Sonntag, 24. Juni 2012

"1992" - Grooven mit Prince für die Nachhaltigkeit

Zugegeben, ich bin in dieser Woche zu spät dran - schon wieder! Ja, deutsche Pünktlichkeit kann man mir nicht wirklich nachsagen, auf der anderen Seite sind wir hier nicht bei der Deutschen Bahn (okay, das war wieder eine sarkastische Spitze, wer auch immer sie verstehen mag!) und dieser Blog wird nur dann geschrieben, wenn mir genug zu einem Thema einfällt und bei mir irgendwo der Schuh drückt. Dazu ist zu sagen, er drückt mich weitaus öfter als ich jetzt gerade zugebe, aber man muss oft auch Prioritäten setzen und kann nicht immer zu den Nerds gehören, die ihre Gedanken in einem Blog zusammenfassen. Immerhin, Blogs werden oft auch als "Plattformen gesehen, in denen öffentlich viel Glibber geschrieben wird". Vielleicht gehört mein Blog auch dazu? Sei's drum, ich bin 24 Stunden zu spät dran und werde mir dafür nicht 99 Peitschenhiebe geben. Es ist so, Schwamm drüber! Beschäftigen wir uns lieber (besser später als gar nicht!) mit den wichtigen Dingen des Lebens!

In der vergangenen Woche fand in Rio de Janeiro der "Rio+20 - Gipfel" statt - ein Gipfel mit Staatsvertretern aus rund 190 Ländern, die sich um die Umwelt und die Nachhaltigkeit beschäftigen. Also, die Nachhaltigkeit von Rohstoffen und damit des gesamten Planeten. Schöner Gedanke, man möchte ihn glatt in einem schlüpfrig wortgewandten Werbeslogan verwursten. Zugegeben, es fällt mir gerade keiner ein, ich bin nicht in der Werbebranche, hasse die Werbung mit Leidenschaft, also lassen wir das! Was ich nun allerdings noch viel mehr hasse als Werbung ist Heuchelei; und der Rio+20 Gipfel ist wohl ein Musterbeispiel für die Heuchelei in der Politik. Ja, Riesenüberraschung: die Politik besteht aus Heuchelei, woohoo! Eine große Erkenntnis ist das nun nicht, wir sehen sie schließlich täglich. Auf der anderen Seite des Mondes ist allerdings festzustellen, dass es manchmal den Politikern doch daran gelegen ist, das Richtige zu tun. Immerhin, sie leben auf dem gleichen Planeten wie wir - und der Trost, dass wenn die Welt untergeht, sie mit uns untergehen, ist ungemein beruhigend. Zumindest beruhigt es mich zu wissen, dass wenn die Menschheit ausstirbt, heuchlerische Politiker und steinreiche Milliardäre mit uns sterben. Da hilft auch all das Geld und all die Macht nix mehr. Aber zurück auf Anfang: keiner soll sterben (zumindest nicht kollektiv und in diesem Moment aufgrund von zu wenig Nachhaltigkeit), also sollte etwas getan werden. Der Rio+20 Gipfel galt als das Symbol für die harte Arbeit, die Politiker investieren, um Lösungen gegen die Umweltverschmutzung, den Klimawandel und die Armut zu entwickeln.

Ideen - schön, wenn die Politik welche hat. Traurig, wenn sie keine hat. Leider ist dieser groß aufgezogenen und wahnsinnig teure Gipfel ein Beispiel dafür, wie es nicht gehen sollte in der Politik: außer Spesen nix gewesen und wir stehen im Ende genau an dem Anfang, an dem wir nie mehr stehen wollten. Ständig wird davon geredet, wie fortschrittlich wir sind, aber inwieweit sind wir fortschrittlich, wenn auf einem Umweltgipfel komplett ohne jegliche Verhandlungen vor Eröffnung die Unterhändler ein Dokument unterzeichnen, dass weniger Aussagekraft besitzt als das Toilettenpapier, dass ich tagtäglich benutze? Als ich am Montag genau diese Nachricht hörte, fragte ich mich, wofür der Gipfel denn bitteschön gut sein sollte. Kein Wunder, dass Frau Merkel an diesem Gipfel erst gar nicht teilnahm, aufgrund einer schlechten Prognose was die Erfolgsaussichten betrifft. Was so löblich klingt in Bezug auf unsere Bundeskanzlerin, wurde natürlich direkt wieder zunichte gemacht, indem Madame Merkel zur Fußball-EM zum Viertelfinalspiel der Deutschen reiste. Anscheinend ist es vollkommen egal, dass die Erde in ein paar Jahrzehnten vor erheblichen Katastrophen steht, Frau Bundeskanzlerin ist ja schon alt genug, bis dahin ist sie eh hinüber!

Aber halt! Frau Merkel ist schließlich die Gallionsfigur der Ökopolitik des neuen Jahrtausends. Guter Witz, wenn man bedenkt, wie sehr sie noch vor einem Jahr hinter der Atompolitik stand und jahrelang als Umweltministerin jeglichen Ökostrom und die Politik der Grünen verlacht und boykottiert hat. Es ist nicht mehr zu ändern, sie steht nun in zukünftigen Geschichtsbüchern als die Frau, die die Energiewende gebracht hat. Wenn man nur diese Tatsachen sich vor Augen führt, kann man die Lächerlichkeit gleich als Schablone auf den Rio+20 Gipfel übertragen.

Im Jahr 1992 wurde (ebenfalls in Rio) ein Dokument der Staaten dieser Welt aufgesetzt, dass "aussagekräftig" an der Nachhaltigkeit arbeiten sollte, die Staaten verpflichtete, nach Lösungen zu suchen, die Artenvielfalt dieser Erde zu schützen und gleichzeitig die Armut zu bekämpfen, da auch diese für die Umweltprobleme ein wichtiger Faktor ist. Die Frage, die sich in dieser Woche nun gestellt wurde, war: "Was kann für die nächsten 20 Jahre verändert werden? Wo können wir noch arbeiten, um die Nachhaltigkeit dieses Planeten zu schützen und die Artenvielfalt zu erhalten?" Antwort: Nix! Null Komma Nix. Ich weiß manchmal nicht, was ich zu dieser Art, mit den Umweltproblemen umzugehen, halten soll. Ist es ernsthaft nicht wichtig genug? Haben wir alle nicht genug Ideen, den Planeten zu retten?

Ich denke, es wird den Leuten wohl nicht wichtig genug sein, obwohl es verdammt wichtig ist, wichtiger als alles andere, wichtiger als jeder Euro-Rettungsgipfel und ja, liebe Männer, wichtiger als jedes Fußballspiel! Die Erhaltung des Planeten und die Nachhaltigkeit der Erde, auf der wir gehen, stehen, leben, lieben, schlafen, arbeiten und einfach sind ist wichtiger als alles andere in unserem Leben. Die Gleichung ist ganz einfach: keine Erde mehr bedeutet keine Lebensform mehr möglich. Es ist so idiotensicher einfach zu kapieren wie gleichzeitig erschreckend, dass diese Tatsache immer noch ständig ignoriert wird und stattdessen alles andere wichtiger ist.

Aber was rede ich? Ich schreibe nur einen Blog, den keiner liest. Tausende Menschen gingen in dieser Woche in Rio auf die Straße zu Gegendemonstrationen gegen den Rio+20 Gipfel, weil sie genau wissen, wie sinnlos und überteuert dieses Politiktheater ist. Und was interessiert die Menschen? Ihr iPhone, hergestellt unter anderem mit Glimmer, den indische Kinder aus der Erde schürfen in stundenlanger Arbeit, Kinderarbeit, gestohlene Kindheiten, damit Kinder des verwöhnten Westens Unwichtigkeiten per SMS an ihre Freunde weitersenden können. Klingt das schon zu sehr nach Katholizismus und "Das Wort zum Sonntag"? Ich hoffe nicht, denn ich will jetzt nicht auf irgendwelche Bibelstellen hinaus oder wie sehr uns Gott doch retten wird, wenn wir nur wollen.

