Sonntag, 24. Juni 2012

"1992" - Grooven mit Prince für die Nachhaltigkeit

Zugegeben, ich bin in dieser Woche zu spät dran - schon wieder! Ja, deutsche Pünktlichkeit kann man mir nicht wirklich nachsagen, auf der anderen Seite sind wir hier nicht bei der Deutschen Bahn (okay, das war wieder eine sarkastische Spitze, wer auch immer sie verstehen mag!) und dieser Blog wird nur dann geschrieben, wenn mir genug zu einem Thema einfällt und bei mir irgendwo der Schuh drückt. Dazu ist zu sagen, er drückt mich weitaus öfter als ich jetzt gerade zugebe, aber man muss oft auch Prioritäten setzen und kann nicht immer zu den Nerds gehören, die ihre Gedanken in einem Blog zusammenfassen. Immerhin, Blogs werden oft auch als "Plattformen gesehen, in denen öffentlich viel Glibber geschrieben wird". Vielleicht gehört mein Blog auch dazu? Sei's drum, ich bin 24 Stunden zu spät dran und werde mir dafür nicht 99 Peitschenhiebe geben. Es ist so, Schwamm drüber! Beschäftigen wir uns lieber (besser später als gar nicht!) mit den wichtigen Dingen des Lebens!

In der vergangenen Woche fand in Rio de Janeiro der "Rio+20 - Gipfel" statt - ein Gipfel mit Staatsvertretern aus rund 190 Ländern, die sich um die Umwelt und die Nachhaltigkeit beschäftigen. Also, die Nachhaltigkeit von Rohstoffen und damit des gesamten Planeten. Schöner Gedanke, man möchte ihn glatt in einem schlüpfrig wortgewandten Werbeslogan verwursten. Zugegeben, es fällt mir gerade keiner ein, ich bin nicht in der Werbebranche, hasse die Werbung mit Leidenschaft, also lassen wir das! Was ich nun allerdings noch viel mehr hasse als Werbung ist Heuchelei; und der Rio+20 Gipfel ist wohl ein Musterbeispiel für die Heuchelei in der Politik. Ja, Riesenüberraschung: die Politik besteht aus Heuchelei, woohoo! Eine große Erkenntnis ist das nun nicht, wir sehen sie schließlich täglich. Auf der anderen Seite des Mondes ist allerdings festzustellen, dass es manchmal den Politikern doch daran gelegen ist, das Richtige zu tun. Immerhin, sie leben auf dem gleichen Planeten wie wir - und der Trost, dass wenn die Welt untergeht, sie mit uns untergehen, ist ungemein beruhigend. Zumindest beruhigt es mich zu wissen, dass wenn die Menschheit ausstirbt, heuchlerische Politiker und steinreiche Milliardäre mit uns sterben. Da hilft auch all das Geld und all die Macht nix mehr. Aber zurück auf Anfang: keiner soll sterben (zumindest nicht kollektiv und in diesem Moment aufgrund von zu wenig Nachhaltigkeit), also sollte etwas getan werden. Der Rio+20 Gipfel galt als das Symbol für die harte Arbeit, die Politiker investieren, um Lösungen gegen die Umweltverschmutzung, den Klimawandel und die Armut zu entwickeln.

Ideen - schön, wenn die Politik welche hat. Traurig, wenn sie keine hat. Leider ist dieser groß aufgezogenen und wahnsinnig teure Gipfel ein Beispiel dafür, wie es nicht gehen sollte in der Politik: außer Spesen nix gewesen und wir stehen im Ende genau an dem Anfang, an dem wir nie mehr stehen wollten. Ständig wird davon geredet, wie fortschrittlich wir sind, aber inwieweit sind wir fortschrittlich, wenn auf einem Umweltgipfel komplett ohne jegliche Verhandlungen vor Eröffnung die Unterhändler ein Dokument unterzeichnen, dass weniger Aussagekraft besitzt als das Toilettenpapier, dass ich tagtäglich benutze? Als ich am Montag genau diese Nachricht hörte, fragte ich mich, wofür der Gipfel denn bitteschön gut sein sollte. Kein Wunder, dass Frau Merkel an diesem Gipfel erst gar nicht teilnahm, aufgrund einer schlechten Prognose was die Erfolgsaussichten betrifft. Was so löblich klingt in Bezug auf unsere Bundeskanzlerin, wurde natürlich direkt wieder zunichte gemacht, indem Madame Merkel zur Fußball-EM zum Viertelfinalspiel der Deutschen reiste. Anscheinend ist es vollkommen egal, dass die Erde in ein paar Jahrzehnten vor erheblichen Katastrophen steht, Frau Bundeskanzlerin ist ja schon alt genug, bis dahin ist sie eh hinüber!

