Donnerstag, 10. Januar 2013

"Die Wirtschaftskiller kommen!" - Teil 1: Milliardäre und Ratingagenturen

Das Jahr beginnt in meinem Blog in diesem Jahr mit einem kleinen Zweiteiler, denn inzwischen stelle ich mir ernsthaft die Frage, woher eigentlich die ganzen Finanzkrisen kommen. Liegt es wirklich an der Misswirtschaft des Staates oder macht das Volk irgendetwas falsch? Kann man einen Schuldigen benennen oder ist es doch jeder Einzelne, der es gründlich vergeigt hat?

Die Situation gleicht einem Splatter-Horrorfilm, allerdings einem sehr antiken. In dem Streifen "Der Blob" aus dem Jahr 1958 mit Steve McQueen war die Bedrohung ein außerirdischer rosa Schleim, der über die Zivilisation herfiel. Ähnlich geht es uns heute auch, nur dass die Bedrohung nicht Barbie-rosa, sondern eher moosgrün daherkommt: das liebe Geld hat uns fester im Griff als je zuvor. Es scheint, dass sämtliche Moral, jegliche Werte den Finanzen zum Opfer fallen oder nur dann funktionieren, wenn man sie mit dem lieben Geld vereinbaren kann. Hier sind sie nun, die "Wirtschaftskiller", bedrohlich und ohne jegliche Emotion wie in dem Film "Die Körperfresser kommen". Einziger Unterschied: diese Bedrohung ist weitaus weniger außerirdisch als uns lieb ist... denn sie ist menschengemacht und zerstört den Menschen zur gleichen Zeit.

Selten gab es so viele Finanzprobleme zu einem Jahreswechsel wie in diesem Jahr: die Eurokrise hat ganz Europa immer noch fest im Griff, Obama und die amerikanische Regierung haben mehr schlecht als Recht gerade noch die Fiskalklippe umschifft (mit einer großen theatralischen Inszenierung, muss man dazusagen!) und auch die Schwellenländer sind in ihrem Wirtschaftsboom gebremst. Erst im letzten Jahr stellte sich in China eine durch eine Immobilienblase verursachte, milliardenschwere Krise heraus. Allgemein bleibt in den Schwellenländern auch nur noch das Recht und der Sieg des Stärkeren: es setzt sich der durch, der in kürzester Zeit das meiste Geld horten kann - das sind meistens die Wenigsten. Was bleibt ist das Kapitalismus-Prinzip: das 1% der Superreichen gegen den Rest: 99% der Menschen, die gerade so oder gar nicht über die Runden kommen. In den USA protestierte ein Teil dieser Bewegung vor Banken und der New Yorker Börse, trotzdem hatte die "Occupy Bewegung" auf Dauer sehr viel weniger Erfolg als wir uns alle gewünscht hatten.

Die Schuld für eine Wirtschaftskrise liegt (neben politischen Faktoren und Fehleinschätzungen) auch immer in der Investitionspolitik. Wenn nicht mehr investiert wird, kommt das Wachstum ins Schwanken, der Arbeitsmarkt fängt an, mehr und mehr zu schwächeln, wodurch der Einzelne immer weniger Geld hat. Wenn der Einzelne schließlich kein Geld mehr hat, kann er das Geld, das er nicht hat, nicht mehr zurück in den Wirtschaftskreislauf führen. Dies wiederum führt zu einer immer größeren Wirtschaftsflaute. Das Weihnachtsgeschäft ist in jedem Jahr immer ein schönes Bonbon für den Einzelhandel, aber der Alltag holt die Wirtschaft wieder ganz schnell zurück auf den Boden der Tatsachen.

