Donnerstag, 2. April 2009

Das Geld, das uns noch bleibt?

Eigentlich ist es für die Wirtschaft ähnlich angesiedelt wie die letzten Gäste, die auf einer exzessiven Party übriggebliebne sind: sie sollen weg! Denn die Gastgeber wollen schnellstmöglich ins Bett und meist sind die übriggebliebenen Gäste sind derart stark angetrunken, dass die Befürchtung besteht, sie könnten die konsumierten Partyhäppchen plus Alkohol anverdaut beim Gastgeber zurücklassen.
Und nun die deutsche Wirtschaft: sie versucht, uns eindringlich klarzumachen, wie sehr wir unser über Jahre hart erspartes Geld loswerden müssten. Und gerade jetzt (immerhin leben wir immer noch "in Zeiten der Finanzkrise") MÜSSEN wir alle die mit Geld gestopften Socken, Matrazen und Sparschweine schächten, ausbluten lassen. Denn nur der aboslut exzessive Konsum hilft, uns alle vor dem Elend zu bewahren. Klingt grotesk? Nun, es kommt noch besser! Denn wie soll sich uns folgende Logik erschließen: Wir sind in einer "Krise", doch im Prinzip haben viele von uns noch den letzten Notgroschen oder Noteuro auf dem Sparkonto. Wenn diese Menschen nun etwas brauchen, könnten sie immer noch auf dieses Geld zurückgreifen. Also die echte Krise hat noch gar nicht begonnen, ob sie je beginnt für diese Leute, ist fraglich. Die Krise an sich grassiert hauptsächlich bie den Finanzmanagern und Bankmenschen. Diese Groteske erschließt sich dann eigentlich nur, wenn man bedenkt, wie das gesellschaftliche Leben über Jahrzehnte hinweg gelaufen ist:

Wenn ein Arbeitnehmer mit Durchschnittsgehlat dringen Geld brauchte, ging er zur Bank. Dort ging er regelmäßig in seiner besten Hose auf die Knie, versprach gleichzeitig seine letzte Unterhose... und das nur, damit er einen Kredit bekommt. Was die Bank dafür tun musste? Sie musste, wie man so gerne sagt, "flüssig sein" - oder zumindest so tun, als sei sie flüssig. Und damit hat das Bankengewerbe die wahrscheinliche cleverste Geschäftsart aller Zeiten gegründet! Denn die Bank muss das Geld nicht wirklich als Papier besitzen, sie besitzt es theoretisch. Das ist, als würde ich behaupten, ich hätte 1 Millionen Euro seit gestern. Natürlich würde mir keiner glauben, aber wer kann mir schon das Gegenteil beweisen? Okay, so einfach ist es nicht! Eine Bank ist ja eine Institution, die hat Geld. Woher? Weiß niemand, aber sie tun so, als hätten sie das Geld. Denn sie sind die Begründer des Wirtschaftssystems - durch die Banken gibt es Geld (ob theoretisch als Zahl auf einem Stück Papier) oder als tatsächliche Banknote, die man in der Hand hält. Nur: wer hält denn heutzutage noch Geld "in der Hand"? Wir haben Plastikkarten als Cash-Ersatz. Ansonsten haben wir ein Girokonto, mit dem wir sämtliche Geschäfte abwickeln, als würden wir mit einem Abakus herumspielen. Mit unserem Gehalt ist es ähnlich - wir arbeiten Monat für Monat hart, um Geld zu verdienen. Doch wieviel dieses Geldes SEHEN wir tatsächlich? 20%? Wenn wir Glück haben 30%?

Die meisten Geschäfte der heutigen Zeit geschehen virtuell, sie sind Schlösser aus Luft, auf virtuellen Wolken gebaut. Das ist der Trick der Banken: man MEINT, man sähe Geld, weil man eine beliebige Zahl auf dem Kontoauszug sieht, die das aktuelle Guthaben (oder die Schulden im gegenteiligen Fall) anzeigt. Wie gesagt, seit gestern besitze ich 1 000 000 Euro... ich brauche es nur hinzuschreiben, schon ist es Realität. Einziger Unterschied: wenn ICH über Geld schreibe, ist es nur für mich Realität. Ich kann mir von "meinem Reichtum" weder ein Haus noch eine Packung Kaugummi kaufen - wenn allerdings eine Bank behauptet, sie habe Geld, bekommt sie alles und sie kann alles machen! Sie kann Kredite vergeben, sie kann Immobilien kaufen - in jedem Fall aber kann sie Menschen an sich binden. Mephisto lässt grüßen!

Die Groteske beginnt erst, wenn wir vom umgekehrten Fall reden: wenn ich nun behaupten würde, ich bräuchte dringend 1 000 000 Euro, weil meine Schulden sich auf diese Summe belaufen, wer würde mir schon Geld leihen? Die meisten Menschen würden diese Misere mit dem Ausdruck "Selbst Schuld!" abtun und mich meiner Wege direkt unter die Brücke ziehen lassen. Aber wenn eine Bank sagt, sie hat Schulden und kann nicht mehr - muss sie dann mitsamt sämtlicher Angestellten und Managerriege unter eine Brücke ziehen? Werden wir in Zukunft Bankmanager mit Plastiktüten unter Brücken am Lagerfeuer sitzen sehen, von Hunger und Krankheit gezeichnet? Die Antwort weiß jeder, deswegen brauch ich sie auch nicht zu beantworten.