Aber halt! Frau Merkel ist schließlich die Gallionsfigur der Ökopolitik des neuen Jahrtausends. Guter Witz, wenn man bedenkt, wie sehr sie noch vor einem Jahr hinter der Atompolitik stand und jahrelang als Umweltministerin jeglichen Ökostrom und die Politik der Grünen verlacht und boykottiert hat. Es ist nicht mehr zu ändern, sie steht nun in zukünftigen Geschichtsbüchern als die Frau, die die Energiewende gebracht hat. Wenn man nur diese Tatsachen sich vor Augen führt, kann man die Lächerlichkeit gleich als Schablone auf den Rio+20 Gipfel übertragen.

Im Jahr 1992 wurde (ebenfalls in Rio) ein Dokument der Staaten dieser Welt aufgesetzt, dass "aussagekräftig" an der Nachhaltigkeit arbeiten sollte, die Staaten verpflichtete, nach Lösungen zu suchen, die Artenvielfalt dieser Erde zu schützen und gleichzeitig die Armut zu bekämpfen, da auch diese für die Umweltprobleme ein wichtiger Faktor ist. Die Frage, die sich in dieser Woche nun gestellt wurde, war: "Was kann für die nächsten 20 Jahre verändert werden? Wo können wir noch arbeiten, um die Nachhaltigkeit dieses Planeten zu schützen und die Artenvielfalt zu erhalten?" Antwort: Nix! Null Komma Nix. Ich weiß manchmal nicht, was ich zu dieser Art, mit den Umweltproblemen umzugehen, halten soll. Ist es ernsthaft nicht wichtig genug? Haben wir alle nicht genug Ideen, den Planeten zu retten?

Ich denke, es wird den Leuten wohl nicht wichtig genug sein, obwohl es verdammt wichtig ist, wichtiger als alles andere, wichtiger als jeder Euro-Rettungsgipfel und ja, liebe Männer, wichtiger als jedes Fußballspiel! Die Erhaltung des Planeten und die Nachhaltigkeit der Erde, auf der wir gehen, stehen, leben, lieben, schlafen, arbeiten und einfach sind ist wichtiger als alles andere in unserem Leben. Die Gleichung ist ganz einfach: keine Erde mehr bedeutet keine Lebensform mehr möglich. Es ist so idiotensicher einfach zu kapieren wie gleichzeitig erschreckend, dass diese Tatsache immer noch ständig ignoriert wird und stattdessen alles andere wichtiger ist.

Aber was rede ich? Ich schreibe nur einen Blog, den keiner liest. Tausende Menschen gingen in dieser Woche in Rio auf die Straße zu Gegendemonstrationen gegen den Rio+20 Gipfel, weil sie genau wissen, wie sinnlos und überteuert dieses Politiktheater ist. Und was interessiert die Menschen? Ihr iPhone, hergestellt unter anderem mit Glimmer, den indische Kinder aus der Erde schürfen in stundenlanger Arbeit, Kinderarbeit, gestohlene Kindheiten, damit Kinder des verwöhnten Westens Unwichtigkeiten per SMS an ihre Freunde weitersenden können. Klingt das schon zu sehr nach Katholizismus und "Das Wort zum Sonntag"? Ich hoffe nicht, denn ich will jetzt nicht auf irgendwelche Bibelstellen hinaus oder wie sehr uns Gott doch retten wird, wenn wir nur wollen.

Die Lösung ist viel einfacher: die einzigen, die uns retten können, sind wir selbst. Genau da beginnt allerdings das Problem: wenn wir uns nicht einig sind, den Planeten zu retten, wird er nicht gerettet! Wenn Wirtschaftsinteressen vor Umweltinteressen stehen, wird diese Welt nicht gerettet. Menschen, die ihren wirtschaftlichen Wohlstand über alles andere stellen, werden nicht zur Rettung und zur Nachhaltigkeit auf diesem Planeten beitragen. Mark Zuckerberg wird mit seinen zig Milliarden nicht der neue Heilsbringer dieser Erde werden, so sehr sich die Facebook-Jünger das auch wünschen mögen und ihm gerne ihre ganze Freizeit opfern, sich zum Sklaven eines sozialen Netzwerkes machen, damit ein Mann, der nicht einmal 30 ist, zum Wirtschaftsmagnat wird, der über das Schicksal von Millionen Menschen letztendlich bestimmen wird. Warum? Ganz einfach: weil er das Geld dazu hat! Jeder Mensch, der genug Geld hat, kann über das Schicksal und Leben Millionen anderer bestimmen. So läuft die Welt - der Mechanismus dieses "Uhrwerkes" ist erschreckend einfach aufzuzeigen und schockiert gleichzeitig durch seine Dummheit.