Das entscheidende Problem der Wirtschaft in sämtlichen Ländern dieser Erde ist wohl das Ungleichgewicht in der Verteilung des Kapitals. Während die Superreichen allein schon durch Zinsen und Spekulationen an der Börse ihr Vermögen immer weiter erweitern können, hat der Durchschnittsverdiener gerade einmal Geld für das Nötigste und nie genug Kapital, um in die Wirtschaft ansatzweise investieren zu können. Wer kann sich schließlich schon eben mal nebenher ein Haus auf Ibiza kaufen oder einen Bentley (Ferrari, Porsche... man darf sich an dieser Stelle seine Lieblingsmarke selbst eintragen!) leisten? Selbst mit viel Sparstrumpf füllen wird eine derartige Anschaffung für die Meisten nur ein Traum bleiben. Superreiche haben dieses Problem nicht, denn sie können sich das, was sie wollten, kaufen, wann sie es wollen und vor allem, so viel sie wollen.

Die Frage nach dem Geld ist wohl die einzig Entscheidende in dieser Zeit. Die Staaten brauchen Geld, jedes Individuum auf diesem Planeten (bis auf wenige Ausnahmen, die sich dem Geflecht einer Gesellschaft entzogen haben!) braucht Geld. Gleichzeitig ist das Ungleichgewicht zwischen Arm und Reich so groß wie nie zuvor. Das Mittelalter oder frühere Dekaden des letzten Jahrhunderts mit seinen Kasten- oder Standessystemen bestand im Wesentlichen aus den beiden Ufern zwischen denen, die bitterarm waren und denen, die im Überfluss lebten und nicht wussten, wofür sie ihr Geld und ihre Schätze ausgeben sollten.

Hat sich inzwischen etwas geändert? Das Einzige, was heute wirklich anders ist, ist die Tatsache, dass wir uns aus den Tiefen der Armut bis zur Spitze hocharbeiten können, sozusagen das Gesetz des Kapitalismus. Ohnehin ist Kapitalismus der Stolz der USA und Demokratie oder Liberalismus gelten im Land der unbegrenzten Möglichkeiten sowieso als besserer Kommunismus. Wir können uns quasi glücklich schätzen, selbst bestimmen zu können, wo wir im Leben finanziell stehen wollen. Wirklich? Ist damit Armut genauso gewählt wie Reichtum? Ich persönlich habe noch nie gehört, dass Menschen sich bewusst aussuchen, arm zu sein. Es gibt natürlich oft Menschen, die behaupten, Hartz IV Empfänger hätten ihr Schicksal selbst gewählt. Auf der anderen Seite muss sich jeder dieser Menschen, die diese Behauptung stellen, die Frage gefallen lassen, wer gerne von circa 600 Euro im Monat über die Runden kommen möchte.

Oft und gerne wird behauptet, das Sozialsystem sei ein Wirtschaftskiller gerade in Deutschland. Unser Sozialsystem gilt als eines der großzügigsten und damit sichersten der Welt. Doch an diesem System wird immer öfter gesägt, denn die Frage bleibt, wieviel diese soziale Großzügigkeit uns alle im Ende kostet, wenn es um Wirtschaftswachstum und globale Konkurrenzfähigkeit geht. Den Kritikern des Sozialsystems ist da nur die Situation z.B. in den kapitalistischen USA entgegenzusetzen, deren Sozialsystem auf einem sehr niedrigen Level steht, die aber trotzdem im Moment wie auf der Rasierklinge am Rande des fiskalen Abgrundes wandern. Es kann also nicht an sozialer Großzügigkeit liegen, dass die Staaten wirtschaftlich derart unter Druck stehen.

Im Ende gibt es nur die eine einleuchtende Erklärung neben all der Misswirtschaft und der Ratlosigkeit der Politik, die die globale Wirtschaft auf Dauer kaputtmachen: der Geldstau, verursacht vor allem von der Oberschicht! Das mag nun arg kommunistisch klingen (vielleicht ist es auch so gemeint), aber es muss auf die lange Sicht gesehen klar sein, dass die Reichen mit ihrer Sparmentalität nicht gerade zum Wachstum beitragen. Nun heißt das nicht, dass Reiche wie Dagobert Duck ihren Reichtum in einem riesigen Tresor sammeln und dadurch der Weltwirtschaft vorenthalten... denn es geht auch weitaus schlimmer: das Geld wird von den Superreichen kräftig vermehrt, indem sie nur in Projekte investieren, bei denen sie bloß nichts verlieren können! Kleiner Helferlein in diesem Spiel (mit immer größerer Rolle im globalen Lustspiel): die Ratingagenturen. Moody's, Fitch, Standard & Poors: diese Namen stehen nicht nur für die Herabstufung verschuldeter Staaten, denn dies ist nur der Anfang des Elends. Ratingagenturen sind "The Devil's Advocate", zur Verteidigung der Reichen vor dem Verlust ihres liebsten Gutes vor dem dunklen Strudel, auch genannt dem Rest der Welt.

