Sonntag, 23. September 2012

Olympische Sommer(loch)spiele 2012: 3. Golddisziplin: 25 Schuss/s Wettschießen

Die Paralympics 2012 sind am Sonntag mit einer rauschenden Party als Abschlussfeier beendet worden und auch wenn ich Coldplay als musikalischem Act so gar nichts abgewinnen konnte, fand ich die Inszenierung an sich passend und einfach wunderbar anzuschauen. Eins werden die Paralympics in London bewiesen haben: sie gehören nicht mehr zur kleinen Stiefschwester der Olympischen Spiele, sondern haben sich etabliert als ganz eigenes Happening. Wenn das kein Erfolg ist, weiß ich es auch nicht.

Auch das Sommerloch neigt sich langsam aber sicher seinem Ende zu: die Kinder gehen wieder zur Schule, die Arbeitnehmer kehren einigermaßen vollzählig aus ihrem Sommerurlaub zurück. Sogar das Fernsehprogramm ist wieder überfüllt mit Sendungen, die man sich antun kann (und mindestens doppelt so vielen, bei denen man es getrost sein lassen kann!).

In dieser Woche beschäftigt mich (quasi zum Einläuten in den Herbst) der 11. Jahrestag der Anschläge vom 11. September 2001. So kryptisch, wie dieser Jahrestag auch anmuten mag, er kennzeichnet sich wohl als "der Jahrestag, an dem die Anschläge schon fast wieder vergessen sind". Erinnert man sich noch an die letzten Jahrestage in den letzten 10 Jahren, so war das Gedenken mit einem riesigen Aufstand, vielen Dokumentationen und Leidensberichten rund um das Ereignis verbunden. In diesem Jahr? Nichts! Es gab Berichte am gestrigen Tag über die Gedenkfeier am Ground Zero, die gleiche Prozedur wie in den anderen Jahren zuvor. Und doch... es verwundert, wie wenig im Fernsehen allgemein über die Anschläge berichtet wurde. Sollen wir die Ereignisse einfach gehen lassen, weil wir weiterleben, weil eben alles irgendwie weiterläuft, egal, was gestern passiert ist?

Das Gedenken für die Opfer des 2. Weltkrieges wird auch fast 70 Jahre danach am Leben gehalten, zumindest wird alles dafür versucht. Sicher, der 2. Weltkrieg hat von der Opferzahl her eine völlig andere Dimension als die der Anschläge vom 11. September, trotzdem galt 9/11 als der größte Schock für die moderne Gesellschaft seit der Jahrtausendwende. In diesem Jahr nun scheint es, dass 9/11 in die Geschichte eingeht und dort vor sich hin schimmelt, zumindest hat der gestrige Gedenktag viel von der Naturgewalt der Vorjahre verloren. Die Menschen scheinen weitergegangen zu sein, vielleicht sind sie gewachsen, vielleicht wird es ihnen aber auch dem Anschein nach mehr und mehr egal, was vor 11 Jahren in New York City geschah.

Andererseits... kann man das Ganze wirklich als Gleichgültigkeit bezeichnen? Ein Mensch ist so lange einer Sache nicht gleichgültig gegenüber, solange er an sie denkt? Wenn das wirklich der Fall wäre, wären wir wahrscheinlich früher oder später allen Dingen gegenüber gleichgültig. Vielleicht sollte man die sinkende Aufmerksamkeit auf den 11. September einfach als Abschluss mit der Sache an sich sehen. Ab einem bestimmten Zeitpunkt versuchen die Menschen einfach weiterzuleben, sich mit anderen Dingen zu beschäftigen. Genau da beginnen die Menschen, die Opfer von Kriegen oder Anschlägen zu vergessen: es kommen neue Menschen auf uns zu, werden in diese Welt hineingeboren und treten damit in unser aller Leben. Es wäre schlichtweg überfordernd für Jedermann, wenn wir uns auf alle Menschen, die waren, sind und sein werden gleichzeitig konzentrieren würden.

