Freitag, 25. Februar 2011

Zur Kasse, Schätzchen!

Allgemein fällt es schwer, sich eine Welt ohne Geld vorzustellen. So sehr man es auch versucht, es scheint, schon wenn man seine Beine aus dem Bett schwingt, geht es doch im Ende nur um das Eine. Sex? Ersetzbar. Liebe? Überbewertet! Frische Luft? Luft in Dosen wird irgendwann auch noch erfunden.

Aber Geld... wer kann schon ohne Geld leben? Wir leben nur, atmen nur, arbeiten nur für den schnöden Mammon. Denn Geld heißt nicht nur schönes buntes Papier mit wichtigen Persönlichkeiten oder Gebäuden drauf, es heißt vor allem, dass man sich Stück für Stück von der Armut weg hin zum Reichtum bewegt. Man tut alles, damit man nicht so endet wie die Kinder in Afrika, die unter der erbarmungslosen Wüstensonne an verschiedensten Krankheiten erkranken und elendig sterben. Im Elend sterben ist undenkbar in unserer Gesellschaft - es kommt zwar immer wieder vor, aber dabei handelt es sich nunmal um die "Verlierer der Gesellschaft". Die Meisten sagen dann: "Er hat's halt einfach nicht geschafft!" - "Er war nicht konkurrenzfähig!" usw. Und noch nie wurde so hart gekämpft, intrigiert, nach unten getreten und nach oben geleckt wie heute.

Warum? Weil wir alles wollen. Alles oder nichts - aber am Besten alles, weil nichts wäre doch schlecht. Und darum dreht sich unser ganzes Leben nur noch um die kleinen und größeren Scheinchen, die jedem Einkauf (und sei er noch so klein) ein Gesicht geben. Wenn es eine Castingshow gäbe, an denen die Euroscheine mit Namen "5" bis "500" teilnehmen dürften, sie würden jede Konkurrenz, sei sie noch so schön und intelligent, in den Schatten stellen. Die Masse gewinnt eben - und die Euroscheine (oder Dollar oder Yen oder was für eine Währung auch immer bevorzugt wird) sind massentauglich. Schlimmer noch: wir BRAUCHEN Geld. Längst ist die Hure nicht mehr von uns abhängig, sondern wir hängen an ihrer Nadel. Für Geld tun wir einfach alles - wir verkaufen unser Haus, unser Auto, unsere Familie und unsere eigene Ehre, wenn wir Geld benötigen. Natürlich nur, um uns ein besseres Haus, ein besseres Auto und eine bessere Familie zu kaufen. Wir sind zwar von der Eurohure abhängig, aber wir wollen sie (ähnlich schnell wie eine echt Prostituierte nach vollrichteter Arbeit) wieder loswerden.

Ausnahmen bestätigen natürlich die Regel - nicht jeder will sein Geld wieder für schöne Güter oder gewinnbringend loswerden. Der altmodische Rentner (oder der Multimilliardär der Angst hat, noch einmal im Leben zu verarmen) legt sein Geld auf die hohe Kante - so hoch, dass das Geld, könnte es denken, glatt an Höhenangst leiden könnte. Dort soll es alleingelassen sich vermehren. Und ja, ich könnte jetzt eine romantische Episode schreiben, wie das Geld sich dort auf der hohen Kante kennenlernt, sich sympatisch findet und dort, in luftiger Höhe, Nachwuchs zeugt. Aber diese Vorstellung überlasse ich lieber dem Leser für's Erste. Denn mir geht es eigentlich um etwas ganz anderes bei der "hohen Kante".