Haben Menschen mit Intelligenz etwas zu sagen auf diesem Planeten? Wenn sie Geld haben schon. Andererseits, nicht jeder Mensch mit Geld ist intelligent und nicht jeder Arme ist automatisch dumm, nicht einmal jeder Analphabet ist automatisch von Intelligenzmangel gestraft. Das Problem liegt in der auf Finanzen ausgerichteten Welt, die nur noch davon lebt, wer wieviel Geld hat und damit wie, wann eventuell investieren könnte. Damit ein weiteres Problem: Menschen mit Geld investieren nicht automatisch.

Was hat das nun mit dem Rio+20 Gipfel zu tun? Es wird nicht investiert in Projekte, die den Umweltschutz vorantreiben könnten. Die Reichen, denen die finanziellen Mittel zur Verfügung stehen, weigern sich, etwas für den Erhalt des Planeten zu tun, auf dem sie leben. Weil sie davon eventuell nicht noch mehr finanziell profitieren könnten. Die Angst, durch eine Investition Geld zu verlieren, entwickelt sich bei den Reichen zu einer Art schizophrenen Störung in ihrer Persönlichkeit, die sie in die Arme von Ratingagenturen treibt, die entweder "Moody" oder "Standard & Poor" sind (kleiner Wortwitz am Rande!) und gerne mal einen Staat nach dem anderen herabstufen, damit diese wiederum noch ärmer werden, weil kein Reicher mehr in sie investieren möchte.

Macht das nun die Ratingagenturen zu den "Anwälten der Reichen"? Meine Güte, als hätten die Reichen nicht schon Anwälte genug! Geht es in der Wirtschaft nicht auch darum, mit Risiko zu investieren, auch auf die Gefahr hin, dass dem Einen Geld verloren geht, damit es ein anderer kriegt? Geld, das "verloren" geht, verschwindet schließlich nicht von der Erdoberfläche; es wandert nur von einer Tasche in die nächste. Doch Menschen, die nicht mehr investieren oder nur noch in Dinge investieren, die mit einer möglichst hohen Garantie Gewinne abwerfen, schaden nicht nur der Wirtschaft, sie schaden dem gesamten Planeten, auch im Umweltaspekt. Wenn nicht in neue Evolutionen alternativer Energien und Lebensstandards investiert wird und damit gute Ideen in der Schublade steckenbleiben, sind diese Großinvestoren, die sich verweigern, für die nachhaltige Zerstörung des Planeten verantwortlich. Ja, auch Sie, Mark Zuckerberg! Ja, auch Sie, Karl Albrecht! Ja, auch Sie, Warren Buffet, Bill Gates und Carlos Slim Helú! (<<< dies sind immerhin laut diesjähriger Forbes-Liste die drei reichsten Menschen der Welt!).

Nun könnten Menschen sagen: aber diese Menschen spenden doch auch ab und zu und investieren in wichtige soziale Projekte? Auch ich habe mal gehört, Herr Zuckerberg wollte für das amerikanische Schulsystem 100 Millionen Dollar spenden. Nun sehen wir die Dimensionen: ein Vermögen von über 10 Milliarden Dollar (bis jetzt! Der Gewinn durch den Börsengang wird sich ja erst noch mit den Jahren zeigen!) und dann eine "Spende" von 100 Milliarden US Dollar für das amerikanische Schulsystem. Ich bin zutiefst beeindruckt! Die Umwelt hat zwar nix davon, aber immerhin die US-Kids. Ich gebe zu, der Gedanke ist auch sehr nett und man möchte gerne glauben, dass Herr Zuckerberg ein guter Mensch ist. Auf der anderen Seite tue ich mich mit Menschen immer sehr schwer, die mehr als eine Milliarde Dollar oder Euro besitzen (und ja, ich bin mir bewusst, dass zwischen den beiden Währungen ein großer Unterschied besteht!). Allerdings, Euro oder Dollar, hin oder her: Kein Mensch kann vom Eigenbedarf her so viel Geld in seinem Leben ausgeben! Warum also so viel Geld horten und durch Zinsen oder durch Rendite aus irgendwelchen Investitionen noch mehr Geld herausziehen?

Reiche Menschen sind die Bremse für die gesamte Weltwirtschaft, keiner möchte es nur so wirklich wahr haben. Beziehungsweise die, die es wahrhaben wollen, haben wenig bis nix zu sagen. Politiker? Die sorgen nur dafür, dass sie sich möglichst geschmeidig in den Enddärmen der Reichen winden können, damit auch sie am Ende des Tages gut profitieren. Für die Wirtschaft des eigenen Landes? Nein, nicht wirklich. Schon eher für die spätere Karriere nach dem Ende der Politikkarriere.

