Freitag, 19. August 2011

"Ein Schweinchen namens von Boetticher" vs. "Romeo & Julia... verzweifelt gesucht!"

Nun, der Titel ist ungewollt eindeutig, aber da ich zu gerne Filme schaue, fand ich in dieser Woche diese "Schlagzeile" besonders passend. Zugegeben, damit werde ich mich wohl nicht für die BILD bewerben können, aber ich bin relativ zufrieden mit dem kleinen Leserkreis, den ich hier habe.

Wie man unschwer erkennen kann, auch mich hat die Nachricht über den CDU-Spitzenkandidaten und seine Affäre, die letzte Woche rauskam, erreicht. Falls man für das Märchen "Ein Schweinchen namens von Boetticher" eine kleine Einleitung oder Zusammenfassung schreiben müsste, so würde dort wahrscheinlich Folgendes stehen: "Die Geschichte von einem kleinen Mann, der rausging, groß zu werden und sich durch Dummheiten seinem eigenen Ziel auf immer und ewig zu entfernen."

Großes war mit ihm geplant, Christian von Boetticher. Er sollte im nächsten Jahr als Spitzenkandidat in den Wahlkampf gegen die "niederen Parteien" für die "Königsklasse CDU" ziehen. Was genau im Hintergrund passierte, war wohl eher unklar. Vielleicht passten vielen Parteibrüdern nicht, dass von Boetticher die politische Schlagkraft eines nassen Waschlappens hatte. Oder sie befanden schon immer sich selbst oder jemand anderes als den besseren Spitzenkandidaten. Wie gut, dass von Boetticher in dieser Kategorie nicht nur politisch zu Nichts zu gebrauchen ist, er ist obendrein noch schädlich für die Partei. Das zeigte sich, als herauskam, dass er eine Affäre mit einer 16jährigen hatte, heimlich - es war, wie er später beim Rücktritt sagen würde "wahrhaftig (*schnief*) Liebe! (*schnupfschnief*)!".

Wenn von Boetticher für eins gesorgt hat mit seinem Rücktritt, dann für Gesprächsstoff... und wenn's nur für eine Woche ist. Es wurde eigentlich über alles geredet bei dieser Diskussion - außer über Politik natürlich. Wäre ja auch eher langweilig, über Politik reden die in den Nachrichten schließlich immer. Aber ein Politiker, der etwas vermeintlich politisch Inkorrektes tut, tsk tsk... das ist doch ein Masse naserümpfender Menschen wert, die heftigst darüber diskutieren, was richtig oder falsch ist - gerade bei "wahrhaftiger (*schnief*) Liebe!".

Doch das Thema "Männer und was sie gerade als gut genug empfinden" beschäftigt mich schon seit Längerem. Grundsätzlich bin ich ein Gegner eines Altersunterschiedes bei Paaren, wenn er das Alter des jüngeren Protagonisten übersteigt. Sprich: wenn der/die Jüngere in der Beziehung 18 oder 20 ist, muss der Altersunterschied nicht unbedingt 25 bis 30 Jahre betragen. Die Pros und Contras solcher Beziehungen werden schon seit Langem diskutiert. Pro: wenn der jüngere Beziehungsteil mental reif genug ist, spricht nichts gegen eine Beziehung zu einem älteren Partner. Contra: Es muss ein Mutter- oder Vaterkomplex vorgehen, wenn man solche Beziehungen eingeht.

Alles Quatsch! Grundsätzlich kann man nicht alle Beziehungen in einen Topf werfen. Und an alle Pro-Anhänger: kann ein junger Beziehungsteil wirklich 20 Jahre seiner Entwicklung voraus sein? Oder ist der um 20, 30 Jahre ältere Beziehungsteil einfach um 10 bis 20 Jahre gegenüber seinen Altersgenossen zurückgeblieben? Mitnichten, es heißt dann immer, bei Beziehungen von beispielsweise einer 18jährigen zu einem 40jährigen: "Sie ist reifer als ihre Altersgenossinnen... und er ist einfach jugendlich geblieben!" Das Credo darf lauten: "Für jeden Geisteszustand das passende Gegenstück."