Die Lösung ist viel einfacher: die einzigen, die uns retten können, sind wir selbst. Genau da beginnt allerdings das Problem: wenn wir uns nicht einig sind, den Planeten zu retten, wird er nicht gerettet! Wenn Wirtschaftsinteressen vor Umweltinteressen stehen, wird diese Welt nicht gerettet. Menschen, die ihren wirtschaftlichen Wohlstand über alles andere stellen, werden nicht zur Rettung und zur Nachhaltigkeit auf diesem Planeten beitragen. Mark Zuckerberg wird mit seinen zig Milliarden nicht der neue Heilsbringer dieser Erde werden, so sehr sich die Facebook-Jünger das auch wünschen mögen und ihm gerne ihre ganze Freizeit opfern, sich zum Sklaven eines sozialen Netzwerkes machen, damit ein Mann, der nicht einmal 30 ist, zum Wirtschaftsmagnat wird, der über das Schicksal von Millionen Menschen letztendlich bestimmen wird. Warum? Ganz einfach: weil er das Geld dazu hat! Jeder Mensch, der genug Geld hat, kann über das Schicksal und Leben Millionen anderer bestimmen. So läuft die Welt - der Mechanismus dieses "Uhrwerkes" ist erschreckend einfach aufzuzeigen und schockiert gleichzeitig durch seine Dummheit.

Haben Menschen mit Intelligenz etwas zu sagen auf diesem Planeten? Wenn sie Geld haben schon. Andererseits, nicht jeder Mensch mit Geld ist intelligent und nicht jeder Arme ist automatisch dumm, nicht einmal jeder Analphabet ist automatisch von Intelligenzmangel gestraft. Das Problem liegt in der auf Finanzen ausgerichteten Welt, die nur noch davon lebt, wer wieviel Geld hat und damit wie, wann eventuell investieren könnte. Damit ein weiteres Problem: Menschen mit Geld investieren nicht automatisch.

Was hat das nun mit dem Rio+20 Gipfel zu tun? Es wird nicht investiert in Projekte, die den Umweltschutz vorantreiben könnten. Die Reichen, denen die finanziellen Mittel zur Verfügung stehen, weigern sich, etwas für den Erhalt des Planeten zu tun, auf dem sie leben. Weil sie davon eventuell nicht noch mehr finanziell profitieren könnten. Die Angst, durch eine Investition Geld zu verlieren, entwickelt sich bei den Reichen zu einer Art schizophrenen Störung in ihrer Persönlichkeit, die sie in die Arme von Ratingagenturen treibt, die entweder "Moody" oder "Standard & Poor" sind (kleiner Wortwitz am Rande!) und gerne mal einen Staat nach dem anderen herabstufen, damit diese wiederum noch ärmer werden, weil kein Reicher mehr in sie investieren möchte.

Macht das nun die Ratingagenturen zu den "Anwälten der Reichen"? Meine Güte, als hätten die Reichen nicht schon Anwälte genug! Geht es in der Wirtschaft nicht auch darum, mit Risiko zu investieren, auch auf die Gefahr hin, dass dem Einen Geld verloren geht, damit es ein anderer kriegt? Geld, das "verloren" geht, verschwindet schließlich nicht von der Erdoberfläche; es wandert nur von einer Tasche in die nächste. Doch Menschen, die nicht mehr investieren oder nur noch in Dinge investieren, die mit einer möglichst hohen Garantie Gewinne abwerfen, schaden nicht nur der Wirtschaft, sie schaden dem gesamten Planeten, auch im Umweltaspekt. Wenn nicht in neue Evolutionen alternativer Energien und Lebensstandards investiert wird und damit gute Ideen in der Schublade steckenbleiben, sind diese Großinvestoren, die sich verweigern, für die nachhaltige Zerstörung des Planeten verantwortlich. Ja, auch Sie, Mark Zuckerberg! Ja, auch Sie, Karl Albrecht! Ja, auch Sie, Warren Buffet, Bill Gates und Carlos Slim Helú! (<<< dies sind immerhin laut diesjähriger Forbes-Liste die drei reichsten Menschen der Welt!).

Nun könnten Menschen sagen: aber diese Menschen spenden doch auch ab und zu und investieren in wichtige soziale Projekte? Auch ich habe mal gehört, Herr Zuckerberg wollte für das amerikanische Schulsystem 100 Millionen Dollar spenden. Nun sehen wir die Dimensionen: ein Vermögen von über 10 Milliarden Dollar (bis jetzt! Der Gewinn durch den Börsengang wird sich ja erst noch mit den Jahren zeigen!) und dann eine "Spende" von 100 Milliarden US Dollar für das amerikanische Schulsystem. Ich bin zutiefst beeindruckt! Die Umwelt hat zwar nix davon, aber immerhin die US-Kids. Ich gebe zu, der Gedanke ist auch sehr nett und man möchte gerne glauben, dass Herr Zuckerberg ein guter Mensch ist. Auf der anderen Seite tue ich mich mit Menschen immer sehr schwer, die mehr als eine Milliarde Dollar oder Euro besitzen (und ja, ich bin mir bewusst, dass zwischen den beiden Währungen ein großer Unterschied besteht!). Allerdings, Euro oder Dollar, hin oder her: Kein Mensch kann vom Eigenbedarf her so viel Geld in seinem Leben ausgeben! Warum also so viel Geld horten und durch Zinsen oder durch Rendite aus irgendwelchen Investitionen noch mehr Geld herausziehen?

Reiche Menschen sind die Bremse für die gesamte Weltwirtschaft, keiner möchte es nur so wirklich wahr haben. Beziehungsweise die, die es wahrhaben wollen, haben wenig bis nix zu sagen. Politiker? Die sorgen nur dafür, dass sie sich möglichst geschmeidig in den Enddärmen der Reichen winden können, damit auch sie am Ende des Tages gut profitieren. Für die Wirtschaft des eigenen Landes? Nein, nicht wirklich. Schon eher für die spätere Karriere nach dem Ende der Politikkarriere.

Genau dieses Phänomen konnten wir auch diese Woche beim Umweltgipfel wieder erleben. Die Politik lobhuselt sich selbst für Beschlüsse, die mehr im Nebel stehen als in dem Film "The Fog" - was beide gemeinsam haben, der Film wie die Beschlüsse: es ist wahrhaft ein "Nebel des Grauens", der uns alle umgibt! Die Politik bemüht sich mit ihren Beschlüssen "im Sinne der Umwelt" hauptsächlich darum, im Sinne der Reichen und Mächtigen zu handeln. Genau durch diesen Teufelskreis aus "Geld vor Umwelt" blockieren sämtliche Staaten dieses Planeten sich selbst - nicht nur irgendwo im fernen Afrika oder Indien, sondern auch hier, mitten in Europa, in Deutschland! Alle Loblieder auf unsere innovativen Strukturen zur Umweltschonung klingen verheißungsvoller als die Gesänge sämtlicher Sirenen aus den schönsten Sagen, aber wenn wir mal ehrlich sind, geht es viel zu oft bei den "erneuerbaren Energien" oder sämtlichen Umweltbelangen in erster Linie um neue Wirtschaftszweige. Es muss in erster Linie einen Profit bringen, danach kommt erst der Umweltaspekt! Und jeder Konsument von umweltfreundlichen Produkten will in erster Linie dadurch Geld sparen und folglich wirtschaftlich davon profitieren, den Planeten zu retten. Ist es nicht eine schöne Welt, in der wir leben?

Alles, was ich hier sagen möchte (wenn ich überhaupt etwas im Blogglibberdschungel zu sagen habe!) ist, dass wir die Umwelt retten sollten, weil sie es wert ist, gerettet zu werden. Auch wenn ich sagen muss, dass ich oft an dieser Welt so meine Zweifel habe bei all der Dummheit der Menschen, die immer nur an sich selbst statt an die Gemeinschaft zu denken. Doch dieser Eindruck ergibt sich immer aus einer subjektiven Sichtweise, gesteuert von den Menschen, die einen unmittelbar umgeben. Wenn man genauer hinsieht, gibt es wahnsinnig viele Menschen, die es wert sind, sich gute Menschen mit guten Werten zu schimpfen. Dazu kommt noch eine Artenvielfalt an Tieren und der gesamten Natur, die in ihrer Schönheit gerettet werden soll.

