Sonntag, 30. November 2008

Von Vögeln und Menschen - Vol. 2

Eine weitere Fortsetzung zum 1. Advent. Thema des Tages: der Mensch, das Tier und der Sex. Warum der Sex einen männlichen Artikel hat ist mir in diesem Zusammenhang allerdings schleierhaft. Aber naja, lassen wir das zunächst einmal außer Acht.

Wir bewegen uns mit großen Schritten auf Weihnachten zu, der Dezember kommt - und wenn er kommt, dann gewaltig: mit Konsumpanik und Dekorationsterror überall wo man hinblickt.

Aber Weihnachten ist doch eigentlich soooooooo viel mehr... es ist die Zeit der Besinnung, des Nachdenkens, die Zeit der Familie und der Partnerschaft. Und nicht umsonst ist Weihnachten das "Fest der Liebe". Und was gehört zur Liebe? Nun, Geschenke klar... bei Weihnachten ja speziell. Wenn man heutzutage nicht vom Ehepartner über die Eltern, die Kinder bis zu den Großcousinen nicht beschenkt, ist man eh für die nächsten fünf Jahre unten durch. Deswegen strengt sich auch in spätestens drei Wochen etwa dreiviertel der Bevölkerung an, Weihnachtsgeschenke zu besorgen. Man möchte ja dabei sein, Freude verschenken, noch mehr Freude erhalten.
Natürlich ist das nicht das zentrale Thema der Fortsetzung von "Von Vögeln und Menschen"... denn, wie der aufmerksame Leser weiß, ging es im ersten Teil um die Partnerschaft. Also Vogelweibchen und Vogelmännchen oder Männlein und Weiblein im Bereich Homo sapiens.

Dabei gibt es natürlich nicht nur die Hochzeit, die ich im ersten Teil beschrieben habe. Und die Monogamie, die anscheinend mühelos bei Vogelarten vollzogen wird, hingegen bei Menschen nicht auf Dauer zu halten ist. Denn die Menschen heiraten zwar, schwören sich die Treue - aber für wie lange?

Nun, zu einer Partnerschaft gehört natürlich auch der Sex. Egal ob bei Menschen oder bei Vögeln. Es geht um die Fortpflanzung, die Selbsterhaltung, die Leidenschaft und die Lust.
Vögel balzen, ein Nest wird gebaut, Eier werden gelegt und dann wird gebrütet. So einfach kann es sein. Was tun die Menschen? Sie haben Sex... und das in den seltensten Fällen auf die Art, dass sie danach ein "Ei legen", sprich dass sie ein Kind kriegen. Laut katholischem Glauben sollen die Menschen nur in der Ehe und nur zum Kinder zeugen zusammenkommen. Wenn DAS nun wirklich eingehalten werden würde, hätten inzwischen nur noch etwa 10% der Weltbevölkerung überhaupt noch Sex. Klar, mit der Zeit wollen die Leute Kinder - nicht immer, aber immer öfter. Sagen wir mal, etwa 80% der Leute haben irgendwo schon wenigstens für eine Zeitlang im Plan, ein Kind später zu haben. Eine Familie zu gründen. Doch bis dahin auf Sex verzichten? Mitnichten! Das würde ja an eine unbeschreibliche Qual grenzen, der sich keiner aussetzen möchte.

In letzter Zeit habe ich einige Diskussionen zu diesem Thema verfolgen dürfen - wie wichtig Sex ist, ob man ausgefüllt ist, wenn man Sex hat oder ob man einen an der Klatsche hat, wenn man keinen hat. Ob Enthaltsamkeit bescheuert ist oder genau das, was die Welt und der menschliche Geist individuell eigentlich braucht etc.
Dabei sind viele recht "triebgesteuerte" Meinungen herausgekommen. Es ist logisch, wenn ein Mensch schonmal Sex hatte, will er nicht mehr darauf verzichten. Das ist wie mit Kaugummi kauen, fester Nahrung zu sich nehmen oder auch vergleichbar mit einer Sucht, wie beim Rauchen oder Alkohol trinken. Sex kann einen Rausch bewirken - und wenn man den einmal hatte, will man den immer wieder, immer öfter, man möchte jedenfalls nie wieder ohne leben.

Nun, die Frage war in einer Gruppe, ob man ohne Sex leben kann. Und etwa 90% der Leute, die auf das Thema geantwortet haben, war natürlich "NEIN!". Aber wieso eigentlich nicht? Ist es wirklich so, dass wenn man Dinge gewohnt ist, nicht mehr ohne leben kann? Ich spreche nicht von meiner eigenen Situation oder meinem Empfinden diesem Thema gegenüber, ich packe das ganz neutral an, objektiv. Diese Leute, die meinen, es geht nicht ohne Sex, sehen das Leben nur aus ihrem Standpunkt, sehen nur, wie "gut" es ihnen mit Sex geht. Teilweise wird dann gesagt, die Leute, die sich bewusst für ein Leben ohne Sex entscheiden, haben "eine Schraube locker" oder "einen an der Klatsche". Ich habe darüber nachgedacht, in wievielen Situationen des Lebens die Menschen nicht freiwillig auf Sex verzichten, sondern dazu gezwungen werden.

