Freitag, 1. April 2011

FDP... Quo Vadis?

Wieder einmal war dies eine Woche, von der man ganz legal behaupten könnte, dass "viel passiert" ist. Eigentlich verhält es sich mit fast jeder Woche so in letzter Zeit (und wenn es keine Schlagzeilen gibt, dann werden einfach welche künstlich hochgeputscht, einige Revoluzzer oder Möchtegernpolitiker machen es auf dem Weg zur Macht schließlich nicht anders!). Inzwischen scheint es, die Welt ist komplett am Durchdrehen, zumindest könnte man die Vermutung anstellen nach den Geschehnissen der letzten Monate.

In 2011 kracht es - und zwar gewaltig! Nicht nur Japan beschäftigt die Menschen, auch die Revolutionen der Völker nordafrikanischer Länder ziehen den Zuschauer in den Bann. Mittlerweile hat sich Muhammar al-Gaddafi als DER Bösewicht in den ganzen Revolutionen herauskristalisiert. Ist auch eine verdammt Frechheit, wenn man 40 Jahre Diktatur und Schreckensherrschaft mit immer mal wieder terroristischem Eigengeruch, den er wie eine unkastrierter Kater über den Planeten verteilt, nicht mal seine Koffer packt und sagt: "So, gut ist mit Herrschaft - ich gehe in Rente!". Die Menschen unterschätzen einfach den Durst nach Macht - einmal gekostet werden Machtfanatiker zu "Machtalkoholikern", die ihre Dosis schon nach dem Aufstehen brauchen, immer mehr und das jeden Tag.

Das Thema Libyen hat sich nun immer weiter ausgeweitet - anfangs galten die Libyer einfach als "Nachmacher", die nach Tunesien und Ägypten einfach in den Reigen "Revolution" mit eingestiegen sind. Jetzt hat sich Libyen als hartnäckigste der Revolutionsnationen herausgestellt. Gaddafi will nicht gehen, man hat das Gefühl, neben dem absoluten Größenwahn Gaddafi's sind ihm seine Schönheits-OP's einfach nicht bekommen. Naja, die müssen ja auch nicht immer schöner machen - und Dummheit und Stolz wachsen grundsätzlich auf einem Holz. Das wiederum würde den Blut- und Machtdurst der Söhne Gaddafis erklären. Und was ist mit der Revolution? Die läuft inzwischen nur noch, weil die Vereinten Nationen den Luftraum kotrollieren und damit Gaddafi versuchen, in seinem Handlungsspielraum einzuschränken. Von Erfolg gekrönt? Jein, immerhin kommen die Rebellen mal voran, mal werden sie wieder zurückgedrängt. Es ist das Tauziehen um Zentimeter in Libyen, das ist die einzige Wirkung, die die Gefechte in letzter Zeit auf den Zuschauer haben mögen. Und (ähnlich wie Japan) wird auf Dauer dem verwöhnten deutschen Publikum (man könnte allerdings auch das amerikanische, kanadisch, britische, französische Publikum nehmen, es spielt keine Rolle) diese ganze Geschichte, die uns nichts anzugehen scheint, einfach zu langweilig. Deswegen werden diese Nachrichten (so dramatisch sie auch sein mögen) immer mehr in den Hintergrund gedrängt.

"Aber was nun?", werden sich die Nachrichtenredaktionen landesweit fragen. "Wie können wir das Publikum wirkungsvoll unterhalten?"

Naja, die Antwort ist schnell gefunden (und sensationell ist sie ja zugleich, immerhin betrifft es uns alle wiedermal nach langer Zeit). Der letzte GAU der deutschen Republik schien eh nur der Dioxin Skandal zu sein, aber jetzt, nach den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz haben wir wieder etwas, auf das wir uns alle stürzen können. Das Jubeln auf der einen (grünen) Seite ist groß, der Katzenjammer auf der anderen (schwarz/gelben) Seite ist groß. Korrektur: Der Jammer ist nur auf gelber Seite groß, die CDU lobt sich selbst trotz schlechter Ergebnisse selbst über den Klee, zumindest in Rheinland-Pfalz. Spitzenkandidatin Julia Klöckner ist stolz, mit der SPD "auf Augenhöhe" zu agieren, obwohl sie dadurch nicht viel gewonnen haben, da Kurt Beck trotzdem im Amt bleibt. Aber Schönreden ist eine Tugend, die Politiker allgemein gut beherrschen, und die CDU ist Weltklasse in dieser Tugend! Auch wenn sie nichts damit gewinnt, nirgendwo mitregieren darf (zumindest nicht in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz) und eigentlich eher stumm bleiben müsste, haben die Politiker der CDU eins kapiert: wer am lautesten und effektvollsten schreit, hat irgendwann doch Recht!