Okay, zuviel Schöngeistdenken, zu wenig Wirtschaftlichkeit in meinem Blog? Es gibt auch wirtschaftliche Lösungen, die für Wohlstand für mehr Menschen als nur eine Handvoll sorgen würden und gleichzeitig die Umwelt retten würden. Diese zu beschreiben, würden mich allerdings abwechselnd zu einem Kommunisten und einem Opportunisten, vielleiht auch einem Fantast machen. Denn am Ende des Tages steht eins fest: die festgesetzten Strukturen dieser Gesellschaft kleben in den Köpfen der Gesellschaft fest und lassen sich nicht so leicht lösen.

Ein trauriges Ende für diese Woche, da wir in der Erkenntnis leben, dass der Rio+20 Gipfel nichts gebracht hat. Mein erster spontaner Gedanke an das Jahr 1992, in dem der erste Umweltgipfel dieser Art in Rio stattfand: Prince... oder TAFKAP... oder Symbol... oder wie auch immer sich "Prince" immer mal wieder nennen mag! In seinem 1982 erschienenen Album "1999" und dem gleichnamigen Titelsong heißt es: "So tonight I'm gonna party like it's 1999". Wie passend! Und in Rio werden Verträge unterschrieben, damit wir uns alle genauso benehmen, fühlen und den gleichen Fortschritt haben wie im Jahr 1992. "Let's progress like it's 1992!". Wenigstens ging es bei 1999 um Fortschritt - in Rio ging es dagegen nur noch um Rückschritt - zurück ins Jahr 1992, am Besten noch ein wenig weiter zurück. Allerdings immer mit noch mehr Rohstoffverschwendung im Hinterkopf und mehr Umweltverschmutzung als je zuvor. Mehr Menschen, mehr Müll, weniger Aktionen gegen das Ganze. So macht man Politik - und zerstört die ganze Welt.

In diesem Sinne, eine gute neue Woche an alle Blogleser. Ich hoffe, es gibt auch den einen oder anderen, der neue Ideen entwickelt, auch wenn sie nur im Kleinen für sich selbst sind; Ideen, die ein wenig zur Nachhaltigkeit des Planeten beitragen. Immerhin: was die Politik nicht schafft, können wir alle gemeinsam schaffen! Gegen jeglichen Wirtschaftswiderstand - wie schon "Wir sind Helden" sangen: "Wir müssen nur wollen!". Bis zum nächsten Samstag zum nächsten Blogeintrag!

LG Gene :-)

PS: Für alle, die über das "großartige soziale Netzwerk" Facebook über neue Blogeinträge auf dem laufenden gehalten werden wollen, hier meine persönliche "Page": Gene Lewis Blog Facebook



Samstag, 16. Juni 2012

Wo bitte geht's zur Vernunft? - Europäische Wahlen und globale Qualen

Mal nix zur EM, da wird schon genug an allen Ecken und Enden geblubbert - jaaa, die Deutschen fühlen sich wieder wie die ganz Großen. Aber das tun sie allgemein ganz gern - auch in der Politik! Zumindest in der Europapolitik. Innenpolitisch haben sie diese Woche wohl doch einen Riesenbock geschossen - oder ein Riesenhammel? Tja, der sogenannte "Hammelsprung" vom Donnerstag ging ja mal gründlich in die Hose. Die Sache mit dem Betreuungsgeld ist aber auch verflucht, soll eigentlich nur eingeführt werden, weil Herr Seehofer das so gerne hätte. Der Herr Seehofer... wäre er doch nur mal gut bei seiner Facebook-Party im P1 in München hängengeblieben!

Sei's drum, das Betreuungsgeld soll her, egal wie. Warum? Weil der Herr Seehofer meint, das wäre gut für Deutschland, für die Familien. Trotzdem sind inzwischen laut Umfragen fast drei Viertel der Bundesbürger gegen das Betreuungsgeld. Nun, wenn das Betreuungsgeld auch nur eingeführt wird, damit Besserverdiener davon ihr Aupair-Mädchen finanzieren oder die Kindererziehung dann auf Oma und Opa abgeschoben wird und man so ganz billig 150 Euro im Monat mehr bekommt, nun, dann kann man wohl gerne an dem Betreuungsgeld zweifeln. Immerhin, so richtig Sinn macht das Ganze nicht - die Eltern müssen motiviert werden, ihre Kinder selbst zu Hause zu erziehen. Dafür gibt es dann also das Kindergeld. Allerdings: Generationen zuvor haben ebenfalls ihre Kinder selbst erzogen und keinen Cent dafür bekommen. Schlimmer noch: es gab doch mal Zeiten (und die sind noch gar nicht sooo lange her!), da gab es für Eltern nicht einmal Kindergeld. Heute hingegen werden die Eltern, die sich in der konsumdurchtränkten und vom Egoismus aufgegeilten Gesellschaft entschließen, ihre Fruchtbarkeit zu nutzen und ihre Gene weiterzutragen, zu Tode motiviert und subventioniert. In der Lebensmittelindustrie und in der Rohstoffgewinnung geht es ja schon lange ähnlich zu, aber bei Kindern? Sind sie nun doch der neue "nachwachsende Rohstoff", von dem ich bereits vor drei Jahren gesprochen habe?

Nun kann ich verstehen, dass die Kindererziehung finanziell vom Staat unterstützt werden muss - immerhin bezahlen die Steuerzahler so viel Steuern, dass fast kein Geld mehr übrig bleibt, um ein Kind zu erziehen. Es fängt allerdings in diesem Denken schon wieder an, gewaltig zu haken. Immerhin: Steuerzahler jeder Gehaltsklasse sollen von dem Betreuungsgeld profitieren - dabei ist es dann auch egal, ob es sich dabei um Geringverdiener oder ein Managerehepaar mit 100 000 Euro plus Jahresgehalt handelt. Frage: wozu brauchen Zweitere bitte das Betreuungsgeld? Warum müssen diese Leute überhaupt motiviert werden, ihre Kinder zu Hause zu lassen, wenn sie sie eh nicht selbst erziehen werden? Es geht in erster Linie doch darum (so hab ich das Betreuungsgeld zumindest verstanden), dass man seine Kinder zu Hause lässt und selbst erzieht. Oder geht es doch im Ende nur darum zu vertuschen, dass die Regierungen von Bund und Kommunen jahrelang gepennt haben und das gesamte Kita-System so brüchig ist, dass es lange nicht mehr genug Kita-Plätze für alle Kinder gibt? Es heißt nun, das Problem wäre nicht wirklich der Raum für die Kinder in Kitas, sondern das Fachpersonal. Aha, wieder einmal Fachkräftemangel in Deutschland! "Fachkräftemangel" sollte wirklich bald als Prädikatsstempel rechts unten neben dem Deutschlandadler stehen. Wir haben "Fachkräftemangel" im Ingenieursbereich, nun bei den Erzieherinnen, bald werden wir wohl in mehr als nur einem Handwerksberuf "Fachkräftemangel" haben. Hauptsache ist doch, wir haben genug Fachkräfte für Bürojobs! Bürojobs, ausgerechnet ... Jobs, die eigentlich nur dazu da sind, aktive Posten zu organisieren und wie auf dem Rechenschieber hin- und herzuschieben, gegebenenfalls zu streichen oder am anderen Ende wieder anzuheuern. Bürojobs - die wahrscheinlich unnötigsten Jobs der Welt. Aber wenigstens in diesem Bereich haben wir längst keinen "Fachkräftemangel".

Zurück zum Betreuungsgeld! Die Deutschen, die jahrelang dazu genötigt wurden "seid fruchtbar und vermehret euch" haben sich wohl nun doch zuviel vermehrt. Nein, das stimmt nicht, die Politik und die gesamte Gesellschaft jammert ja immer noch, weil die Deutschen sich nicht genug vermehren. Wie allerdings mit dem Strom an gewolltem Nachwuchs umgegangen werden soll, weiß keiner. Die Politik wohl am allerwenigsten. Horst Seehofer ist in dieser Hinsicht wohl der Ahnungsloseste, wenn es um die Versorgung und die Zufriedenheit deutscher Eltern geht. "Naja, er hat's zumindest versucht!", könnte man sagen, wenn es um das Thema Betreuungsgeld geht. Es ist ja auch verflucht, wenn nicht einmal Familienministerin Kristina "Danke, ich bin emanzipiert!" Schroeder dahintersteht. Die ist mit ihren "Latte Macchiato Muttis" und dem ewigen Kampf gegen Frauenquote beschäftigt, weil wie gesagt, sie ist ja schon von selbst emanzipiert. Aha! Wer wundert sich da noch, dass der "Hammelsprung", zum "Lemmingsprung" über die Klippen wurde? Plötzlich wollte die gesamte Opposition nicht mehr rein in den Bundestag, ein Drittel der Regierungsparteienmitglieder war schon im Wochenende (oder Sommerurlaub? Die Grenzen sind in der Politik ja fließend!) und damit ist das Betreuungsgeld wohl auch ein Fall für das Sommerloch - Auflösung über die Entscheidung gibt es per Cliffhanger erst im September!

