Samstag, 9. April 2011

Neue Rattenfänger braucht das Land!

Und es ist schon wieder passiert: entgegen meiner mir selbst auferlegten Regel, jeden Freitag eien neuen Eintrag zu veröffentlichen, hat sich das Ganze jetzt doch wieder um 24 Stunden verschoben. Allerdings gehe ich davon aus, dass die doch sehr kleine und übersichtliche Leserschaft mir diese erneute Verspätung verzeihen wird. Die Deutsche Bahn hat schließlich mehr Verspätungen als ich in meinem Blog. Und von deren Pünktlichkeit hängt weitaus mehr ab als von meiner.

Womit wir eigentlich schon fast mitten im Thema wären für diese Woche - Führungskräfte. Vor zwei Wochen sprach ich über das Verhalten der Lemminge und darüber, dass wir dieser Spezies weitaus mehr gleichen, als uns lieb sein kann. Manch einer empfand diesen Vergleich als zu weit hergeholt und irgendwo stimmt es schon - denn im Gegensatz zu Lemmingen haben wir eine weitere Qualität, die unser Leben bestimmt: die Führung. Lemminge laufen nur in Scharen hintereinander her, aber ewig einem Trend hinterherlaufen ist für viele von uns doch wenig erstrebenswert. Denn wir wollen mehr - und am Besten wollen wir das Ganze vorgestern! Führungswillen und Führungswahn existiert ja nicht erst seit Hitler oder Cäsar (wenn wir mal in die weitere Vergangenheit blicken wollen). Es scheint, als wäre der Drang, eine Gruppe zu dominieren und zu leiten, läge uns im Blut. Angeborenes oder anerlerntes Verhalten, das ist in diesem Zusammenhang wohl die Frage.

Bei vielen Tieren ist die Sache klar: einer führt, die anderen folgen. Das funktioniert nicht nur bei Wölfen, auch z. B. Menschenaffen haben kein Problem damit, das, was der Eine, der Anführer ihnen sagt, auszuführen oder zumindest seinen Regeln brav zu folgen. Wir Menschen (die wir ja meinen, klüger zu sein als jede andere Tierart auf diesem Planeten), wollen natürlich wieder was ganz anderes. Warum sollten wir auf das Wort von nur einem hören? Manchmal scheint es, es gäbe mehr Chefs als Angestellte, mehr Häuptlinge als Indianer und im Ende mehr karrieregeile Gewinner als Hartz IV Empfänger. Die Leute meinen, das wäre auch gut so. Die Welt wäre ja auch wunderschön, wenn es mehr Gewinner als Verlierer gäbe. Nur im Ende KANN das ja gar nicht gutgehen. Jeder möchte Milliardär sein, aber allein die Geldsumme, die aufgebracht werden müsste, um das ganze Geld zu drucken, was wir alle bräuchten, wenn wir alle Milliardäre wären, führt ins Bodenlose. Also, wir können nicht alle Millardäre sein, wir können nicht alle Gewinner sein. Also ist es auch logisch, dass es im Ende auch viele Verlierer geben MUSS. So sehr wir auch über die angeblich allesamt arbeitsfaulen Arbeitslosen meckern, sie müssen existieren. Denn nur wo Verlierer sind, fallen Gewinner überhaupt auf!

Das Gewinnerprinzip ist auch eins der Gründe, warum wir alle gerne führen würden. Führung hat mit Verantwortung und Macht zu tun, und wer beides hat, ist (neben einem gut gefüllten Bankkonto) auch ein Gewinner. Deswegen möchte auch jeder "Der nächste beste neue Boss" im Land sein. Auch politisch scheint es sich so abzuspielen: erst diese Woche dankte eine Führungkraft ab (unser allseits so hoch geschätzte und verehrte Guido Westerwelle), damit wir dann direkt eine neue Führungskraft serviert bekommen (in Form von Philipp Rösler). Eigentlich wäre diese Nachricht gar nicht mal so wichtig, immerhin dümpelt die FDP in der Wählergunst bei 3-5%. Trotzdem scheint uns dieses Thema doch gewaltig zu jucken, immerhin war die FDP vor ein paar Jahren noch eine Art "Straßenzug für Gewinner". Unter der Führung von Guido Westerwelle, dem Charismatiker, der Steuersenkungen versprach, wurde die FDP drittstärkste Kraft im Land - da kam so schnell keiner mehr mit.... keine Grünen, die Linken schon gar nicht. Wer was auf sich hielt bei den Bundestagswahlen 2009, der wählte gelb. Allein, damit die große Koalition ein Ende hatte - und rot-grün als Alternative war in diesen Zeiten schier unvorstellbar. Das deutsche Volk wollte unbedingt schwarz (sprich CDU) sehen, die Kanzlerin sollte weitermachen, aber bitte nicht mit der SPD. Drum blieb ja keine Wahl außer seine Stimme diesen sympathischen Menschen der liberalen Partei FDP zu geben. 2011 hat sich alles verändert - die Erde wackelt an allen Ecken und Enden, Katastrophe reiht sich an Katastrophe - und was man gestern gewählt hat, möchte man heute am Liebsten in die Hölle schicken.