Ich gestehe, so wenig ich auch mit dem Hype um die vergangenen Jahrestage der Anschläge von 9/11 anfangen konnte (obwohl ich selbst auch viele ergreifende Dokumentationen zu dem Thema gesehen habe!), so sehr mache ich mir ab einem gewissen Punkt Gedanken um die Konsequenzen, die dieser eine Tag auf die Weltgeschichte hatte: die Kriegseinsätze in Afghanistan, später auch im Irak (alles in die Wege geleitet von George W. Bush) wurden in dem Versuch gestartet, die Länder aus der Diktatur und dem Terror der al-qaida zu befreien. Was ist daraus geworden? Der Demokratieversuch kann in beiden Ländern als durchwachsen bis gescheitert angesehen werden und so sehr sich die Politiker auf dem nationalen und internationalen Parkett bemühen, so viele Soldaten in diesen Ländern auch eingesetzt wurden, die Al-qaida hat immer noch ihre Stärke und demonstriert täglich durch Terroranschläge im kleineren Rahmen ihre Macht.

Die Welt kocht wieder einmal über, vergesst die Anschläge vom 11. September, das von einem radikalen koptischen Christen produzierte Hassvideo gegen Mohammed ist nun Zündstoff für neue Religionskriege. Westliche Botschaften wurden angezündet, es wurde demonstriert und es gab Tote. Allein dadurch zeigt sich schon, wie weit wir von der Vernunft und der Weisheit, die uns allen eigentlich zustehen müsste bei aller Aufklärung und Weltoffenheit, weg sind. Am Ende eines jeden Tages gibt es Konflikte, speziell über die Religion. Nichts entfacht solch ein Lauffeuer wie die Gretchenfrage "Wie hast du's mit der Religion?". Wobei inzwischen nicht mehr nur die Frage ist, was man eigentlich glaubt, sondern, ob man auch das Richtige glaubt. Radikale Moslems meinen, dass nur sie dem richtigen Glauben folgen. Radikale Christen denken genauso, allerdings beanspruchen sie für sich das Allwissen in der Religion und die Richtigkeit ihres Glaubens. Diese Liste kann eigentlich für jede andere Religion weitergeführt werden, denn egal ob Jude, Hindu oder sogar Buddhist: wenn ein Glaube sich in radikale Formen wandelt, ist der Platz für Toleranz in den Herzen ausgelöscht.

Kriege werden heute weitaus weniger wegen der Frage um Gebietsansprüche oder Geld geführt, es geht immer und immer wieder um die Religion. Die Schranken in den Köpfen der Beteiligten werden dabei immer enger und es geht immer öfter um Vernichtung. Ist das die neue Methode, mit der das Übermaß in der Weltbevölkerung reduziert werden soll? War der 11. September 2001 eigentlich nur der Anfang der Neuzeit in der Vernichtung ganzer Menschengruppen?

Die Rassen- oder Religionstrennung ist in der Geschichte fest verankert und auch in den Köpfen der meisten aufgeklärten Menschen immer noch präsent, aber haben wir daraus überhaupt etwas gelernt? Man darf seine Zweifel haben, die Weltreligionen arbeiten noch lange nicht zusammen und schließen sich zu einem friedlichen Nebeneinander zusammen, stattdessen geht es immer und immer wieder um die Frage "Wer hat nun mehr Recht?". Wenngleich: dieses Problem besteht nicht ausschließlich in der Religion, im weltlichen Gegenstück, der Politik, geht es ähnlich zu. Gerade darf die Welt im Höhepunkt des amerikanischen Wahlkampfes dabei zusehen, wie die Spitzenkandidaten Obama und Romney sich gegenseitig die Schuld am Elend in der Welt geben, wobei Romney weitaus aggressiver gegen Obama vorgeht als umgekehrt und sich dabei schon längst in das eigene Knie geschossen hat. So sehr Romney mit Populismus auch auf den Zuspruch der Wählerschaft hoffte, reagiert die Allgemeinheit in den USA verstimmt, wenn der Herausforderer im Wahlkampf in einer außenpolitischen Krise auf den Amtsinhaber einprügelt. Kritik am Amtsinhaber darf sein, aber in Krisenzeiten stehen die Amerikaner zusammen, egal, ob es sich dabei nun um einen Republikaner oder Demokraten handelt. 

Aber zurück zum eigentlichen Thema, der Golddisziplin "25 Schuss/s Wettschießen". Es läuft durch alle Konfliktsituationen der letzten Zeit alles wieder auf einen neuen Krieg hinaus. Wo er stattfindet, wer die Beteiligten sein werden und worum es gehen wird, ist bis jetzt nicht genau abzusehen. Der Religionskonflikt wird mit aller Wahrscheinlichkeit nach die größte Rolle im neuen Krieg spielen und die Ausmaße dieses Krieges werden die des derzeit stattfindenden Krieges in Syrien bei weitem übertreffen. Eine Seite (meist die radikalen Muslime) lassen sich gerne provozieren, eine andere Seite (fanatische Religiöse anderer Glaubensrichtungen) provozieren gerne. Fertig ist der Konflikt, der viel Blutvergießen mit sich bringt.