Aber schläft die Politik? In Deutschland vielleicht, im Rest der Welt eher nicht. In Griechenland finden nun schon wieder Wahlen statt und irgendwann blickt da keiner mehr durch. In Ägypten sollen Wahlen stattfinden, während die Parlamentswahlen vor vier Monaten für ungültig erklärt wurden. Okay, man könnte nun sagen "Jetzt wird noch einmal überall gewählt und dann geht's ab in den Sommerurlaub!". So oder so ähnlich soll es wohl funktionieren. Problem an der Sache: die Eurokrise wird dadurch auch nicht gelöst, nicht einmal ansatzweise. Die Radikalparteien in Griechenland wollen den Fiskalpakt am Besten komplett kippen, Hollande will immer noch gravierende Änderungen, die Frau Merkel immer noch nicht will. Dieses ganze Chaos kann man dann wohl nur noch mit "Alles Scheiße - deine Tante Emma!" unterschreiben.

Worauf ich hinaus will? Nun, ich bin ehrlich: ich habe keine Ahnung! Die Politik wurstelt sich nur noch irgendetwas zurecht, ohne Sinn oder Verstand, die Menschen werden dadurch immer unleidlicher, obwohl ich das Gefühl habe, sie wären auch nicht wirklich zufriedener, wenn die Politik kompetent wäre und etwas erreichen würde. Die Zufriedenheit der Menschen bewegt sich auf den Nullpunkt zu - oder auf Gefrierfachtemperaturen. Merkwürdig an der Sache ist doch nur, dass die Menschen, die eigentlich so ziemlich alles haben, ausgerechnet diejenigen sind, die am stärksten meckern und Veränderung wollen.

Erst in dieser Woche wurde ich auf eine erschreckende Tatsache aufmerksam gemacht: weltweit arbeiten mehr als 200 Millionen Kinder in Kinderarbeit. Der vollgefressene Durchschnittsbürger mag sich da nur denken "Was interessiert es mich?". Doch ist es nicht erschreckend, dass wir hier Luxusprobleme wie das Betreuungsgeld hin und herwälzen, wo es beispielsweise in Indien, China oder vielen afrikanischen Ländern Millionen Kinder gibt, die tagtäglich arbeiten müssen statt zur Schule zu gehen, nur um den Lebensunterhalt ihrer Familie zu sichern? In diesen Ländern bekommen die Menschen keine Kinder, um ihre Gene weiterzutragen oder aus Liebe zum Partner; man bekommt dort Kinder, damit diese ab einem gewissen (meist viel zu jungem Alter!) als Arbeitskräfte den Lebensunterhalt der Familie sichern. So sind dann auch Familien mit acht bis zehn Kindern zu erklären. Recht auf Bildung oder eine Kindheit? Das ist meist Fehlanzeige in diesen Gesellschaften. Die Lebenserhaltungskosten der Menschen betragen dort rund 70% ihres gesamten Einkommens (zum Vergleich: wir geben für Lebensmittel durchschnittlich 30% unseres Gehaltes aus!), deswegen müssen die Kinder dort auch wesentlich früher heranklotzen als hier in Deutschland, wo der Nachwuchs erst durchschnittlich vier bis sechs Jahre nach dem Abitur studieren geht, bevor er überhaupt einmal ernsthaft arbeiten geht...

Versteht mich nicht falsch! Es ist doch toll, in Deutschland zu leben, gerade unter diesen Umständen. Doch diese ganzen Luxusprobleme gehen mir langsam aber sicher auf den Wecker. Wir wissen vor lauter Großkotzigkeit doch gar nicht mehr, in welche Ecke wir noch kacken sollen, damit der letzte saubere Flecken Erde beschmutzt wird. Zugegeben, wir sind nicht die einzigen, das Problem an dieser Welt ist wohl, dass inzwischen alle Gesellschaften, alle Schichten, alle Kulturen meinen, sie bräuchten diesen Luxus, das Gefühl, alles zu haben und dabei immer mehr zu erhalten. Erst kürzlich sah ich einen Bericht über den Fortschritt und darüber, wie tot wir uns alle laufen, indem wir nach immer mehr streben. Wir wollen vermeindlich weiterkommen, dabei entwickeln wir nur immer wieder neue Methoden, um auf der Stelle zu treten.

Den Tatsachen stellt sich hierbei kaum einer: die Weltbevölkerung wächst dramatisch und dadurch gibt es viele Dinge, die geregelt werden müssen, mit denen wir umgehen müssen: ein Mehrbedarf an Rohstoffen, Platzmangel und das Recht aller, ein erträgliches Dasein zu führen. Damit wären wir wohl schon beim Stichwort: das Dasein sollte "erträglich" sein, es redet keiner davon, dass über sieben Milliarden Menschen in Wohlstand und Luxus leben sollen. Das müssen sie auch gar nicht! Es mag für uns unvorstellbar sein, aber viele Menschen auf diesem Planeten sind mit ihren für uns "eingeschränkten" Möglichkeiten weitaus zufriedener als wir mit unserem Luxus! Ist es nicht unfassbar? Es gibt doch tatsächlich Menschen, die nicht nach einem Mercedes, einem Jaguar und einer Traumvilla streben. Es soll sie tatsächlich geben, die Menschen, die auch ohne Prada oder Adidas zufrieden sind. Ich gebe zu: es werden immer weniger Menschen, die so denken. Doch wenn man es genau betrachtet, sind genau diese Menschen diejenigen, die unseren Planeten noch einigermaßen retten. Nicht die großen Wissenschaftler, die an globalen Lösungen zur Energiewende arbeiten und sich den Kopf zerbrechen, wie der Luxus in unserer Gesellschaft weiterhin Standard bleiben kann und was wir tun können, damit wir "umweltfreundlich" wirtschaftlich noch profitabler sein können als vorher.

Das sind die Dinge, die wir allgemein als "Fortschritt" bezeichnen: die Umwelt retten bis zu einem gewissen Grad - Hauptsache, die Kohle stimmt und wir können und danach noch mehr leisten als vorher. Dabei ist die Lösung so erschreckend wie einfach, wie der Planet gerettet werden kann: indem weniger produziert und weniger verbraucht wird als zuvor. Tja, diese Leichtigkeit und Simplizität ist allerdings grotesk für alle, die so gerne so viel mehr hätten als das, was sie bereits haben. Sparen? Den Gürtel enger schnallen? Diese Vorstellungen klingen für die meisten Menschen derart furchtbar, dass sie nicht im Geringsten darüber nachdenken möchten. Wenn diese Menschen doch alle nur die Wahrheit kennen würden: dass der bewusste Umgang mit Rohstoffen und das Einsparen und weniger verbrauchen so viel erfüllender sein kann als aller Luxus und jegliche Verschwendung, die wir so gerne propagieren.

Nun, die Vernunft muss irgendwann Einzug nehmen bei uns allen. Wenn dies nicht geschieht, muss sich die Menschheit zumindest um einen großen Anteil reduzieren. Denn so traurig wie es klingt: die Menschenmenge, die zur Zeit auf diesem Planeten lebt, kann nicht mehr lange weiterexistieren, wenn wir unter den gleichen Bedingungen weitermachen wie bisher. Den meisten Menschen in der westlichen Welt wird das wohl leider egal sein, solange die Menschen, die sterben, aus armen Ländern stammen. Wenn es soweit kommt, hoffe ich doch wenigstens auf die Gerechtigkeit, dass die Gier und der Egoismus auch viele Menschen in diesen Breitengraden dahinraffen möge. Das klingt grausam, aber die Grausamkeiten, vor denen wir tagtäglich die Augen verschließen, sind noch wesentlich schlimmer und herzzerreißender als das, was wir uns in unserem kleinen Kosmos vorstellen können.

In diesem Sinne wünsche ich trotzdem allen Lesern eine schöne neue Woche und auf einen neuen Blogeintrag am nächsten Samstag!