Genau dieses Phänomen konnten wir auch diese Woche beim Umweltgipfel wieder erleben. Die Politik lobhuselt sich selbst für Beschlüsse, die mehr im Nebel stehen als in dem Film "The Fog" - was beide gemeinsam haben, der Film wie die Beschlüsse: es ist wahrhaft ein "Nebel des Grauens", der uns alle umgibt! Die Politik bemüht sich mit ihren Beschlüssen "im Sinne der Umwelt" hauptsächlich darum, im Sinne der Reichen und Mächtigen zu handeln. Genau durch diesen Teufelskreis aus "Geld vor Umwelt" blockieren sämtliche Staaten dieses Planeten sich selbst - nicht nur irgendwo im fernen Afrika oder Indien, sondern auch hier, mitten in Europa, in Deutschland! Alle Loblieder auf unsere innovativen Strukturen zur Umweltschonung klingen verheißungsvoller als die Gesänge sämtlicher Sirenen aus den schönsten Sagen, aber wenn wir mal ehrlich sind, geht es viel zu oft bei den "erneuerbaren Energien" oder sämtlichen Umweltbelangen in erster Linie um neue Wirtschaftszweige. Es muss in erster Linie einen Profit bringen, danach kommt erst der Umweltaspekt! Und jeder Konsument von umweltfreundlichen Produkten will in erster Linie dadurch Geld sparen und folglich wirtschaftlich davon profitieren, den Planeten zu retten. Ist es nicht eine schöne Welt, in der wir leben?

Alles, was ich hier sagen möchte (wenn ich überhaupt etwas im Blogglibberdschungel zu sagen habe!) ist, dass wir die Umwelt retten sollten, weil sie es wert ist, gerettet zu werden. Auch wenn ich sagen muss, dass ich oft an dieser Welt so meine Zweifel habe bei all der Dummheit der Menschen, die immer nur an sich selbst statt an die Gemeinschaft zu denken. Doch dieser Eindruck ergibt sich immer aus einer subjektiven Sichtweise, gesteuert von den Menschen, die einen unmittelbar umgeben. Wenn man genauer hinsieht, gibt es wahnsinnig viele Menschen, die es wert sind, sich gute Menschen mit guten Werten zu schimpfen. Dazu kommt noch eine Artenvielfalt an Tieren und der gesamten Natur, die in ihrer Schönheit gerettet werden soll.

Okay, zuviel Schöngeistdenken, zu wenig Wirtschaftlichkeit in meinem Blog? Es gibt auch wirtschaftliche Lösungen, die für Wohlstand für mehr Menschen als nur eine Handvoll sorgen würden und gleichzeitig die Umwelt retten würden. Diese zu beschreiben, würden mich allerdings abwechselnd zu einem Kommunisten und einem Opportunisten, vielleiht auch einem Fantast machen. Denn am Ende des Tages steht eins fest: die festgesetzten Strukturen dieser Gesellschaft kleben in den Köpfen der Gesellschaft fest und lassen sich nicht so leicht lösen.

Ein trauriges Ende für diese Woche, da wir in der Erkenntnis leben, dass der Rio+20 Gipfel nichts gebracht hat. Mein erster spontaner Gedanke an das Jahr 1992, in dem der erste Umweltgipfel dieser Art in Rio stattfand: Prince... oder TAFKAP... oder Symbol... oder wie auch immer sich "Prince" immer mal wieder nennen mag! In seinem 1982 erschienenen Album "1999" und dem gleichnamigen Titelsong heißt es: "So tonight I'm gonna party like it's 1999". Wie passend! Und in Rio werden Verträge unterschrieben, damit wir uns alle genauso benehmen, fühlen und den gleichen Fortschritt haben wie im Jahr 1992. "Let's progress like it's 1992!". Wenigstens ging es bei 1999 um Fortschritt - in Rio ging es dagegen nur noch um Rückschritt - zurück ins Jahr 1992, am Besten noch ein wenig weiter zurück. Allerdings immer mit noch mehr Rohstoffverschwendung im Hinterkopf und mehr Umweltverschmutzung als je zuvor. Mehr Menschen, mehr Müll, weniger Aktionen gegen das Ganze. So macht man Politik - und zerstört die ganze Welt.

In diesem Sinne, eine gute neue Woche an alle Blogleser. Ich hoffe, es gibt auch den einen oder anderen, der neue Ideen entwickelt, auch wenn sie nur im Kleinen für sich selbst sind; Ideen, die ein wenig zur Nachhaltigkeit des Planeten beitragen. Immerhin: was die Politik nicht schafft, können wir alle gemeinsam schaffen! Gegen jeglichen Wirtschaftswiderstand - wie schon "Wir sind Helden" sangen: "Wir müssen nur wollen!". Bis zum nächsten Samstag zum nächsten Blogeintrag!

LG Gene :-)

PS: Für alle, die über das "großartige soziale Netzwerk" Facebook über neue Blogeinträge auf dem laufenden gehalten werden wollen, hier meine persönliche "Page": Gene Lewis Blog Facebook



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