Also wenn ein Mann oder eine Frau längst die 40 überschritten hat, sich aber im Kopf noch wie 18 fühlt, darf er/sie sich ruhig auf einen wesentlich jüngeren Partner einlassen. An dieser Stelle stellt sich doch die Frage: welcher 40+ gibt schon gerne zu, dass er/sie auch geistig über 40 ist? Jeder, ausnahmslos jeder wird behaupten, dass er im Kopf "jugendlich" geblieben ist. Auch mit über 50, mit über 60, mit über 200 Lebensjahren wird jeder Mensch behaupten wollen, er sei alles, nur nicht reif oder alt. Reife beanspruchen tatsächlich nur die Allerjüngsten; Jugendliche sind oft gerne ihrer Zeit voraus, wenn sie nicht mit der Masse schwimmen wollen. Dann sind sie mit 15 "altklug", mit 16 - 18 ihrem Alter bei weitem voraus. Frage ist dann, ob man geistige Reife damit beweisen muss, dass man sich auf 40jährige Männer oder Frauen einlässt.

Sicherlich, Mädchen sind in ihrer Entwicklung Jungs immer voraus. Allerdings wird der geistige Altersunterschied ungefähr auf 4, nicht auf 20 Jahre festgelegt. Damit fällt auch dieser Punkt aus der Schachtel für das logische Denken, die logische Erklärung, warum 40+ Männer unbedingt ein Mädchen in ihrem Bett haben müssten, das ihre Tochter sein könnte.

Jedes Mädchen wird in seinem Leben mindestens 5 Mal von Männern angebaggert oder bezirzt, die weit über ihrem eigenen Alter liegen. Das Traurigste war für mich dabei immer, dass sie weder aussahen wie George Clooney oder Jeff Goldblum, noch intelligent waren wie Einstein oder Bill Clinton. Letzterer war in seiner politischen Karriere ja auch über mehr als eine Affäre gestolpert, die skandalöseste war zugegebener Maßen eine mit einer wesentlich jüngeren Frau, Monica Lewinsky. Dieser Name hat sich für immer in unser aller Hirn gebrannt, wenn es um Affären zwischen einem älteren Politiker und einer blutjungen Verehrerin seiner Arbeit geht. Damals (also in der grauen Vorzeit, den 90er Jahren) hatte sogar der Verfechter der Moral, der Aufklärer dieser schmutzigen Affäre, ein Gesicht: Kenneth Starr, ein amerikanischer Anwalt, der mit seiner Untersuchung alles versuchte, Bill Clinton aus seinem Amtssitz zu heben.

Im Fall von Boetticher sind die Moralapostel das gesamte deutsche Volk, das diskutiert. Man fragt sich, wie eine 16jährige eine Affäre mit einem 40jährigen anfangen kann und umgekehrt. Dabei ist es doch so einfach: weil sie's können! Mit 16jährigen ist in Deutschland nicht verboten, solange der Sex nicht erzwungen ist (aber das ist in jedem Alter verboten!) und der/die 16jährige sich bewusst darüber ist, was er oder sie tut. Über diesen Punkt stolpern dann allerdings so einige Menschen. Denn wie kann man sagen, ob jemand mit 16 wirklich "reif" genug für eine Beziehung mit einem Mann ist, der mehr als doppelt so alt ist? Wann ist ein Kind noch Kind, wann ist es noch Schutzbefohlene/r, wann ist es eigentlich schon erwachsen genug, Verantwortung für das gesamte Leben zu übernehmen?

Oft genug geht vieles schief, wenn Jugendliche meinen, sie seien erwachsen genug für Alkohol, Sex, das gesamte Erwachsenenleben. Das Ganze endet nicht nur in extremen Einzelfällen im Komasaufen oder ungewollten Schwangerschaften. Sicher, man könnte meinen, wenn ein Mann mit über 40 eine Beziehung zu einer 16jährigen pflegt, dann wird es kaum zu einer ungewollten Schwangerschaft führen. Dafür steht viel zu oft hinter dem Mann eine Andere, eine feste Freundin im gleichen Alter oder sogar eine Ehefrau mit Kindern.