Es fiel mir in der vergangenen Woche auf, wieviel Zeit wahrhaft Religiöse in ihren Hass gegen alle, die nicht das Gleiche glauben wie sie selbst, investieren. Scheinbar steht die Zeit in den Ländern, in denen gerade so intensiv auch gewalttätig demonstriert wird, still, denn zu arbeiten brauchen diese Leute wohl nicht, Geld brauchen sie nicht, zu Essen haben sie wohl (aus welchen Gründen auch immer) genug, ohne dafür 12 Stunden am Tag arbeiten zu müssen. Ehrlich gesagt ist es mir ein Rätsel, woher diese Menschen für so etwas "Banales" wie Religion haben.

Bevor ich nun den Zorn aller Religionsfanatiker auf mich ziehe, sage ich es frei heraus: 1. das Wort banal steht in dem Vorsatz in Anführungszeichen. Will heißen: ich persönlich empfinde Religion an sich nicht als banal, den Kampf um die Religion allerdings als mehr als banal, wenn nicht sogar schwachsinnig. 2. Religion ist nicht greifbar, also kann man theoretisch auch nicht darüber argumentieren oder Kriege darum führen. Es ist eine einfache Logik: wenn in früheren Zeiten Kriege wegen Geld oder wegen Land geführt wurden, gab es im Ende immer jemand, der gewonnen hat. "The winner takes it all" - so leidenschaftlich, wie ich die Musik von ABBA hasse, aber der Songtitel ist wahr: wer einen Krieg gewinnt, streicht die Kohle ein oder ist neuer Landbesitzer. Jetzt aber die Frage: wenn ein Krieg um die "einzig wahre und richtige Religion" geführt wird, wie wird dann entschieden, wer Recht hat? Natürlich ist auch "Unterdrückung" das Stichwort, das gab es auch schon beim Krieg um Grund und Boden. Eine Gruppe hat in aller Regel den Boden in Besitz genommen und hat die gegnerische Gruppe entweder vertrieben oder unterdrückt.

Also: was geschieht in solch einem Krieg um die Religion? Müssen dann alle, wenn z.B. die Radikalmuslime den Krieg gewinnen, zum Islam konvertieren und diejenigen, die sich weigern, werden getötet? Unwahrscheinlich ist dieses Szenario nicht und es wirkt, als wären die Religionsfanatiker genau darauf hinaus.

Um das Gedankenspiel mal zu Ende zu spielen: der Welt wäre nicht gedient, wenn nun endlich der Konflikt der Religionen endet, eine Religion gewinnt und alle anderen eliminiert. Der Planet wird nicht dadurch gerettet, dass alle Menschen sich nach einem Religionsführer richten, sei es nun der Koran oder die Bibel oder welches Buch auch immer gewählt werden wird. Es werden dadurch weder Umweltprobleme gelöst noch Wirtschaftsprobleme, die Menschheit wird durch den Religionskrieg zwar reduziert, aber vernünftiger wird sie dadurch nicht.

Viel entscheidender als die Gretchenfrage wäre doch, wie wir vorgehen wollen im Zerfall des Planeten und in der uns drohenden Umweltkatastrophen, die viel mehr Menschen als jeder Krieg dahinraffen werden. Wie ich allerdings jeden Tag aufs Neue einsehe, ist die Menschheit immer noch nicht bereit für diese Gedankenspiele und Diskussionen, also endet an dieser Stelle (vorläufig!) das Gedankenspiel.

Nun die alles entscheidende Frage des Blogs: wer gewinnt nun die Goldmedaille in dieser Disziplin bei den Sommerlochspielen? Zweifelsohne, wenn wir bedenken, dass der nächste Krieg Religion als Leitmotiv führen wird, geht die Goldmedaille zweifelsohne an Religionsfanatiker, die in ihrer Idiotie das Leben nicht verstanden haben und sich in einen kleinen Anteil der menschlichen Philosophie verbissen haben. Offen bleibt wohl nur, welche "Religion" Gold gewinnt. Religion steht in diesem Fall in Anführungsstrichen, weil der Fanatismus keine der eigentlich vorgeschobenen Religionen widerspiegelt. Vom derzeitigen Stand wird Gold wohl an die Al-Qaida gehen, die es wie keine zweite Radikalgruppierung versteht, Tatsachen zu verdrehen, Unschuldige ohne Sinn und Verstand zu ermorden und die Welt ohne eigentlichen Sinn in Angst und Schrecken zu versetzen. Es wird mir wohl ein Rätsel bleiben, warum es solch eine Radikalgruppierung gibt, genauso wenig wird sich mir erschließen, warum es Nazis gibt oder allgemeine Intoleranz gibt. Wir müssen wohl einfach damit leben lernen, ab und zu den Mund aufmachen und uns mit Worten statt mit Waffen wehren, wo es geht und ansonsten hoffen, dass die 25 Schuss/s im Wettschießen nicht uns treffen, besser noch: dass sie niemanden treffen.