LG Gene :-)

Samstag, 9. Juni 2012

Twilight Zone Experiences pt. 12 179: Es grüßt aus dem Urlaub das Sommerloch!

Bereits im letzten Jahr schrieb ich, wie sich die Seuche "Sommerloch" immer weiter in unserer Gesellschaft ausbreitet. Während der Drang der Menschen nach immer mehr Urlaub bei gleichzeitig immer weniger Arbeit und das zu am Besten immer mehr Gehalt immer stärker wird, ist das Sommerloch wohl das symptomatische Sinnbild für genau dieses Dogma der Menschheit. Immerhin: es beginnt früher, um später zu enden. Während es vor rund 10 Jahren erst im Mai hieß "Ab ins Sommerloch!", geht es im Fernsehen und in sämtlichen Einrichtungen bereits im April los mit Wiederholungen oder der Attitüde "Besser heute nix mehr machen, wenn wir alles auf morgen verschieben können... oder (noch besser) bis in den Herbst!". Diese Mentalität kennt man sonst (wenn man wirklich eine böse Zunge wie ich haben will) nur aus Indien. Nein, kein rassenfeindliches Geschwätz, wer einmal in Indien war oder sich nur ansatzweise mit Indien auskennt weiß, dass dort alles etwas langsamer und gemütlicher angegangen wird. Trotzdem mag ich Indien - ich mag auch Frankreich (was für ein Frevel, wo ich doch in Deutschland lebe und Deutsche und Franzosen sich wie die Pest hassen). Franzosen sind auch nicht gerade die Fleißigsten, wenn es ums Arbeiten geht. Dort wird nach Lust und Laune wegen jedem Wattebausch gestreikt. Und bei uns? Naja, das Klischee vom pünktlichen und fleißigen Deutschen kann ich auch nicht wirklich bestätigen, zumindest habe ich immer öfter das Gefühl, dass gerade die Faulpelze in Deutschland (oder Nachbarland Luxemburg) in den besten und höchsten Positionen landen und dort das meiste Geld verdienen. Gut, in Luxemburg kann man es noch verstehen, da es zwischen Deutschland und Frankreich liegt und der französische Einfluss stärker ist als der deutsche. Sprich: französische Gemütlichkeit und lieber nicht arbeiten als doch! Aber hier? Nun, die Deutschen sind längst nicht mehr so fleißig, wie sie es vielleicht noch zu Zeiten des Wirtschaftswunders waren.

Der Geist des fleißigen Arbeiters ist wohl endgültig verschwunden. Aber woran liegt es? Die Wirtschaftskrise kann nicht daran Schuld sein. Gerne würden die Menschen genau diese für die scheinbare Lähmung der Menschen verantwortlich machen, die sich beim Thema "Schaffe, schaffe, Häusle bauen" breit macht. Aber mal ehrlich: wenn wir wirklich schon so tief in der Wirtschaftskrise stecken würden, wären wir dann nicht viel produktiver, um genau dieser entgegenzuwirken? Alle Menschen scheinen stattdessen nur noch über die Arbeit zu philosophieren und darüber, wie sie ihr Geld am schnellsten und günstigsten auf Seite schaffen können. Sorgen gibt es schon im Zuge der Wirtschaftskrise: was ist, wenn ich mal in Rente bin? Was werde ich dann überhaupt noch von meinem hart verdienten Geld haben? Wie ich schon einmal schrieb, ist dieses Denken mehr als fragwürdig, immerhin zahlt kein Mensch so viel in den Rententopf ein, wie er letztendlich ausbezahlt bekommt. Es wird sich stattdessen immer wieder Gedanken gemacht und kalkuliert, in welchem Alter man in Rente gehen kann, um noch "möglichst viel vom Leben als Rentner" zu haben. Andererseits (paradox!) will kein Mensch alt werden, weil alt werden so wahnsinnig unattraktiv ist mit all den Falten, den Zieperlein und überhaupt - das gesamte Image alter Menschen kotzt junge Menschen so sehr an, als könnten sie damit verhindern, selbst einmal alt zu werden. Machen wir uns doch nichts vor: wir werden alle alt und wir werden nicht in dem Saus und Braus leben, wie es uns die derzeitigen (reichen) Rentner vorleben. Nein, nicht alle aktuellen Rentner sind reich - andererseits empfand ich es schon immer als Skandal, wenn Frauen von Beamten als Witwe einen hohen Rentenanteil bekommen, allein weil ihr verschiedener Ehemann zu Lebzeiten Beamter war. Diese Frauen tragen dann die Nase besonders hoch, erzählen dem Rest der Welt, wie sehr sie ihre Rente doch verdient haben und wie hart sie dafür gearbeitet haben - indem sie in jungen Jahren irgendeinem Nebenjob nachgegangen sind. Zum Vergleich: jede Rentnerin, die Vollzeit gearbeitet hat und keinen Beamtenehemann hat, erhält nicht einmal ein Drittel der Rente, die diese Hochnasen bekommen. Schöne verrückte Welt, man kann es nur immer wieder sagen.

Na gut, es ist müßig, über die Rente oder über die Arbeitsmoral der Deutschen in Zeiten der europäischen Wirtschaftskrise zu diskutieren. Aber worüber soll man sonst diskutieren? Über das schlechte Fernsehprogramm habe ich mich schon ausgelassen (ich Nerd!) und die Fußball-EM nervt mich schon, ehe sie für Deutschland angefangen hat. Spontan fiel mir dazu nur ein, da die deutsche Mannschaft in den letzten Jahren keinen Titel mehr nach Hause gebracht hat, ob dieser ganze Massenrummel und dieser Hype um die Nationalmannschaft nicht eher kontraproduktiv wirkt. Okay, alle Fans aller Länder machen mit Public Viewings und groß angelegten Fußballpartys zu jedem Spiel einen Riesenhype um das und andere große Fußballturniere. Aber mal ganz offen gesprochen: braucht dieser Sport wirklich diesen Aufstand? Es ging vor zehn bis zwanzig Jahren auch, mit dem gleichen Enthusiasmus, aber dafür wesentlich ruhiger. Was bringt dieser Rummel wirklich? Geht es um den Sport oder wollen die Menschen sich wirklich kollektiv von ihren "Sorgen" ablenken?

Oft denke ich, dass wir doch eigentlich keine Sorgen haben. Gewinnen wir nun den Titel oder nicht? Luxusprobleme! Und die Leute begreifen nicht einmal, wie oberflächlich und einfältig sie damit rüberkommen. Menschen, die massenweise im Supermarkt sich um das Bier prügeln, obwohl so ein großer Nachschub eingekauft wurde, dass man damit drei Dörfer flächendeckend ins Koma tränken könnte. So können jetzt auch Tausende deutsche Fußballtouris nach Polen und in die Ukraine reisen und dort ihre überbezahlte Nationalmannschaft feiern, während Millionen Menschen dort im Elend leben, in Armut und Unterdrückung. Aber das interessiert den gemeinen Fußballfan nicht, er möchte nur ein gutes Spiel sehen und dann wieder nach Hause fahren, um von dort am Besten direkt in den Urlaub zu fahren (Stilblüte dazu neulich im Fernsehen, die Frage eines Reporters in Bezug auf die Reise ZU Urlaubszielen: "Wie komme ich auf Mallorca?" hmmm... ich lasse jedem mal Zeit, darüber in Ruhe nachzudenken!). Also geht es quasi aus einem Urlaub direkt in den nächsten - nahtlos, ohne Übergang - Massenproduktion und Billiganbieter dank Verschwendung von Ressourcen machen es möglich.