Und so ist es auch nicht weiterhin verwunderlich, dass sie sich die abstrusesten Gründe dafür einfallen lassen, warum in Baden-Württemberg inzwischen ein Viertel aller Wähler sich für Bündnis 90/Die Grünen entschieden hat, die ehemals verhassten Ökofritzen, die niemand Mitte der 90er für Voll genommen hatte, weil sie für den Liter Benzin die damals astronomisch wirkende Summe von 5 DMark verlangen wollten. Natürlich kann es nicht daran liegen, dass der Wähler unbedingt Horrorsummen für seinen Sprit zahlen will, dass er jetzt grün wählt (immerhin ist das Auto der Deutschen liebstes Kind und das lässt man sich nicht so einfach wegnehmen!), also ist Japan Schuld. Da ist es schon wieder, Japan! Das Thema, dass man nicht umgehen kann, egal, wie man es auch versucht. Nicht das katastrophale Management der CDU zum Thema Stuttgart 21 ist Schuld. Auch nicht die Tatsache, dass dem Wähler, der monatelang zu Tausenden demonstriert und sagt: "Nein, wir wollen Stuttgart 21 nicht!" einfach über den Mund gefahren und entgegnet wird: "Stuttgart 21 gibt's trotzdem!". Nichts dergleichen ist Schuld, dass Frank Mappus jetzt nicht mehr regieren darf (und kleinlaut den Vorsitz der CDU in Baden-Württemberg abgegeben hat) - allein Japan ist Schuld! Wäre das alles nicht passiert, gäbe es den Vorfall Fukushima nicht, hätte die CDU natürlich haushoch gewonnen. Das ist dann wohl wieder ein weiterer Beweis für die Schrei-Theorie - nur mit dem Unterschied, dass nur die CDU (und ihre treuen Anhänger) den Grund "Japan" wirklich glauben.

Wer ein wenig "zwischen den Zeilen liest" (und das ganz ohne Legende wie letzte Woche), der merkt Deutschland schon an, dass es eine Art "Revolutionsstimmung" gibt. Nun will keiner Frau Merkel mit Herrn Gaddafi vergleichen, wenngleich Angela Merkel's Methoden seit dem Regierungsbündis mit der FDP von falsch auf falscher zugesteuert sind. Aber der Deutsche scheint einfach etwas anderes zu wollen als das, was die CDU und FDP Regierung ihnen im Moment servieren. Radikale Umbrüche in den verschiedensten Bereichen (von der erneuten Gesundheitsreform über Fehlentscheidungen in der Frage "Erhöhung für Hartz IV Bedürftige - Ja oder Nein?" bis hin zu Wahlversprechen, die weit davon entfernt sind, eingehalten zu werden) haben die Regierungsparteien ins Aus befördert. Und am übelsten erwischt es naturgemäß den kleineren der Koalitionspartner - der FDP.

Diese ist durch die Landtagswahlen endgültig so richtig abgewatscht worden. In Rheinland-Pfalz spielen sie gar keine Rolle mehr, in Baden-Württemberg eine "gerade-nochmal-Glück-gehabt"-5 Prozent-Rolle. Doch woran liegt's? An Japan? Haben die armen Japaner nicht schon genug Dinge, mit denen sie kämpfen müssen? Sollen sie sich wirklich gefallen lassen, dass sie Schuld sind an der Arbeitslosigkeit einiger FDP-Abgeordneter? Nein, so einfach, so profan kann das Ganze nicht sein. Der Untergang der FDP war schon lange abzusehen: die Steuersenkung, die uns aller Liebling Guido Westerwelle vollmundig versprochen und nie gehalten hat, die Gesundheitsreform von Herrn Rösler, die eher krank als gesund macht und die allgemein uneinsichtige Mit-dem-Kopf-durch-die-Wand Nummer sämtlicher FDP-Politiker, das alles sind Faktoren, die der Partei so schlechte Umfragewerte beschert hat, dass sie jetzt nur noch den Linken im "Club der Verlierer" die Hand reichen dürfen.

Und nun (nachdem der Karren inklusive Gaul bis zum Anschlag im Moor festgefahren ist) ist Guido Westerwelle doch einsichtig und merkt, dass die Bounty "FDP" am Sinken ist. El Capitano hat ausgedient - und damit ist nicht Fidel Castro gemeint. Westerwelle hat sich verkalkuliert, immer darauf gehofft und vertraut, dass die Wähler ihn lieben, weil er einfach intellektuell und menschlich unwiderstehlich ist. Inzwischen muss er einsehen: "Pustekuchen! Nix ist mit Beliebtheit!" und ist doch tatsächlich bereit, den Vorsitz abzugeben. Allein dem Wähler zuliebe, schließlich will die FDP sie wiederhaben, am Besten alle und noch zahlreicher als vorher. Doch ist das überhaupt noch möglich?