Die Reichen lieben ihr Geld und heute ist es wichtiger als je zuvor, es zu behalten und zu vermehren. Reich sein reicht längst nicht mehr, denn die Konkurrenz im Club des oberen Prozents der Welt ist hart und gnadenlos. Allerdings fragt man sich, wenn man sich die Liste der reichsten Menschen der Welt ansieht: wer braucht das eigentlich? Die Mitglieder dieses Clubs bestimmt nicht. Wer kann schon in seinem Leben 1 Milliarde Dollar oder Euro ausgeben. Es ist sogar schon schwer, 1 Milliarde Rupien auszugeben! Wieso sollte es dann Sinn machen, mehr als 1 Milliarde Euro zu besitzen, sei es nun zu neuen Investitionen oder auch nur zur Sicherung des Lebensstandards? Der letzte Funken Sinn, nämlich auch mal mit Risiko zu investieren und abzuwarten, ob man Geld verliert oder eben nicht, geht dank Ratingagenturen inzwischen auch verloren.

Wozu führt das? Mir persönlich kommt es inzwischen vor, als wäre die Welt immer reicher. Die Frage, woher das "neue Geld" allerdings kommt, erschließt sich mir nicht. Immerhin gibt es weder eine Balz noch Geschlechtsverkehr zwischen Geldscheinen, also können sie sich nicht wie Lebewesen vermehren. Wertsteigerung? Woher soll die kommen? Es gibt eine bestimmte Menge an Menschen und Rohstoffen und da alles einen bestimmten Wert hat, müsste es auch einen festgelegten Wert für die gesamte Existenz geben. Also hieße es, den Spruch "Was kostet die Welt?" wörtlich zu nehmen. Spätestens an diesem Punkt allerdings scheint die Logik auszusetzen, denn es gibt immer mehr Reiche, die immer mehr Geld haben, das vorher gar nicht existiert hat. Im Gegensatz dazu haben die Armen nicht wirklich weniger Geld, aber sie werden immer mehr und der Geldanteil unter den Armen steigt nicht, wodurch jeder arme Mensch immer weniger Geld besitzt. Man kann also vermuten, dass für die Reichen einfach Geld neu dazu erfunden wird, während bei den Armen alles beim Alten bleibt und es kein neues Geld gibt, wodurch die Armen tatsächlich immer ärmer werden.