Immer mehr Menschen werden immer reicher, während eine noch viel größere Masse an Menschen nur knapp über dem Existenzminimum existiert (oder haarscharf darunter, das ist dann die "Pech gehabt!"-Generation für diejenigen, die sich grad noch drüber befinden). Wer aber jetzt glaubt, ein reicher Mensch hätte es leichter als ein armer, der hat noch nie die Sonne aufgehen sehen und glaubt auch, dass Milka wirklich die Milch für die Schokolade von lila Kühen bekommt. Ein reicher Mensch hat nämlich ein ganz gravierendes Problem: er will nicht nur reich sein - er möchte es auch möglichst bis in die nächsten fünf Reinkarnationen bleiben! Also, was tun? Investieren? Das war zumindest früher das Credo: Wenn du das Geld hast, bring es wieder in Umlauf, stampf noch eine Firma aus der Erde, damit ein paar hundert Menschen Arbeit (und du noch viel mehr Geld) bekommen. Doch die Vergangenheit hat oft gezeigt: Großunternehmen gehen auch mal gerne Pleite, das Investment in Immobilien ist seit der US-Immobilienkrise von 2007 auch mehr als unsicher und worin soll der Ölmilliardär noch investieren? Blutdiamanten? Leider illegal und verdammt schwer bestraft, wenn man erwischt wird. Kaugummi? Im Gegensatz zu den Blutdiamanten viel zu unspektakulär und damit langweilig. Ein Milliardär soll schließlich nicht an Langeweile sterben. Und das Investment in private Reichtümer? Der neueste Jet ist auch schnell wieder ein Altmodell, dass man später nur noch gegen ein paar Turnschuhe tauschen kann, wenn man Pech hat.
Aus all diesen (und viel mehr Gründen) hat der gemeine Reiche angefangen, auf stur zu schalten. Ihr wollt mir mein Geld wegnehmen? Dann geb ich es einfach nicht mehr aus und fertig! Immerhin (das weiß auch jeder Sparfuchs) wenn man eins kriegt bei stillliegendem Geld, dann sind es Zinsen. Und von denen kann der Reiche mehr als bequem leben.

Das Problem an der ganzen Sache? Die Allgemeinheit muss noch mehr kämpfen, treten und lecken, um überhaupt noch an genug Geld zum Überbrücken eines Monats zu kommen. Denn je mehr Geld gebunkert wird und je weniger im wirtschaftlichen Umlauf ist, umso schwieriger wird es, an das verbliebene Geld zu kommen. Und aus Armut und Konkkurrenzkampf ist eine neue perverse Idee der Reichen geboren, die zwar nicht neu ist, aber ihre Reinkarnation wieder feiert: denn das Einzige, was man dauerhaft kaufen kann mit Geld, ist ein Mensch. Ein Mensch mag zwar nicht auf einem Fleck stehen und stillhalten, aber er wird weitestgehend zum Äffchen: nur ein großzügiger Scheck ist nötig, und der Mensch macht, was das reiche Herrchen ihm befielt.

Wenn man jetzt einen ganz makaberen Humor anschlagen wollte, könnte man glatt behaupten, diese Verhältnis beschreibt auch jedes Arbeitsverhältnis weltweit. Leider sind wir aus der Not geboren für alles käuflich, wir machen so ziemlich jede Tätigkeit, wenn die Bezahlung stimmt. Immerhin haben wir zwei gesunde Arme und Beine, dazu noch den einen oder anderen klugen Kopf (und selbst wenn der fehlt, man hat immer noch die Arme und Beine!) und fertig ist die Arbeiterameise, die treu arbeitet, um das eigene Überleben zu sichern. Natürlich möchten jetzt einige aufschreien und so viel mehr Gründe dafür nennen, warum der Mensch arbeiten geht (Sozialisierung, das Netzwerk, in denen alle leben, als Teil des Ganzen zusammenzuhalten etc) und ich akzeptiere jeden einzelnen dieser Gründe. Aber sind wir wirklich so nobel in unserem Denken? Wo wir doch zu gerne unsere Mitmenschen bei nächster Gelegenheit in die Pfanne hauen wollen, wie das Fernsehen uns so gerne glauben lässt. Wir arbeiten in erster Linie für Geld! Und wir tun es doch soooooo gerne, oder?