Ja, ich gebe es zu, ich rede mal wieder wie ein Öko - aber wenn nicht ich, wer dann? Die Menschen scheinen über ihre "political incorrectness" so glücklich und zufrieden zu sein, dass sie gar nicht merken, wie sehr sie sich damit früher oder später ins eigene Fleisch schneiden. Egoismus als Bekämpfung der Wirtschaftskrise? Hat noch nie funktioniert! Aber ich gebe zu: in Zeiten, in denen sich die Presse und die Wirtschaftsexperten mit Informationen und Meinungen gegenseitig totschlagen, kann es schonmal vorkommen, dass die Menschen kollektiv abschalten - zwar nicht die Fernsehgeräte, in denen im Moment eh nur Schrott läuft, aber mental, wenn es um die Lösungen für die Finanzkrise geht. Ich persönlich werde auch eher müde, über die Eurokrise zu philosophieren oder darüber nachzudenken, wie die finanzielle Katastrophe noch abgewendet werden kann. US-Präsident Obama und UK-Premierminister Cameron, die beide sagen, Europa soll sich gefälligst eine Lösung einfallen lassen, sind da auch nicht gerade eine Hilfe. Ein Witz, wenn man bedenkt, dass die USA selbst noch vor gut einem Jahr davor standen, überall den Saft abgedreht zu bekommen (sprich: Strom und andere existenziellen Kleinigkeiten) aufgrund einer kompletten Staatspleite, aus der sie bis jetzt immer noch nicht hinaus sind. Dann noch Großbritannien, die selbst Unterstützung von der EU wollen, obwohl sie so gar nichts zur Lösung des EU-Problems beitragen. Witzigkeit kennt eben auch im Sommerloch keine Grenzen!

Nun, was fangen wir nun mit diesem unsäglichen Sommerloch 2012 an, dem Pfuhl an Langeweile und erschreckend monotonem Gleichtritt? Wahrscheinlich nix, wie jedes Jahr! Die Menschen nehmen sich zu Silvester immer wahnsinnig viel vor, wenn es um das neue Jahr geht, aber in der Sommerpause mal wirklich was anzupacken (ganz zu schweigen von den guten Vorsätzen, die ein halbes Jahr zuvor geschmiedet wurden) ist wohl zuviel verlangt. Das Gehirn der Meisten ist leer, sämtliches Gedankengut hinweggespült von Schweini & Co. Da ich nun so gar nix mit Fußball am Hut hab (ich gucke eher die xte Bollywood Wiederholung (nee, gelogen, mach ich nicht!) oder die yste Wiederholung von NCIS (das ist nicht gelogen!)), habe ich mich gefragt, was ich nun gegen das Sommerloch tun kann. Die Politik schläft (außer in Berlin) ja nicht wirklich, das Chaos in Syrien geht immer weiter, es gibt (wie heute) weitere Anschläge gegen Truppen in Afghanistan und da wäre dann noch der Wahlkampf in den USA, der wohl bald so richtig ins Rollen kommen wird. Obama oder Romney? Wen interessiert's? Okay, es interessiert schon, andererseits bin ich inzwischen derart desillusioniert von der amerikanischen Politik (und ich hab noch nie auf rosa Wolken geschwebt, wenn es um dieses Thema ging), dass es mich fast gar nicht mehr interessiert, ob Obama bleibt oder Romney kommt. Außenpolitisch wird sich wohl nur wenig ändern, viel wichtiger ist da die Situation im eigenen Land. Im Übrigen steht die Analyse über die amerikanischen Präsidentschaftskandidaten erst zu einem späteren Zeitpunkt an, erstmal muss Frau Merkel ihre Schwimmflügelchen und Wanderstöcke einpacken und ab geht's in den Urlaub.

Urlaub - den braucht die Politik wohl sehr dringend. Gerade, wenn man bedenkt, wie zahnlos die Politiker in Sachfragen geworden sind. Streitigkeiten über Betreuungsgelder, Pflegezusatzversicherungen und immer wieder Guido Westerwelle, der wohl aus seinen unqualifizierten Bemerkungen der letzten Jahre und dem Abstieg der FDP nix dazugelernt hat. Jetzt sagt er doch glatt, Assad solle als Staatsoberhaupt zurücktreten - prima Idee, Guido! Warum ist zu dieser Aufforderung eigentlich noch niemand vor dir gekommen? Bei deinen grünen (?) blauen (?) grauen (?) Augen (so genau hab ich mir Guido ehrlich gesagt noch nie angeguckt!) kann selbst ein Diktator und Schlächter wie Assad nicht widerstehen.

Somit wäre dann wohl ein weiteres Problem im Sog des Sommerlochs gelöst! Scherz beiseite, wir dürfen wohl weiterhin mit Hiobsbotschaften aus Syrien rechnen und Kompetenzgerangel der Vereinten Nationen, was alles nicht getan wird statt doch mal etwas zu tun. Der Unwille zur Arbeit ist eindeutig vom Volke auf die Politik übergegriffen - oder umgekehrt? Oder hängt in Wirklichkeit alles zusammen?

Wie dem auch sei, bei mir ist jedenfalls keine Untätigkeit angesagt, wäre ja noch schöner, wenn ich wie die Politiker werde. In diesem Jahr gibt es wieder eine Anti-Sommerloch-Serie und sie wird passend zu diesem Jahr verdammt sportlich - immerhin haben wir bald die Olympischen Sommerspiele in London ins Haus stehen.

Also, angeschnallt und ab geht's gegen die Langeweile im Sommerloch. Der regelmäßige Leser wird sich allerdings noch ein wenig gedulden müssen, ich will nicht zu früh mit der Serie anfangen, bis zu den Sommerspielen dauert es immerhin noch über 6 Wochen. Das heißt: gut Ding will Weile haben - zumindest aber den richtigen Zeitpunkt. Doch keine Sorge - wirklich langweilig wird es in diesem Blog nicht... solange es genug Aufreger, Fehlentscheidungen und Stilblüten gibt, auf denen man hemmungslos rumreiten kann.

In diesem Sinne - viel Spaß an alle Fußball-Freaks und alle Blog-Leser an diesem Wochenende und bis zum nächsten Eintrag am nächsten Samstag!

LG Gene :-)

Samstag, 2. Juni 2012

Just blame Syria - der Kampf der "Eierlosen" gegen die neuen Schurken

Ich gebe zu: es fällt mir schwer, wieder in den Fluss eines neuen Blogeintrags zu kommen. Ich war jetzt gut drei Wochen nicht mehr da, was eher ungewollt war, aber man merkt doch, wie schwer es einem fällt, wieder zurück in den Fluss zu kommen. Man muss sich regelrecht aufraffen, motivieren zu neuen Taten - fast wie beim Sport, den man über Winter sträflichst vernachlässigt hat und an den man im Frühjahr urplötzlich denkt, weil man für den Sommer doch wieder eine Bikinifigur braucht. Nun, der Zug mit der Bikinifigur (zumindest der, die Photoshop uns Betrachtern in jedem Magazin ständig und überall vorlügt) ist eh abgefahren. Dafür ist meine Version von Photoshop zu alt und ich habe zu wenige Kenntnisse über "wahrheitsgetreue" Retusche... mit anderen Worten, das Vorheucheln der Dinge, die kein Mensch jemals haben wird.

Vorheucheln - wäre das das Stichwort der Woche? Ich überlege, ob es passt. Wir leben zur Zeit wieder einmal in politisch heiklen Zeiten. Morgen vor genau vier Wochen wurde Francois Hollande zum neuen Präsidenten der V. Republik Frankreichs gewählt. Ein Sozialist. Zum zweiten Mal seit Bestehen der V. Republik. Das Schöne an dem Mann ist, dass er bereits beim Wahlkampf verbal kräftig auf den Putz gehauen hat und sehr deutlich verlautbart hat, dass ihm die Pläne von "Madame Non" Merkel gehörig gegen den Strich gehen. Sparen bis zum Erbrechen und dabei kein wirkliches Investieren in das Wirtschaftswachstum? Irgendjemand musste doch mal früher oder später auffallen, dass diese Sparwelle nicht funktionieren kann. Nun ist Hollande wahrlichst der (bis jetzt noch) unpassendste Kandidat, wenn es um das "Vorheucheln" von irgendetwas geht. Okay, er befand sich vor einem Monat noch im Wahlkampf und jeder, der sich wenigstens 10 Minuten seines Lebens einmal mit Politik auseinandergesetzt hat weiß, dass Politiker gerne zu übertriebenen Versprechen neigen, nur um an die Macht zu kommen. Merkwürdig nur, dass ich bei Hollande so gar nicht dieses Phänomen wahrnehmen will. Ja, vielleicht liegt in dem Wort der Schlüssel - der Wille fehlt mir einfach! Ich möchte nicht glauben, dass jeder, absolut jeder Politiker auf diesem Planeten ein Heuchler und Lügner ist. Die Tatsache, dass Hollande mal endlich wieder als "Mann mit Eiern" auftritt, gibt mir persönlich Hoffnung.