Jetzt, wo die Banken Schulden haben, müssen wir, die Konsumenten, die Bürger dieses (und jedes anderen Landes) dafür Sorge tragen, dass die Banken gerettet werden. Nächstenliebe auf höchstem Niveau nennt sich sowas wohl! Würden wir einer Privatperson freiwillig die Schulden abtragen? Würden wir wirklich unsere Matrazen und Sparschweine schächten, um das Mismanagement dieser Privatpersonen wieder auszugleichen? Wer nur einmal die Sendung "Raus aus den Schulden" mit Peter Zwegat gesehen hat, weiß, dass in der Gesellschaft nicht viel Nächstenliebe herrscht.

Die Banken hingegen bekommen das Geld, dass sie brauchen. Und zwar echtes Geld! Die Menschen, die zur Zeit ihr letztes Hemd geben und einkaufen wie die Wilden, bezahlen das, was sie gar nicht brauchen, mit Bargeld. Und dieses Bargeld wird dafür verwendet, Schulden von Banken auszugleichen, die über Jahre aufgrund von theoretischen Rechenspielen entstanden sind. Dieses Geld hat in Papierform nie existiert! Aber wir müssen es in Papierform in die Wirtschaft investieren, damit das Abakusspiel noch einen Sinn ergibt, damit die Banken "gerettet" werden. Klar, wenn das nicht mehr der Fall wäre, gäbe es einen absoluten Geldverfall, wir alle würden elendig auf der Straße vor uns hinvegetieren... und trotzdem: wie kann es sein, dass Schulden sich auf so einfache Art und Weise durch Rechenspiele machen lassen? Woher kommen Immobilien, die gar nicht existieren, gebaut mit Geld, dass man als Zahlenwert mal irgendwo in einen Computer getippt hat?

Es gibt weltweit etwa 10% des gesamten Vermögens als Papierwert, sprich: als Banknoten. Der Rest ist reine Theorie. Klingt unglaublich? Eigentlich dürfte uns doch nichts mehr überraschen, oder?
Gerade in der letzten Woche wurde ein noch viel skurrilerer Fall aus der Kategorie "Kriminalmysterien" behandelt: das "Phantom" aus dem Drogeriemarkt, wie ich es inzwischen gerne bezeichne. Eine "Frau", die innerhalb von Jahren an Dutzenden verschiedener Verbrechen beteiligt gewesen sein soll. Einmal hat sie eine Polizistin kaltblütig erschossen, dann ist sie wiederum so dilettantisch gewesen, in ein Ferienhaus für eine Übernachtung einzubrechen. Der Fall erschien nicht nur skurril, sondern auch unheimlich - endlich haben die X-Akten" auch Deutschland erreicht, ruft sofort Scully und Mulder an, die Aliens sind gelandet. Und dann letzte Woche das: alles ein blödes Mißverständnis, entstanden aus einer Schlamperei heraus. Von wegen Phantom - Pustekuchen! Es waren mit DNA verunreinigte Wattestäbchen zum DNA-Abstrich an Tatorten. Das "ultimativ Böse" in Form einer Frau, dem "Phantom", gibt es nicht. Wieder wurden wir einer Illusion beraubt.

Und genausowenig wie das Phantom gibt es die Schulden der Banken, vom Prinzip her. Wir sind nicht in Zeiten der "Finanzkrise", sondern in Zeiten der "Phantomkrise" angekommen. Die Welt hat theoretisch erstellte Schulden, theoretisch gemachte Milliardäre, theoretisch verarmte Obdachlose. Nein halt! Das Elend der Obdachlosen ist recht real, die Villen, in denen die Milliardäre leben auch - aber die Krise der Banken? Wenn Banken Manager halten, die Millionen Boni im Jahr verdienen, wenn die gleichen Banken zigtausend Filialen ihr Eigen nennen und teure Hochhäuser errichten und halten können mit tausenden von mehr oder weniger nützlichen Angestellten - wo ist dann die Krise der Banken? Schön klingt sie, die Bankenkrise. Aber wenn ich eine Krise habe, müsste ich wohl oder übel meinen gesamten Besitz verkaufen. Nicht so die Banken, die "Phantome aus dem Wirtschafts-DNA-Labor". Für sie bleibt alles beim Alten, sie haben Geld, sehr viel Geld - natürlich nicht als Guthaben, sondern als Schulden. Theoretische Schulden. Theoretische Schulden, die wir praktisch ausbügeln dürfen. Denn theoretisch Schulden begleichen gibt es zwar, wird aber von den Göttern der Wirtschaft nicht anerkannt. Schulden machen ist ein theoretischer Akt - Schulden wieder ausgleichen ist praktischer, als uns allen lieb ist.

Die Botschaft des Jahres heißt wiedermal (welch Überraschung!): Konsumiert! Nicht vermehrt euch, ihr braucht nur zu konsumieren. Denn gleichzeitiges Vermehren würde wieder zu einer Umverteilung der Finanzen führen. Und wenn nicht Umverteilung, so noch schlimmer: zu mehr Armen und weniger Reichen Menschen. Und dann wäre die Gefahr viel zu groß, dass die größer werdene Masse der Armen der geringer werdenden Menge Reicher eines Tages in einer gewaltreichen Revolution die Köpfe abschlägt. Das natürlich aber nur rein theoretisch! Wir wollen doch schließlich nicht aktiv zur Gewalt aufrufen. Nur zum aktiven Konsum.

Ich wünsche allen eine schöne sonnige Restwoche!

LG Gene

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