Nun, inzwischen muss aber doch die Frage gestellt werden (und sie wurde in der Vergangenheit mindestens einmal erfolgreich gestellt): wieviel Geld ist ein Menschenleben wert? Wieviel ist Derjenige, der morgens um 5 Uhr die Beine aus dem Bett schwingt, sich müde und schlecht gelaunt zur Arbeit bewegt und mindestens 40 Jahre jeden Tag (außer am Wochenende) 8 Stunden arbeitet, eigentlich in einer Geldsumme ausgedrückt wert? Vor einiger Zeit hatte der Buchautor Jörn Klare sich diese Frage gestellt und die abenteuerlichsten Recherchen zum Thema angestellt, alle Faktoren mit einbezogen und ist von den körperlichem Wert (Wert der Organe, Knochen etc) und geistigen (die Produktivität, die theoretische Wirtschaftleistung, die ein Mensch in seinem Leben erbringt etc) und daraus ergibt sich dann eine bestimmte Summe.

Der Gedanke erschien mir bizarr, wenngleich er in der geldbezogenen Welt durchaus seine Berechtigung hat. Nicht nur das, die Frage MUSSTE ja irgendwann gestellt haben. Ob das Ergebnis befriedigend ist oder nicht. Ob wir nun sagen: eigentlich bin ich doch von meiner unschätzbaren Individualität unbezahlbar, keiner kann mich ersetzen (was übrigens nur zum Teil stimmt, aber dazu ein andermal!)... wir wollen doch ALLES beziffern können. Unser Leben, wie wir am Besten leben können, wieviel Geld kosten wir, wenn wir vernünftig leben wollen, wieviel Geld kosten wir, bis wir sterben - sogar die Frage, wieviel es kosten wird, uns unter die Erde zu kriegen, ist mehr als legitim (eine Beerdigung ist schließlich auch teuer, oder?).

Nun, das alles hat Jörn Klare dokumentiert und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass er rund 1.2 Millionen Euro wert ist (alles in allem). Dabei hat er aber auch die tragischen Aspekte des Ganzen zutage gefördert: wieviel ein Mensch z. B. wert ist im Menschenhandel. Wie wird das beziffert und was muss ein Mensch dafür alles tun?

Ganz ehrlich, man kann jetzt auch fragen: was soll diese ganze Diskussion eigentlich? Dieses Thema ist allgegenwärtig und eigentlich keinen Blogeintrag wert, es gibt doch so viele schöne (und furchtbar dumme) Dinge, die man in einem Blog diskutieren, erörtern könnte. Ich habe einfach wieder einmal meinen Gedanken freien Lauf gelassen, wenn ich mir die derzeitige Weltpolitik angucke, was wir alles tun, um an die Macht zu kommen, um an der Macht zu bleiben. Zu Guttenberg rezitiert, ohne es entsprechend irgendwo anzukündigen, nur damit er sich selbst anschließend "Doktor" nennen darf. Warum? Weil er, wie er sagt, die "Quadratur des Kreises" versucht hat? Mitnichten! Es geht darum zu beweisen, wie schnell man ganz nach oben kommen kann, wieviel Macht man in einem Leben für sich einvernehmen kann - und im Ende darum, wieviel Geld man verdienen kann.

Die Debatte um die Plagiatsvorwürfe, der Aberkennung des Doktortitels und der Rücktrittsforderungen der politischen Diskussion sind müßig. Nur eine Frage geht mir bei Karl Theodor von und zu, hinter und forder Guttenberg nicht los: wieso ist dieser Kerl so beliebt? Was hat er als Politiker an sich, dass sich heute noch, auch nach der Affäre, mehr als 60% laut Politbarometer vorstellen könnten, dass er auch noch höhere politische Ämter erreichen könnte? Viele mögen mir zwar jetzt widersprechen, aber da wir ja schon beim Thema waren, denke ich, dass die Menschheit sich doch gewaltig von Menschen angezogen fühlt, die Geld im Überfluss haben. Der Geruch nach Geld verleiht manchen Menschen eine unglaubliche Macht - im wahrsten Sinne unglaublich, denn den Glauben an Gott könnten manche auch verlieren bei dem Geld, das manche Menschen haben.