In diesem Sinne wünsche ich allen Bloglesern eine schöne neue Woche und bis zum nächsten Blogeintrag.

LG Gene :-)

PS: Dem geneigten Leser wird aufgefallen sein, dass sich dieser Blogeintrag eigentlich in zwei zeitliche Teile aufteilt. Das kommt nun mal dabei heraus, wenn man einen Blogeintrag zu Ende schreiben möchte, weil man das Thema wichtig findet, allerdings keine Zeit hat, ihn zeitnahe zu beenden.

Mittwoch, 5. September 2012

Olympische Sommer(loch)spiele 2012: 2. Golddisziplin: 100 m Glücksjagd

In dieser Woche startet in London die 2. Olympische Runde, mit anderen Worten: die Paralympics stehen in Großbritanniens Metropole auf dem Plan. Grund genug, hier weiter an der Sommerlochserie zu feilen (immerhin ist es jetzt auch wieder legitim, über Olympische Spiele zu schreiben).

Man muss sagen, es ist trotz allem immer noch eine große Ungerechtigkeit, dass die Paralympics im Ende nur die Stiefschwester der großen Olympischen Spiele für die "Normalos" darstellen. Sport und Behinderungen gehören genauso zusammen wie Sport und Gesundheit, man ist nicht krank, weil man einen körperlichen "Nachteil" hat und damit ist es schon fast wieder ein Skandal, dass die Leute lieber den "Gesunden" bei sportlichen Wettkämpfen zusehen und der Fokus der Aufmerksamkeit immer auf ihnen liegt. Von der Ungerechtigkeit, dass ein Athlet bei den Paralympics eine geringere Goldprämie vom Bund erhält als ein Athlet bei den Olympischen Spielen. Die Paralympics stehen anscheinend im Ruf, in irgendeiner Weise minderwertiger zu sein, was schade ist. Vielleicht widme ich genau deswegen dieses  Thema heute den paralymischen Athleten.

Vor gut einer Woche habe ich eine Dokumentation zum Thema "Glück" im Fernsehen gesehen. Es ging darum, ob das Glück an sich fassbar ist, neurologisch erklärbar oder warum einige Menschen auf diesem Planeten so viel glücklicher sind als andere. Gibt es festgeschriebene Quellen für das Glück, Kategorien, in die das Glück eingeteilt werden kann? Und (was auch eine sehr wichtige Frage war): wieviel Glück braucht bzw. verträgt der Mensch? Gibt es eine "Glücksüberdosis"?

In diesem Bericht gab es (und das ist doch sehr passend zur Thematik) ein Kurzinterview mit Phillippe Pozzo di Borgo, dessen Lebensgeschichte in der anrührenden Komödie "Ziemlich beste Freunde" verfilmt wurde. Als er nach seiner Vorstellung von Glück befragt wurde, sagte er, dass wenn er das Glück für sich heutzutage auf einem Level beschreiben sollte, dieses Level jetzt, seitdem er querschnittsgelähmt ist, weitaus höher liegt als zu der Zeit als gesunder Mensch. Für einen Menschen, der selbst gehen und sich bewegen kann, wie er möchte, ist diese Aussage fast unvorstellbar. Trotzdem, es muss etwas dran sein, dass man als behinderter Mensch glücklicher sein kann denn als gesunder Mensch. Man blickt sich um und stellt oft fest, dass Menschen mit Behinderungen oder unter chronischen Erkrankungen leidend oft (weiß Gott nicht immer!) mehr Lebensfreude und -bejahung in sich tragen als diejenigen, die jederzeit und an jedem Ort körperlich alles tun können, was sie wollen.

