf Freiheit gestorben, doch im Ansatz waren die Demonstrationen als eine friedliche Protestaktion gedacht. Die Eskalation geschah durch die gewaltsame Reaktion der Diktatoren und ihrer Schergen, die den Widerstand des Volkes zur Durchsetzung der eigenen Ideale niederschlagen wollten. Es ist logisch: kein Mensch, der für die eigene Freiheit kämpft, muss friedlich lächeln, wenn ihm vom Feind der rechte Arm abgeschlagen wird.

Trotzdem ist es doch erstaunlich zu sehen, dass der Geist und die Durchsetzungskraft des Geistes die Durchschlagskraft von körperlicher Gewalt immer wieder besiegt. Die friedlich begonnene Revolution hat zum Sturz einiger diktatorischer Staatsoberhäupter geführt. Und auch die friedliche Revolution Gandhi's wie die von Anna Hazare in jüngster Zeit haben bewiesen, dass es geht ganz ohne seine Hand gegen einen Anderen zu erheben.

Und auch der Friedensnobelpreis beweist dieses Jahr auf eindrucksvolle Weise, dass Frieden bedeutet, ohne Waffen zu kämpfen. Die Auszeichnung an die drei Friedensaktivistinnen Ellen
Johnson-Sirleaf und Leymar Gbowee aus Liberia und Tawakkul Karman aus dem Jemen gibt eine deutliche Botschaft an all jene, die meinen, Unrecht nur durch Gewalt durchsetzen zu wollen: der Mensch ist bereit, weite Wege für die Gerechtigkeit und den Frieden zu gehen - doch keiner beinhaltet die Zerstörungswut von Gewalttaten.

Zum Abschluss habe ich noch eine Anekdote, die ich zufällig in dieser Woche gelesen habe und die gut zu diesem Thema hier passt. Es ist eine alte Fabel über einen Löwen, einen Wolf und einen Fuchs, die auf die Jagd gingen. Nach einem Tag harter Jagd haben sie einen Wildesel, eine Gazelle und einen Hasen erlegt. Dann bittet der Löwe den Wolf, die Beute zu verteilen. Der Wolf zögert nicht und sagt: "Der Wildesel geht an dich, die Gazelle an mich und der Hase an unseren Freund, den Fuchs." Daraufhin holt der Löwe aus und schlägt mit einem Hieb dem Wolf den Kopf vom Leib. Anschließend wendet er sich an den Fuchs und sagst: "Du wirst die Beute aufteilen!"
Der Fuchs verbeugt sich tief vor dem Löwen und sagt mit sanfter Stimme: "Eure Majestät, die Aufteilung ist denkbar einfach. Der Wildesel wird euer Mittagessen sein, die Gazelle euer Abendessen. Und was den Hasen betrifft, so wird er euch als Leckerbissen zwischen den Mahlzeiten sicherlich willkommen sein."
Der Löwe nickt zufrieden: "Was für einen Takt und Wohlstand du an den Tag legst. Sag, wer hat dir das beigebracht?" Und der Fuchs antwortet: "Der Kopf des Wolfes."

Die Moral von der Geschichte? Gewalt wird wohl immer ein bevorzugtes Stilmittel gerade von denen, die viel Macht wollen, ohne selbst Fähigkeiten zur Machtausübung mitzubringen. Und es wird immer diejenigen geben, die für ihren Gerechtigkeitssinn mit dem Leben bezahlen. Auch diejenigen, die sich vor gewalttätigen Machtinhabern tief verneigen, um nicht den eigenen Kopf zu verlieren. Vielleicht warten diese Menschen aber auch einfach den besten Zeitpunkt ab, eine Revolution zu starten. Die Gewalt an sich wird wohl nie aussterben - aus dem einfachen Grund, weil sie machbar und ausübbar ist. Die Zukunft wird uns nur noch stärker gegen die Gewalt sensibilisieren und das Unrechtsbewusstsein, das in uns herangewachsen ist, lässt eine bessere Unterscheidung zwischen sinnvoller und sinnloser Gewalt zu. Damit werden wir wohl auf Dauer die Tendenz zum Pazifismus entwickeln statt zurück ins Mittelalter und dem Schwertkampf.

In diesem Sinne, ein schönes Wochenende an alle Leser dieses Blogs und an dieser Stelle wieder am nächsten Freitag!

LG Gene :-)

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