Dass Politiker reich sind, ist kein Geheimnis. Und dass Politiker mit jedem höheren Amt, dass sie bekleiden, immer reichen werden, ist noch weniger ein Geheimnis (ganz zu schweigen von den Jobs, die sie NACH einer erfolgreichen Politikerkarriere einnehmen!). Gefährlich wird es dann erst, wenn Politiker den Bezug zu Zeit und Raum verlieren und meinen, sie könnten darüber bestimmen, wieviel ein Menschenleben wert ist. So geschehen in so vielen nordafrikanischen Staaten, in denen jetzt einer nach dem anderen die Revolution ausbricht. Alle die diktatorischen Staatschef dieser Staaten verfügen über eine nicht unbeträgliche Menge an Geld, die sie in harter Diktatur über Jahrzehnte von ihrem Volk akribisch geraubt haben. Und dieser Tage prallen nicht nur die Extreme "Reicher Diktator, armes Volk" aufeinander, sondern die Mittel scheinen immer härter und erbarmungsloser zu werden. Denn die Frage, ob sich Menschen für Geld wirklich alles bieten lassen und alles machen, stellt aktuell auch der lybische (Noch-)Staatschef Muammar al-Gaddaf. Denn er möchte Söldner für jeden Demonstranten, der nicht nur mund, sondern gleich ganz tot gemacht wird, 12 000 Dollar bezahlen.

Das einzig Traurige an der Sache ist doch nur, dass sich wohl mehr als einer zu diesem mehr als nur "unmoralischen Angebot" hinreißen lassen wird. Wie gesagt - wir tun alles für's Geld. Und wir werden leider immer diejenigen unter uns bewundern, die mehr Geld haben als wir - nur den Unterschied zwischen Bewunderung und der Zusprache von Kompetenz, den müssten die Meisten erst noch lernen. Nur wer Geld hat, hat noch lange nicht das Recht, Macht auszuüben. Und kann sich nicht alles erlauben.

Wenn ich diesem Zusammenhang die Namen zu Guttenberg und Gaddafi zu nahe beieinander erwähnt habe, dem sollte gesagt sein, dass das Endprodukt das Gleiche ist - die Radikalität verharmlost nicht das Machtstreben. Die Verbrechen mögen unterschiedlich sein, wissentlich oder unwissentlich verübt worden sein, Menschen schaden oder im Ende nur sich selbst - aber dass wir Menschen eine zu große Plattform aufgrund der Finanzwelt geben, schneidet uns selbst mehr ins eigene Fleisch, als es gut tut. Ein kleiner Schnitt mag zum Verlust der Blutkörperchen führen, die eh unnötig waren; Blutauffrischung muss ab und zu sein. Aber wenn man die richtige Arterie trifft, hat sich das mit dem Geld schon fast wieder erledigt - dann darf man sich wirklich nur noch überlegen, wieviel man noch investieren muss, um vernünftig unter die Erde gebracht zu werden.

In diesem (und positiveren) Sinne - eine gute Zeit und bis zum nächsten Mal!

LG Gene :-)

Sonntag, 20. Februar 2011

Die Straftat, trivial zu sein

Lange ist mein letzter Blogeintrag her, hauptsächlich begründet darin, dass ich nur selten Lust und Zeit habe, einen Eintrag zu verfassen und das Zeitgeschehen inner- und außerhalb des Internets zu kommentieren. Aber seitdem wir im Jahr 2011 leben, gibt es doch so einige Auf- und Abreger, die und beschäftigen und auf Trab halten.

Gute Vorsätze hatten wir wohl alle, als am 31.12.2010 die Sektkorken und Silvesterkracher knallten und zum Gehörsturz führten ... "Same procedure as every year, James"... Richtig? Und was bleibt nach rund drei Wochen davon übrig? Heiße Luft, mit der man maximal sich selbst einheizen kann in der kalten Jahreszeit. Niemand hört wirklich auf zu rauchen, keiner nimmt soviel Gewicht ab, dass es sich sichtlich bemerkbar machen würde und niemand, aber auch wirklich niemand verzichtet auf Trivialität.