Immerhin: Glück ist kein Zustand des Körpers, er mag den Körper nur beeinflussen. Das Glück spielt sich zum größten Teil doch im Kopf und im Geist ab. Immerhin: wie soll ein Arm an sich glücklich sein? Ist er glücklich, wenn er funktioniert oder färbt er sich gelb mit lila Streifen, wenn es ihm verrückt-gut geht? Wenn das Glück vorhanden ist, betrifft es doch den ganzen Menschen, nicht nur einzelne Körperteile. Natürlich kann man nun denken, ein Mensch müsste zwangsläufig glücklicher sein, wenn sein Körper sich in einwandfreier Funktionalität und Gesundheitszustand befindet. Allerdings gäbe es wohl kaum die Jagd auf das Glück, wenn die Rechnung so einfach zu erstellen wäre.

Das Glück spielt sich im Kopf ab, gesteuert von Gedanken. Zu ihm gehören die Zufriedenheit bis zu einem gewissen Anteil. Ein zufriedener Mensch ist leicht dazu geneigt, glücklich zu sein. Aber was gehört noch dazu? Liebe? Nun, Liebe kann glücklich machen, sie kann aber auch genauso gut unglücklich machen. Viele Liebesdramen der Weltgeschichte haben genau bewiesen, wie unendlich glücklich Liebe machen kann... und wie sie gleichzeitig jedes Glück zerstören kann. Oft hängt dies davon ab, ob man in der Liebe das angestrebte Ziel erreicht oder nicht. Also sind die Ziele an sich auch ein großer Teil, von dem das Glück abhängt. Ein Ziel zu erreichen macht glücklich und zufrieden, in der Reihenfolge oder umgekehrt. Ein Ziel jedoch nicht zu erreichen macht den Menschen unglücklich. Also sind Ziele ein entscheidender Schlüssel zum Glück.

Glück hat wohl auch etwas mit persönlicher Vollkommenheit zu tun. Wenn wir ein Ziel im Leben erreichen, dass komplettieren wir etwas in unserem Leben und werden dadurch glücklicher. Vielleicht kommt daher auch der Trugschluss der Menschen, ein behinderter Mensch wäre weniger glücklich als ein Mensch ohne Behinderung. Der Mensch sieht sich als glücklich durch einen Körper, der einwandfrei funktioniert. Deswegen sind gesunde Menschen wohl auch so schnell unglücklich, wenn sie von einer Krankheit (und sei es einem leichten Schnupfen) betroffen sind. Wie kann da ein Mensch, der für immer (oder zumindest für sehr lange Zeit) ein Gebrechen hat, damit wirklich glücklich sein? Das werden sich wohl viele gesunde Menschen, die von dem einen oder anderen Zipperlein (körperlich oder seelisch) hier und da geplagt sind, fragen.

Es ist alles recht einfach: der Mensch lebt vom Anspruch. Vor allem dem Anspruch, den er an sich selbst stellt. Wenn er seinem eigenen Anspruch nicht gerecht wird, neigt der Mensch dazu, unglücklich zu sein. Die erschreckend einfache Lösung: man nimmt sich vor, weniger Anspruch an das Leben und an sich selbst zu haben und es stellt sich automatisch mehr Glücksseligkeit ein.

Nun mag sag zu vereinfacht klingt, zu gut um wahr zu sein. Leider ist es aber wahr. Es mag nach billiger Binsenweisheit klingen, aber die Menschen leben einfach zu sehr in der Maxime und werden dadurch immer unglücklicher. Materieller und seelischer Reichtum sorgen in immer höherer Dosierung dafür, dass das Streben nach dieser Form des Glückes zum absoluten Unglück führt. So führt mehr finanzieller Reichtum zur immer größeren Sorge darum, ob man sein Geld investieren soll, wie man es am Besten investiert, um es nicht zu verlieren... eben die Dinge, die ich schon in meinem letzten Blog zum Thema "Rating" angesprochen habe.

Das Glück liegt dabei so nahe, dass es nicht einmal durch Geld zu erwerben ist. Immerhin (wenn wir es mal ganz sarkastisch sehen wollen): arme Menschen haben keine Probleme damit, ihr Geld irgendwo zu investieren und kriegen deswegen keine Schweißausbrüche, ob diese Investition wirklich richtig ist oder eine andere wesentlich besser wäre. Für arme Menschen gibt es keine geeigneten Investitionen oder das Streben nach maximalem Profit, für arme Menschen gibt es nur notwendige Investitionen: wenn Menschen in absoluter Armut leben und zwei Drittel ihres Monatsgehaltes allein in Lebensmittel investieren müssen, stellt sich nicht mehr die Frage nach "Profit", "Gewinnmaximierung" oder ähnlichem. Es geht um das blanke Überleben. Macht das glücklich? Vielleicht macht es einfach glücklicher, nur in reellen Dimensionen zu leben. In Dimensionen, in denen es nur um die Realität und die Gegenwart geht. Sobald man anfängt, finanziell auf dem Sektor des "was wäre wenn" zu verfahren, nur noch an die Zukunft zu denken oder an Hypothesen, die man aufstellt, damit man mehr von seinem Geld hat, ist man in der misslichen Lage, dass man sich weiter und weiter vom Glück entfernt.