Noch so ein potenzielles "Stichwort der Woche": Männer mit Eiern! Ich erlebe in den letzten Jahren vieles: Männer ohne Geld, Männer ohne Nerven... vor allem aber: Männer ohne Eier! Ist dieses Phänomen der Emanzipation geschuldet? Kein Mensch nimmt die Männer mehr für voll, weil die Frauen immer mehr an die Macht drängen? Kann doch gar nicht sein, oder? So viele Frauen kommen gar nicht an die Macht, dass sie den Männern in ihren "Boy's Clubs" wirklich gefährlich werden könnten. Trotzdem: Männer werden weich wie Mürbeteigplätzchen - einmal leicht mit den Zähnen touchiert, schon hat man den ganzen Krümelkram über die Kleidung und auf dem Boden verteilt. Erst vor zwei Wochen durfte ich das Buch "Inshallah - Gefangen im Iran" von Markus Hellwig lesen. Ich hätte es bereits ahnen müssen, als ich las, dass der gute Mann, der 131 im iranischen Gefängnis gesessen hat, für die Bild am Sonntag als Journalist arbeitet. Aber manchmal ist es dann einfach zu spät, man hat sich ein Buch gekauft und (zur iranischen Hölle!) man liest es auch. Was dabei raus kam, war ein gewollt auf Spannung getrimmtes Werk, dass durch all seine Bemühungen nach "suspense" mir sogar das Mitleid und das Mitgefühl für Hellwig entrissen hat. Vor allem wunderte ich mich, wie sehr der gute Mann auf der einen Seite auf "harten Mann" machen wollte mit Liegestützen und "Full Metal Jacket"-Anleihen, um dann zwei Seiten später wegen seiner Tochter, die er so sehr vermisst, in Dauertränen auszubrechen.

Ich gebe zu, es ist schwer, sich auch nur im geringsten Maße vorzustellen, wie es sein muss, in einem Gefängnis zu sitzen, das noch unschuldig, man weiß nicht, was genau man verbrochen haben soll, man bekommt es auch nicht gesagt. Stattdessen gibt es ewig lange Verhöre und eine Gefängniszelle ohne Fenster und keine Auskunft darüber, ob man am nächsten Tag nun frei kommt oder aber standrechtlich hingerichtet wird. Diese Gedanken im Hinterkopf halfen mir persönlich aber auch nur, noch einigermaßen Mitgefühl mit Hellwig zu empfinden und das Buch nicht nach dem Lesen rituell zu verbrennen, sondern einfach weiterzuverschenken. Es sollen schließlich mehr Personen was von diesen literarischen Ergüssen haben.

Worauf ich hinaus will? Nun, die Männer scheinen nicht mehr das zu sein, was sie einmal waren. Letztes Jahr habe ich in meiner Vorweihnachtszeit Clint Eastwood als Helden und Weltenretter hochstilisiert. Davor habe ich Mahatma Ghandi's Todsünden zitiert. Obwohl beide Männer unterschiedlicher nicht sein könnten, sie hatten und haben (im Falle von Eastwood) eins wahrlich gemeinsam: sie waren Männer, die etwas zu sagen hatten - und die "Eier" (plump gesagt) es auch zum Ausdruck zu bringen. Doch inzwischen vermisst man zwischen all den auf sexy und ansehnlich getrimmten Männern mit ihrer Pseudoweichheit die Männer, die die Welt, die Gesellschaft retten könnten, vor allem aber die, die den Verstand haben, genau das zu tun. Mit Ideen, die die Gesellschaft revolutionieren könnten und ein neues Denken heraufbeschwören könnten.

An dieser Stelle "mind you": damit sind NICHT die Piraten gemeint! Ich kann es nicht mehr lesen, nicht mehr hören und nicht mehr sehen, die ewige Lobhuselei in Richtung Piratenpartei. Vorschusslorbeeren auf eine Partei, die das Urheberrecht am Besten komplett abschaffen will und den ganzen Tag nur das Internet im Kopf hat. Erst kürzlich durfte ich das Zitat einer berühmten Persönlichkeit lesen (den Namen habe ich leider vergessen!) der sagte, dass das Internet die wichtigste und revolutionärste Erfindung seit der des Feuers sei. Alles klar! Das Internet. Also die Erfindung des Lichts, der Elektrik, des Telefons (was alles existenziell mit dem Internet zusammenhängt) steht im Stellenwert HINTER dem Internet? Langsam vermute ich, dass die neuen Männer dieser Gesellschaft einfach komplett verrückt geworden sein müssen. Gut, bevor ich nun als neue "Alice Schwarzer" gelte: sagen wir einfach, die Menschen (inklusive Frauen!) dieser Gesellschaft müssen verrückt geworden sein. Allerdings vermisse ich bei den Männern die Führungsqualitäten früherer Tage und genau das macht es so schwer, in dieser Welt noch etwas Positives zu sehen.

Keine Sorge, es gibt genug Dinge, die ich toll finde an diesem Planeten - allerdings sind immer weniger dieser Dinge dem Erfindergeist oder dem Gedankengut des Menschen geschuldet! Die Männer der Neuzeit sorgen immer häufiger für Kopfschütteln oder absolute Enttäuschung - angefangen von der Kunstszene über Sportler und Geschäftsleute, die allesamt für immer weniger Leistung immer mehr Geld verdienen bis hin zu Politikern. Speziell letztere sorgen immer mehr für immer tiefergreifendere Enttäuschungen. Es begann wohl vor langer Zeit, aber spätestens 2008, als der neue "Messias der USA", Barack Obama, zum Präsidenten gewählt worden war, wussten alle ein Jahr später, dass die Zeiten der revolutionären, starken Männer vorbei ist. So sehr Obama sich auch um ein gutes Image bemühte und versuchte, dem Image des neuen Weltenretters gerecht zu werden, es wollte ihm nicht wirklich gelingen. Zugegeben, die republikanische Partei der USA hat einen riesigen Anteil an all dem Scheitern Obamas, andererseits hat Obama so wahnsinnig viel versprochen und nicht nur so wahnsinnig wenig davon gehalten, er hat auch einige seiner eigenen Versprechen kurzerhand gebrochen. Er hat Dinge wahrgemacht (zum Beispiel den Abzug der Truppen aus dem Irak, gut für die US-Soldaten!), einige Dinge halbherzig wahrgemacht (siehe Gesundheitsreform) und viele Dinge nicht wahrgemacht (zum Beispiel das Umsetzen von mehr sozialer Gerechtigkeit).

Aber das soll jetzt nicht nach einer Werbekampagne für Mitt Romney klingen, denn dieser Mann hat mindestens genauso wenig Schneid wie Obama, wenn nicht sogar weniger. Trotzdem oder gerade deswegen die Frage: ist das nicht verdammt traurig? Der "mächtigste Mann der Welt" ist nur noch ein Schatten seiner Selbst. Man wünscht sich einen Cowboy an die Spitze des Landes - nein, nicht George Dabbelju Bush junior, das war doch auch kein Cowboy und Eier hatte der schon gar keine! Nein, irgendwann denkt man an die alten Spaghettiwestern und ist (schon wieder!) bei Clint Eastwood. Nicht so viele Worte, dafür mehr Taten. Gut, vielleicht ist dieser Traum reine Utopie, weil die Welt derart kompliziert geworden ist, dass wir mehr Worte brauchen, um komplexe Themen und Sachverhalte in einen Kontext zu bringen. Begeisterung löst dieses ewige Geschwafel bei mir allerdings nicht aus - es wird viel zu viel geredet und wenn ich mir dann bei "Markus Lanz" dreimal pro Woche Diskussionen um Sinn und Unsinn der Piratenpartei angucken darf mit immer der gleichen Quintessenz, dann frage ich mich ernsthaft, ob ich noch in einer Unterhaltungstalkshow bin oder schon im versteckten Wahlkampf für eine Partei ohne richtiges Parteiprogramm.