Und nun, nach den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz will Deutschland die FDP zur Hölle schicken. Um das zu verhindern, braucht es einen neuen Führer, einen neuen Rattenfänger. Wo wir schon bei Legenden über Lemminge waren, welche passt im Zusammenhang mit der FDP besser als die des "Rattenfängers von Hameln". Sich Herrn Rösler mit Flöte vorzustellen und den Wähler mit Ratten gleichzustellen ist ein wenig harsch, aber keineswegs zu weit hergeholt. Immerhin wurde der Führungswechsel ja vollzogen, damit die FDP Werte wieder schnell weit über die 5% steigen mögen - und wie ich die politische Folgerschaft Deutschland kenne, wird sie sich im Ende auch darauf einlassen. Die Schuld trägt laut der Masse eh nur Guido Westerwelle. Zugegeben, er hat auf ganzer Linie versagt. So sehr wollte er ein Gewinner sein, dass er unbedingt das Außenministerium als Amt anstrebte und die Chance verpasste, seine Wahlversprechen als Führer des Wirtschaftsministeriums einzulösen. Dieser Schachzug war nicht nur taktisch dumm, im Ende wurde ihm, dem vorherigen liberalen Heilsbringer, die gesamte Kompetenz abgesprochen; und eine ganze Partei wurde ins Unglück gestürzt.

Nun soll's der 38jährige Gesundheitsminister richten. Ein wenig besorgniserregend ist die Tatsache schon, dass ein so junger Politiker eine ganze Partei führen soll. Zwar meinen die Jungen in heutigen Zeiten, sie könnten alles schneller, effektiver und insgesamt eh viel besser als die Alten, doch stimmt das wirklich? Haben sie wirklich den Weitblick, politisch kluge Entscheidungen zu treffen?

Ist doch egal! Schon im Sandkasten möchte jeder führen. "Die Schippe, die Förmchen, das Eimerchen, und überhaupt der gesamte Sand - alles meins! Ob du was davon abkriegst, entscheide immer noch ich!" Wenn das dann allerdings jedes Kind macht, wird's schwierig. Denn dann muss jedes Kind doch für sich allein spielen. Und bei den Erwachsenen sieht es nicht anders aus: je weniger Dumme es gibt, die folgen könnten, desto kleiner ist die Gruppe, die die Leitenden leiten dürfen. Im Narzissmus gefangen kann man natürlich sich auch dafür entscheiden, einfach eine Gruppe zu führen, die gar keine Gruppe ist. Wenn man sein eigenes Königreich "Ich" führt, hat man ja auch nur sich selbst als Führer und gleichzeitig einziger Verfolger.

Ein Problem stellt sich dann allerdings doch, wenn man wirklich führen will: denn ein Führer muss (das haben die positiven wie die negativen Beispiele bewiesen) charismatisch sein. Charisma ist der Schlüssel eines erfolgreichen Chefs - egal, ob es nun um einen Firmenchef geht oder um einen politischen Chef: wer mit seiner Aura nicht zu überzeugen weiß, hat schnell verloren. Und darin mag der Knackpunkt liegen bei Philip Rösler: so "nett" er auch wirken mag, wir wissen doch alle, wer der Nachbar von "nett" ist. Rein charakterlich mag er nicht zu überzeugen, er wirkt nett, aber unspektakulär und nicht wirklich ein Mann politisch reifer, kluger und innovativer Ideen. Eher wie ein "Übergangsrattenfänger", bis der richtige, der Charismatiker, aus dem Urlaub zurückkommt. Wer das dann sein soll, weiß kein Mensch. Immerhin haben fast alle Parteien zur Zeit das gleiche Problem: Politiker wirken inzwischen so intellektuell attraktiv wie ein zu lange benutzter Spülschwamm: voll Wasser und Bakterien, aber wirklich sauber wird das Geschirr durch die weitere Benutzung nicht mehr. Kein Politiker in diesem Land (inklusive der Kanzlerin und des Bundespräsidenten) zählt zur Riege der "innovativen Denker", die nicht nur Deutschland, sondern auch die Welt mit dem kleinen Finger verändern könnten. Und somit dürfte klar sein, dass der Rücktritt von Westerwelle nicht das Ende, sondern erst der Beginn der Probleme für die FDP werden könnten. Wenn sie keinen Mann finden, der mit Sachverstand UND Aura die Partei führen kann, wird sie weiterhin im 3-5% Millieu dümpeln.

Und was nun, Hund? Wir werden wohl damit leben müssen, auch in unserem Alltagsleben, dass viel zu viele Menschen gerne führen möchten, wo sie eigentlich doch besser nur die helfende Hand wären, statt den Job des Kopfes anzustreben. Schließlich kann wird die Arbeit einer Hand auch gewürdigt - wenn auch nicht mit Unsterblichkeit, wie es den Führern gerne zuteil wird.

Doch wie wir gesehen haben, endet der Wunsch nach politischer Unsterblichkeit viel zu oft im Desaster - wie bei Guido Westerwelle, wie bei Karl Theodor zu Guttenberg. Die wahre Unsterblichkeit erreichen sowieso nur die, die es nie darauf angelegt haben, groß rauszukommen. Zum Führer wird man schließlich nicht geboren, sondern gemacht.

In diesem Sinne - ein schönes Wochenende und eine gute neue Woche... bis nächsten Freitag! ;-)

LG Gene

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