Glück bedeutet Seelenfrieden, die innere Ruhe, die einen wie Watte einpackt. Sicher, es gibt den Spruch "Geld macht nicht glücklich, aber es beruhigt!", womit schon quasi ein Widerspruch geschaffen wurde, immerhin hat Beruhigung auch viel mit Glück zu tun. Ein Blutdruck, der nicht ständig auf Höchstgeschwindigkeiten rast, ist ein glücklicher. Also ist Beruhigung auch eine Quelle des Glückes. Doch was macht das Glück konkret mit uns? Warum ist es uns so wichtig? Warum mögen wir Geld, wenn es uns nicht glücklich macht, sondern "nur" beruhigt?

Vielleicht sind wir oft dazu geneigt, von Dingen angezogen zu werden, die uns potenziell unglücklich machen. Vielleicht ist Glück nicht alles im Leben. In der Dokumentation über das Glück wurde auch offen für das Recht plädiert, unglücklich zu sein. Es wurde darüber philosophiert, wie wichtig es ist, auch Schmerzen und Leid zu empfinden. Die Logik, die dahinter steckt, ist einleuchtend: das Glück muss etwas sein, dass man zwar regelmäßig, aber wohl dosiert braucht. Mit dem Schmerz und dem Unglück geht es uns ähnlich. Wären wir alle dauerhaft glücklich, so wüssten wir den Zustand der Glücksseligkeit gar nicht mehr zu schätzen.

Wahrscheinlich fühlen wir uns deswegen oft von Dingen angezogen, die uns potenziell eher schaden als nützen. Somit ist auch das Geld bei der Glücksjagd wieder mit im Spiel. Geld zu gewinnen oder zu verlieren führt zu einem Fieberrausch bei vielen, der einen wesentlichen Teil bei der Glücksjagd ausmacht.

Und das Gold? Wie glücklich macht uns das Edelmetall? Gerade während der olympischen Spiele und der Paralympics sieht man immer wieder strahlende Sieger, die Gold gewinnen und viele Athleten, die über eine Silbermedaille enttäuscht sind. Ist es nicht interessant, dass die Zweitplatzierter über den Gewinn einer Silbermedaille weniger glücklich sind als Drittplatzierte über den Gewinn einer Bronzemedaille? Die Enttäuschung darüber, knapp das Gold verfehlt zu haben, scheint oft bei Zweitplatzierten höher zu wiegen als die Tatsache, dass sie überhaupt eine Medaille gewonnen haben. Und Bronzesieger? Vielleicht sind sie einfach froh, gerade noch eine Medaille ergattert zu haben, da die Plätze danach nur noch "Blech" bedeuten. 

Was auch immer es ist, das uns glücklich macht, vielleicht bedarf es gar keiner Rezepte, wie man glücklich wird oder was genau einen warum und in welcher Dosierung glücklich macht. Ein weiser Spruch für alle Grübler und Weltverbesserer dieser Welt wäre wohl nur:

"Glücklich ist, wer vergisst... was doch nicht zu ändern ist!"

Dies gilt dann wohl für das tägliche Leben wie für die Paralympics, die Olympischen Spiele und alles andere wohl auch. Also, man genieße das Leben, egal ob es Schokolade oder saure Gurken regnet. Und wer gewinnt nun in dieser Disziplin die Goldmedaille? Nun, der 100 m Sprint auf der Jagd nach dem Glück geht wohl an all die Menschen, die verstehen, dass Glück weniger mit Materialismus als mehr mit einem Zustand seelischer Gelassenheit zu tun hat. Wie wäre es mit den Mönchen buddhistischer Klöster in Bhuthan oder in Tibet? Sie hätten es jedenfalls verdient, denn sie haben so einiges mehr schon verstanden als die meisten Bürger der Industriegesellschaften.

In diesem Sinne noch viel Spaß beim Rest der Paralympics und der jetzigen Woche. Bis zum nächsten bald folgenden Blogeintrag. 

LG Gene :-)

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