Während sich die FDP einige Zeit lang auf Höchstniveau in den Schoß des Wählers geschleimt hat, war es schon fast abzusehen, dass eine Regierung mit Westerwelle als gelbes Zugpferdchen nicht funktionieren kann. Allein seine Machtgier und den für ihn wichtigsten Punkt, dass er unbedingt Fizekanzler werden musste, ließen erahnen, dass der Wähler wohl einen Fehler gemacht hatte. Die große Koalition konnte nicht funktionieren und da die Wähler mit Frau Merkel soweit zufrieden waren (die Betonung liegt inzwischen auf "waren"), dachten sie, eine Neuauflage von schwarz/gelb wäre die Lösung. Genau die Regierung, die 1998 mit einigem Krachen und Stöhnen mitsamt ihren Betonfüßen aus der Regierung rausgeschmissen wurden. Okay, die Akteure haben sich geändert, sogar die Einstellungen haben sich geändert. Doch wie gesagt: die sind nur von falsch auf falscher umgeschwenkt. Der Wille des Wählers wurde in den vergangenen anderthalb Jahren immer wieder unterdrückt und breitflächige Diskussionen mit fadenscheinigen Parolen aus dem Kanzleramt niedergewalzt.

Bis 2011 - es scheint, alles, was 2010 noch mit Zähneknirschen funktionierte, kommt jetzt mit einem mal ins Stocken. Es scheint fast, als wäre der Dieselmotor der Regierung einmal zu oft mit dem neuen Supersprit E10 betankt worden. Der Schaden ist irgendwann da - und irreparabel zugleich. Über den Schaden der FDP kann man indes nur noch lachen. Während im Januar Westerwelle noch allen versicherte, er werde "das sinkende Schiff nicht verlassen", sieht er jetzt doch einen Weg aus der Verantwortung. Den Parteivorsitz könnte er eventuell abgeben - solange klar ist, dass Guido Bonaparte weiterhin Vizekanzler und Außenminister bleibt. Wozu? Das weiß keiner so genau, wenn man sich seine Leistungen in der Außenpolitik anschaut, zuletzt die Feiglingshaltung im Libyenkonflikt. Vielleicht ist es aber auch die arrogante Haltung seinerseits, dass er immer alles, was die Regierung entscheidet und sagt, für "absolut richtig" hält und die Opposition in seinen Augen in allen Aspekten inkompetent ist, die ihm jetzt den Kopf kostet. Klar muss der Politiker einer Partei die Meinung anderer Politiker aus anderen Parteien ungespitzt in den Boden rammen. Alles eine Frage des Überlebens. Trotzdem haben die Regierungsparteien aufgrund vieler Fehlentscheidungen der letzten Zeit bewiesen, dass ihnen die Regierungsschuhe eine Nummer zu groß sind. Wer die Haltung der CDU und FDP zur Atompolitik genauer betrachtet weiß, was gemeint ist.

Vielleicht ist ein Politikwechsel nötig, damit wir wieder die Reise vom Norden zurück in den Süden wagen. Alles, was bisher politisch in den Osten ging, geht jetzt zurück in den Westen, alles, was mehr in den Norden neigte, wird jetzt von Rot-Grün wieder weiter südlich verbogen. Ein wenig erinnert das wiederum an Libyen - das Tauziehen um Zentimeter haben wir inzwischen auch. Nur mit Wort- statt Waffengewalt. Bis jetzt hat noch keiner eine Kalaschnikow gezogen, um seine politischen Argumente durchzufechten. Obwohl... im Tauziehen um den FDP-Vorsitz bleibt abzuwarten, welche Methoden Westerwelle einsetzt, um seine Rettungsweste auf der sinkenen "FDP Titanic" zu behalten.

Eine Frage bleibt allerdings im Raum: wird die FDP wirklich durch einen Machtwechsel gewinnen? Ist die grüne Revolution überhaupt noch aufzuhalten? Denn, so sehr feststeht, dass Guido Westerwelle nicht wirklich Führungs- und Charismaqualitäten besitzt, so sehr weiß auch jeder, der das politische Geschehen ein wenig verfolgt, dass die FDP personaltechnisch nicht wirklich mit einem Heilsbringer aufwarten kann. Christian Lindner? Phillip Rösler? Sabine Leutheusser-Schnarrenberger? Mehr als solides Kasperletheater können alle drei nicht bieten, zumindest haben sie nicht mehr zu bieten als der, der im Moment noch das Geschehen leitet. Also, quo vadis, FDP? In den absoluten Abgrund? Nun, vielleicht verhilft der FDP der Geruch der "Weniger-als-5%"-Grenze dazu, die Richtung von falscher wenigstens wieder auf falsch zu wechseln. Natürlich macht das das Parteiprogramm nicht richtig, falsch ist immernoch meilenweit weg davon, aber irgendwann muss jede Partei sich die Frage stellen, wie weit das Parteiprogramm noch am Wähler dran ist oder wie weit man schon auf dem Weg zum luftleeren Raum im All ist.

Falls die FDP lieber einen Kurs bei der NASA absolvieren möchte, kann man der Partei nur einen "guten Flug" wünschen. Ansonsten bleibt im Politkarrussell abzuwarten, was als Nächstes passiert.

Vielleicht sind wir nächste Woche in der Beziehung wiedermal ein wenig schlauer. Sieben Tage können schließlich helfen, die Welt zu verändern. Und selten haben wir das so gut gesehen wie die letzten drei Monate.

In diesem Sinne - ein schönes (und aufschlussreiches) Wochenende!

LG Gene ;-)

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