In den vergangenen Wochen nun gab es eine große Diskussion, eine Art neue französische Revolution wurde gewollt und ist trotzdem gescheitert. Die Rede ist von der 75% Steuer für die Reichen in Frankreich. Es war schon vor der Wahl Hollandes zum Präsidenten klar, dass der Club der Reichen Reißaus nehmen wird, sollten die Pläne konkretisiert werden. Hollande wagte es trotzdem, denn das Land ist ebenfalls von der Eurokrise schwer gebeutelt und er hat längst verstanden, dass die Menschen nicht überleben können, wenn die Beiträge für den Staat bei denen erhöht werden, die es sich leisten können. Ein Staat kann nicht nur davon leben, dass der Normalbürger hohe Steuern bezahlt und dadurch am Anfang des Monats von all der Arbeit nichts mehr als Lebensgrundlage übrig haben. Nun ist der Wandel seit langer Zeit im Gange, der Protest gegen die Ungerechtigkeit in der Gesellschaft und der Kampf für mehr finanzielle Gleichstellung der einzelnen Schichten. Trotzdem scheiterten sowohl die Occupy-Bewegung vor mittlerweile über einem Jahr und die Pläne Hollands zur höheren Reichensteuer. Ich muss ehrlich zugeben, dass selbst ich mit all meinen Ansichten 75% Reichensteuer für überzogen halte, dennoch hat Hollande im Kern das Problem richtig angepackt. Es kann nicht sein, dass Menschen mit astronomisch hohem Einkommen und Besitz auf dem Geld sitzenbleiben und dadurch der Weltwirtschaft entziehen. Das ist keine Neiddebatte, es geht um das Konstrukt der Welt an sich: wenn Geld quasi aus dem Kreislauf gezogen wird, wird das Vermögen eher zur Belastung für die Wirtschaft, es kann kein Wachstum mehr geben, wenn das Geld nicht mehr arbeitet... und einfach in Projekte investieren mit der Garantie, dass sie mehr Geld einbringen, führt nur dazu, dass noch mehr Geld aus diesem Kreislauf gezogen wird. Also sind die Reichen und Großverdiener einer der größten Wirtschaftskiller. Ausgerechnet die Menschen, denen der rote Teppich immer und immer wieder ausgerollt wird und die jeden Vorzug von der Gesellschaft erhalten, damit sie sich auch weiterhin pudelwohl fühlen. Nicht nur Gerard Depardieu, der sich inzwischen zum berühmtesten Steuerflüchtling der Welt entwickelt hat und auch gerne den Pakt mit Teufel Putin eingeht, um keine hohen Steuern zu zahlen, bekommt den Vorzug, wenn er ihn braucht. Was bei ihm für große Empörung sorgt, ist doch jeden Tag für viele Superreiche normal und nicht einmal eine Zeile in einer Zeitung wert.

Die Reichen sind bei Weitem nicht die einzigen Wirtschaftskiller in der globalisierten Welt, doch sie tragen einen großen Beitrag zur Wirtschaftskrise, wie wir sie kennen, bei. Hollande scheiterte vor dem höchsten Gericht in Frankreich mit seinem Vorhaben und muss nun seinen Gesetzesentwurf möglichst schnell überarbeiten, da er auch unter großem Druck steht, seine Wahlversprechen endlich zu erfüllen. Nun haben aber auch andere Länder (auch Deutschland!) ein gewaltiges Problem damit, die Reichen zur Kasse zu bitten. Es gibt einfach zu viele Schlupfwinkel für Reiche, die ungewollte Geldabgabe zu vermeiden: wenn ein Land die Reichensteuer erhöht, machen sie einfach den Depardieu und ziehen in ein anderes Land um (im Übrigen taten sie dies auch schon vorher, also hat Gerard nicht wirklich Vorbildfunktion!). Die Einsicht muss in den Reichen wachsen, dass Investitionen auch auf der Basis des Risikos funktionieren müssen. Es ist wichtig, dass die Superreichen auch mal Geld verlieren (es muss ja nicht gleich alles sein!), damit das Geld wieder in die Weltwirtschaft einfließen kann, damit andre Menschen auch mal wieder eine Chance bekommen. Es wäre doch einfach mal "nett", wenn die restlichen 99% zumindest den Traum einer Chance bekämen. Wir brauchen nicht nur Utopie in unserer Existenz, sondern auch Träume, die sich mal erfüllen können.

In Deutschland wird sich nun in diesem Jahr zeigen, wohin wir mit unseren Reichen und der Arschkriecherei in Richtung selbiger weitergehen wird. Der Wahlkampf läuft bereits jetzt auf Hochtouren und ist doch schon mehr als gelaufen (allein Steinbrück hat mit seinen Äußerungen dafür gesorgt, doch das soll Thema eines anderen Beitrages sein!). Hoffnungen bleiben damit auch hier, dass sich im finanziellen Ungleichgewicht irgendwann doch mal etwas ändern wird. Man darf gespannt abwarten und Tee trinken - oder nach dem Motto leben: "Man wird ja wohl von der Veränderung noch träumen dürfen!"

Was mir bleibt, ist allen Lesern ein schönes Wochenende zu wünschen und sie bis zum nächsten Blogeintrag zu vertrösten. Die "Wirtschaftskiller/Körperfresser"-Serie geht auf jeden Fall weiter!

LG Gene :-)

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