Trivi...was? Nun, erst einmal zur Worterklärung für alle, die sich nicht damit auskennen SOLLTEN. Ich denke schon, die Meisten von uns wissen, was gemeint ist, aber ich will an dieser Stelle doch unbedingt einmal Wikipedia ins Spiel bringen und deren Definition des Begriffs Trivialität zitieren:

"Als trivial (von lateinisch trivialis, „jedermann zugänglich“, „altbekannt“; enthält die Begriffe tres, „drei“ und via, „der Weg“) gilt ein Umstand, der als naheliegend, für jedermann ersichtlich oder leicht zu erfassen angesehen wird."

Soviel dazu. Verständlich ist das, wir wollen uns nicht groß anstrengen, es ist schon alles anstrengend genug, von der Geburt an (da strengen sich mehr unsere Mütter an, aber für uns selbst war auch einige Anstrengung involviert). Danach wachsen wir auf, wir lernen, was wir tun können, danach was wir tun sollen und wenn wir etwas tun wollen lernen wir, warum wir das nicht tun dürfen. Schließlich werden wir volljährig und denken noch in unserem jugendlichen Leichtsinn: "Jawohl, ich hab's geschafft!" Wir wähnen uns in dem Traum, wir könnten tun, was immer wir wollten.

Weit gefehlt! Die Verpflichtungen hören nicht mehr auf, das Vergnügen schrumpft pro Tag auf ein Minimum von zwei bis drei Stunden, der Rest der Zeit geht auf in der Pflicht, aus dem Bett erfolgreich und ohne Knochenbruch aufzustehen, sich zurechtzumachen und es bis zur Arbeit zu schaffen. Wer dort Glück hat, schläft den ganzen Tag auf seinem Bürosessel und kassiert einen riesigen Gehaltsscheck (und nein, ich spreche nicht primär von Politikern in diesem Fall, wenngleich sie nicht zu 100% ausgeschlossen werden sollten!). Wer eher Pech hat, der darf arbeiten, und das bis zum psychischen und physischen Schmerzempfinden und das nur, um abends totmüde auf der Couch zu landen bei Dosenbier und TK-Pizza.

Wen wundert es, bei diesem Schreckensszenario, dass der Mensch die Trivialität dem Intellektuell-Anspruchsvollen vorzieht. Irgendwann ist das Maß einfach voll und in letzter Zeit scheint es immer voller zu werden: wenn man sich schon in irgendeiner Form anstrengt, dann muss der Rest des Lebens immer leichter werden.

Nicht nur, dass wir uns immer weniger mit den eigenen Füßen fortbewegen, weil wir von öffentlichen bis zu privaten Verkehrsmitteln von A nach B kutschiert werden, nein, wir möchten in ALLEN Lebenslagen Bequemlichkeit. Das daunenflauschigweiche Kissen der Technik macht es möglich - vom Mobiltelefon, dass nicht nur zum Telefonieren, sondern auch zum Fotografieren, ins Internet gehen und neuerdings zu Schönheitsbeurteilung dient, bis hin zum Computer, zur Kaffeemaschine, die jetzt nicht nur Wasser und Pulverkaffee durch einen Filter jagt, nein, es gibt noch die Möglichkeit auszusuchen, welchen Modekaffee man trinken will (das am Besten mit George Clooney, so lange John Malkovich als Petrus nicht stört!) und dazu gibt es dann (schon wieder!) Tiefkühlpizza. Leider wurde bis jetzt noch nichts erfunden, dass es bequem macht, eine Pizza zu backen, die wie selbstgemacht schmeckt. Die Werbung verspricht viel - was sie allerdings hält, steht auf einem anderen Blatt.