Beispiel: ein älteres Paar, bei dem ein Teil als Pflegefall jahrelang im Sterben liegt. Der Sex liegt da wohl sehr fern, obwohl sich das Paar wahrscheinlich immer noch lieben wird. Okay, jetzt wollen wir mal nicht die Debatte aufgreifen "Dürfen alte Menschen Sex haben?", denn ich denke, erstens geht es keinen jungen Menschen was an, was alte Paare miteinander machen. Und zweitens werden die jungen Menschen über das Thema komplett anders denken, wenn sie selbst 40 Jahre älter sind! ;-)
Es geht mir in dem Beispiel eher um Folgendes: der Part, der keinen Sex mehr haben kann, hat der automatisch deswegen "eine Schraube locker", weil er enthaltsam lebt, statt mit irgendjemand anderem ins Bett zu hüpfen?
Weil dieser Mensch immer noch viel für seinen Partner empfindet, der allerdings schlichtweg die körperliche Liebe nicht mehr leben kann?

Und Paare, die sich mit der Zeit ohne Sexualität verstehen? Vielleicht hat ihre Liebe mit der Zeit andere Dimensionen angenommen, bei denen es nicht mehr darum geht, miteinander den Geschlechtsverkehr auszuleben... sind diese Leute nun saublöd oder haben auch sie ein Recht auf ihre Beziehung?

Laut der Leute, die regelmäßig Sex haben, ist die Beziehung dieser Leute "am Ende". Und ich wage nicht zu bestreiten, dass das durchaus der Fall sein KANN. Aber nicht MUSS. Nichts ist vielfältiger als das Individuum an sich. Und dessen Beziehungen. Keine Beziehung ist gleich, keine kann mit der anderen wirklich verglichen werden. Da wir in einer Demokratie leben, sollten es möglich sein, dass Paare sowohl in freilebiger Beziehung mit Partnerwechsel und -tausch leben können wie auch Paare, die auf die Sexualität verzichten.

Was natürlich die Leute gerne nehmen als Grund pro Sex ist Folgendes: Wer seine sexuellen Energien auslebt, hat gute Laune, bessere Laune, ist "von der Muse geküsst" und kann damit besser arbeiten und bessere Leistungen erbringen.

Das ist dann ein Aspekt, der mich "aus dem Fenster blicken" lässt. Nein, nicht jetzt, ist ja nicht gerade Rushour auf der Straße! Aber allgemein: laut Umfrage haben etwa 25% aller Leute selten oder gar keinen Sex. Sprich: 75% sind sexuell und kopulierend aktiv. Merkwürdig an der Sache ist nur, wenn Sex wirklich gute Laune macht und diese 75% der Menschen regelmäßig "Es" machen, warum dann die Welt überflutet ist mit mürrischen, unfreundlichen Menschen, die kein Lächeln im Gesicht haben und ihrem Gegenüber lieber einen Tritt in den Allerwertesten als einen Handschlag verpassen würden?

Ist das, was ich gerade beschrieben habe, wirklich utopisch? Nun, mag sein. Aber wieviele Menschen am Tag grüßen einen auch mal unbekannterweise? Einfach, weil es mal ein schöner Tag ist. Wieviele Menschen halten mit ihrem Auto wirklich an einem Zebrastreifen an und lassen den Fußgänger überqueren? Okay, ich gebe zu, die Leute haben es nur eilig, nach Hause zum Partner zu kommen... ihr wisst schon wofür ;-)

Das Leben ohne Sex kann funktionieren... Betonung liegt auf dem Wort KANN. Denn im Ende ist das Leben ohne Sex wie das Leben ohne Geld oder ohne Nahrung: möglich wäre es, aber Leben will es keiner!

Leider sind wir keine Vögel - die brauchen Sex zur Fortpflanzung. Und den Rest der Zeit wissen die Vogelpärchen sich einfach nur zu schätzen, sie mögen sich. Und Vogelmännchen meckern nie über unrasierte Beine beim Vogelweibchen. Im Gegenzug sagen Vogelweibchen nix, wenn das Vogelmännchen mal ein paar Gramm zugenommmen hat.

Vielleicht macht Liebe bei ihnen auch blind - und bei uns nicht mehr. Kann sein, dass Liebe und Sex inzwischen wie ein Aktienpaket für uns sind: solange die Aktie verfügbar ist, zuschlagen. Sollte sie sich allerdings nicht mehr als befriedigend herausstellen, muss sie so schnell wie möglich abgestoßen werden.

Und spätestens da ist klar, dass Sex nicht wirklich rundum zufrieden macht. Denn wenn es so wäre, müssten wir nicht unseren Partner ständig im Rhythmus von einigen Wochen (eher im Jugendalter), Monaten (eher Generation 20-35) oder Jahren (Generation 35+) wechseln. Monogamie ist nunmal selten beim Menschen - nicht unmöglich, aber eben wie ein Leben ohne Sex. Schwierig. Verdammt schwierig.

In diesem Sinne, mal etwas mehr Religiosität! Einen schönen ersten Advent an alle

LG Gene :-)

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