Ähnlich geht es auch in den USA derzeit zu - so wirklich ein Parteiprogramm haben beide Kandidaten doch nicht mehr. Jetzt wird sogar die Schwulenehe zum Hauptthema des Wahlkampfes und bei aller Ehre, ich weiß, das Thema ist wichtig, sehr sogar und es muss eine endgültige Lösung dafür gefunden werden (vorzugsweise mit einem Pro für die Schwulenehe!), aber in Zeiten einer weltweiten Wirtschaftskrise sich damit auseinanderzusetzen, ob jetzt nun Mann und Mann und Frau und Frau heiraten dürfen oder nicht, das erscheint mir doch etwas grotesk. Grotesker allerdings erscheint mir die Unmännlichkeit Obamas, für das eigene Scheitern der Wirtschaft in den USA die Verantwortung zu übernehmen, und wenn auch nur teilweise. Stattdessen hält Obama lieber leidenschaftliche Reden darüber, wie sehr Europa aufpassen soll, damit es nicht in eine flächendeckende Krise gerät. "Ja, schönen Dank auch, Herr Obama! Wir wissen Bescheid, vor allem, weil Sie sich so wunderbar um Ihr Land kümmern und dort alles so super im Griff haben!" Das sind wohl die Worte, die ich dem Mann immer mal wieder entgegenrufen möchte, es aber nicht kann, weil mein Sprachorgan nicht laut genug und mein Arm nicht mächtig genug ist, um den "mächtigsten Mann dieses Planeten" zu erreichen.

Nun, inzwischen geht es also um den Machtkampf der Männer, die noch ein wenig Schneid haben und diejenigen, die wohl schon vor langer Zeit mental kastriert wurden. Positiv kann man bei Hollande anmerken, dass er (noch!) Ideen hat und die Traute, diese hervorzubringen, auch gegen den Willen der Staatsmänner (und -frauen) anderer Staaten. Gerade im Problem der Woche, des Monats, des gesamten letzten Jahres, wird das jetzt deutlich: Syrien. Viel wurde versucht, es wurde wahnsinnig viel Diplomatie gezeigt im Lösung um den Konflikt zwischen Regierung (sprich: Präsident Assad) und der Opposition. In der letzten Woche nun wieder ein Massaker in der Nähe der Hochburg der oppositionellen Kämpfer in Homs, wobei über 100 Menschen ihr Leben verloren. Besonders traurig daran: über die Hälfte der Opfer waren Kinder. Genau an dieser Stelle fragt man sich dann, was das noch mit Politik zu tun hat. Regierung und Opposition in Syrien schieben sich gegenseitig die Schuld in die Schuhe, dabei weiß die gesamte Weltöffentlichkeit, dass nur die Regierung für dieses Massaker verantwortlich sein kann. Warum? Weil Russland ihnen die Möglichkeit dazu gibt, indem es immer wieder neue Waffen an die Regierung verkauft.

Sind schlussendlich nur noch die Männer "mit Eiern" gesegnet, denen man gleiche besser schon von Vorneherein abgeschnitten hätte? Wladimir Putin, der "Wieder-"Präsident (in Wirklichkeit war er im Prinzip nie weg!), der sich wiedermal als neuer Schurke im alten Gewand, dafür aber mit geliftetem Gesicht zeigt, hat es mal wieder geschafft, den Rest der Welt so richtig zu verärgern, denn er unterstützt Assad und sieht gar nicht ein, warum er das nicht tun sollte. Assad wiederum nutzt diese Waffen nun und will sie an Anhänger der Regierung im Volk verteilen. Mit anderen Worten: einem Bürgerkrieg in Syrien steht nun nichts mehr im Wege.

Und die "Eierlosen" im Westen? Die beweisen wiedermal, warum sie ihren Namen verdient haben und wollen "eine diplomatische, gewaltlose" Lösung. Die USA und Deutschland meinen, eine Intervention des Westens "würde die Sache nur verschlimmern". Doch seien wir einmal ehrlich: wenn es keine Intervention gibt, wird es die Toten so oder so geben - nur dann eben fünf Minuten später und schlussendlich wesentlich mehr, weil dieses Abschlachten in Syrien nie aufhören wird. Werden die Oppositionellen irgendwann schweigen? Vielleicht, wenn genug von ihnen erst ermordet wurden. Werden die Überlebenden deswegen weiterleben dürfen? Wohl eher nicht, denn Assad wird auch nach Zerschlagung der Revolutionsbewegung auf Rache sinnen und alle Anhänger der Opposition töten lassen. Unter diesem Gesichtspunkt fragt man sich, ob der Vorschlag von Hollande zum Kriegseinsatz wirklich der Schlechteste ist. Obama glänzt wieder einmal mit Tatenlosigkeit, indem er die "friedliche" Lösung bevorzugt und meint, es wäre nicht klug, jetzt in Syrien einzufallen. Bedenken, dass es wohl gar keine friedliche Lösung mehr gibt für dieses Land, werden nicht einmal ansatzweise in Betracht gezogen. Hollande steht in Bezug auf diese Frage eher auf verlorenem Posten, denn auch Deutschland ist (schon wieder!) gegen jegliche Einmischung. Stattdessen wird auf vielen internationalen Krisensitzungen auf Russland und China eingeredet, dass diese beiden Staaten doch noch irgendwie zur Vernunft kommen und Sanktionen und politischen Druck auf Syrien mit unterstützen. Es ist wahrlich ein Kampf zwischen denen, die Eier haben müssten, sie aber irgendwo verloren haben und denen, die besser mal feige wären, statt immer ihre Eier durch die Gegend zu schaukeln und ihre falschen Ideologien zu vertreten.

Natürlich kann man zu alledem "Ansichtssache!" sagen, doch wer die Bilder aus Syrien sieht weiß, wie brisant die Situation dort ist und wie aussichtslos sie wirkt. Schlimmer als Ägypten, fataler als in Libyen. Assad hat sich wohl vorgenommen, schlimmer als Mubarak und Gaddafi in einer Person zu sein - und es gelingt ihm verdammt gut! Welches Ende Assad nun nehmen wird (ob er wie heute Mubarak zu lebenslanger Haft verurteilt oder wie Gaddafi auf offener Straße irgendwann doch hingerichtet wird) bleibt abzuwarten, wie üblich. Bis dahin wird es nur viel zu viele Tote und viel zu viel Leid geben. Mit Unterstützung des Auslandes - sei es aktiv durch Waffenverkauf wie bei Russland oder inaktiv durch die Untätigkeit der USA und Deutschland.

Meine Hoffnung bleibt, dass irgendwann der Westen einsieht, dass Russland mit seinen Drohungen mehr als nur heiße Luft ausbläst, da dieses Land (genauso wie China!) zum eigenen Wirtschaftswohl auch die westlichen Staaten braucht. Vielleicht auch, dass Putin einsieht, dass in Syrien menschenverachtendes Unrecht geschieht, auch wenn er bei sich selbst und menschenverachtendem Verhalten gerne mal mehr als ein Auge zudrückt! Schlussendlich aber, dass andere Staaten Frankreich in seinem Vorhaben nach einem Militärschlag unterstützen werden. Auch wenn ich gegen Krieg bin, aber es gibt wohl Situationen, in denen kein Krieg weitaus schlimmere Folgen hat und wesentlich mehr Leid bringen wird als das gezielte Beenden von langwierigem Blutvergießen durch Truppen einer Diktatur. Kofi Annan, ehemaliger UN-Generalsekretär, hat viele diplomatische Lösungen gesucht und gefunden und diese auch versucht anzuwenden. Doch seit der letzten Woche wissen wir, wie aussichtslos die Lage in diesem Land ist. Im Übrigen konnte das Ausland weitaus schneller in den Irak einfallen auf die bloße Vermutung hin, Saddam Hussein könnte Massenvernichtungswaffen besitzen. Die Prioritäten sind wohl doch reichlich verschoben im Land der Eierlosen: Menschenleben zählen so wenig immer da, wo Wirtschaftsinteressen im Vordergrund stehen.

Das ist wohl ein weiterer Grund, von all den Menschen der neuen Gesellschaft und ihren nicht vorhandenen Ideen nicht mehr viel zu halten. Es bleibt die Hoffnung, dass die Handvoll Männer mit Eiern, die übriggeblieben sind, genug Mut haben und behalten, immer wieder aufzustehen und ihre Meinung zu äußern. Wir werden sehen.

In diesem Sinne wünsche ich allen Lesern des Blogs ein schönes Wochenende und bis zum nächsten Eintrag nächste Woche - dann mitten in der EM 2012! Was ein Glück!

LG Gene :-)




English Blog