Also, was treibt einen Mann in die Arme eines quasi Kindes? Denn egal, wie reif sie im Kopf ist, irgendwo ist sie mit 16 zu jung für einen Mann, der gerade kurz vor der Midlife-Crisis steht. Ein Mann, der schon alles hinter sich hat, die 20er, in denen er feiern konnte, die 30er, in denen er sich seine Arbeitskarriere aufgebaut hat. Dafür läuft unser aller Leben doch viel zu sehr in einem vorgegebenen Muster, einem Code, an den sich die meisten Menschen halten. Sie haben verschiedene Lebensabschnitte, in denen sie verschiedene Dinge tun und verschiedene Erfahrungen machen. Wenn nun eine 16jährige mit einem 40jährigen eine Affäre hat, ist das nicht weiter schlimm, es sei denn, der 40jährige benutzt die 16jährige als Jungbrunnen und bindet Sie zwanghaft an Ihn. Viele Mädchen träumen von einem Partner, der erwachsen ist und sie durch das Leben führt - und genauso sind die "reiferen Herren" fasziniert, fühlen sich geschmeichelt, wenn eine junge, knospende Frau Interesse an ausgerechnet ihnen hat. Sie, die schon eine Halbglatze und einen Bierbauch haben, die sich die Hälfte der Zeit gehen lassen und optisch wie geistig genau das Alter tragen, das sie haben.

Die Frage , warum Beziehungen stattfinden zwischen verschiedenen Generationen ist wahrscheinlich eine genauso müßige Diskussion wie die Frage warum Beziehungen zwischen gesellschaftlich unterschiedlichen Schichten stattfinden. Liebe ist (wenn sie "wahrhaft (*schnief*) ist) eine Sache zwischen zwei Individuen und damit so einzigartig und unerklärbar wie die Lottozahlen der nächsten Woche.

Vielleicht dreht sich die Frage der heutigen Zeit danach, warum Menschen so verkrampft auf der Partnersuche sind, wie sie es sind. Es gibt immer mehr Singles in unserer Gesellschaft, künstlich aufgebauscht von dem Gedanken, einen Traumpartner zu finden, der so viele gute Eigenschaften hat wie sie sonst nur bei einem hochintelligenten außerirdischen Leben auftauchen würden. Schönheit, Intelligenz, Charme, Gutmensch-Syndrom - das alles und noch viel mehr sollen die potenziell idealen Partner für die meisten Singles beinhalten. Mehr oder weniger. Wenn dazu noch ein gut gefüllter Geldbeutel kommt, ist die Liebe unsterblich groß.

Leider nie groß genug, dass sie auch nur ansatzweise dem "Romeo & Julia" Beispiel folgen könnte. Damit meine ich nicht, dass Liebende sich kollektiv in den Selbstmord stürzen sollen, um zu beweisen, wie verliebt sie sind. Es fehlt allerdings der Wille, etwas füreinander zu tun, die Selbstlosigkeit in einer Beziehung (jedoch ohne Selbstaufgabe) und die Bereitschaft, nicht immer als dominierender Sieger dazustehen. Eine Beziehung ist Geben und Nehmen, wie eine Freundschaft, wie eine gesamte Gesellschaft. Doch Nehmen ist seliger denn Geben, zumindest scheint es heute so, auch wenn der Spruch umgekehrt heißt. Vielleicht auch beim Suchen nach einem jungen Partner, dem man die Jugend stehlen könnte.

Die Jugend hat schon immer die Menschheit fasziniert und es gibt nichts, das wir uns mehr wünschen, als so lange wie möglich so jung bleiben, wie es nur geht. Wir wollen jugendlich aussehen, uns jugendlich benehmen - und jugendlich lieben. Ein junger Körper ist meist auch viel reizvoller als ein alter. Schon in der Novelle "Tod in Venedig" von Thomas Mann hat die Hauptfigur alles riskiert, nur um einen jungen Schönling zu beobachten. Selbst, wenn das bedeutete, dass ihm dieses Beobachten indirekt den Tod bringen würde.
Eine Liebe ist geprägt von Schönheit, äußerer Schönheit weit mehr als innerer. Die Zeiten, in denen sich Menschen ausschließlich in das Innere eines Menschen verlieben konnten, scheinen für immer vorbei. Dafür gibt es zuviel gewollter statt gekonnter Jugend, Schönheits-OP's en masse und (wenn man auf diese Radikalität verzichten möchte) Photoshop! Kein Starbild ist mehr natürlich, Stars in ihren Mittvierzigern sind nicht wirklich jung geblieben, sie sind eher jung gemacht, passend für eine von der Jugend zerfressenen Werbelandschaft.