Ein ebenfalls treuer Wegbegleiter im selbstgemachten Bett der Bequemlichkeit (und das im Gegensatz zum Internet nicht erst seit vorgestern) ist das Fernsehen. Dieses überschlägt sich inzwischen mit allem, was keinen Zuschauer auch nur im entferntesten dazu bringt, nachzudenken. Man könnte sogar noch weiter gehen: Fernsehen macht heutzutage so dumm, dass der Zuschauer glatt vergessen könnte, was den Denkprozess an sich ausmacht. Wir lassen uns berieseln, 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche... und das inzwischen auf hunderten von Kanälen, weil jeder, der etwas auf sich hält, sich inzwischen teures Digitalfernsehen anschafft, auf dessen Sendern sich dann Wiederholungen der Sendungen befinden, die der gemeine Kabelfernsehgucker bereits vor fünf Jahren "genießen" durfte.

Vielleicht ist nur mit Trivialität zu erklären, was sich gerade nicht nur im Fernsehen, sondern auch am Arbeitsplatz, im Internet und auf sämtlichen Straßen abspielt. Alle sprechen nur noch von der einen Sendung, die im Fernsehen vom Privatsender RTL auf die Menschheit mal wieder losgelassen wurde und wir hatten doch schon alle befürchtet, wir dürften sie nie wieder sehen. Seit "Ich bin ein Star, holt mich hier raus" wieder läuft, ist Deutschland (zumindest laut RTL) ganz gaga auf die C-Prominenz, die sich gerade durch den australischen Dschungel quält (oder war's eher umgekehrt? wer weiß?). Aber kann das wirklich sein, dass die Trivialität derart weit geht? Lassen wir mal die Ekelprüfungen aus dem Spiel, das schlucken von Tiergedärmen oder verfaulten Früchten, ich spreche vom Reiz, sich die Reibereien von Menschen untereinander anzusehen. Dieses Phänomen hatten wir ja schon einige Male, und sie sind eigentlich erklärlich für sämtliche Reality-Formate, die im Programm laufen: seien sie fiktiv oder real, ob DSDS oder der X-Diaries auf RTL II (die übrigens wohl den Titel der "Geschichten aus der Gruft" Deutschlands ergattern dürften), es geht nur ums Streiten, ums sich gegenseitig fertig machen, ums Zerstören oder zerstört werden. Geht unsere Bequemlichkeit so weit, dass wir uns im Fernsehen jetzt ALLES ansehen müssen, dass jegliche Form von Anstrengung bedeutet, selbst reale Intrigen? Seifenopern waren gestern, Realityformate beherrschen den Markt. Was es bringt sei dem Zuschauer überlassen, wahrscheinlich wird man ihn auch nach solch einer Sendung fragen können, worum es ging und es werden sich nur Satzfetzen hervorbringen lassen, wahrscheinlich ist das sogar nur das Maximum.

Aber ist das wirklich eine Straftat? Wenn ja, welche? Mord am eigenen Gehirn? Vielleicht, immerhin gibt es so viele Dinge, die alles bequem machen im Leben, was hat unser Gehirn noch zu tun? In den 80er Jahren gab es wenigstens noch Gameshows, da konnten die Leute mitraten, ein wenig die grauen Zellen anstrengen. Aber heute gilt es nur noch das Motto "Klappe halten und zugucken!", kein Denken, es wird alles schön bunt appetitlich (oder auch weniger beim Dschungelcamp) serviert.
Oder kommt die Straftat von uns selbst? Vielleicht liegt es nicht daran, dass wir diese Sendungen gucken, um uns an ihnen zu ergötzen und uns nicht anzustrengen, vielleicht ist uns einfach zuviel in unserem realen faden Leben abhanden gekommen. Die wahren Gefühle, die Einzigartigkeit jeder einzelnen Emotion. Und da wir die im Erfolgswahn und Ehrgeizdruck verloren haben, sehen wir uns Realityformate an.

Sollen wir es so mal stehen lassen? Als beruhigende Entschuldigung dafür, dass wir unsere Gehirne medial auf Eis gelegt haben? Bitteschön, ich bin gerne bereit, allen zu helfen. Und wenn es nur um schlechte Ausreden geht, sich "Ich bin ein Star, holt mich hier raus" anzugucken.

In diesem Sinne - bis zum nächsten Mal!

LG Gene :-)

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