Die Betreffenden müssen sich fragen, woran das liegt. Ist es die Angst vor dem Alter, weil das Alter früher oder später den Tod mit sich bringt, dass nur noch nach Jugend gestrebt wird? Warum meinen Männer immer, sie müssten Frauen anbaggern, die wesentlich jünger sind als sie selbst? Sind alte Frauen vom Kopf her zu alt oder einfach zu klug? Haben Männer im Ende Angst, nicht gegen eine Frau ihres Alters zu bestehen?

Vielleicht ist das die ultimative Erklärung: ein Mann fühlt sich erst wohl, wenn er dominieren kann... immerhin ist er ja auch das starke Geschlecht. Dominanz gegenüber einer wesentlich jüngeren Partnerin ist leichter zu vollziehen als bei einer gleichaltrigen. Denn solange ein Mensch noch kein selbstständiges Denken entwickelt hat oder das Denken noch nicht ausgeprägt genug ist, wird es leicht, einen Menschen zu beherrschen, ihn zu leiten, ihn zu beeindrucken. Meiner Meinung nach läuft vieles darauf hinaus, dass Männer sich (neben dem schönen jungen Körper) genau deswegen so wohl fühlen mit einer gefährlich jungen Frau. Die Grenzen verwischen immer mehr, Liebe ist kein Lebenselement mehr, es ist eine Ware, bewertet nach Klassen. Fast wie bei Eiern, es gibt alles von Käfighaltung bis Bio.

Die Zeiten von Romeo & Julia sind vorbei, wahrscheinlich hat Romeo's Vater viel mehr Chancen bei Julia und dafür kann sich Romeo mit Julia's Mutter vergnügen. Wir schwimmen durch eine Zeit, in der wir nur denken, dass es wichtiger ist, den guten Schein aufrecht zu erhalten. Im Geschäftlichen wie im Privaten. Bei von Boetticher hat das nicht geklappt - er hat die Affäre beendet, um politisch Karriere zu machen... und ist doch gnadenlos gescheitert. Die "wahrhaftige Liebe", die man für eine falsche Politkarriere aufgibt, kann soviel Wahrheit gar nicht beinhalten. Und eine Hochzeit mit einer Anderen, die nicht einmal ein halbes Jahr später in Las Vegas stattfindet (wie im Fall von Boetticher) untermauert nur die These, dass es sich im Ende doch um die schlichte Geilheit handelte. Beurteilen kann dies indes freilich niemand, doch die Aktionen waren mehr als abgeschmackt und haben für alles, außer für eine "wahrhaftige Liebe" zwischen einer 16jährigen und einem 40jährigen gesprochen.

So gerne sich auch die anderen 40+ler einreden würden, sie würden mit 16-18jährigen aus reiner Liebe ins Bett steigen, vordergründig ist bei diesen Beziehungen immer noch die Lust nach Naivität und jungem Fleisch. Nicht, dass das strafrechtlich oder moralisch zu verfolgen sei - wer nicht selbst darüber nachdenkt und den Denkfehler im eigenen System bemerkt, muss eben so weitermachen. Und die Schere zwischen Alt und Jung wird damit immer größer, Beziehungen an sich in solchen Extremsituationen immer unnützer. Die Liebe hat sich verändert, der Sex hat sich verändert, wir alle haben uns verändert. Aber ist nur noch das Extreme das Wahre, nach dem wir streben sollten? Ist normal wirklich uncool?

Fragen über Fragen, auf die sich jeder nur selbst die Antwort geben kann. Liebe geschieht zwischen zwei (vielleicht auch mehr) Menschen und hat in erster Linie mit Gefühl zu tun. Nicht mit Alter, Rasse, Religion oder Politik. Nur erkennen viele das nicht - weder die, die meinen, sie brauchen unbedingt jugendliche Sexualpartner in ihrem Leben... noch diejenige, die diese "Beziehungen" verteufeln.

In der Hoffnung, dass die "wahrhaftige (*schnief*) Liebe" überlebt (in allen Formen), wünsche ich ein schönes Wochenende. Bis zum nächsten Freitag!

LG Gene :-)

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